Protokoll der Sitzung vom 26.06.2002

Dann sagen Sie dem Arbeitnehmer heute ganz einfach, Herr Egloff, ja, meine liebe Verkäuferin bei Aldi, du merkst zwar heute nichts davon, du merkst zwar heute, dass du weniger im Portemonnaie hast, aber 2005 da merkst du was davon. Wenn der Bund Länder und Gemeinden weiterhin so hängen lässt, meine Damen und Herren, und erst 2005 reagieren will, dann haben Sie den Aufstand in dieser Republik, weil die Leute nicht mehr können. Das sollte genügen für die erste Runde.

(Beifall bei der CDU, der Partei Rechtsstaatlicher Offensive und der FDP)

Das Wort hat Herr Frühauf.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Was wir hier gehört haben, ist gewiss nichts Neues.

(Ingo Egloff SPD: Das stimmt!)

Was wir, Herr Egloff, schon gar nicht gehört haben, ist, warum die Bundesregierung im Amt bleiben soll, warum sie das fortsetzen soll, was sie in den letzten vier Jahren angerichtet oder besser gesagt alles nicht angerichtet hat.

(Ingo Egloff SPD: Weil wir Haushaltskonsolidierung betreiben, im Gegensatz zur FDP und CDU und Sie haben sowieso kein Konzept!)

(Ingo Egloff SPD)

Sie fordern, dass hier Beweis angetreten wird für eine bessere Politik der nächsten Jahre, und vergessen, dass Rotgrün bereits jetzt Beweis für das Versagen Ihrer Politik der letzten vier Jahre angetreten hat.

(Vereinzelter Beifall bei der Partei Rechtsstaatlicher Offensive, der CDU und der FDP – Ingo Egloff SPD: 16 Jahre Kohl und 4,5 Millionen Arbeitslose!)

Meine Damen und Herren! Deutschland wird Weltmeister. Das steht so gut wie fest. Nur wir können nicht in allem Weltmeister sein. Wir wollen auch nicht Weltmeister sein, wie Rotgrün es im Bereich der Pleiten von Unternehmen geschafft hat. Hier sind wir bereits Europameister im Jahre 2001 und in diesem Jahr wird mit 40 000 Insolvenzen gerechnet. Das ist eine der größten Zahlen, die Deutschland in diesem Bereich je verzeichnen musste.

Auch im Bereich der Unternehmensgründungen ist Deutschland Schlusslicht auf Platz 22 von 29. Es ist – wie der Leiter der Deutschen GMN sagt – besorgniserregend, dass zwei Drittel der untersuchten Staaten ein signifikant besseres Ergebnis haben als Deutschland. Auch das ein Ergebnis verfehlter rotgrüner Wirtschaftspolitik.

(Beifall bei der Partei Rechtsstaatlicher Offensive, der CDU und der FDP)

Deutschland ist ebenfalls Schlusslicht und nicht Weltmeister im Wachstum. Mit 0,6 Prozent ist das Wirtschaftswachstum zu gering und mit über vier Millionen Arbeitslosen im Jahresdurchschnitt hat der Kanzler nicht das erreicht, was er versprochen hat. Er hat nämlich versprochen, er wolle sich am Stand der Arbeitslosigkeit messen lassen. Er hat Recht. Sein Versagen in der Arbeitsmarktpolitik ist ein weiterer Grund, ihn nicht wieder zu wählen.

Wirtschaftsminister Müller hat auf der EXPO 300 Millionen für den Mittelstand versprochen. Geflossen ist keine Mark und kein Euro. Ein leeres Versprechen. Drei Monate vor der Bundestagswahl verkündete der gleiche Wirtschaftsminister, eine Trendwende am Arbeitsmarkt ist nicht in Sicht. Also auch hier nichts als leere Versprechungen.

Meine Damen und Herren! Das sind die Früchte vier Jahre rotgrüner Bundespolitik. Die Steuerpolitik hat ebenfalls nicht zu Verbesserungen geführt. Wir haben festzustellen, dass es immer noch einen Dschungel von Vorschriften, Hemmnissen im wirtschaftlichen wie im steuerlichen Bereich gibt, die es dringend zu beseitigen gilt. Wir haben hier eine negative Bilanz vorgefunden.

(Michael Neumann SPD: Wenn Sie den Außenmi- nister stellen, können Sie alles ändern!)

Vielleicht liegt es daran, dass der Bundeskanzler noch vor vielen Jahren gesagt hat, er sei Marxist. Er hat damals noch Produktionsmittel verstaatlichen und Investitionen lenken wollen. Meine Damen und Herren, davon ist Gerhard Schröder abgerückt. Wenn wir ihm das glauben können und wollen, dann müssen wir uns allerdings fragen, warum er ausgerechnet in Berlin mit der Nachfolgepartei der staatlich gelenkten Murkswirtschaft ein Bündnis toleriert.

(Beifall bei der Partei Rechtsstaatlicher Offensive und der FDP)

Er hat offensichtlich immer noch nicht begriffen, dass staatliche Lenkung und Verwaltung, Vorschriftendschungel und Bürokratie nicht Marktwirtschaft, sondern Murkswirtschaft sind, und die staatlich gelenkte Murkswirtschaft, meine Damen und Herren, muss überwunden werden.

Im Jahre 2002 besteht aber in Deutschland die Möglichkeit, eine bessere Wirtschaftspolitik zu machen. Das Grundübel ist – das sage ich auch deutlich an die damalige Regierung Kohl gerichtet –, dass den schönen Sonntagsreden keine Taten gefolgt sind. Es wird Zeit, dass das, was Rotgrün und Konservativ-liberal in den letzten 20 Jahren haben liegen lassen, wider besseren Wissens jetzt in die Tat umgesetzt wird. Dazu bedarf es mutiger Politik. Dazu bedarf es auch, dass man jetzt die Reformen durchführt. Es reicht nicht, Sonntagsreden zu halten, denn die hören wir schon viel zu lange.

(Beifall bei der Partei Rechtsstaatlicher Offensive, der CDU und der FDP)

Meine Damen und Herren! Ich rufe Sie alle dazu auf: Wirken Sie auf Ihre Parteien, wirken Sie auf Ihre Politiker ein, dass die Reformen, die das Haus Deutschland braucht, um saniert zu werden, nunmehr angegangen werden. Deutschland braucht keine Reparaturen und kein Flickwerk, wir brauchen die Grundsanierung der wirtschaftspolitischen und vor allen Dingen der ordnungspolitischen Fundamente. – Danke schön.

(Beifall bei der Partei Rechtsstaatlicher Offensive, der CDU und der FDP)

Das Wort hat Frau Hajduk.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Herr Frühauf, was Sie gerade zu diesem – das gebe ich zu – komplexen Thema gesagt haben, zeigt eines: Ihre Partei ist programmatisch überhaupt nicht in der Lage, bei Bundesthemen mitzumischen. So wie Sie hier reden, sollte man es lieber lassen. Das wäre besser.

(Beifall bei der GAL und der SPD)

Sie scheinen auch kein Problem damit zu haben, Herrn Schröder wegen angeblich staatlicher Murkswirtschaft anzugreifen, und beklagen, dass eine ungerechte Steuerentlastung für die Unternehmen stattfindet. Das ist richtiger Blödsinn. Mein Kollege Christian Maaß hat Recht: Wie Sie sich im Parlament bewegen, da werden wir eine richtig dumme... – das darf man ja nicht sagen, Sie tragen aber dazu bei, das ist peinlich.

(Lachen bei Norbert Frühauf Partei Rechtsstaat- licher Offensive)

Dass Sie darüber noch lachen, ist traurig.

(Beifall bei der GAL und der SPD)

Ich sage noch eines: Wenn Sie aus Verlegenheit gelacht haben, dann sind Sie vielleicht auf dem Weg der Besserung.

(Beifall bei der GAL und der SPD)

Ich möchte auf die Partei eingehen, die das Thema angemeldet hat.

Die Freien Demokraten sind nun wirklich bekannt als die „Möchte-Allzugern-Steuersenkungspartei“; hierin kann sie keiner schlagen. Es ist ein dolles Ding, dass Sie das Thema „Dramatische Steuereinbrüche für Hamburg“ zur Aktuellen Stunde anmelden. Das ist unverständlich, weil Sie keine kritische Reflexion auf Ihr Wirken betreiben, sondern sich tatsächlich und ernsthaft auf Rotgrün beziehen. Und das möchte ich Ihnen kurz erklären.

(Burkhardt Müller-Sönksen FDP: Wie hätten wir es machen sollen?)

(Norbert Frühauf Partei Rechtsstaatlicher Offensive)

Sie haben in den letzten 25 bis 30 Jahren die Wirtschaftspolitik und auch die Steuerpolitik dieses Landes geprägt.

(Burkhardt Müller-Sönksen FDP: Da haben Sie Recht!)

Wissen Sie, wie die Situation Ende 1997 war? – Es wurden in Deutschland Gewinne gemacht, teilweise boomte die Wirtschaft, aber dieses Wachstum war vom Arbeitsmarkt und von den Steuereinnahmen entkoppelt. Das war ein richtig wirtschaftspolitischer Unsinn, den wir Ende 1997 übernehmen mussten.

(Beifall bei der GAL und der SPD)

Wir haben dann eine Steuerreform durchgeführt und – im Unterschied zum letzten Jahr – in den ersten Jahren von einem Wirtschaftswachstum profitiert. Das Wirtschaftswachstum ging einher mit Mehrbeschäftigung und mit höheren Steuereinnahmen. Wir haben zum Glück sofort den Beweis antreten können, dass man trotz Globalisierung steuerpolitisch umsteuern kann. Das werden wir auch weiter brauchen.

(Beifall bei der GAL und der FDP)

Unserem Finanzsenator darf man dankbar sein. Er hat im Haushaltsausschuss allen Fraktionen die Auswirkungen der Unternehmenssteuerreform von Rotgrün zur Verfügung gestellt und für wichtige Parlamentarier erklärt.

Ich zeige Ihnen hier Grafiken aus den Jahren 1993 bis 1997, die Sie von dahinten fast erkennen müssten: Einbrüche bei den Steuereinnahmen, auch bei der Einkommensteuer.

(Rose-Felicitas Pauly FDP: Gehen Sie mal bitte nach rechts!)

Sie können es auch sehen bei den nicht veranlagten Ertragsteuern. Ich komme gleich auf die Kurve hier unten, davor habe ich keine Angst. Es ist zu verstehen, Frau Pauly, warten Sie es ab.

(Beifall bei der GAL und der SPD)

Dann folgte eine höhere Einkommensteuerentwicklung. Danach kommt ein richtiger Einbruch, den Herr Peiner mit vielen Worten erklärt hat: Das sind die Auswirkungen der Unternehmenssteuerreform. Es gab – das ist in diesem Land bekannt, weil es Ende Januar/Anfang Februar alle Zeitungen geschrieben haben – eine Systemumstellung, die für die Europatauglichkeit der deutschen Unternehmensbesteuerung wichtig ist. Diese Systemumstellung hat wegen der Anwendung des alten Rechts insbesondere in 2001 dramatische Auswirkungen. Das wird zum Glück auch nicht von Politikern wie Lothar Späth bezweifelt, der unsere Steuerreform für insgesamt ganz gelungen hält.