für klare Verhältnisse im Interesse Hamburgs zu sorgen, und das ist die klare Trennung von antieuropäischen Rechtspopulisten, das ist die Trennung von Schill. Aber dazu, Herr von Beust, haben Sie nicht den Mut und Hamburg muss das – nicht nur, aber leider auch – in der Europapolitik ausbaden.
(Beifall bei der GAL und der SPD – Zuruf von Karl-Heinz Winkler Partei Rechtsstaatlicher Offen- sive)
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich bin ein bisschen irritiert, denn eigentlich dachte ich, dass wir uns heute über die Regierungserklärung des Ersten Bürgermeisters zur Europapolitik unterhalten.
Ich möchte Herrn Bürgermeister von Beust dafür danken, dass er seine Ziele in der Europapolitik vor diesem hohen Hause deutlich macht und nicht in den besseren Clubs in Hamburg.
Lassen Sie mich aber zunächst ein wenig ausholen und wenn ich gelegentliches Pathos an den Tag lege, bitte ich dafür bereits jetzt um Entschuldigung. Europa ist mir eine Herzensangelegenheit. Das mag mit meiner Erziehung zusammenhängen, vielleicht auch mit meiner Herkunft. Als gebürtiger Pfälzer gehöre ich einem Volksstamm an, der über lange Zeit unter der deutsch-französischen Feindschaft gelitten hat. Wie auch Holländer, Belgier, Luxemburger, Lothringer, Saarländer, Elsässer und Badener hatten wir das Pech, zwischen den so genannten damaligen Erbfeinden zu liegen, sodass unsere Vorfahren regelmäßig in der Uniform des einen auf die anderen schießen mussten oder wie die Elsässer sagten, von de enne gesääft, von de annere raseert.
Für alle diese Volksgruppen ist die Überwindung dieser Feindschaft und die europäische Einigung von vitalem Interesse gewesen
und vielleicht mehr als andere haben sie ein Gespür dafür entwickelt, ob der Motor der Einigung funktioniert. Dieser Motor ist eigentlich immer die deutsch-französische Achse gewesen, weswegen man in diplomatischen Kreisen auch immer wieder betont hat, es müsse zwei Politiker in Europa geben, die eine europäische Vision haben, den französischen Präsidenten und den deutschen Kanzler. Das war über Jahrzehnte so: Adenauer und de Gaulle, Brandt und Pompidou, Schmidt und Giscard d’Estaing, Kohl und Mitterand.
Leider ist seit 1995 auf französischer Seite hier ein gewisses Defizit. Daran können wir leider nichts ändern. Seit vier Jahren besteht dieses Defizit aber auch auf deutscher Seite und das ist fatal. Ich habe bis heute keine Erklärung dafür, wie das den Enkeln von Schumacher, Brandt und
Schmidt passieren konnte, aber angesichts Ihrer heutigen Reaktion auf die Erklärung des Ersten Bürgermeisters kann ich nur feststellen: Sie würden eine Vision nicht erkennen, wenn sie meterhoch in Stein gemeißelt vor Ihnen stünde.
Meine Damen und Herren! Die Regierungserklärung fällt in eine spannende und für Hamburg richtungsweisende Zeit. Mit dem Beitritt Polens und der baltischen Staaten werden bis auf Nowgorod erstmals alle Hansestädte Teil der Europäischen Union sein. Hamburg wird zurückfinden in seine Rolle als Drehscheibe zwischen Nord- und Ostsee, zwischen der Hansestadt Brüssel und der Hansestadt Riga. Diese Chance jetzt zu ergreifen und nicht durch kleinkarierte Rechenschiebereien den Zug der Zeit zu verpassen, muss Aufgabe des politischen Handelns sein und die Erklärung des Ersten Bürgermeisters weist hier den richtigen Weg. Da ist eine Vision von der Freien und Hansestadt Hamburg in Europa. Aber die Vision alleine genügt nicht. Es müssen auch die Instrumente und Wege zur Umsetzung gefunden werden. Hier ist der amtierende deutsche Außenminister ein vielleicht nicht ganz so gutes Beispiel. Bei seinem Amtsantritt sagte Joschka Fischer im Hinblick auf die gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik, er wolle dafür kämpfen, sich selbst – und damit meinte er wohl sein neues Amt – überflüssig zu machen. Das war bemerkenswert und löblich, aber die Umsetzung? Was hätten seine Amtsvorgänger Genscher und Kinkel wohl getan, wenn die deutsche Position in einer außenpolitischen Frage von denen unserer Freunde und Partner, insbesondere in den USA und Großbritannien abweicht. Ich sage es Ihnen: Sie wären sofort nach Washington, London, Paris, Madrid, Rom und Brüssel gereist, um mit ihren Amtskollegen zu sprechen, die deutsche Position zu verdeutlichen und eventuell eine gemeinsame Linie zu finden. Herr Fischer joggt durch Deutschland.
Das Ergebnis ist eine Kakophonie von Stimmen, anstelle einer gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik.
Die Umsetzung einer Idee ist genauso wichtig wie die Idee selbst. Auch hier ist Hamburg auf gutem Wege, die Gesprächsebenen zu erweitern, die Kontakte zu pflegen und sie dann auch gemeinsam zu vertreten. Die anstehenden Mitgliedschaften im Baltic Development Forum und im Verein „Europakorridor“ sind dafür ein ebenso geeignetes Mittel wie die verstärkte Mitarbeit im Ausschuss der Regionen.
Die FDP begrüßt es hierbei auch ausdrücklich, dass sich die Hamburger Bürgerschaft als Parlament so intensiv mit dem Thema Konvent und europäische Verfassung beschäftigt und demnächst hierzu einen hoffentlich interfraktionellen Antrag auf den Weg bringt.
Die Möglichkeiten der Einflussnahme eines kleinen Bundeslandes auf die große europäische Politik sind begrenzt. Aber einerseits wäre es gerade deswegen ein Fehler, diese Möglichkeiten nicht zu nutzen, andererseits muss es die Aufgabe verantwortlicher Politik sein, den Menschen vor Ort den europäischen Gedanken wirklich nahe zu bringen. Europa wird nur dann funktionieren, wenn es ein Europa der Bürger ist, das nicht nur vom Verstand getragen wird und die Geldbeutel schwellen lässt, sondern auch die Herzen bewegt.
Und gerade in diesem Sinne danke ich dem Ersten Bürgermeister für seine heutige Erklärung als ein ganz wichtiges Zeichen.
Ich melde mich nach Paragraph 44 der Geschäftsordnung zu Wort und beantrage nach Paragraph 46 eine Klärung des Sachverhaltes.
Der Abgeordnete Winkler hat am Ende der Rede von Frau Sager die Aussage in den Saal gerufen: Sie haben uns ein Terroristennetz hinterlassen. Ich bin der Auffassung, dass eine solche Aussage in diesem Parlament nicht zulässig ist und er deshalb zur Ordnung gerufen werden muss.
Herr Grund, ich muss dazu erklären, dass dieses hier oben nicht angekommen ist. Herr Winkler, können Sie dazu etwas sagen? – Sie müssen nicht, aber wenn Sie etwas dazu sagen wollen?
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Es geht mir letzten Endes darum, dass möglicherweise akustisch hier nicht alles klar geworden ist. Mein Zwischenruf bezog sich darauf, dass es nicht geht, dass hinsichtlich der Außenwirkung der Rede des Innensenators
großartig der moralische Zeigefinger erhoben wird, dagegen aber die politische Verantwortung, die Sie haben, was den internationalen Terrorismus in Hamburg und seine Rolle angeht,
(Beifall bei Frank-Michael Bauer und Andreas Jan- nusch, beide Partei Rechtsstaatlicher Offensive – Krista Sager GAL: Herr Dräger, dagegen müssen Sie sich doch wehren! Das ist doch Ihre TU! Dafür sind wir doch alle verantwortlich! – Glocke)
Herr Winkler, Sie haben hier eine Erklärung abgegeben. Haben Sie diesen Ausdruck gebraucht, ja oder nein? Wenn Sie ihn gebraucht haben, Herr Winkler, dann muss ich Sie mit einem Ordnungsruf belegen.
(Anja Hajduk GAL: Sie müssen die Sitzung unter- brechen! Wir müssen uns den Pöbel nicht gefallen lassen!)
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Bürgermeister, ich kann Ihnen nur sagen, das ist Ihr Koalitionspartner,
und wenn Sie mit diesem Geist europapolitisch weiterkommen und glaubwürdig bleiben wollen, dann kann ich nur sagen: Das schaffen Sie nur dann, wenn Sie diesen Koalitionspartner aus dem Senat verbannen. Anders geht das gar nicht. Aber ich komme noch auf diese Frage zurück.
Meine Damen und Herren! Wie groß das europapolitische Interesse dieser Koalition und auch des Senats wirklich ist, hat man an der durchschnittlichen Präsenz gesehen. Das war zeitweise wirklich peinlich, meine Damen und Herren. Überhaupt kein Interesse war Ihrerseits vorhanden. Jetzt füllt es sich allmählich wieder.