Wir wissen aber noch nicht, wie wir das finanzieren können. Darin besteht für uns gemeinsam eine große Aufgabe. Hier befinden wir uns in einem Konflikt; ich hoffe, dass wir darüber gemeinsam nachdenken. Denn wenn wir auf der einen Seite die Lohnkosten stabil halten wollen und akzeptieren, dass die Pflegeversicherung budgetiert ist, dann müssen wir andererseits damit einverstanden sein, dass immer mehr Pflegeleistungen durch die Sozialhilfe – also mit Steuermitteln – bezahlt werden, weil viele Menschen kein Geld haben, um diese selbst zu bezahlen.
Wenn das der Fall ist – das wird so sein, denn auch der vierte Altersbericht der Bundesregierung hat dies umfassend dargelegt –, dann verstehe ich nicht, warum die Hilfe zur Pflege in unserem Haushaltsansatz abgesenkt wurde. Wir müssen hier etwas tun. Frau Senatorin, Sie können nicht den Kopf in den Sand stecken und einfach sagen, dass Sie an dieses Thema nicht herangehen wollen. Es wird Sie einholen, und zwar ziemlich bald. – Danke schön.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Vielleicht erinnern Sie sich noch, womit ich gestern meine Rede zu Kindern und Familie begann.
Ich sagte: Kinder und Familien brauchen weder Bevormundung noch Almosen. Das gilt ganz genauso für Senioren.
Sowohl die Jungen, die jungen Familien als auch die Älteren sind ganz normale Mitglieder der Gesellschaft.
Diese Menschen sind mündig und können für sich selbst genauso die Verantwortung übernehmen wie alle anderen Altersgruppen. Das sollte unsere Leitschnur sein.
Wir müssen allerdings – genauso wie für Familien und Kinder – geeignete Rahmenbedingungen für die Senioren schaffen.
Ich habe eine sehr interessante Information aus den Antworten der Großen Anfrage entnommen: Im Gegensatz zu dem, was allgemein kolportiert wird, ist die ältere Generation im Durchschnitt nicht ärmer als die jüngere. Das allein stellt schon das Grundsicherungsgesetz vom Ansatz her in Frage.
Ich will das Thema Geld aber nicht in den Mittelpunkt stellen. Wichtiger sind die Rahmenbedingungen.
Ein Großteil der Politik der letzten Jahre und Jahrzehnte – ich gebe zu, auch die FDP hat hier nicht ausreichend Widerstand geleistet – war gerade für Senioren oder für ältere Menschen nicht positiv. Wir haben seniorenfeindliche Tarifverträge.
Wenn für die älteren Arbeitnehmer bei gleicher Arbeit im Tarifvertrag im zunehmenden Alter immer mehr Geld gefordert wird, dann ist es für die Arbeitgeber weniger interessant, ältere Menschen einzustellen. Das ist – auch wenn es vielleicht gut gemeint war – ein Nachteil für Senioren.
Wir haben ein seniorenfeindliches Arbeitsrecht. Wenn nach der einschlägigen Rechtsprechung das Kündigungsschutzgesetz vorsieht, dass Senioren weniger leicht gekündigt werden können, dann haben sie auch schlechtere Einstellungschancen.
Senator Uldall hatte gestern schon etwas darüber gesagt, wie man hier zu einem Ausweg kommen könnte.
Die Forderung nach einer 35-Stunden-Woche mit einem vollen Lohnausgleich hat zu einer erheblichen Arbeitsverdichtung geführt. Es gibt viele Leidtragende, unter anderem auch die Senioren. Wir sollten uns Gedanken darüber machen, ob wir den Senioren nicht helfen könnten, indem wir diese verkrusteten Bedingungen beim Arbeitsrecht und andere Dinge aufheben.
Das sind natürlich zum größten Teil bundesrechtliche Probleme; deshalb müssen wir – nämlich bis Sonntagabend – warten, um dieses ändern zu können. Wir können in Hamburg aber schon einmal damit anfangen und uns ein wenig über unsere heutige soziale gesellschaftliche Situation Gedanken machen.
Sie ist davon gekennzeichnet, dass viele Senioren – anders als früher – keine Enkel mehr haben. Wenn sie aber welche haben, dann sind sie weit weg. Das heißt, ein klassisches Betätigungsfeld außerhalb der Arbeit – sich um Enkel zu kümmern – ist nicht vorhanden.
Umgekehrt gibt es viele Kinder und junge Menschen, die keine Großeltern haben. Wenn sie sie haben, sind diese vielleicht weit weg. In unserer heutigen mobilen Gesellschaft sind die Familien auseinander gerissen.
Zu diesem Punkt hat die Koalition – darauf hat Herr Schira bereits hingewiesen – den Vorschlag gemacht, beispielsweise Patenschaften einzurichten. Als Stichwort nenne ich den Oma-Hilfsdienst, den meine Familie zum Nutzen beider Seiten sehr erfolgreich in Anspruch genommen hat.
Ich komme zu einem Thema typischer sozialdemokratischer Fehlentwicklung in Hamburg. Sie schaffen immer – in diesem Fall für die Senioren – sehr gern Gremien. Es gibt zu der Großen Anfrage die Protokollerklärung Nummer 4 anlässlich der Sitzung des Sozialausschusses vom 11. Juni 2002, in der sehr eindrucksvoll dargelegt wird, wie sich der Landesseniorenbeirat zusammensetzt:
„Danach entsenden Senioreneinrichtungen und Seniorengemeinschaften Delegierte in die Seniorendelegiertenversammlung, diese wählen die Bezirksseniorenbeiräte. Die Bezirksseniorenbeiräte wählen wiederum ein Mitglied in den Landesseniorenbeirat.“
Der wird dann noch ergänzt durch acht weitere Mitglieder über die Deputation. Dieses mehrfache Deputationsprinzip hat natürlich mit den basisdemokratischen Ideen überhaupt nichts gemeinsam. Es ist falsch. Der Landesseniorenbeirat wird aus meiner Sicht falsch gewählt.
Aber das Schlagwort Qualitätssicherung darf nicht dazu führen, dass eine unangemessene Bürokratie ins Leben gerufen wird.
Schauen wir die Fachkraftquote an. Wenn Sie eine zu hohe Fachkraftquote haben und außerdem zu hohe Anforderungen an den Schulabschluss und den Inhalt der Ausbildung stellen, besteht die große Gefahr, dass Sie Schwierigkeiten bekommen – das ist auch so –, Menschen für diesen Beruf zu gewinnen, damit diese Stellen überhaupt besetzt werden können.
Wir sollten über die Fachkraftquote und andere Anforderungen – es mag gut gemeint sein – nachdenken, ob hier nicht Änderungen erforderlich sind.
Wir müssen versuchen, Seiteneinsteiger für den Beruf des Altenpflegers zu gewinnen und verschiedene Qualifikationsstufen ermöglichen. Es gibt Menschen, die einfache Pflegeaufgaben hervorragend erfüllen können, aber für anspruchsvollere nicht geeignet sind. Es spricht nichts dagegen, sie für die einfachen Aufgaben zu beschäftigen.