Protokoll der Sitzung vom 30.10.2002

Aber Sie werden dieser Frage nicht entgehen können und feststellen müssen, dass Sie die Konzepte der Hartz-Kommission umsetzen müssen. Das wird dieser Senat tun müssen und wir werden darauf achten, dass das auch passiert, dass Job-Center eingeführt werden, dass es Service-Agenturen gibt, dass das Zusammenführen von Arbeitslosen und Sozialhilfe passiert und dass das JUMPPlus-Programm, mit dem hunderttausend junge Menschen auf Bundesebene in Arbeit gebracht werden sollen, auch in dieser Stadt umgesetzt wird.

(Beifall bei der SPD und der GAL)

Nun zum Thema Mittelstand, das ja auch immer durch „die Mühle gedreht“ wird. Es wird immer gesagt, der Mittelstand würde von der Bundesregierung nicht anständig gefördert werden. Abgesehen davon, dass die Mittelstandspolitik dieses Senats sich bisher darin erschöpft, dass wir eine Novelle verabschiedet haben, wo es nur um Ausschreibungsbedingungen und keineswegs um Förderprogramme ging, muss man doch Folgendes feststellen: Der erste Schritt des Hartz-Papiers, nämlich das so genannte Job-Floater-Programm, wird nach dem Beschluss der Bundesregierung vom 10. September ab 1. November umgesetzt werden. Das führt dazu, dass 100 000 Euro pro Arbeitsplatz von den Unternehmern als Subvention, als Förderung genommen werden können, wenn sie Arbeitsplätze schaffen. Das ist praktische Mittelstandspolitik, die für Arbeitsplätze in diesem Land sorgen wird.

(Beifall bei der SPD und der GAL)

Darüber hinaus wird es Förderdarlehen der KfW von 50 000 Euro und weitere Darlehen von 50 000 Euro geben, für die die Hausbank von der Haftung freigestellt wird. Das heißt, hier wird ganz konkret die Eigenkapitalquote erhöht werden. Auch das ist konkrete Mittelstandspolitik, die hier in Hamburg in dieser Form nicht stattfindet.

(Beifall bei der SPD und der GAL)

Wirtschaftspolitik und Mittelstandspolitik haben auch etwas damit zu tun, dass man investiert, und das wird auch passieren. Allein das Investitionsprogramm in Höhe von 90 Milliarden Euro für Straßen, Schiene, Luft, Verkehr und Wasserstraßen wird in einem erheblichen Maße der mittelständischen Bauindustrie zugute kommen.

(Beifall bei der SPD und der GAL)

Für erneuerbare Energien wird es ein Marktanreizprogramm 2004 in einer Höhe von 200 Millionen Euro, 2005 von 220 Millionen Euro und 2006 von 230 Millionen Euro geben. Auch dieses wird im Wesentlichen der mittelständischen Wirtschaft zugute kommen, auch dieses ist konkrete Wirtschaftspolitik,

(Burkhardt Müller-Sönksen FDP: Das ist Staats- wirtschaft!)

auch dieses unterscheidet sich, Herr Müller-Sönksen, von Ihrer Konzeptlosigkeit, weil hier nämlich Fakten geschaffen werden.

(Beifall bei der SPD)

Lassen Sie mich zum Schluss noch etwas zum Thema Steuern sagen. Ich wundere mich, dass hier über die Steuerpolitik in dieser Art und Weise geredet wird. Ich habe es noch im Ohr und man konnte es auch lesen, dass sowohl CDU als auch FDP dieses 40-40-40-Programm gefahren haben. Das heißt, die Abgabenquote sollte überall auf 40 Prozent gesenkt werden und das hätte 175 Milliarden Euro Steuerausfälle oder Einnahmeausfälle in den verschiedenen Zweigen der Steuer- und Sozialversicherungskassen in diesem Land bedeutet. Und wie das zu finanzieren ist, haben Sie nie erklärt, weil es nicht zu finanzieren ist und weil es nur zeigt, dass Sie überhaupt kein Konzept haben.

(Beifall bei der SPD und der GAL)

Herr Tants hat das Wort.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Wir haben uns sehr viel über Wirtschaftstheorien unterhalten.

(Uwe Grund SPD: Über Bekämpfung der Arbeits- losigkeit!)

Herr Grund, danke für den Hinweis. Gehen wir doch einmal in die Praxis. Von Ihnen ist überhaupt nicht bestritten worden, dass Sie einer viertel Million Hamburger Familien im Osdorfer Born, in Steilshoop, in Jenfeld 200 Euro im Monat wegnehmen,

(Beifall bei der CDU, der Partei Rechtsstaatlicher Offensive und der FDP – Barbara Duden SPD: Sie erhöhen doch die Sozialmieten!)

und Sie reden von Familienpolitik; das betrifft die Familien. Sie sagen, Sie meinen es gut mit ihnen, und nehmen ihnen 200 Euro im Monat weg.

(Dr. Willfried Maier GAL: In Steilshoop? Wer ver- dient denn dort 6000 Euro im Monat?)

Können Sie sich vorstellen, was das für eine Verkäuferfamilie bedeutet, wo der Vater oder der Lebenspartner bei Karstadt arbeitet und der andere bei Quelle? Wissen Sie, was die im Monat verdienen? Und denen nehmen Sie 150 bis 200 Euro weg. Damit erreichen Sie wirklich die Herzen der Leute.

(Zurufe von der SPD und der GAL)

Seien Sie doch nicht so aufgeregt, lassen Sie mich doch einmal zu Ende reden. Ich rede auch nicht dauernd dazwischen.

(Glocke)

Gestatten Sie eine Zwischenfrage, Herr Tants?

Nein, ich gestatte keine Zwischenfrage und auch keine klugen Antworten.

Sie haben hier auch einen sozialen Konsens aufgegeben. Sie haben Steuersenkungen versprochen und 51 Steuern erhöht. Es fängt beim Blumenstrauß an und geht bis hin zu den Grundlebensmitteln. Essen müssen alle Hamburger und dafür werden sie mehr bezahlen, weil Sie nämlich im Agrarbereich schlicht und ergreifend den halbierten Mehrwertsteuersatz gestrichen haben.

(Beifall bei der CDU)

(Ingo Egloff SPD)

Das bedeutet, jedes Brötchen, jedes Brot, jede Kartoffel, jedes Ei wird teurer. Das sind die Dinge, die die Familien, die Sie, Frau Goetsch, ja so fördern wollen, brauchen.

(Christa Goetsch GAL: Sie haben überhaupt nichts kapiert, Herr Tants!)

Nehmen wir einmal den Blumenstrauß. Der Blumenstrauß von etwa zwei oder drei Mark – 1,50 Euro hört sich ja so niedlich an – wird teurer. Was meinen Sie denn, wie viele Floristen- und Gärtnerarbeitsplätze flöten gehen.

(Unruhe im Hause – Glocke)

Ich bitte um etwas mehr Aufmerksamkeit für den Redner.

Meine Damen und Herren! Diese Zahl wird von Ihnen überhaupt nicht bestritten. Sie entziehen Hamburg 300 Millionen Euro jährlich an Kaufkraft und die Familien dürfen das aufbringen. Dafür dürfen dann die Familienvorstände, Mütter oder Väter, nach Hause kommen und sagen, erstens haben wir 200 Euro weniger im Monat und zweitens habe ich auch noch den Arbeitsplatz verloren, weil keiner mehr etwas kauft. Das soll soziale Familienpolitik sein?

(Beifall bei der CDU, der Partei Rechtsstaatlicher Offensive und der FDP)

Ein weiterer Punkt, meine Damen und Herren. In dieser Stadt haben sich Menschen, nicht die Reichen, irgendwo vor 20 oder 25 Jahren eine Eigentumswohnung als Alterssicherung gekauft. Jetzt ist das Alter erreicht – über Lebensversicherungen haben wir schon gesprochen – und sie dürfen das, was sie aus ihrem Nettoeinkommen für eine kleine Eineinhalb-Zimmer-Wohnung, die sie vielleicht vermietet haben, gespart haben, nämlich den Gewinn, auch noch versteuern.

Das kann es doch alles nicht mehr sein. Wenn die Menschen ins Pflegeheim gehen, geht zunächst einmal von dem, was ererbt und verkauft wird, die Hälfte an Steuern weg. Das ist doch eine Enteignung. Sie enteignen nicht nur den Mittelstand, sondern auch die Familien. Und das geschieht unter Führung rotgrüner Hamburger Politiker.

(Vereinzelter Beifall bei der CDU, der Partei Rechts- staatlicher Offensive und der FDP)

Meine Redezeit ist zwar noch nicht zu Ende, aber es wurde schon so viel gesagt. Darum möchte ich zum Schluss kommen.

Ich habe heute jemanden gehört, der einen anderen fragte: Kannst du mir erklären, was der Unterschied zwischen einer Telefonzelle und der Bundesregierung ist?

(Jenspeter Rosenfeldt SPD: Oh, nein!)

Ich habe ganz gespannt zugehört: In der Telefonzelle wird vor dem Wählen gezahlt. Zumindest in Deutschland ist es so.

(Dirk Kienscherf SPD: Die Märchenstunde!)

Sie gehen nach dem Motto vor: Nun habt ihr mich gewählt, nun darf ich über die Familien...

(Glocke)

Herr Tants, Ihre Redezeit ist jetzt zu Ende.

Ja, ich komme zum Schluss. Sie haben die Familien ins Herz getroffen.

(Beifall bei der CDU, der Partei Rechtsstaatlicher Offensive und der FDP)

Das Wort hat Herr Dr. Maier.