Protokoll der Sitzung vom 30.10.2002

Ein weiterer Bereich, den ich aufgreifen möchte, ist die Gesundheitspolitik. Es ist ganz typisch, wie Rotgrün hier agiert oder besser nicht agiert. Das läuft nach dem Standardmuster.

Vor der Wahl hieß es, dass es kein Defizit bei den Krankenkassen geben würde. Wenige Tage nach der Wahl wurde gesagt, dass es doch eines gibt. Einmal sind es 1,5 Milliarden Euro und dann 3,5 Milliarden Euro. Die Reaktion ist auch wie üblich. Zunächst sucht man einen Bösewicht. Das ist in jedem Jahr immer ein anderer.

Dieses Mal haben Sie sich den Arzneimittelbereich ausgesucht. Es wird also auf Kosten des Arzneimittelbereichs ein Spargesetz gemacht. Auf diese Weise versucht man, bis zur nächsten Krise, bis zum nächsten Defizit, 1,5 Milliarden Euro zusammenzukratzen.

(Burkhardt Müller-Sönksen FDP: Das soll doch jetzt alles festgefroren werden!)

Sie machen keine Strukturreform, sie bieten keine Antwort auf die menschenfeindlichen Budgets im Gesundheitswesen und vor allem – das ist das Schlimmste – haben Sie keine Antwort auf explodierende Verwaltungskosten bei den Krankenkassen.

(Beifall bei der FDP, der CDU und der Partei Rechtsstaatlicher Offensive)

Falls Sie es noch nicht wissen: Über 7 Milliarden Euro werden für die Verwaltung der Krankenkassen ausgegeben. Das ist deutlich mehr als die gesamte zahnmedizinische Behandlung. Es ist schon erschreckend, wofür das Geld verpulvert wird.

Das Ergebnis für Hamburger Familien und Bürger: Steigende Beiträge, budgetierte Leistungen und – auch das sollte man einmal erwähnen – steigende Kosten für die Stadt, denn die Sozialabgaben werden zur Hälfte von der Stadt Hamburg – als Arbeitgeber für ihre Angestellten – bezahlt. Damit ist die Stadt Hamburg an den Folgen dieser katastrophalen Showpolitik der rotgrünen Regierung beteiligt. So darf es nicht weitergehen. – Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP, der CDU und der Partei Rechtsstaatlicher Offensive)

Das Wort bekommt Senator Uldall.

(Uwe Grund SPD: Sie drücken sich vor der nächs- ten Debatte! Immer wieder das gleiche Spiel!)

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Die deutsche Volkswirtschaft leidet unter zwei besonderen Schwachstellen. Die erste

Schwachstelle ist die Konjunkturschwäche, die zweite eine allgemeine Strukturschwäche.

(Uwe Grund SPD: Das haben wir alles schon mal gehört!)

Die Ursachen dafür sind seit langem bekannt, sie brauchen nicht erneut durch Gutachten untermauert und in dieser Debatte aufgeführt zu werden. Das Erschütternde ist nur, dass die Regierung Schröder in Berlin die Chance, die sich einer Regierung immer zu Beginn einer Legislaturperiode eröffnet – weil die Menschen dann bereit sind, neue Dinge offen anzupacken und weil ein Neustart gesehen wird –, nicht ergriffen hat, um diese beiden Schwachstellen der deutschen Wirtschaft zu beheben.

(Beifall bei der CDU, der Partei Rechtsstaatlicher Offensive und der FDP)

Dabei räume ich fairerweise ein, dass die tiefsitzenden Strukturschwächen der deutschen Wirtschaft nicht erst in den letzten vier Jahren entstanden sind, sondern schon zu der Zeit, als wir noch die Regierung stellten und ich für die Regierungs-, Wirtschafts- und Finanzpolitik mitverantwortlich war.

Aber, Herr Egloff, es muss dann auch fairerweise gesagt werden, dass von uns zum Ende der Regierungszeit Kohl massive Maßnahmen ergriffen wurden mit dem Ziel, diese Strukturen zu verbessern.

(Uwe Grund SPD: Das war das ABM-Programm in der Wahl!)

Dann wurden zuerst unter Oskar Lafontaine und Schröder alle vernünftigen Ansätze wieder zurückgedreht. Damit leiteten sie eine Epoche von vier Jahren Stillstand in der Wirtschaftspolitik ein, obwohl in der Zwischenzeit alle wussten, welche Wege gegangen werden müssen.

Nun ist es wieder so weit: Diese Chance wird vertan, obwohl jeder weiß, dass offensichtlich die angekündigte rotgrüne Epoche zu Beginn des neuen Jahrhunderts eine Epoche des Stillstands in der Wirtschaftspolitik sein wird.

(Beifall bei der CDU, der Partei Rechtsstaatlicher Offensive und der FDP)

Welche Chancen hätte Bundeskanzler Schröder gehabt, wenn er jetzt in einer tollen Regierungserklärung den Menschen Mut zugesprochen

(Uwe Grund SPD: Hat er ja! – Michael Neumann SPD: So wie der Erste Bürgermeister vor einem Jahr?)

und neue Impulse gegeben hätte, um endlich die konjunkturelle Lähmung zu beseitigen.

(Beifall bei der CDU, der Partei Rechtsstaatlicher Offensive und der FDP)

Nun mögen Sie Ihre Rede dort gerne hochhalten, aber schauen Sie sich einmal „Spiegel-Online“ an – das ist ein völlig unverdächtiger Zeuge –, mit welcher negativen, zerreißenden Kritik über die Rede des Kanzlers berichtet wird.

Wenn wir eine Belebung unserer Konjunktur erreichen wollen, dann müssen wir den Menschen wieder Mut machen, Zuverlässigkeit predigen und eine Perspektive eröffnen.

(Uwe Grund SPD: Dann machen Sie mal los!)

Der große Ökonom Friedrich August von Hayek hat einmal als Ergebnis seiner jahrzehntelangen, weltweit hoch anerkannten Forschung über die Gesellschaft festgehalten,

(Dr. Wieland Schinnenburg FDP)

A C

B D

dass es drei Bereiche waren, die in den erfolgreich wachsenden Volkswirtschaften hochgehalten wurden: die Familie – darüber ist schon viel gestritten worden, wer das bessere Konzept hat; das brauchen wir nicht zu wiederholen –,

(Uwe Grund SPD: Wir sowieso!)

das Eigentum – es wird sicherlich schwer sein zu sagen, dass die Regierung in Berlin oder die rotgrünen Parteien insgesamt eine eigentumsfördernde Position eingenommen haben;

(Burkhardt Müller-Sönksen FDP: Enteignung!)

das wird keiner behaupten wollen – und die Aufrichtigkeit,

(Michael Neumann SPD: Dass Sie das als Mitglied des Senats in den Mund nehmen!)

die man hätte liefern können. Aber man hat genau das Gegenteil in Berlin produziert.

Wenn man eine Woche nach der Wahl feststellt, dass im Haushalt ein Loch von 15 oder gar 20 Milliarden Euro klafft, dann wird es Ihnen nicht gelingen, auch dem oberflächlichsten Politikbeobachter irgendwo in Deutschland klar zu machen, dass sich dieses erst gerade in den wenigen Tagen nach der Wahl ergeben hat. Jeder erkennt, dass hier bewusst eine Verschleierung vorgenommen worden ist.

(Beifall bei der CDU, der Partei Rechtsstaatlicher Offensive und der FDP)

Damit ist durch Rotgrün in Berlin auch dieses dritte Kriterium für eine erfolgreich wachsende Volkswirtschaft vertan worden.

(Dr. Willfried Maier GAL: Parallel zum Kassensturz!)

Aber das ist noch nicht alles, was dort an Fehlern gemacht worden ist. Kollege Tants hatte schon darauf hingewiesen, wie die Belastung der einzelnen Haushalte aussieht. Man kann sich darüber streiten, ob es ein bisschen mehr oder weniger ist.

(Ingo Egloff SPD: Das sind 95 Prozent!)

Investieren Sie ein paar Euro und kaufen Sie sich den „Spiegel“ von dieser Woche. Dort sehen Sie alles, es ist auf Heller und Pfennig ausgerechnet.

(Ingo Egloff SPD: Als er das geschrieben hat, muss er besoffen gewesen sein!)

Genauso ist von vielen verschiedenen Rednern schon darauf hingewiesen worden, welche steuerlichen Belastungen auf die Bürger und die mittelständischen Betriebe zukommen. An den Sozialdemokraten fasziniert mich immer, mit welcher Wortschöpfungskunst hier operiert wird. Es wird von einem großen Sparpaket gesprochen, aber es ist nichts anderes als ein Steuererhöhungspaket.

(Beifall bei der CDU, der Partei Rechtsstaatlicher Offensive und der FDP)

Sie können mit solchen Begriffen wirklich in die falsche Richtung lenken.