Protokoll der Sitzung vom 10.12.2002

Das Wort hat Senator Lange.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Frau Ernst, wir betreiben keine ideologische Bildungspolitik, wie Sie es jahrzehntelang gemacht haben, wir betreiben eine erfolgreiche Bildungspolitik,

(Beifall bei der FDP, der CDU und der Partei Rechtsstaatlicher Offensive – Buh-Rufe bei der SPD und der GAL)

denn sie ist und bleibt die Schlüsselaufgabe für jede zukunftsweisende Politik in unserem Land insgesamt. Und deshalb ist Bildung einer der zentralen Schwerpunkte unserer Politik. Deshalb werden wir auch in einer von rotgrünen Regierungen in Berlin und Hamburg verschuldeten, äußerst schwierigen Haushaltssituation den Bildungsetat für das kommende Jahr um 2 Prozent und gegenüber

Ihrem letzten Etat um 5 Prozent erhöhen. Und deshalb geben wir im kommenden Jahr jeden fünften Euro der Staatsaufgaben für Bildung, für Investitionen in die Zukunft unserer Kinder aus. Deshalb ist der Bildungsetat im kommenden Jahr der größte Einzelposten im Gesamthaushalt.

(Dr. Willfried Maier GAL: Völlig neu!)

Wir geben in Hamburg pro Kopf am meisten aus und liegen damit bei den Bildungsausgaben weit über dem OECD-Durchschnitt. Leider nur bei den Ausgaben und nicht bei den Leistungen.

(Beifall bei der FDP, der CDU und der Partei Rechtsstaatlicher Offensive)

Eine erfolgreiche Bildungspolitik, meine sehr verehrten Damen und Herren, lässt sich aber auf keinen Fall nur an den Ausgaben messen. PISA hat uns dies deutlich vor Augen geführt. Die Bildungssysteme vieler Länder, auch innerhalb der Bundesrepublik, kommen bei vergleichbaren Bildungsausgaben zu deutlich besseren Ergebnissen und deshalb muss es die vorrangige Aufgabe aller Bildungssysteme in Deutschland und auch in dieser Stadt sein, die eingesetzten Steuergelder wirksamer zu verwenden. Das sind wir den Steuerzahlern schuldig.

(Beifall bei der FDP, der CDU und der Partei Rechtsstaatlicher Offensive )

Eine erfolgreiche Bildungspolitik fußt auf drei Komponenten: Wir brauchen die Menschen, wir brauchen Inhalte und wir brauchen den Raum dafür. Sie haben uns einen nicht ausfinanzierten Lehrerstellenplan hinterlassen. Sie haben uns 27 Jahre alte Bildungspläne hinterlassen und Sie haben uns desolate Schulgebäude hinterlassen. Frau Goetsch, wenn Sie sowohl D-Mark mit Euro als auch Neubau mit Instandsetzung verwechseln und ansonsten meinen, die Schulgebäude seien in einem guten Zustand, dann drängt sich der Verdacht auf, dass Ihre Schule bevorzugt bedient wurde. Die anderen sollten Sie sich auch einmal angucken.

(Beifall bei der FDP, der CDU und der Partei Rechtsstaatlicher Offensive)

Bildung, meine Damen und Herren, kann nur dann bessere Ergebnisse erzielen als bisher, wenn sichergestellt ist, dass eine ausreichende Zahl von Lehrerinnen und Lehrern diese verantwortungsvolle Aufgabe übernehmen können. Und anders als in der Vergangenheit müssen deren Stellen im Haushalt solide abgesichert sein. Der Senat hat deshalb dem Lehrerstellenplan endlich Wahrheit, Klarheit und Sicherheit gegeben

(Manfred Mahr GAL: Freiheit, Gleichheit, Brüder- lichkeit!)

und verlässlich finanziert. Anders als bei Ihnen nimmt die Stellenzahl in dieser Legislaturperiode pro Jahr um 100 bis auf 13 900 zu.

(Beifall bei der FDP, der CDU und der Partei Rechtsstaatlicher Offensive)

Und darüber hinaus sind die ausfinanziert, meine Damen und Herren, und darüber hinaus haben wir ein Junglehrerprogramm von 100 Stellen aufgelegt.

Es kommt allerdings dabei auch darauf an, die Arbeitskraft der Lehrerinnen und Lehrer aufgabengerecht und bedarfsgerecht auf die Schulen zu verteilen. Wir arbeiten an einem Konzept, das für alle Schulformen eine hundertprozentige Versorgung mit Grundstunden nach der Stundentafel

(Martin Woestmeyer FDP)

sicherstellt. Über diese Basisversorgung hinaus werden die Schulen an den Besonderheiten der Einzelschule orientiert ein Budget an Lehrerstunden erhalten, über das sie selbst entscheiden können. Wir stärken damit die Autonomie der Schulen.

(Beifall bei der FDP, der CDU und der Partei Rechtsstaatlicher Offensive)

Es kommt weiterhin darauf an, dass ein transparentes Arbeitszeitmodell die insgesamt erbrachte Arbeitsleistung der Lehrerinnen und Lehrer besser als bisher erfasst, damit auch unerlässliche außerunterrichtliche Leistungen wie zum Beispiel die Leitung einer Klasse endlich angemessen berücksichtigt werden.

(Vereinzelter Beifall bei der FDP, der CDU und der Partei Rechtsstaatlicher Offensive – Christa Goetsch GAL: Daran haben wir alle ein Interesse!)

Die mit den Bereichen Lehrerversorgung und Lehrerarbeitszeit befassten Fachleute werden schon bald Ergebnisse ihrer Überlegungen vorlegen und dabei wird auch der vom DLH eingebrachte Vorschlag, ein Lebensarbeitszeitkonto für Lehrer und Lehrerinnen einzurichten, Berücksichtigung finden.

In Zukunft werden die Lehrerinnen und Lehrer ihre verantwortungsvolle Aufgabe besser vorbereitet wahrnehmen können. Dazu haben wir eine inhaltliche Reform der Lehrerausbildung eingeleitet.

(Christa Goetsch GAL: Sie doch nicht!)

Studium, Referendariat und Berufseingangsphase werden besser aufeinander abgestimmt werden und Lehrerinnen und Lehrer werden zielgerichtet auf der Grundlage einheitlicher Standards und Kerncurricula für einen effektiven Unterricht qualifiziert werden und die Praxisanteile werden wir erhöhen.

Meine Damen und Herren! Bildung in Hamburg kann aber auch nur dann bessere Ergebnisse als bisher erzielen, wenn neben den personellen Voraussetzungen gleichermaßen auch über die inhaltlichen Voraussetzungen nachgedacht wird, die direkt der Gegenstand des Unterrichtes sind. In den frühen Lernjahren wird künftig gezielt auf die Sprachentwicklung der Kinder hingewirkt werden, denn die Sprache entscheidet über die Bildungschancen und den Zugang zu den Möglichkeiten der Gesellschaft. Alle weitergehenden Bildungsanstrengungen setzen die Beherrschung der deutschen Sprache voraus und alle Bemühungen um die Sprachentwicklung der Kinder zielen deshalb auch immer auf die Erhöhung von Chancengleichheit für Kinder mit Migrationshintergrund ebenso wie für Kinder aus bildungsfernen Elternhäusern. Unsere Bemühungen um die Sprachentwicklung der Kinder sind damit gleichermaßen unverzichtbarer Kern einer erfolgreichen Integrationspolitik.

Mit den jetzt entwickelten, in den Bildungsplänen verankerten Bildungsstandards, die bereits ab Sommer kommenden Jahres verbindliche Grundlage von Unterricht sein werden, erhält der Unterricht an Hamburger Schulen eine klare Zielvorgabe und Messlatte. Auf Grundlage der in Kooperation mit anderen Bundesländern entwickelten Bildungsstandards werden wir in zentralen Prüfungen die Ergebnisse von Unterricht verlässlicher erfassen und transparent machen können.

Zu einer umfassenden Bildung und Erziehung unserer Kinder gehören drei Elemente: Erstens, ein elementares

Grundwissen in den wichtigsten Lern- und Lehrbereichen. Das ist die fachliche Kompetenz. Dazu gehört aber auch, zweitens, die Vermittlung von Grundhaltungen und Werteinstellungen, die die Jugendlichen befähigen, den Anforderungen im Leben gerecht zu werden, also die persönliche Kompetenz. Zuverlässigkeit, Leistungsbereitschaft und die Bereitschaft, Verantwortung zu übernehmen, müssen ebenso ausgebildet werden, wie, drittens, soziale Kompetenzen, denn nur wer teamfähig, konfliktfähig und tolerant ist, kann in der heutigen Welt bestehen.

(Beifall bei der FDP, der CDU und der Partei Rechtsstaatlicher Offensive)

Bildung in Hamburg kann aber auch nur dann bessere Ergebnisse erzielen, wenn auch die räumlichen Voraussetzungen für erfolgreiches Lernen geschaffen werden. In den heruntergekommenen oder zum Teil sogar gesundheitsschädigenden Räumlichkeiten werden Schulen kaum Spitzenleistungen erzielen. Im Gegenteil, die äußere Verwahrlosung der Schulen färbt auf die jungen Menschen ab.

(Burkhardt Müller-Sönksen FDP: Leider!)

Aus diesem Grunde haben wir mit der sofortigen Sanierungsinitiative mit zusätzlichen Investitionen in Höhe von 50 Millionen in den Jahren 2004 und 2005 begonnen und wir werden dafür sorgen, dass sich unsere Schülerinnen und Schüler in den Schulgebäuden wohl fühlen.

(Vereinzelter Beifall bei FDP, der CDU und der Par- tei Rechtsstaatlicher Offensive)

Meine Damen und Herren, die von uns eingeleiteten Maßnahmen dienen insgesamt der Wettbewerbsfähigkeit unserer Stadt. Junge Menschen verbringen zu viel Zeit in der Schule. Sie sind im europäischen Maßstab nicht konkurrenzfähig und deswegen werden wir das Abitur nach zwölf Jahren durchführen. Es ist nicht logisch und auch nicht vermittelbar, dass sich in der Welt um die Schülerinnen und Schüler herum alle Strukturen ständig verändern, dass sich auch die Unternehmensstrukturen ständig anpassen und dass nur die Berufsschulen seit Jahrzehnten unverändert sind. Daher haben wir mit dem Projekt BBZ an einem richtungsweisenden Eckpfeiler für eine moderne Weiterentwicklung der beruflichen Schule gearbeitet. Für uns bedeutet das, dass die Qualität und Effektivität der Maßnahmen beruflicher Bildung verbessert werden müssen, um den Schülern den Übergang in den Arbeitsmarkt zu erleichtern. Dazu müssen schon längst überfällige Vernetzungen vorgenommen und die Eigenständigkeiten der Schulen gestärkt werden. Auch hiermit leisten wir einen entscheidenden Beitrag zur Wettbewerbsfähigkeit der Stadt.

(Beifall bei der FDP, der CDU und der Partei Rechtsstaatlicher Offensive)

Die Wettbewerbsfähigkeit und Attraktivität des Standortes Hamburg, die durch unsere zukunftsweisende Bildungspolitik deutlich gesteigert wird, meine Damen und Herren, findet ihren Kristallisationspunkt in der Olympiabewerbung unserer Freien und Hansestadt. Wir haben dieser großartigen Vision, die zunächst von einigen sehr halbherzig und mit geringem Ernst in die öffentliche Diskussion gebracht wurde, mit großer Entschlossenheit die Strahlkraft verliehen, die alle Hamburgerinnen und Hamburger jetzt erfasst hat.

(Beifall bei der FDP, der CDU und der Partei Rechtsstaatlicher Offensive – Dr. Willfried Maier: Wen meinen Sie denn? – Michael Neumann SPD: (Senator Rudolf Lange)

A C

B D

Wissen Sie, was das ist? Das ist ganz schlechter Stil, was Sie hier machen!)

Der neue Senat hat im ersten Jahr seiner Amtszeit eine bisher ungekannte Dynamik in den Sport gebracht.

(Beifall bei der FDP, der CDU und der Partei Rechtsstaatlicher Offensive – Oh-Rufe und Lachen bei der SPD und der GAL)

Ja!

Nach einem jahrzehntelangen Dornröschenschlaf in der Innenbehörde hat die Zusammenführung der Aufgaben von Bildung und Sport in einer Behörde neue Kräfte entfaltet.

(Beifall bei der FDP, der CDU und der Partei Rechtsstaatlicher Offensive)

Gemeinsam mit dem Hamburger Sportbund und mit der Unterstützung der Hamburger Wirtschaft wurde in einem einzigen Jahr mehr auf den Weg gebracht als in vielen Jahren zuvor.

(Dr. Willfried Maier GAL: Sie auf den Weg gebracht?)

Und das gilt nicht nur für die Olympia-Bewerbung, das gilt vor allen Dingen für Maßnahmen, die langfristig den Sport in Hamburg stärken werden.