Protokoll der Sitzung vom 10.12.2002

(Dr. Willfried Maier GAL: Noch im Schonbereich!)

Selbstverständlich. Justiz gehört neben der Innenbehörde zu den Kernbereichen, die wir in der neuen Koalition entsprechend schonen.

(Dr. Willfried Maier GAL: Plus Bildung!)

Die Planungen für Billwerder sind absolut bedarfsgerecht. Das ist völlig richtig. Sie haben diese Justizvollzugsanstalt zunächst offen gebaut und wir mussten dann dem Bedarf entsprechend – den haben wir ja nicht gemacht, den haben Sie uns hinterlassen – eine Umplanung vornehmen. Auch dem Bedarf an Plätzen im offenen Vollzug wird entsprochen. Sie haben nicht einmal behauptet, dass wir jetzt zu wenig Plätze im offenen Vollzug haben.

(Wolf-Dieter Scheurell SPD: Die Schlösser fehlen!)

Darüber hinaus bedeuten die Investitionen in den Neubau der Justizvollzugsanstalt Billwerder einen Fortschritt in der Qualität der Unterbringung. Auch darüber reden Sie nicht. Ich kann nur sagen – und Herr Klooß war dabei –, wir sind Am Hasenberge in Fuhlsbüttel gewesen, in Santa Fu,

(Wolfgang Franz SPD: Das kann doch nicht wahr sein, dass ein Liberaler so spricht!)

und kann nur jedem in diesem Hause empfehlen, einmal dort hinzugehen und den dort bedrückenden Eindruck mitzunehmen. Dann können Sie sich in der Tat vorstellen, was ein neues Gebäude für untergebrachte Gefangene bedeuten wird. Das ist ein Fakt, den ich auch gerne persönlich so darstellen kann. Ich glaube, dass diejenigen, die dabei waren, das bestätigen werden.

Diese moderne Vollzugsanstalt wird die anderen Anstalten entlasten, die wiederum gleichzeitig mit unveränderten Investitionsmitteln in Höhe von 3,7 Millionen Euro saniert werden sollen. Da werden wir nicht sparen.

Zur personellen Situation werden wir die Planung des Senats zu gegebener Zeit überprüfen. Das ist selbstverständlich. Das haben wir aber auch nie anders gesagt. Die Frage, an welcher Stelle wir wo solche Dinge optimieren, ist auch eine Frage. Selbstverständlich ist es im Zeitalter moderner Techniken möglich, eine gewisse Sicherheit – und darum geht es auch in einem Schichtbetrieb über mehr als zwölf Stunden – durch elektronische Hilfsmittel, von Anfang an konzeptioniert, auch besser darzustellen. Aber was die elektronischen Hilfsmittel in Justizvollzugsanstalten angeht, habe ich noch die Erinnerung, dass es dort einmal eine höhere Ausgabe gegeben hat, die hinterher überhaupt nichts gebracht hat, außer den Dübeln in der Wand von irgendwelchen Mauern, die heute noch übrig geblieben sind.

Einige Entwicklungen müssen wir erst einmal abwarten, bevor wir uns ein endgültiges Bild machen können. Der Umzug steht im Jahre 2003 an. Damit wir die Zusage der

(Vizepräsident Peter Paul Müller)

Übergabe des Geländes an die Amicale International einhalten, muten wir den Mitarbeitern in der Anstalt Vierlande eine Menge zu. Ich wünsche den Mitarbeitern und dem Leiter, die diese wirklich einmalige Kraftaktion machen, von hier aus alles Gute und kann nur sagen, dass sie auch die Unterstützung dieses Hauses haben.

(Beifall bei der FDP, der CDU und der Partei Rechtsstaatlicher Offensive)

Über solchen Großprojekten soll aber nicht vernachlässigt werden, dass im Justizbereich auch an anderen Stellen Verbesserungen geschaffen werden. So ist beispielsweise die Verfahrensdauer bei den Sozialgerichten von 30 auf 24 Monate gesenkt worden. Ich glaube, wir sind alle einer Meinung, dass die verfassungswidrigen Längen der Verfahren bei den Sozialgerichten ein sehr unrühmliches Bild für Hamburger Gerichte gewesen sind. Das gehört – Gott sei Dank – der Vergangenheit an.

(Beifall bei der FDP, der CDU und der Partei Rechtsstaatlicher Offensive)

Auch möchte ich an dieser Stelle einmal sagen, dass wir in Hamburg auch Avantgarde sind im Bereich des elektronischen Rechtsverkehrs. Die Bundesregierung hat uns dankenswerterweise die Voraussetzungen der elektronischen Signatur geliefert.

(Rolf-Dieter Klooß SPD: Und wer hat dies auf den Weg gebracht?)

Das ist dort auch parteiübergreifend gewünscht worden. Wir werden dieses in den Hamburger Gerichten entsprechend übersetzen. Wir haben dafür auch in Hamburg ganz besonders gute Voraussetzungen. So hat beispielsweise eine jüngste Untersuchung der Bundesrechtsanwaltskammer ergeben, dass wir in Hamburg pro Einwohner die höchste Anwaltsdichte haben, sodass wir auch in dem Bereich Profis haben, die für die Mandanten, für die Bürger und auch zur Entlastung der Gerichte viele Dinge des Rechtsverkehrs werden elektronisch abwickeln können. Auch dieses wollen wir gerne unterstützen. Hamburg soll auch an dieser Stelle wieder an eine Spitzenstellung in der Bundesrepublik Deutschland zurückkehren können. Das Gleiche gilt natürlich bei Klagen per E-Mail.

Als Letztes möchte ich noch einmal auf den Haushaltsantrag der Koalition, die Haushaltskonsolidierung der planund überplanmäßigen Einnahmen aus der Gewinnabschöpfung eingehen. Ich glaube, dass wir hier einem Irrtum erliegen. Sie haben seinerzeit einen kleinen Kreislauf mit eigenem Deckungskreis geschaffen. Den Kreislauf haben wir jetzt unterbrochen. Wir führen hier wieder Haushaltsklarheit und -wahrheit ein. Wir geben dem Finanzsenator alle Einnahmen und verteilen diese hinterher wieder auf alle Fachbereiche. Da ist Opferschutz mit Sicherheit nicht das Letzte, was diese Regierung machen wird. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der FDP, der CDU und der Partei Rechtsstaatlicher Offensive)

Das Wort hat Senator Dr. Kusch.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Wir hatten den Menschen in Hamburg versprochen, Hamburg zur sicheren Stadt zu machen. Auf diesem Weg sind wir einen ganz großen Schritt vorangekommen.

(Beifall bei der CDU, der Partei Rechtsstaatlicher Offensive und der FDP)

Dieser Senat hat die Hamburger Justiz nicht mit Worten gestärkt, sondern mit über 6 Millionen Euro. Herr Klooß, Sie haben Recht, wir haben heute 15 Staatsanwälte mehr als vor einem Jahr.

(Beifall bei der CDU, der Partei Rechtsstaatlicher Offensive und der FDP – Rolf-Dieter Klooß SPD: Elf!)

15.

Wir haben Skurrilitäten abgeschafft wie das überbordende Gnadenwesen. Wir haben die Gnadenabteilung in die Staatsanwaltschaft verlagert.

Wir haben ein Mammutprojekt angefangen und sind auf gutem Weg, es zügig abzuschließen: die Reform der Juristenausbildung. Wir haben die Durchlässigkeit in der Justiz erhöht, indem wir die Gerichtszweige der Sozialgerichtsbarkeit und der Arbeitsgerichtsbarkeit in die Gesamtjustiz einbeziehen, um hier den Austausch der Gerichte zu erhöhen.

Wir haben die EDV-Vernetzung der Justiz gestärkt, wir haben ein elektronisches Grundbuch, wir haben ein elektronisches Handelsregister, ein automatisiertes Mahnverfahren

(Wolfgang Franz SPD: Das gab es alles schon! – Michael Neumann SPD: Alles in einem Jahr!)

und wir haben seit Mitte dieses Jahres erstmals in Deutschland die Möglichkeit, beim Finanzgericht eine elektronische Klage einzureichen, ohne paralleles Papier, und diese Modernisierung werden wir auf andere Gerichtszweige vorantreiben.

(Beifall bei der CDU, der Partei Rechtsstaatlicher Offensive und der FDP – Ingo Egloff SPD: Das war der Vorgängersenat!)

Wir werden die Justiz auch dadurch stärken, dass nicht die Menschen zu den Gerichten kommen müssen, sondern die Richter zu den Menschen. Deshalb wird das Bezirksjugendgericht dezentralisiert.

(Beifall bei der CDU, der Partei Rechtsstaatlicher Offensive und der FDP)

Ein besonders eindrucksvolles Beispiel vernünftiger Rechtspolitik zeigt sich bei dem Umgang mit den immer wieder unerfreulichen und auch manchmal beklemmenden Brechmitteleinsätzen. Wenn wir den Ratschlägen der Opposition gefolgt wären, hätten wir heute die Situation wie vor einem Jahr, wie vor zwei Jahren, wie vor drei Jahren:

(Michael Neumann SPD: Stimmt doch gar nicht!)

Eine überbordende Drogenkriminalität mit Drogenhandel von Händlern, die mit Kügelchen durch die Gegend marschieren und beim polizeilichen Zugriff diese Kügelchen runterschlucken und sich damit der Beweismittelsicherstellung entziehen.

(Michael Neumann SPD: Wer hat das denn einge- führt?)

Wir hätten dieselbe Situation wie vor zwei oder drei Jahren.

(Zuruf von Michael Neumann SPD)

(Burkhardt Müller-Sönksen FDP)

Wissen Sie, wann der letzte Brechmitteleinsatz stattgefunden hat? Am 14. November, das heißt, seit dem 14. November hatten wir keinen Brechmitteleinsatz mehr, aber nicht wegen Ihrer unklugen Ratschläge, sondern weil sich die Dealer auf unsere Maßnahmen eingestellt haben und diese Szene verschwunden ist.

(Beifall bei der CDU, der Partei Rechtsstaatlicher Offensive und der FDP)

Noch im Januar hatten wir 31 Brechmitteleinsätze, weil wir der kriminellen Szene, die sich auf diesem Sektor betätigt hatte, erst klar machen mussten, dass wir es ernst meinen mit dem Kampf gegen die Drogenkriminalität. Im November hatten wir ganze fünf Brechmitteleinsätze und die Tendenz geht gegen null. Das ist der größte kriminalpolitische Erfolg, den man überhaupt erzielen kann: Durch konsequenten Einsatz von Kriminalmitteln die Kriminalmittel weitgehend überflüssig zu machen.

(Beifall bei der CDU, der Partei Rechtsstaatlicher Offensive und der FDP)

Gestern hat die Jugendarrestanstalt in Wandsbek einen neuen Leiter bekommen. Er hat mir erzählt, dass er zum gestrigen Tag 15 Jugendliche zum Arrestantritt geladen hat. Von diesen 15 Jugendlichen sind drei erschienen. Unter dem alten Senat hätten sich die Übrigen, die nicht erschienen sind, überlegen können, wie es denn so weiter geht, denn mit einem hätten sie nicht rechnen müssen, dass plötzlich die Polizei vor der Tür steht und sie abholt.

Der alte Senat hat den Jugendarrest zu einer skurrilen Veranstaltung werden lassen, weil nur diejenigen ihre Strafe abgesessen haben, die freiwillig bereit waren, die Strafe abzusitzen. Was ist denn das für ein staatliches Instrument des staatlichen Strafens, wenn nur diejenigen bestraft werden, die dazu auch freiwillig bereit sind.

(Beifall bei der CDU, der Partei Rechtsstaatlicher Offensive und der FDP – Michael Neumann SPD: Lächerlich!)