Protokoll der Sitzung vom 06.02.2003

(Norbert Frühauf Partei Rechtsstaatlicher Offen- sive: Was soll denn dann der Antrag, wenn es selbstverständlich ist?)

Ich finde es ziemlich kurios, dass wir bisher keinen Bericht bekommen haben, und aus meiner Sicht ist das rechtswidrig.

Herr Lüdemann und Herr Bauer, aus der Tatsache, dass es noch keinen Bericht gegeben hat, schließen Sie, dass es bisher noch keine Maßnahmen gegeben hat. Das ist ein möglicher Schluss. Der andere Schluss, den es gibt, ist, dass hier ein rechtswidriges Handeln möglich ist. Beides ist tatsächlich denkbar. Wir als Parlament haben doch jetzt die Aufgabe, den Senat zu kontrollieren. Das einzige Mittel, wie wir herausfinden können, ob sich der Senat rechtmäßig verhält, indem er nicht berichtet, ist doch, dass der Senat wenigstens einen Bericht abgibt, in dem er sagt, dass es keine Maßnahmen gegeben hat. Ansonsten ist es für uns vollkommen unmöglich, den Senat zu kontrollieren.

(Dirk Nockemann Partei Rechtsstaatlicher Offen- sive: Das ist sowieso unmöglich für Sie!)

Ich finde es auch komisch, dass man sich als Parlamentarier auf juristische Finessen einlassen muss, um die parlamentarische Kontrolle wahrnehmen zu können. Es kostet den Senat doch weder Zeit noch Mühe, einen Bericht abzugeben, wenn es denn so sein sollte, wie Herr Lüdemann und Herr Bauer vermuten.

(Dirk Nockemann Partei Rechtsstaatlicher Offen- sive: Stellen Sie doch mal wieder eine Kleine Anfrage!)

Von daher sollte der Senat zu dieser verfassungsrechtlichen und politischen Selbstverständlichkeit aufgefordert werden, uns in den Stand zu versetzen, ihn zu kontrollieren. Deswegen bin ich der Ansicht, dass Sie, meine Damen und Herren von den Regierungsfraktionen, heute Farbe bekennen müssen, ob Sie Ihre Funktion als Parlamentarier in diesem doch sehr grundrechtssensiblen Bereich wahrnehmen wollen oder ob Sie sich hier hinter juristischen Finessen verstecken wollen.

(Beifall bei der GAL und der SPD)

Der Abgeordnete Schrader hat das Wort.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Es ist ja ganz einfach, warum wir diesem Antrag nicht zustimmen werden, weil mit diesem Antrag impliziert wird, der Senat habe gegen eine Rechtspflicht verstoßen, und das hat er nicht, meine Damen und Herren.

(Burkhardt Müller-Sönksen FDP: So einfach ist das!)

So einfach ist es.

(Frank-Michael Bauer Partei Rechtsstaatlicher Offensive)

(Beifall bei der FDP, der CDU und der Partei Rechtsstaatlicher Offensive)

Deswegen ist diesem Antrag hier nicht zuzustimmen.

In der Tat gibt es zwei Möglichkeiten, den Wortlaut dieses Gesetzes zu interpretieren. Wir haben auch schon beide gehört. Die naheliegende für jeden, der ein Gesetz liest, ist zunächst einmal der Wortlaut. Darin steht, es ist über Maßnahmen zu berichten.

Über Nichtmaßnahmen ist also nicht zu berichten. Sie werden auch in der polizeilichen Kriminalstatistik keinen Hinweis darauf finden, welche Banken in Hamburg alle nicht überfallen worden sind, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der FDP, der CDU und der Partei Rechtsstaatlicher Offensive – Burkhardt Müller- Sönksen FDP: Eine Negativliste!)

Die andere Möglichkeit – und das ist nicht von der Hand zu weisen –, dieses Gesetz zu interpretieren, ist, dass zu einer Kontrolle möglicherweise gehört, dass man die Auffassung des Senats kennt, ob denn Maßnahmen in der im Gesetz vorgesehenen Weise ergriffen worden sind oder nicht. Aber das ist nicht dem Senat anzulasten. Der Vorgängersenat hat hier eine rechtliche Interpretation vorgenommen, indem er ganz offensichtlich der Meinung war, nur in Fällen berichten zu müssen, in denen Abhörmaßnahmen vorgekommen sind. Das war nicht dieser Senat. Insofern setzt sich hier eine Rechtsinterpretation fort, die wir als Parlament, meine ich, nicht ohne weiteres in die Hand nehmen sollten, jedenfalls nicht, ohne einmal fundiert zu gucken, warum und aus welchem Anlass die damalige rotgrüne Regierungsmehrheit dieses verunglückte Ausführungsgesetz, aus dem wir hier offenbar alle nicht so richtig schlau werden, denn gemacht hat. Der Innenausschuss ist genau der richtige Ort, dieses damals von der rotgrünen Mehrheit in dieser unvollständigen und nicht ganz verständlichen Form aufgestellte Gesetz noch einmal zu überprüfen. Deswegen wollen wir im Innenausschuss auch an diese Aufgabe herangehen, dort klären, ob man vielleicht in das Gesetz vernünftige Fristen reinschreiben kann, ob man in dem Gesetzeswortlaut klarstellen kann, ob in jedem Fall zu berichten ist oder nicht. Aber dem Senat hieraus einen Vorwurf zu machen, er habe gegen ein von Ihnen unklar aufgestelltes Gesetz verstoßen, meine Damen und Herren von der Opposition, das ist nun wirklich unlauter und das werden wir Ihnen auch nicht durchgehen lassen. Arbeiten Sie mit uns im Ausschuss zusammen, möglicherweise am Gesetzeswortlaut noch etwas nachzubessern, und dann kommen wir auch zu vernünftigen Ergebnissen. – Danke schön.

(Beifall bei der FDP, der CDU und der Partei Rechtsstaatlicher Offensive)

Das Wort hat jetzt Frau Dräger.

Herr Lüdemann und Herr Schrader, von Ihnen beiden habe ich eigentlich Besseres erwartet. Sie haben heute wirklich ein Stück Ihres Rufes ruiniert.

(Beifall bei der SPD und bei Jens Kerstan GAL – Norbert Frühauf Partei Rechtsstaatlicher Offensive: Ich verstehe gar nicht, warum wir Lehrermangel haben!)

Diese Verschraubereien von einem Senat, der hier ganz offensichtlich ein Versäumnis begangen hat, und dieser

Versuch, das wieder gerade zu rücken, war Ihrer wirklich nicht würdig.

(Beifall bei Dr. Andrea Hilgers SPD)

Ein kleiner Hinweis. Auf Bundesebene hat es auch ein bisschen mit den Berichten gedauert. Insofern will ich hier gar nicht so tun, als ob nur die Exekutive in Hamburg da ein bisschen lahm wäre, aber manchmal braucht die Exekutive einen kleinen Tritt, und zwar nicht nur einen Tritt von der Opposition, sondern einen Tritt vom Parlament,

(Norbert Frühauf Partei Rechtsstaatlicher Offen- sive: Oder vom Pferd! Ich glaube, mich tritt ein Pferd!)

damit sie nämlich tätig wird und damit wir unsere Pflichten erfüllen können. Denn im Gesetz steht nicht, wir sollen Kleine Anfragen stellen, um uns zu informieren, und dann tagen, sondern im Gesetz steht, dass auf der Grundlage eines Berichtes des Senates die parlamentarische Kontrolle ausgeübt wird.

Herr Lüdemann, Sie haben sich offenbar versprochen und es wieder ein bisschen durcheinandergebracht, weil Sie gesagt haben, ich hätte ja im parlamentarischen Kontrollausschuss fragen können. Da hat die Sache nun wirklich nichts zu suchen, denn wie Sie selber am Anfang ausgeführt haben, ist es eine Frage der Polizei und der Justiz und nicht des Verfassungsschutzes, der im parlamentarischen Kontrollausschuss Thema der Angelegenheiten ist.

(Beifall bei der SPD und vereinzelt bei der GAL)

Ich bitte Sie nochmals, springen Sie über Ihren Schatten, tun Sie diesem Parlament etwas Gutes, indem Sie seinen Ruf retten und einmal davon absehen, irgendetwas hinter juristischen Haarspaltereien verbergen zu wollen, und stimmen Sie zu, hier und heute. – Danke.

(Beifall bei der SPD und vereinzelt bei der GAL)

Das Wort hat der Abgeordnete Lüdemann.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Frau Dräger, nicht nur der Kontrollausschuss für den Verfassungsschutz, den wir haben und der auch schon ein paar Mal getagt hat, heißt parlamentarischer Kontrollausschuss. Wie Sie eingangs ausgeführt haben, haben wir am Anfang der Legislaturperiode auch einen parlamentarischen Kontrollausschuss für Artikel 13 Absatz 6 gewählt

(Gesine Dräger SPD: Ein Gremium zur Umsetzung!)

und diesen Ausschuss meinte ich. Das nur zur Klarstellung.

Sie machen hier eine so genannte Beweislastumkehr. Sie haben das Ausführungsgesetz in Hamburg eingeführt. Sie haben im Jahr 2001 mit der Rechtspraxis angefangen, über das Jahr 2000 nicht zu berichten. Der rotgrüne Senat hat keinen Bericht für das Jahr 2000 abgegeben.

(Ingo Egloff SPD: Das ist doch lächerlich!)

Für das Jahr 2001 ist ebenfalls kein Bericht abgegeben worden. Jetzt sagen Sie auf einmal, das sei doch aber alles so einleuchtend, das sei doch eine Verfassungsselbstverständlichkeit, dass zu berichten ist.

(Gesine Dräger SPD: Das war ein Fehler!)

Ja, aber Frau Dräger, wenn das denn so offensichtlich und juristisch klar ist, dann bleiben Sie doch hier die Erklä

(Leif Schrader FDP)

rung schuldig, warum denn der rotgrüne Senat im Jahre 2001 keinen Bericht abgegeben hat. Da widersprechen Sie sich doch vollkommen.

(Beifall bei der CDU, der Partei Rechtsstaatlicher Offensive und der FDP – Ingo Egloff SPD: Darum geht es doch gar nicht!)

Da sage ich noch einmal: Der Wortlaut des Gesetzes ist sehr unklar, einmal über die Berichtspflichten, wann abzugeben ist, ob abzugeben ist und insbesondere das, was der Datenschutzbeauftragte sagt, auch über den Inhalt des Berichtes. Das ist vollkommen unklar. Nun können Sie doch nicht sagen, das ist alles so klar und wir machen so weiter wie bisher. Dann lassen Sie uns doch lieber Rechtssicherheit schaffen, notfalls auch durch eine Verdeutlichung im Gesetz, wenn sie denn notwendig ist. So klar, wie Sie es hier schildern, ist es eben nicht. Vielleicht haben Sie sich auch die Mühe gemacht, bei den anderen Ländern anzufragen, wie es dort gehandhabt wird, und es wird in vielen Ländern unterschiedlich gehandhabt. Deswegen können Sie hier nicht so tun, als sei es vollkommen selbstverständlich und Ihr Vorschlag der einzig wahre.

(Glocke)

Herr Lüdemann, gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Von Frau Mandel sehr gerne.