Das hört sich ja alles ein bisschen an, Herr Müller, wie das Rufen im dunklen Wald. Das kennen Sie ja. Es hat mich schon ein bisschen gewundert. Sie haben den Einstieg mit einem Zitat gewählt, das auch tatsächlich passte. Sie haben gesagt, Sie haben keine Ahnung vom Kinderkriegen, von Kindern haben Sie tatsächlich keine Ahnung, das glaube ich auch.
Es ist nämlich durchaus so, das auch noch einmal an die Adresse von Frau Pawlowski, dass ich mich ohnehin schon wundere, wenn hier auch der Rat des Protokolllesens gegeben wird, wo Sie eigentlich gewesen sind in den Anhörungen. Ich habe zwar wahrgenommen, dass Sie da waren, aber deshalb wundert es mich schon ein wenig, was so inhaltlich bei Ihnen zwischen den Ohren ankommt. Das scheint nicht so viel zu sein.
Die Probleme sind doch wohl deutlich. Was Herr Müller gesagt hat, zeigt ja auch, wie sein Familienbild ist. An die Adresse aller Eltern in der Stadt, hier wird ganz deutlich gesagt, was ich vorhin auch schon sagte, Frauen haben möglichst zu Hause zu bleiben.
(Stephan Müller Partei Rechtsstaatlicher Offensive: Quatsch, habe ich nicht gesagt! – Norbert Frühauf Partei Rechtsstaatlicher Offensive: Märchentante!)
Es ist gut, wenn Kinder nicht in die Kita gehen. Ich bestreite nicht, dass es auch Kinder gibt, die nicht in Kitas oder Kinderbetreuungseinrichtungen gehen und die auch gesund und klug aufwachsen und es ihnen nicht schadet. Das bestreite ich überhaupt nicht. Das bestreitet keiner, Herr Müller. Es geht aber darum, dass wir uns hier über die Notwendigkeit von Kinderbetreuungsplätzen unterhalten und das ist ungefähr so, wie wenn man Äpfel mit Birnen vergleicht.
Sie negieren ganz einfach, dass es Lebenssituationen von Familien gibt, wo Kinderbetreuung gebraucht wird. Sie negieren auch, dass Familien frei wählen können, wie ihre Lebenssituation sein soll. Wenn ich es mir vielleicht auch finanziell leisten könnte, mein Kind nicht in eine Betreuung zu geben, weil ich vielleicht gar nicht arbeiten muss, muss es mir als Familie vielleicht trotzdem erlaubt sein zu sagen, ich sehe da aber eine bestimmte Entwicklung, ich sehe da einen bestimmten Bildungsaspekt, ich möchte bestimmte
soziale Kontakte meines Kindes fördern. Auch dann muss dies möglich sein. Das wird alles abgewickelt über die Betreuungskriterien, wo Sie ja schon, wie Frau Goetsch zitierte, eine ganz „fiese Prioritätenliste“ eingeführt haben. Dieses zu negieren, finde ich Familien gegenüber eine Unverfrorenheit.
Wer in den Anhörungen zugehört hat, hat feststellen können, dass ein besonderes Problem dieser Betreuungskriterien unter anderem auch das Kita-Hopping ist. Jeder, der ein bisschen Ahnung davon hat, wie Kinder aufwachsen, jeder, der ein bisschen weiß, was soziales Lernen bedeutet, der weiß auch, dass Kita-Hopping nicht die Lösung sein kann. Die Kriterienliste, die Sie erarbeitet haben und bei unserem Entwurf nicht so vorgesehen war, die führt dazu, dass Kinder ihre sozialen Bezüge gezwungenermaßen häufiger wechseln müssen.
Es gibt eben nicht diese Planung, ich kann in dem Kindertagesheim bleiben. Wenn meine beiden Elternteile arbeitslos werden, dann muss ich heraus. Ich kann nicht als Kind in der Kindertageseinrichtung in meinem Umfeld bleiben. Nein, ich muss vielleicht reduzieren auf vier Stunden oder ich muss ganz woanders hin. Das ist etwas, was als Problem mit benannt wurde.
Frau Pawlowski, Sie sagen, dass die Träger die Bewilligungskriterien super gut finden. Ich habe dies so überhaupt nicht vernommen.
Genau die Träger haben auf diese Kriterien und Schwierigkeiten hingewiesen, unter anderem auf das Kita-Hopping. Es wurde auch deutlich, dass insbesondere kleine Träger große Schwierigkeiten haben werden, überhaupt weiter ein Angebot zu machen, weil sie nämlich möglicherweise nur noch die Vier-Stunden-Platzgarantie erfüllen können, die Rechtsanspruch ist, hören Sie gut zu, Herr Müller. Das nützt aber keinem kleinen Träger, wenn er zukünftig nur noch Vier-Stunden-Plätze hat und keine Acht-Stunden-Plätze mehr. Damit kann er sich nicht finanzieren. Sie geben so viel auf Betriebs- und Volkswirtschaft. Ich weiß gar nicht, was Sie beruflich machen, aber das ist auch uninteressant. Es sollte Ihnen dann aber eingängig sein, dass das so finanziell nicht funktionieren kann.
Wesentlicher Punkt war die Elternmitbestimmung. Wie sieht das in Ihrem vorgelegten Gesetz aus. Herr Schinnenburg, FDP, Elternmitbestimmung, das ist doch gerade das, was wichtig ist für das liberale Selbstbild. Elternmitbestimmung ist in Ihrem ganzen Gesetzentwurf überhaupt nicht vorgesehen, ein Armutszeugnis.
Sie hätten gestern bei der Anhörung sein sollen, dann hätten Sie mitbekommen, wie die Eltern dies bewerten. Elternmitbestimmung fördert das, was die hehren Ziele Ihrer Politik sind. Selbstbestimmung, Mitwirkung, ehrenamtliche Tätigkeit, alles Dinge, die ich fördern kann, wenn ich mich eigenverantwortlich irgendwo mit einbringen kann. Elternmitbestimmung ist von Ihnen nicht gewünscht. Dies auch an die Adresse der Familien draußen in der Stadt, wie hier ihre Mitwirkungsmöglichkeiten gesehen werden – nämlich null.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Die drei Minuten brauche ich nicht einmal. Kurz zu Ihnen, Frau Steffen. Wir wollen in der Tat Elternmitbeteiligung. Lesen Sie nach, es ist im Gesetzentwurf drin. Was wir nicht wollen, typische SPD- und GrüneManie, Gremienwirrwarr mit Landes-, Bezirks- und Ortsbeiräten, wo stundenlang debattiert wird, aber nichts dabei herauskommt.
Nein, keine Zwischenfrage, Herr Böwer hat die ganzen Monate nichts Sinnvolles gebracht, warum sollte es jetzt kommen.
Herr Zuckerer, Sie haben das Stichwort „Unterschiede“ gebracht. Ich sage es Ihnen, im Bereich Kitas gibt es zwischen Ihnen und uns genau drei Unterschiede. Der erste:
Sie machen Parolen ohne irgendein alternatives Konzept. Wir haben ein Konzept, ein durchdachtes und gutes Konzept. Das ist der erste Unterschied, meine Damen und Herren.
Der zweite Unterschied ist, Sie betreiben eine massive, unverantwortliche Verunsicherung von Eltern und Kindern, obwohl Sie genau wissen, dass es falsch ist, was Sie sagen.
(Beifall bei der FDP, der CDU und der Partei Rechtsstaatlicher Offensive – Dr. Andrea Hilgers SPD: Lächerlich!)
Wir haben ein modernes System, was Eltern und Kindern nützen und was vorbildlich sein wird. Das ist der zweite Unterschied, meine Damen und Herren.
Der dritte, das ist vielleicht für Sie als Person der schlimmste Unterschied, bis vor kurzem waren Sie Vorsitzender des Haushaltsausschusses, jetzt sind die Finanzen hintenan. Meine Damen und Herren, welch eine Peinlichkeit.
Wir müssen mit den Finanzen, die Sie uns hinterlassen haben und die die rotgrüne Bundesregierung uns ermöglicht, auskommen. Sie machen nur Parolen, das sind die Unterschiede zwischen uns.
(Beifall bei der FDP, der CDU und der Partei Rechtsstaatlicher Offensive – Norbert Frühauf Par- tei Rechtsstaatlicher Offensive: Bravo!)
Wir haben noch eine Minute und dreißig Sekunden Redezeit. Das Wort bekommt der Abgeordnete Rüdiger Schulz.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Eine Minute und dreißig Sekunden, das wird in der Tat relativ knapp. Ich werde mich auf zwei Punkte begrenzen.
Erstens: Herr Senator, es dürfte Ihnen bekannt sein, dass das Kinder- und Jugendhilfegesetz bestimmte gesetzliche
Da steht drin, dass Sie verpflichtet sind, mit Freien Trägern vertrauensvoll zusammenzuarbeiten. Halten Sie es für einen Beweis vertrauensvoller Zusammenarbeit, wenn Freie Träger in der Presse sich öffentlich dazu äußern, dass sie sich von Ihrer Behörde unter Druck gesetzt fühlen nach dem Motto: Wenn wir die Bewilligungskriterien nicht unterschreiben, gibt es keine Tarifsteigerung für das Jahr 2003. Ist das Ihr Verständnis von partnerschaftlicher Zusammenarbeit?
Einer der zentralen Punkte, der hier nicht angesprochen worden ist: Dieses Umsteuern des Systems, das wir im Prinzip wollen, setzt voraus, dass man die Träger und die Eltern mit ins Boot nimmt. Herr Senator, ich bleibe mal bei dem Bild von dem Zug, das Sie hier das letzte Mal gemalt haben. In dem Zug, von dem Sie geträumt haben, sitzt inzwischen kein einziger Vater, keine Mutter, kein Kind mehr drin. In dem Abteil, in dem die Freien Träger sitzen, sitzen sie nur noch, weil Sie von außen die Tür zugeschlossen haben, sonst wären die dort auch nicht mehr drin.
(Beifall bei der SPD und der GAL – Stephan Müller Partei Rechtsstaatlicher Offensive: Sie fahren in einem Geisterzug!)
Erkennbar ist jetzt schon: Sie werden dieses Ding an den Prellbock fahren. Deshalb könnte man sich als Opposition eigentlich zurücklehnen und sagen, lass ihn doch machen. Der Schaden, den Sie bei den Kindern und Eltern anrichten, ist aber so groß, dass uns das wirklich keine Freude macht.