Insgesamt möchte ich noch einmal abschließend betonen, dass sich der Senat und die Regierungskoalition mit dem eingeschlagenen Weg genau auf dem richtigen Weg befinden, Hamburgs Drogenproblem zu lösen.
Ich fange beim Schluss Ihrer Rede an, bei der Heroinambulanz am Högerdamm. Der Vergleich mit anderen Städten, in denen diese Arzneimittelstudie schon seit längerer Zeit angelaufen ist – kleineren Städten mit kleinerer Anzahl von Beteiligten –, zeigte, dass die Rekrutierung der Klienten überall stockend anlief, dass aber ab einem bestimmten Zeitpunkt das Ganze eine Eigendynamik bekam, sodass man die Hoffnung in Hamburg keineswegs aufgeben sollte, sondern stattdessen diesem Projekt die Möglichkeit geben sollte, in Ruhe zu arbeiten. Man sollte es nicht durch solche öffentlichen Diskussionen stören, sondern man sollte die Menschen dort in Ruhe arbeiten lassen.
Zweitens: Ein Anruf bei Professor Krausz hätte ergeben, dass kein Mensch daran denkt, etwas an dem Setting die
ses Experiments zu ändern. Sie bauen Popanze auf, um dann anschließend auf etwas draufzuschlagen, was es so nicht gibt. Man sollte die in Ruhe arbeiten lassen.
Im Übrigen noch etwas: Frankfurt hat mit seinem Teil gerade erst letzte Woche begonnen. Das heißt, Hamburg liegt überhaupt gar nicht schlecht in der Zeit.
Nun zu dem Konzept oder was der Senat so nennt, was er zur Konzeption angeblich wirksamer Drogenpolitik in Hamburg vorgelegt hat. Sie haben nun aus unserem Vier-Säulen-Modell unter Verwendung des Wörtchens „und“ ein Drei-Säulen-Modell gemacht. Das ist sehr aufregend, sehr neu. Man könnte daraus den Hinweis entnehmen, dass Sie zwei Dingen, die wir gesondert und gleichwertig betrachtet haben und die sie zusammenlegen, etwas weniger Gewicht verleihen. Ich will darauf gleich im Folgenden eingehen, dass sich das auch aus dem Konzept, so wie es vorliegt, herauslesen lässt.
Zum einen – und da sind wir uns weiterhin ziemlich einig, Herr Wersich – wollen Sie all das nutzen und ausbauen, was wir Ihnen zum Aufbau von Präventionsmaßnahmen hinterlassen haben, von Einrichtungen wie dem Suchtpräventionszentrum bis zum Büro von Suchtprävention und so weiter. Sie wollen mit Ihrem Institut am UKE für spezielle Fragen – Prävention für Kinder und Jugendliche – dem Ganzen noch eine ganz bestimmte Richtung geben. Dagegen ist überhaupt nichts einzuwenden. Nur geht es dann wieder kreuz und quer durcheinander, wenn Sie bei Prävention im Zusammenhang mit Suchtkrankheit von Kindern und Jugendlichen von Harm Reduction reden. Harm Reduction ist etwas, das sich ausschließlich auf Heroinsüchtige bezieht, die sich ihren Stoff spritzen.
In Ihrer Pressemitteilung zur Ankündigung dieses Institutes, das Sie gründen wollen, haben Sie dargelegt, wie das Durchschnittsalter bei den verschiedenen Stoffarten ist. Bei Heroin ist es einundzwanzig. Da müssen wir uns um Kinder so sehr nicht kümmern. Kinder haben mit folgenden Suchtstoffen zu tun: Das sind zuallererst Nikotin, dann ist es Alkohol und dann ist es das, was bei Nikotin noch hinzugemengt wird. Es gibt ein Cannabis-Problem. Darüber muss man reden. Dort ist es auch richtig, dass es solche Ansätze im Bereich der Forschung geben soll, um geeignete Wege zu finden, präventiv gegen den Gebrauch von Suchtmitteln von Kindern und Jugendlichen anzugehen. Da haben Sie unsere volle Unterstützung, da gibt es auch keinen Dissens.
Interessanter wird es bei Ihrer zweiten Säule, der Repression. Ich lese in dem Konzept, der Senat habe bereits in den ersten Monaten seiner Amtszeit weitreichende Erfolge bei der Drogenbekämpfung erzielt. Die offene Drogenszene, insbesondere um den Hauptbahnhof, sei aufgelöst. Das mag ja sein, dass Sie am Hauptbahnhof aufgelöst ist. Wir sollten aber einmal über die Gegend sprechen, die um den Hauptbahnhof herum liegt. Das ist die Gegend, in der 1,7 Millionen Hamburgerinnen und Hamburger leben. Dorthin ist die Drogenszene gewandert. Das zeigen alle Indikatoren, die es gibt, alle Indikatoren, die man abfragen kann.
Einmal haben wir in unserer Großen Anfrage, die wir kürzlich debattiert haben, abgefragt, ob es eine Entwicklung im Hinblick auf den Preis von illegalen Drogen gebe. Die Antwort ist: Nein, gibt es nicht.
„Der Preis eines Rauschgiftes ist, insbesondere bei Betrachtung seiner Entwicklung über einen längeren Zeitraum, als valider Indikator der Rauschgiftkriminalität
anzusehen, da sich in ihm die vielfältigen Informationen aller anderen Indikatoren zu einer Größe verdichten.“
Diese Weisheit ist nicht von mir. Das war wörtlich zitiert aus dem Rauschgiftjahresbericht des Bundeskriminalamtes. Das heißt, wenn sich am Preis nichts ändert, dann ändert sich auch an der vorhandenen Stoffmenge nichts. Das zeigt eine weitere Nachfrage, zu welcher die Antwort jetzt gerade herausgekommen ist.
(Rolf Gerhard Rutter Partei Rechtsstaatlicher Offensive: Die Logik fehlt mir! – Michael Neumann SPD: Wenn das Bundeskriminalamt nichts gilt!)
Die Logik ist ganz einfach: Wenn sich am Preis nichts ändert und wenn der Preis ein Indikator für den Stoff ist, der auf dem Markt ist, dann ist nach wie vor genauso viel Stoff da. Es ist genauso viel Stoff da, er kann zum selben Preis erworben werden und er wird erworben, Herr Rutter. Das ist der Punkt. Er wird nicht mehr am Hauptbahnhof erworben, das ist der ganze Unterschied. Er wird erworben und er wird konsumiert.
Das Nächste: Angeblich konnte durch die repressive Politik dieses Senates mehr an illegalen Drogen beschlagnahmt werden, so jedenfalls der Innensenator in der letzten Fragestunde von dieser Stelle aus. Ich darf jetzt wieder wörtlich zitieren:
„... dass gerade dieser Umstand unserer tüchtigen Polizei ermöglicht, in die zweite Hierarchieebene, nämlich in die Wohnungen, einzudringen, wo sich das logistische Zentrum der Verteilung befindet.... Es vergeht kaum ein Tag, an dem es der Polizei nicht gelingt, Drogenküchen von erheblichem Ausmaß auszuheben. Es hat den Vorteil, dass sehr viel größere Mengen Drogen beschlagnahmt werden können, als wenn sie beispielsweise in Erddepots lagern würden.“
Dazu die Zahlen: 2001 wurden 87 Kilogramm Haschisch beschlagnahmt, 2002 141 Kilogramm. Das ist eine Steigerung. Bei Marihuana geht es dafür von 92 auf 54 Kilogramm herunter. Bei Heroin ging es von 45 auf 14 Kilogramm herunter. Bei Kokain von 523 auf 48 Kilogramm. Nur bei zwei Stoffen ging es hoch: Bei Rohopium ganz gewaltig von einem auf 40 Kilogramm – das war offensichtlich ein Erfolg der Polizei im Hafen oder Flughafen, Rohopium wird nicht auf der Straße verkauft – und bei Crack um ein Kilogramm.
Die Menge beschlagnahmten Stoffes ging also zurück. Also alles leere Versprechungen, alles leeres Gerede.
Drittens: „Aller Kampf den Dealern, alle Hilfe den Süchtigen“. Das ist ja nun wirklich ein Lippenbekenntnis ersten Ranges. Auch da möchte ich wieder in das Konzept des Senats gehen. Dort steht:
„Das Hilfesystem für Drogenabhängige wird unter Einschluss externer Evaluationsinstrumente einer kritischen Betrachtung unterzogen, die sich im Ergebnis an der Zielsetzung des Ausstiegs aus der Sucht orientieren wird.“
Dafür streichen Sie, bevor Sie überhaupt irgendetwas evaluiert haben, diejenigen Hilfeeinrichtungen zusammen, die denen helfen sollen. Wie verträgt sich das?
Das heißt: Lippenbekenntnisse, Repression ja, Hilfe für Süchtige wird zusammengestrichen, zusammengelegt, am Hauptbahnhof konzentriert. Auch das lässt sich diesem angeblichen Konzept so entnehmen. Was Sie erreichen werden, ist, dass kein Gramm Stoff weniger in der Stadt ist, dass kein Gramm Stoff in dieser Stadt weniger konsumiert wird,
dass sich das alles so verteilt, dass die Hilfeeinrichtungen nicht mehr entsprechend angelaufen werden und dass Sie die Szene der Schwerverelendeten wieder nach St. Georg zurückholen, anstatt mit unserem dezentralen Ansatz dafür zu sorgen, dass es keine solchen Ballungen gibt. Sie werden das Gegenteil dessen erreichen, was Sie wollen.
Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren! Der Senat hat mit der „Konzeption wirksamer Drogenpolitik in Hamburg“ die Grundlage einer neuen Drogenund Drogenhilfepolitik formuliert. Auf dieser Grundlage haben wir bisher schon Verfahrensweisen und Zielrichtung der Drogenpolitik in dieser Stadt geändert und wir werden damit fortfahren.
Unser erklärtes Ziel war einerseits, den Drogenkonsum und den Drogenhandel in Hamburg deutlich und sichtbar einzuschränken und andererseits den Drogensüchtigen einen Weg aus der Sucht heraus zu ermöglichen. Wir hatten und haben den festen Willen zur Veränderung und dokumentieren diesen Willen zur Veränderung mit dieser Konzeption. Damit unterscheidet sich unsere Politik fundamental von der Drogenpolitik der Vorgängersenate,
denn Sie, meine Damen und Herren von der SPD und der GAL, hatten sich mit den Zuständen abgefunden. Sie hatten sich abgefunden mit einer ungeheuer großen offenen Drogenszene mitten im Herzen unserer Stadt und den Belästigungen, die diese offene Drogenszene für den Menschen gebracht hat. Sie hatten sich abgefunden mit einer fortschreitenden Verelendung der Süchtigen und einer Verslumung des Stadtteils St. Georg durch Beschaffungskriminalität und Drogenprostitution. Sie hatten sich damit abgefunden, dass in dieser Stadt immer häufiger nur noch akzeptierende Drogenarbeit stattgefunden hat, bei der den Süchtigen zwar ein Leben mit ihrer Sucht ermöglicht werden soll, die ihnen aber keine Perspektive zum Ausstieg ermöglicht, nämlich eine Perspektive für ein drogenfreies Leben. Und Sie hatten sich mit einem ungestört blühenden Drogenmarkt abgefunden, der Hamburg zu einem Anziehungspunkt für viele Dealer gemacht hat. Diese Dealer wussten genau, dass Sie hier mit Samthandschuhen angefasst und schlimmstenfalls irgendwann einmal in ihre Heimatländer abgeschoben würden, natürlich nur unter der Voraussetzung, dass man das Herkunftsland überhaupt ermitteln könnte.
Das alles ist jetzt vorbei und das wird auch so bleiben. Die Drogenszene in St. Georg ist zerschlagen.
Der Hauptbahnhof ist wieder auf dem besten Weg, Hamburgs Visitenkarte für die Besucher dieser Stadt zu werden, und für die Hamburger Bürger ist es endlich nicht mehr mit einem unguten Gefühl verbunden, dort aus- oder umzusteigen. Wir sind mit konsequentem Einsatz aller polizeilichen Möglichkeiten im und um den Hauptbahnhof herum und auch in den S-Bahnen und den S-Bahnhöfen gegen die Dealer vorgegangen. Das Risiko, als Dealer von der Polizei aufgegriffen zu werden, ist in Hamburg inzwischen mindestens genauso hoch, wenn nicht höher, als in vielen anderen Städten in Deutschland.