Protokoll der Sitzung vom 10.04.2003

Bei dem Punkt „Verbesserung der Vereinbarkeit von Familie und Beruf“ könnte man ein besseres Kita-Gesetz machen. Man könnte sich auch für die Beendigung von Lohndiskriminierung von Frauen einsetzen.

(Norbert Frühauf Partei Rechtsstaatlicher Offen- sive: Das ist nahezu Unsinn!)

Man könnte dafür sorgen, dass die Ausbildung von Frauen und Mädchen in zukunftssicheren Arbeitsplätzen vorangebracht wird. Dazu gibt das Arbeitsmarktkonzept dieser Stadt derzeit auch nichts her.

Ich höre jetzt schon im Nacken die neuliberale Diseuse, weil das alles zu viel Regulierung ist. Ich bin auch keine große Freundin allzu vieler Gesetze und Regulierungen. Das muss ich offen zugeben.

(Norbert Frühauf Partei Rechtsstaatlicher Offen- sive: Dann lassen Sie es doch!)

Aber die Erfahrung ist im Bereich der Hochschulen zum Beispiel, wo wir eine relativ strenge Frauenförderung hatten – hatten, muss ich sagen, weil die Regierungskoalition das kippen will –, dass wir im Gegensatz zu lockeren Vereinbarungen mit der Privatwirtschaft tatsächlich Erfolge erzielt haben. Da ist nichts passiert.

(Beifall bei der GAL und der SPD – Norbert Frühauf Partei Rechtsstaatlicher Offensive: Gott sei Dank!)

In den Hochschulen hat man es tatsächlich geschafft, mehr Frauen in Spitzenpositionen zu bekommen. Das lag daran, dass es ein gutes Gesetz zur Frauenförderung gab. Das wollen Sie jetzt wieder über Bord werfen.

(Rolf Gerhard Rutter Partei Rechtsstaatlicher Offensive: Die verpulvern das Geld, das die Wirt- schaft verdient!)

In Deutschland ist es offenbar anders als in den Gegenden, die Frau Koop zitiert hat, wo die Wirtschaft entdeckt hat, dass Frauenförderung auch für die Wirtschaft positiv sein kann. Meine Erfahrung ist, dass das in Deutschland ganz besonders schwierig ist und sich in Deutschland Männer nur bewegen, wenn sie entsprechenden Druck bekommen. Anders läuft hier überhaupt nichts. Das ist in Deutschland in der Regel ein Gesetz. Freiwillige Vereinbarungen taugen nichts.

(Beifall bei der GAL und der SPD)

Der derzeitige Senat hat zu diesem Thema nicht wirklich etwas beizusteuern. Das war in den letzten eineinhalb Jahren nix, das ist nix und das wird auch nix werden, um Ihren Bürgermeister zu zitieren, der sich so einem Kollegen aus der SPD vor nicht allzu langer Zeit gegenüber geäußert hat. – Danke.

(Beifall bei der GAL und der SPD)

Das Wort bekommt der Abgeordnete Dr. Schinnenburg.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Sehr geehrte Frau Dr. Lappe, manche Redebeiträge erledigen sich eigentlich von selbst.

(Dr. Andrea Hilgers SPD: Ihrer auch!)

Was Sie gerade an Frustration, Vorurteilen und Ähnlichem abgelassen haben, ist unglaublich und unerträglich.

Ich habe einen Blick auf den Titel der Großen Anfrage geworfen, der lautet: „Arbeitszeiten und familienfreund

(Dr. Verena Lappe GAL)

liche Arbeitswelt“. Frau Dr. Stöckl sagt dazu, dass davon 50 Prozent der Bevölkerung betroffen seien. Das ist altes Denken. Davon sind nicht 50 Prozent, sondern 100 Prozent der Bevölkerung betroffen.

(Beifall bei der FDP, der CDU und der Partei Rechtsstaatlicher Offensive)

Frau Dr. Stöckl, Sie haben ein falsches Bild. Die Familie ist nicht nur zu 50 Prozent für die Frauen da, sondern für Männer und Frauen.

(Vereinzelter Beifall bei der FDP, der CDU und der Partei Rechtsstaatlicher Offensive)

Das ist Ihr erster Fehler. Wir können in diesem Zusammenhang noch einmal fragen, wer hier vielleicht Evolutionsschritte ausgelassen hat; das lasse ich an dieser Stelle aber einmal offen.

Es wurde völlig zu Recht gesagt, dass eine der größten Bedrohungen für unsere Zukunft...

(Unruhe im Hause)

Herr Präsident, muss ich das hinnehmen?

(Michael Neumann SPD: Müssen wir Sie hinneh- men?)

Bekommt er einen Ordnungsruf?

(Glocke)

Herr Abgeordneter, um Ihre Frage zu beantworten: Er bekommt dafür keinen Ordnungsruf. Meine Damen und Herren! Ich bitte Sie aber um Ruhe, damit Sie den Redner gebührend verstehen können.

Es ist erforderlich, dass die Vereinbarkeit von Beruf und Kindern verbessert wird. Es gibt viele Paare, die sehr gern Kinder hätten, dies aber aufgrund des Problems – das wurde schon ausgeführt – mit der Karriere, aber auch wegen des Portemonnaies aufschieben.

Ich sage ganz deutlich: Eine Verbesserung für Familien mit Kindern kann in gewissen Grenzen auch zulasten derjenigen erfolgen, die keine Kinder haben. Schließlich wollen sich diese, wenn sie älter sind, von den Kindern der anderen versorgen lassen. Das darf allerdings nicht durch eine Belastung der Unternehmen und schon gar nicht der kleinen Unternehmen erfolgen. Wie in diesem Zusammenhang der Horrorkatalog von Rotgrün aussieht, haben wir gerade wieder gehört.

Frau Stöckl möchte eine Familienfreundlichkeitsprüfung. Frau Lappe hat gleich gesagt, was dabei herauskommt: Diejenigen, die durchfallen, bekommen keine öffentlichen Aufträge mehr. Das ist ein Musterbeispiel, wie es nicht geht. Durch eine Gängelung der Unternehmen wird die Wirtschaft von vornherein blockiert und verweigert sich. So geht es nicht!

(Beifall bei der FDP, der CDU und der Partei Rechtsstaatlicher Offensive)

Ich habe Ihnen einige andere Vorschläge zu machen, die den Gewerkschaften zwar nicht gefallen werden, aber ich sage sie trotzdem: Die Gewerkschaften wollen sich doch angeblich immer so sehr um das soziale Wohl der Arbeitnehmer kümmern. Sie sollten dann aber einmal Ihre Tarifpolitik ändern.

(Beifall bei Gerd Hardenberg und Rolf Gerhard Rut- ter, beide Partei Rechtsstaatlicher Offensive)

Erster Punkt: Sie sollten auf einen Teil der jährlichen Tariferhöhungen verzichten und mit den Arbeitgebern vereinbaren, dass das eingesparte Geld gezielt den Mitarbeitern mit Kindern zugute kommt. Davon könnten zum Beispiel Betriebskindergärten geschaffen werden oder bei anderen Kindergärten könnten die Beiträge vom Arbeitgeber übernommen werden. Diese Beträge werden – wohl gemerkt – nicht zusätzlich den Unternehmern abgepresst, sondern von dem Geld, auf das alle Arbeitnehmer anteilig verzichtet haben. Das wäre aus meiner Sicht ein sehr sozialer Vorschlag. Wir können einmal hören, was Herr Pumm dazu sagt.

Die Tarifvertragsparteien sollten gezielt die Telearbeit fördern, damit die Eltern möglichst von zu Hause aus arbeiten können.

Familien mit Kindern müssen steuerlich erheblich entlastet werden. Die FDP – erinnern Sie sich – fordert einen Steuerfreibetrag von 7500 Euro pro Kind.

(Michael Neumann SPD: Pro Kind?)

Nein, pro Jahr. Wir sprechen nicht die Menschen – so wie Sie – mit hohen Soldatengehältern an, wir kümmern uns auch um andere, Herr Neumann.

Die Arbeitgeber – auch diese sind in die Pflicht genommen – sollten ihren Mitarbeitern während der Elternzeit regelmäßig Schulungen anbieten, damit diese eingearbeitet bleiben. Die Arbeitgeber sollten bedenken, dass sie dies im eigenen Interesse tun, denn schließlich haben sie diese Mitarbeiter einmal für viel Geld ausgebildet.

Schließlich – nun komme ich auf die heutige Diskussion von 16 Uhr zurück – sollten wir bei der Zuteilung von KitaPlätzen Berufstätige, hier insbesondere allein erziehende Mütter, bevorzugen. Sie wollen das nicht, aber wir wollen es. Das haben wir heute beschlossen und das ist ein erheblicher Beitrag für eine familienfreundliche Arbeitswelt. – Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP, der CDU und der Partei Rechtsstaatlicher Offensive)

Weitere Wortmeldungen sehe ich nicht. Ich stelle fest, dass die Große Anfrage besprochen worden ist.

Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 19, Drucksache 17/2300, Große Anfrage der Koalitionsfraktionen: Wohnungspolitik für die Wachsende Stadt.

[Große Anfrage der Fraktionen der CDU, der Partei Rechtsstaatlicher Offensive und der FDP: Wohnungspolitik für die Wachsende Stadt – Drucksache 17/2300 –]

Dieser Punkt soll im Einvernehmen mit allen Fraktionen auf die nächste Sitzung vertagt werden.

Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 35, Drucksachen 17/2451 bis 17/2453: Berichte des Eingabenausschusses.

[Bericht des Eingabenausschusses: Eingaben – Drucksache 17/2451 –]