Protokoll der Sitzung vom 10.04.2003

(Beifall bei der SPD und der GAL)

Wir werden uns in den nächsten Monaten noch darüber unterhalten, dass Berufstätige auf Plätze warten. Sie haben sich in den Ausschüssen festgelegt, wann, in welchem Monat Eltern, Berufstätige nach den verschiedenen Bewilligungskriterien ihre Bescheide haben sollen. Ich bin gespannt, ob Sie das erreichen können. Kinder in sozialen Brennpunkten – dafür sind Sie und Ihr Bürgermeister verantwortlich – werden um bessere Bildungschancen gebracht. Das ist ein Skandal.

(Beifall bei der SPD und der GAL)

Sie veranlassen durch Ihr System Wechsel und Abbrüche. Sie wissen genau oder Sie sollten es wissen oder es sich aufschreiben lassen, dass Brüche im Bildungssystem gerade im vorschulischen Bereich Gift sind für das, was wir mit Erziehung und Bildung erreichen wollen.

Was mich als Liberaler wundert, ist,

(Burkhardt Müller-Sönksen FDP: Wir haben Sie noch nicht aufgenommen!)

dass Sie Eltern nicht ernst nehmen und ihnen nicht das Minimalste an Mitbestimmungsrechten politisch einräumen, was Sie sogar im Schulgesetz vorsehen. Sie lassen letztendlich die Kitas allein, weil in der von Ihnen selbst gerühmten Vereinbarung zwar der Abbau von Kita-Plätzen geregelt ist, aber nicht der Ausbau. Das ist das wahre Gesetz Ihrer politischen Vorhaben.

Fazit. Dieses Gesetz, das heute in zweiter Lesung beschlossen werden soll – mittlerweile dämmert es zumindest dem einen oder anderen und ich kann nur empfehlen, im Pressearchiv nachzuschauen –, ist familien-, sozial- und bildungspolitisch von Trostlosigkeit gekennzeichnet. Ein solches Gesetz haben die Hamburger Familien und ihre Kinder nicht verdient.

(Beifall bei der SPD und der GAL)

Darüber muss man sich im Klaren sein. Trotzdem werden Sie dieses Gesetz nachher wahrscheinlich mit den Stimmen der Koalition in zweiter Lesung beschließen.

(Burkhardt Müller-Sönksen FDP: Das hoffen wir doch!)

Ich kann Ihnen versprechen, wir werden uns an dieser Stelle wiedersehen.

22 000 Hamburgerinnen und Hamburger haben sich in einer Volksinitiative für mehr Betreuungszeit für Kinder ausgesprochen. 22 000 Hamburgerinnen und Hamburger wussten im Januar und Februar, dass sie eine Hamburger Rechtsgarantie brauchen, um die Vereinbarkeit von Familie und Beruf herzustellen. 22 000 Hamburgerinnen und Hamburger haben durch ihre Unterschrift bekundet, dass in den Kitas im Bereich der vorschulischen Erziehung mehr

für Bildung und Erziehung getan werden muss, und zwar nicht nur bei Berufstätigkeit der Eltern, sondern auch dann, wenn es um die pädagogischen und sozialen Förderbedarfe geht. Deswegen werden wir uns an dieser Stelle wiedersehen, denn Sie und ich kennen das Volksgesetzgebungsgesetz.

(Glocke)

Herr Kollege Böwer, gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Aber gerne vom Kollegen Harlinghausen.

Herr Kollege Böwer, wären Sie bereit, über die Finanzierung und die Deckung der von Ihnen noch nicht so klar geäußerten eigenen Vorschläge etwas zu sagen?

Ich empfehle Ihnen die Lektüre der „taz“.

(Karl-Heinz Winkler Partei Rechtsstaatlicher Offen- sive: Ausgerechnet die!)

Dort haben der Kollege Schinnenburg und ich ein Interview geführt, in dem sich Herr Schinnenburg sehr positiv zu meinem Finanzierungsvorschlag geäußert hat. – Danke.

(Beifall bei der SPD und Lachen bei der CDU, der Partei Rechtsstaatlicher Offensive und der FDP)

Wir werden uns an dieser Stelle wieder sprechen, wenn wir den Gesetzentwurf durch die zweite Stufe der Volksgesetzgebung haben und den Eltern wirklich die Rechte geben, die sie verdienen.

(Glocke)

Gestatten Sie eine Zwischenfrage des Kollegen Schinnenburg?

Da Herr Schinnenburg nachher auf der Rednerliste steht, kann er später noch etwas dazu sagen. Schreiben Sie sich Ihre Frage auf, Herr Schinnenburg, ich komme dann auch noch einmal wieder.

(Burkhardt Müller-Sönksen FDP: Feigling!)

Wir werden in unserem Gesetzentwurf auch die Qualifizierung des pädagogischen Personals entsprechend verankern.

Aus unserer Sicht ist Ihr Gesetz ein schlechtes Gesetz. Das sehen auch die Kollegen der Koalition, wie zum Teil in der Presse nachzulesen ist.

(Horst Zwengel Partei Rechtsstaatlicher Offensive: In der „taz“ auch! – Karl-Heinz Winkler Partei Rechtsstaatlicher Offensive: Polemik!)

Aber ich verspreche Ihnen, wir werden uns an dieser Stelle wiedersehen. – Ich danke Ihnen.

(Beifall bei der SPD und der GAL)

Das Wort hat der Abgeordnete Weinberg.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Lieber Herr Böwer, die Regierung trägt in dieser Stadt eine Verantwortung und auch die Regierungs

(Thomas Böwer SPD)

fraktionen, aber auch die Opposition trägt eine Verantwortung. Sie haben richtig aus der Presse zitiert, sind also in der Presselektüre relativ weit gekommen, was auch einige hier Sitzende zu dem Gesetz gesagt haben.

Ich will nur an eines erinnern, Herr Böwer: Sie als Opposition haben der zweiten Lesung eine Absage erteilt.

(Dr. Andrea Hilgers SPD: Zu Recht!)

Wenn man das als Opposition macht, muss man gute Gründe haben. Ich habe in den letzten Wochen von Ihnen, Herr Böwer, nichts gehört und heute sehe ich keine Anträge. Das ist dann schon eine Form von Verzögerung, die wir nicht zulassen können.

(Beifall bei der CDU, der Partei Rechtsstaatlicher Offensive und der FDP – Dr. Andrea Hilgers SPD: Wir haben ein neues Gesetz vorgelegt!)

Frau Dr. Hilgers, ich äußere mich zum Schluss noch zu all den Punkten, die aufgelistet worden sind.

Man muss natürlich grundsätzlich bei der Verantwortung, die die Opposition hat, fragen, was in den letzten Wochen gekommen ist. Das war relativ wenig. Lassen Sie mich noch einiges sagen.

Mit diesem Kita-Gesetz, das heute in der zweiten Lesung von den Regierungsfraktionen verabschiedet wird, passiert endlich das – nichts anderes wurde auch von uns gesagt –, dass die Kindertagesbetreuung in Hamburg zunächst vom Kopf auf die Beine gestellt wird. Das heißt, dass wir vom Ansatz her das richtige System schaffen, um zukünftig weitere Maßnahmen und weitere Vorhaben im Bereich der Kindertagesbetreuung durchzuführen. Das unterscheidet uns auch, Herr Böwer. Für Sie war es früher so, es wurden Gesetze gemacht, die wurden verabschiedet und dann blieb dieses Politikfeld so stehen.

Gerade im Bereich der Familienpolitik und als Schwerpunkt der Familienpolitik im Bereich der Kindertagesbetreuung ist das aber eine Agenda und eine Prozesshaftigkeit. Wenn wir wiederum darüber diskutieren, ob wir unter Umständen eine fünfte Betreuungsstunde aufnehmen wollen – das ist der politische Wille –, dann unterscheiden wir uns von Ihnen ganz deutlich, weil wir nämlich gesagt haben, wir wollen politisch die fünfte Stunde, aber wir haben als Regierung auch die Verantwortung, den Haushalt zu beachten. Wenn wir das machen, dann werden wir einen seriösen Finanzierungsvorschlag präsentieren und dann hier darüber debattieren, Herr Böwer. Sie fordern 50 Millionen Euro ein, stellen sich tatsächlich hier hin – das muss man sich einmal vorstellen – und verweisen auf Nachfrage eines Kollegen auf einen „taz“-Artikel, in dem steht, dass Herr Taube von FamilienPower die Finanzierung abgesegnet hat. Aber es steht überhaupt nicht drin, wie das finanziert werden soll. Das fehlt hier doch noch.

Im Übrigen möchte ich an einen Punkt erinnern. Sie, Herr Böwer, oder auch Frau Steffen, die gleich noch reden wird, und viele andere Kolleginnen und Kollegen der SPD- und der GAL-Fraktion, die hier anwesend sind, haben hier vor ungefähr drei Jahren einen Beschluss gefasst,

(Dr. Andrea Hilgers SPD: Das ist ein bisschen län- ger her!)

nach dem im Bereich der Kindertagesbetreuung über drei Jahre 27 Millionen DM eingespart wurden. Das ist damals Ihre reale Politik gewesen. Kurze Zeit später sprechen Sie von 50 Millionen Euro und der Fraktionsvorsitzende hat hier erklärt, was alles wichtig wäre und dass die Finanzie

rung in dieser Frage relativ unwichtig ist. Es ist nicht seriös für eine Opposition, nicht konkret zu sagen, woher die 50 Millionen Euro kommen und aus welchen Töpfen die finanziert werden sollen. Sagen Sie hier, wo Sie sparen oder umschichten wollen oder wie Sie die Finanzierung garantieren wollen. Das machen Sie nicht. Sie sind hier mehrfach dazu aufgefordert worden, dazu Stellung zu nehmen. Sie verweigern sich in dieser Frage. Das ist unseriös und das werden auch die Eltern erkennen, auch bei der Frage ihrer Volksinitiative.

(Beifall bei der CDU, der Partei Rechtsstaatlicher Offensive und der FDP)

Es gibt Grundsätze mit dem neuen Gesetz. Ich habe gesagt, wir stellen die Kindertagesbetreuung zunächst vom Kopf auf die Beine. Wenn man darüber diskutiert, muss man auch fragen, was Sie von der SPD und der GAL uns hinterlassen haben. Im Wesentlichen sind es vier Punkte: Eine nicht ausreichende Kindertagesbetreuung in Hamburg, im Bereich Krippe und im Bereich Hort eine Versorgung von unter 20 Prozent. Die Elternbeiträge sind mit die höchsten in ganz Westdeutschland Sie haben uns einen riesigen Schuldenberg hinterlassen. Wenn Sie uns jetzt vorwerfen, wir würden in einigen Punkten unter Umständen Nachbesserungen fordern – was nicht stimmt –, dann sage ich Ihnen, wir würden gern viel mehr machen. Dazu sind wir auch bereit, das ist eine politische Maßgabe der Regierungsfraktionen, hier noch nachzuarbeiten, aber Sie haben uns doch die Schulden hinterlassen, mit denen wir arbeiten müssen. Wir wollen die Finanzierung auch auf sichere Beine stellen und posaunen nicht etwas von 50 Millionen Euro, die aus irgendwelchen Töpfen kommen sollen, die heute noch keiner kennt.

(Beifall bei der CDU, der Partei Rechtsstaatlicher Offensive und der FDP – Barbara Duden SPD: Was posaunen Sie von fünf Stunden herum!)