Gestern läuft unser Staatsrat aufgeregt durch die Gänge und sucht die Freundlichkeiten der Opposition, damit sie den Antrag heute durchgehen lässt. Wir werden nicht dagegenstimmen, wir werden uns enthalten. Sie werden also die zwei Lesungen heute bekommen, aber wir akzeptieren ein solches Verhalten nicht und werden in Zukunft eher dagegenstimmen.
50 Millionen Euro für das Gesamtprojekt ist eine riesige Summe. Es ist unsere Aufgabe als Parlament, ein solches Projekt im entsprechenden Ausschuss zu hinterfragen. Es handelt sich zu einem Großteil um Steuergelder, die wir nicht so einfach verschenken können. Aus dem Konzept, welches hier aufgestellt ist, ergeben sich diverse Fragen.
In dem Antrag ist beispielsweise ein Betrag in Höhe von ungefähr 3 Millionen Euro für Personalkosten aufgeführt. Da stellt sich für mich die Frage, ob wir jetzt das Personal der Handwerkskammer voll finanzieren sollen. Das sollte die Kammer durch ihre Einnahmen eigentlich selber machen und nicht wir mit unseren Steuergeldern.
Es gibt diverse weitere Fragen, beispielsweise zur dualen Ausbildung und zur überbetrieblichen Ausbildung von Friseuren. Der Handwerkskammer liegt ein Antrag der Friseurinnung vor, die überbetriebliche Ausbildung aufzugeben, weil sie ihnen zu teuer ist. Ausbildungsplätze kosten letztendlich Geld und da muss man hinterfragen, welches Konzept von der Handwerkskammer dahinter steht. Wir werden im Haushaltsausschuss eine Anhörung beantragen, um von der Handwerkskammer und der Behörde nähere Daten zu erfahren. Wir möchten auch von anderen beteiligten Institutionen hören, wie sie dazu stehen, denn wir wissen beispielsweise vom BIBB, dass es zeitlich gar nicht pressiert, diesen Antrag heute durchzujagen. Bei dieser Größenordnung hat auch das BIBB Magenschmerzen. Das heißt, es wird noch einmal nachverhandelt werden müssen. Daher sollten wir uns die Ruhe nehmen, das Ganze noch einmal in einer Anhörung zu behandeln. Wir möchten das Kompetenzzentrum haben, aber nicht durch das Verschenken von Steuergeldern und nur weil irgendeine Kammer einen Antrag stellt und unser Senator, wie üblich, wenn er „Kammer“ hört, die Hacken zusammenknallt und sagt: Jawohl, mookt wi. Das kann es nicht sein. – Vielen Dank.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Herr Wehnert, das Hamburger Handwerk ist der Wirtschaftszweig, der im Moment am meisten unter der Globalisierung zu leiden hat. Es besteht akuter Handlungsbedarf.
Gerade das Handwerk ist in hohem Maße von der allgemeinen nationalen Konjunkturentwicklung, von der wir alle um die Stagnation wissen, abhängig. Verluste der gedämpften inländischen Konsumnachfrage durch den Außenhandel auszugleichen ist für Handwerksunternehmen in der Regel nicht möglich. Auch die ständig wachsende Europäisierung des Wettbewerbs sowie die EUOsterweiterung machen dem Handwerksunternehmen zu schaffen. Hierzu zählen insbesondere die im Ausland niedrigen Lohn- und Lohnnebenkosten. Erforderlich ist deshalb eine zielgerichtete Betreuung und Förderung des Handwerks, das allein in Hamburg 136 000 Arbeitskräfte beschäftigt und auch bundesweit einen großen und entscheidenden Teil der Wirtschaft ausmacht.
Mit der Bildung eines Kompetenzzentrums stärken wir die Wettbewerbsfähigkeit des Hamburger Handwerks, fördern den Mittelstand und schaffen die Voraussetzungen für die Verbesserung der Berufsbildungsqualität im Handwerk.
In den vergangenen Jahren ist es immer häufiger zu Insolvenzen und dem damit verbundenen Rückgang der Beschäftigten in der Branche gekommen. Ein wichtiger Grund hierfür ist nach wie vor der immer schwieriger gewordene Generationswechsel. Zudem muss ein Aus- und Weiterbildungskonzept entwickelt werden, das den gestiegenen Anforderungen an Flexibilität, Technik und Kompetenz gerecht wird. Diese Aufgaben und Anforderungen können nun gänzlich in einem Kompetenzzentrum gebündelt werden und würden der Metropolregion Hamburg weitere wichtige wirtschaftliche Impulse geben.
12,4 Millionen Euro mögen sich zunächst viel anhören, sind aber im Vergleich zu dem hieraus entstehenden Nutzen für Hamburg eine lohnenswerte Investition und verglichen mit den Gesamtkosten ein Viertel.
Mit dem Kompetenzzentrum würde eine moderne Berufsbildungs- und -entwicklungsstätte entstehen, die es dem Hamburger Handwerk ermöglicht, sich ausgiebig und innovativ zu präsentieren und in Zukunft durch technische Qualifikation an Großaufträgen teilzunehmen. Dieses Projekt ist ein gute Chance, den Hamburger Mittelstand zu fördern. Deshalb begrüßen wir den Antrag in vollem Maße. – Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.
Meine Damen und Herren! Die GAL begrüßt diesen Antrag sehr, denn letztendlich ist dieser Antrag der Beweis dafür, dass die rotgrüne Bundesregierung in Berlin gute Arbeit leistet, und zwar genau in dem Bereich Handwerksförderung und Mittelstand.
Ziel und Zweck dieses Antrags ist es, Bundesmittel, die die rotgrüne Regierung zur Verfügung stellt, für Hamburg nutzbar zu machen. Insofern widerlegen Sie durch Ihr aktives Handeln Ihre eigene Rhetorik, indem Sie gebetsmühlenartig an allen passenden und unpassenden Stellen etwas von Totengräbern des Mittelstands und des Handwerks in
Berlin herunterleiern. Ich freue mich, dass diese verfehlte Rhetorik Ihnen nicht im Wege steht, zum Wohle Hamburgs und des Hamburger Handwerks verantwortungsbewusst zu handeln.
Die Annahme dieses Antrags wird dazu führen, dass die Wettbewerbsfähigkeit des Hamburger Handwerks gestärkt wird durch Verbesserung der Berufsbildungsqualität im Handwerk und infrastrukturelle Impulse in dieser Region auslösen wird. So gesehen müsste man eigentlich sagen, dass es alles rundum erfreulich ist. Leider werden wir uns, ähnlich wie unsere Kollegen von der SPD, bei diesem Antrag enthalten müssen. Das liegt daran, dass dieser Antrag, obwohl er ein zentrales Projekt der Regierungskoalition ist und ein Thema behandelt, das uns allen sehr wichtig ist, erstaunlicherweise seltsam schlampig vorbereitet ist und sehr spät kommt.
Im Gegensatz zur SPD möchte ich dafür nicht dem Senat die Schuld zuschieben. Letztendlich ist es die Handwerkskammer, die dieses zentrale Projekt für ihre Mitglieder so spät eingereicht hat, dass es dort einen Verzug der Fristen gibt, die das Parlament ausbaden muss. Dieser Antrag hat jetzt nicht mehr die Zeit, vorher im Ausschuss beraten zu werden, und muss heute in erster und zweiter Lesung durchgepeitscht werden, damit die Bundesmittel, die schon seit mehreren Jahren zur Verfügung stehen, für Hamburg genutzt werden können.
Das ist sehr bedauerlich, denn auch inhaltlich lässt dieser Antrag die Frage offen, was Sie mit diesen Geldern bezwecken. Es geht nicht nur um die berufsübergreifende Fortbildung, sondern letztlich wird dort auch ausgeführt, dass in diesem Bereich auch Weiterbildung, Fort- und Ausbildung angesiedelt werden sollen. Das sind durchaus Maßnahmen, die bisher bei anderen Trägern angesiedelt sind, sodass dort langsam der Eindruck entsteht, als sollten dort eventuell Pfründe zu ihrem Hauptbündnispartner in dieser Stadt umgeleitet werden, sodass letztendlich für das Handwerk gar kein zusätzliches Geld zur Verfügung steht, sondern nur die Begünstigten getauscht werden. Das wäre eine Debatte und auch eine Betrachtung, die der näheren Untersuchung lohnt.
Von daher ist es zwingend erforderlich, dass dieser Antrag an den Ausschuss überwiesen wird und es dazu eine Anhörung gibt. Insofern bedauern wir sehr, dass dieser Antrag sehr schlampig vorbereitet ist. Wir können ihm deshalb nicht zustimmen und unterstützen ausdrücklich, dass er an den Haushaltsausschuss überwiesen wird. – Ich danke Ihnen.
Herr Präsident, meine Damen, meine Herren! Die Logik habe ich jetzt nicht so ganz verstanden: Eigentlich finden Sie den Antrag gut, aber zustimmen wollen Sie trotzdem nicht. Das erschließt sich mir nicht so ganz.
Politik fordert von den Unternehmern immer, dass sie zügig sind, und die Unternehmer fordern von der Politik, dass wir Bürokratie abbauen und zu schnellen Entscheidungen kommen. Nun machen wir das heute und nun ist das auch wieder nicht recht.
Bis Mitte der Neunzigerjahre hatte das Hamburger Handwerk noch goldenen Boden. Heute leidet es, wie viele andere Branchen, an der deutschen Wirtschaftskrise. Die Unternehmen sparen, die Bürger sparen, das Handwerk erhält weniger Aufträge, Dienstleistungen des Handwerks werden durch Eigenleistungen ersetzt, bestenfalls aufgeschoben.
Darüber hinaus setzen Globalisierung und die zusammenrückenden Märkte in Europa dem Handwerk zu. Die Statistik untermauert diese Thesen. Es schließen mehr Betriebe in der Stadt, als neue aufmachen, die Beschäftigung im Hamburger Handwerk ist rückläufig und der Branchenumsatz stagniert.
Das deutsche Handwerk steht vor zwei fundamentalen Herausforderungen. Die EU-Erweiterung wird einen Zustrom an handwerklichen Wettbewerbern bringen, ebenfalls gut ausgebildet, aber zu konkurrenzlos niedrigen Preisen. Dauerhafte Schutzzäune kann und will die Politik nicht errichten, allenfalls Übergangshilfen stellen, um den Veränderungsdruck ein wenig abzufedern.
Die zweite Herausforderung besteht in der Harmonisierung des europäischen Wirtschafts- und Wettbewerbsrechts und wird zwangsläufig dazu führen, dass die Zugangsvoraussetzungen zum Handwerk und zur Existenzgründung im Handwerk vereinheitlicht werden. Was das bedeutet, weiß jeder von Ihnen im Hinblick auf den Meisterbrief.
Diesen Herausforderungen mit Schutzgesetzen zu begegnen, wäre der falsche Weg, der das Handwerk auf Dauer nur schwächen würde. Es gibt bessere Wege, die Zukunft zu meistern, und zwar mit einer offensiven Strategie. Dabei wollen wir, die Politik, das Handwerk gerne begleiten und auch Hilfestellung leisten und da, wo erforderlich, auch die notwendigen Mittel bereitstellen.
Der erste Weg zu dieser offensiven Politik besteht in einer stetigen Qualitätssteigerung und Qualitätsverbesserung des handwerklichen Leistungsangebots mit Zertifizierung durch Schaffung von Gütesiegeln. Vielleicht kann das die künftige Rolle des Meisterbriefs sein. Das Hamburger Kompetenzzentrum soll ein wesentlicher Stützpfeiler dieser Politik werden.
Der zweite Weg, den das Handwerk beschreiten muss, besteht darin, innungsübergreifende Gewerke zu organisieren und zusammenzuschließen, um komplette Leistungsangebote abgeben zu können, und zwar für kleine und auch für große Auftraggeber.
Auch wenn der Staat hier gern helfend unterstützen will, sind doch in erster Linie Kammern und Innungen gefordert, dafür den geeigneten Organisationsrahmen zu stellen.
Der dritte Weg, der sich dem Handwerk und insbesondere dem Hamburger Handwerk eröffnet, besteht darin, sich dem osteuropäischen Wettbewerb vor Ort zu stellen, das heißt, sich diese neuen Märkte auch für sich selbst zu erschließen. Dazu bedarf es verstärkter Präsenz auf aus
ländischen Messen, wozu der Hamburger Senat immer finanzielle Mittel beigesteuert hat und die wir sicherlich in Zukunft verstärken müssen.