Protokoll der Sitzung vom 07.05.2003

Als zweiten Punkt möchte ich etwas zu den allgemeinen Aufgaben sagen. Zukünftig werden zwischen 9 und 11 Prozent der Lehrerarbeitszeit – wie zum Beispiel die Teilnahme an Konferenzen, schulischen Veranstaltungen oder Fortbildung in den Schulferien – auf die allgemeinen Aufgaben entfallen. Diese wichtigen Aufgaben wurden bisher nicht durch das Pflichtstundenmodell abgedeckt. Mit dem neuen Modell werden insbesondere die Teilzeitlehrerkräfte besser berücksichtigt, da ihnen diese Zeitfaktoren zum ersten Mal voll angerechnet werden. Das bedeutet für diejenigen einen Fortschritt einer gerechteren Bewertung der Lehrerarbeitszeit, die im Lehr- und Schuldienst tätig sind.

(Beifall bei Katrin Freund Partei Rechtsstaatlicher Offensive)

Frau Ernst, Sie haben als letzten Punkt die Frage der Basisund Orientierungsfrequenzen angesprochen. Von Ihnen kam der generelle Vorwurf, dass man entweder die Klassenfrequenzen deutlich erhöhen müssen – es ist kein Wunder, dass Sie das von der schlechtesten Seite her ausgedrückt haben – oder auf der Basisfrequenz bleiben müsse, sodass die Teilungsstunden wegfallen. Das ist genau nicht der Fall. Warum ist es nicht so? Weil die Schulen – das wird natürlich von Ihnen bei der Diskussion auch verschwiegen – zukünftig für die Erteilung des Grundunterrichts 100 Prozent zugewiesen bekommen. Die Grundlage dafür ist die neue Basisfrequenz.

(Thomas Böwer SPD: Hat auch nur Frau Goetsch gesagt!)

Sie sind häufig einer Meinung,

(Thomas Böwer SPD: Keine Koalition!)

das erinnert schon so ein bisschen an das „Doppelte Lottchen“. Wenn Sie aber eine deutliche Trennung vornehmen, ist das völlig in Ordnung: Es war Frau Goetsch.

Die Basisfrequenz

(Thomas Böwer SPD: Auskömmlichkeit!)

liegt deutlich unterhalb der früheren Orientierungsfrequenz. Da liegt nämlich der Hase im Pfeffer. Indem wir von der Grundannahme her mit der neuen Basisfrequenz eine höhere Lehrerstundenzahl zuweisen, die damit deutlich unterhalb der jetzigen Orientierungsfrequenz liegt, und zwar bei allen Schulen und Schulformen, haben wir per se mit dem neuen Lehrerarbeitzeitmodell an allen Schulen und Schulformen

(Thomas Böwer SPD: Hochfrequenz!)

eine bessere Ausstattung. Nur wenn Sie dieses noch weiter verbessern wollen, indem Sie die Teilungs- und Diffe

renzierungsstunden erhöhen, kommen Sie mit den neuen Basisfrequenzen in die Höhe der von Ihnen früher gesetzten Orientierungsfrequenzen.

Fazit: Hamburgs Schülerinnen und Schüler und insbesondere die Schulen fahren mit ihrer Autonomie in der Verteilung

(Thomas Böwer SPD: Erklärt uns das der Senat noch mal deutlicher?)

besser und nicht schlechter. Das ist das Grundmodell aufgrund der allgemein gültigen und gesunkenen Basisfrequenzen.

Es wäre gut, wenn wir bei allem, was uns politisch trennt, Frau Goetsch, aber auch was uns vereint, diesem Modell – es war ein Vorschlag, der von einer unabhängigen Kommission gemacht worden ist – eine Chance geben und es nicht an einem uns trennenden parteipolitischen Dissens aufhängen, damit wir darüber am 5. Juni sachlich im Schulausschuss diskutieren können.

(Thomas Böwer SPD: Kommen Sie doch zu uns in die Opposition!)

Wir tragen die Verantwortung dafür, die Lehrerarbeitszeit generell besser und gerechter gemeinsam zu regeln. Das war Ihr eigener Anspruch im November 2000.

Wenn Sie im Übrigen konkrete Verbesserungsvorschläge haben, können Sie diese am 5. Juni im Ausschuss vorlegen. Sie sollten dieses Modell aber nicht von vornherein verurteilen und ablehnen. – Danke.

(Beifall bei der CDU, der Partei Rechtsstaatlicher Offensive und der FDP)

Frau Freund.

Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren! Mit der Erarbeitung des vor uns liegenden Arbeitszeitmodells ist Hamburg eine bundesweit herausragende Innovation gelungen, die mehr Transparenz und Gerechtigkeit bei der Bemessung und Verteilung der Lehrerarbeitszeit schafft. Sie, werte Opposition, haben nichts Besseres zu tun, als den Versuch zu starten, dieses führende Projekt zu torpedieren, zu verzögern und kaputtzureden. Das ist mal wieder typisch!

(Beifall bei der Partei Rechtsstaatlicher Offensive, der CDU und der FDP – Thomas Böwer SPD: Seien Sie doch nicht beleidigt!)

Ich bin nicht beleidigt, ich stelle dies entsetzt fest.

Nur weil Sie vor einigen Jahren nach der Erarbeitung eines in die gleiche Richtung gehenden Konzeptes nicht den Mut zur Umsetzung hatten, meinen Sie jetzt, Ihre Oppositionsarbeit darin erfüllen zu müssen, dass Sie die Einsetzung verhindern. Sie werden aber scheitern.

Die zwanzigköpfige Kommission unter der Leitung von Herrn Dr. Schmitz, der ich hiermit noch einmal recht herzlich für diese Arbeit danken möchte, hat mit klugem Sachverstand und Kompetenz ein einmaliges Konzept erarbeitet, das endlich dazu führt, dass alle Tätigkeiten ausgewogen bewertet und einbezogen werden. Das ist allen Lehrern gegenüber endlich fair.

Selbst Sie müssen eingestehen, dass Unterricht nicht gleich Unterricht ist und dass verschiedene Fächer unterschiedlichen Aufwand mit sich bringen. Daher war es bis

(Wolfgang Drews CDU)

A C

B D

her auch ungerecht, dass alle Vollzeitkräfte nur einheitlich an ihren Wochenarbeitsstunden bemessen wurden. Es wundert mich nicht, dass der eine oder der andere aufschreit, der bisher aufgrund einer glücklichen Zusammenfügung seiner Fächer, die wenig Vor- und Nachbereitungszeiten erforderten, nur auf eine 30-Stunden-Woche kam.

Sie sollten aber auch einmal die Stimmen hören, die unter Beibehaltung ihrer jetzigen Arbeitsleistung ein Plus auf ihrem Jahresarbeitszeitkonto haben. Es gibt viele Lehrer, die dieses gerechte Modell zu würdigen wissen, und auch die Schulleiter, die in der Kommission gesessen haben, wussten, wovon sie reden, denn es ist ihr täglich Brot.

Sicherlich wird es in dem einen oder anderen Bereich noch Nachbesserungen geben; das ist auch richtig so. Denn erst in der Praxis wird noch der letzte Feinschliff herausgefunden. Daher wird dieses Modell vorerst für zwei Jahre zur Erprobung eingeführt.

(Wilfried Buss SPD: Dann sind Sie ja nicht mehr in der Verantwortung!)

Ich bin sicher, dass dieses Modell nach letzten Korrekturen von anderen, sich schon interessiert gezeigten Bundesländern übernommen wird. Es ist ein innovatives Projekt und Sie sollten es unterstützen, anstatt zu stören.

Dass im Endeffekt eine Erhöhung der Arbeitszeit um 1,5 Stunden pro Woche herauskommen sollte, war allen bekannt, denn das wurde bereits Mitte letzten Jahres beschlossen. Die Erhöhung der Beamtenarbeitszeit von 38,5 auf 40 Stunden pro Woche, die für alle Beamten galt, wurde – außer für die Lehrer – letztes Jahr umgesetzt.

(Thomas Böwer SPD: Aber Rudi hat den Lehrern etwas anderes geschrieben!)

Von keinem anderen Beamten, zum Beispiel von den 8500 Polizeibeamten, kam ein solcher Aufschrei. Eine kollektive Arbeitsverweigerung wie von den Lehrern, die wir gestern erlebt haben, gab es auch nicht. Was gestern an vier Hamburger Schulen passiert ist, macht mich unglaublich wütend. Ich bin froh, dass Sie die gleiche Meinung haben, dass dies nicht in Ordnung ist. Denn die beschlossene Arbeitszeiterhöhung bei den Lehrern wurde noch nicht einmal umgesetzt, es hat sich überhaupt nichts geändert. Aber diese Lehrer meinen, wegen drohender Arbeitsmehrbelastung blaumachen zu müssen. Es nichts anderes gewesen, wenn 90 Prozent der Lehrerschaft auf völlig unverantwortliche Weise ihrer Arbeit fernbleiben und sich krank melden. Damit haben sie sich keinen Gefallen getan und den Bogen völlig überspannt.

Ich verurteile erstens aufs Schärfste, dass sie damit den Kindern und Jugendlichen weiteren überflüssigen Unterrichtsausfall zugefügt haben. Im Hinblick auf die in Hamburg gemessenen schlechten schulischen Leistungen wäre jede einzelne Unterrichtsstunde wichtig. Es war auch nicht das erste Mal. Ich erinnere an die an einem Vormittag durchgeführten Demonstrationen, die auch von den Lehrern unterstützt wurden und auch zu Unterrichtsausfällen geführt haben.

(Wilfried Buss SPD: Einigen Lehrern!)

Ich habe nichts dagegen, wenn sich Schüler politisch äußern wollen, das ist völlig in Ordnung. Das sollen sie aber bitte nicht am Vormittag, sondern am Nachmittag tun.

(Wolf-Gerhard Wehnert SPD: Da gab es ja auch noch so ein Fußballspiel!)

Aber noch mehr kritisiere ich das gestrige Verhalten der Lehrer, weil sie ihrer Verantwortung der Aufsichtspflicht nicht nachgekommen sind. Einige hundert Schüler mussten wieder nach Hause gehen. Ich bin mir sicher, dass nicht in jedem Haushalt die Mutter oder der Vater freudenstrahlend auf seinen Junior gewartet haben, weil die Lehrer einfach beschlossen haben, den Kindern an diesem Tag schulfrei zu geben.

Wenn ich von einem solchen Verhalten höre, dann bin ich gewillt, über die Abschaffung des Beamtenstatus für Lehrer nachzudenken.

(Beifall bei der GAL, vereinzelt bei der SPD und bei Jens Pramann Partei Rechtsstaatlicher Offensive)

Darin sind wir dann wohl einer Meinung und sollten versuchen, dieses bei der Kultusministerkonferenz durchzusetzen.

(Thomas Böwer SPD: Dann bringen Sie doch einen entsprechenden Antrag ein!)

Ich frage mich bei diesem so schamlos und verantwortungslosen Missbrauch, wer den Lehrern dazu das Recht gibt. Ich bin dafür, sachlich unterschiedliche Argumente auszutauschen und zu diskutieren. Ich halte es auch für richtig, dass Dinge manchmal einfach ausprobiert werden müssen und bei Korrekturbedarf die Fehler auch behoben werden. Ich bin aber nicht der Meinung, dass dies das richtige Verhalten war.

Wenn man sich dieses Verhalten einmal in einem wirtschaftlichen Unternehmen vorstellt, dann könnte es schließen und es gingen noch mehr Arbeitsplätze verloren.

Nun noch einige Fakten. Mit den 13 700 Lehrern zu Beginn des neuen Schuljahres und einer Schüler-Lehrer-Relation von 15,4 steht Hamburg noch immer bundesweit einsam an der Spitze. Das dürfen wir nicht vergessen. Bildung hat in Hamburg oberste Priorität. Durch die Festlegung der Grundstunden, der Bereitstellung eines zusätzlichen Stundenpools für Förder- und Teilungsstunden, den jede Schule frei disponieren kann, und durch die Schaffung einer Stellenreserve für Vertretungen und andere Aufgaben erfüllen wir einen weiteren Punkt – die Stärkung der Autonomie an den Schulen – aus unserem Wahlprogramm.