Nun noch einige Fakten. Mit den 13 700 Lehrern zu Beginn des neuen Schuljahres und einer Schüler-Lehrer-Relation von 15,4 steht Hamburg noch immer bundesweit einsam an der Spitze. Das dürfen wir nicht vergessen. Bildung hat in Hamburg oberste Priorität. Durch die Festlegung der Grundstunden, der Bereitstellung eines zusätzlichen Stundenpools für Förder- und Teilungsstunden, den jede Schule frei disponieren kann, und durch die Schaffung einer Stellenreserve für Vertretungen und andere Aufgaben erfüllen wir einen weiteren Punkt – die Stärkung der Autonomie an den Schulen – aus unserem Wahlprogramm.
Zum Abschluss möchte ich noch erwähnen, dass ihr Antrag erstens fehlerhaft ist, da aufgrund der Einführung des Lehrerarbeitszeitmodells nicht eine einzige Schule mehr oder weniger geschlossen wird. Dass Sie dies hier behaupten, hätte ich von Ihnen nicht erwartet, weil Sie sich besser in diesem Metier auskennen sollten, um zu wissen, dass dies nicht der Fall ist.
(Thomas Böwer SPD: Besser als wer, Frau Kolle- gin? – Gegenruf von Dr. Willfried Maier GAL: Als der Schulsenator!)
Zweitens ist es zwar zutreffend, dass sich die Bürgerschaft in der Vergangenheit – wie in Ihrem Antrag erwähnt – mit Themen wie Ausstattung der Integrationsklassen, die Verlässlichen Halbtagsgrundschule und Programmen wie PLUS oder DAZ beschäftigt hat. Dies hat sie aber lediglich getan, weil es eine direkte Auswirkung auf den Hamburger Lehrerstellenplan hatte. Das Lehrerarbeitszeitmodell – das möchte ich noch einmal betonen – ist hierzu im Gegensatz lehrerstellenneutral.
Drittens ist der in Ihrem Antrag unter Ziffer 1 aufgeführte Punkt aufgrund der rechtlichen Situation nicht angebracht. Gemäß Paragraph 76 des Hamburgischen Beamtengesetzes obliegt es dem Senat, die regelmäßige Arbeitszeit von Beamten durch Rechtsverordnung zu regeln. Insofern ist eine Befassung der Bürgerschaft nicht vonnöten und nicht erforderlich.
Wir unterstützen die Erprobung des Lehrerarbeitszeitmodells, das wir für transparent, gerecht und fortschrittlich halten. Wir sind davon überzeugt, eine bundesweit einmalige und gute Innovation auf den Weg zu bringen. Aus diesem Grunde lehnen wir Ihren Verzögerungsantrag leider ab.
(Beifall bei der Partei Rechtsstaatlicher Offensive, der CDU und der SPD – Ingo Egloff SPD: Alles andere hätte uns auch überrascht!)
(Thomas Böwer SPD: Aber die FDP nimmt unseren Antrag an! – Wolf-Gerhard Wehnert SPD: Geben Sie sich mal einen Ruck! )
Frau Ernst, Sie haben so nett gesagt, dass wir – ich weiß gar nicht, wen Sie damit gemeint haben – in der Auseinandersetzung kneifen würden.
Aber nun stellen wir uns hier der Auseinandersetzung. Wir hätten das mit Rücksicht auf Ihren Zeitplan auch mit einoder zweiminütigen Beiträgen abtun können. Das machen wir aber nicht.
Frau Ernst, Sie wissen ganz genau, dass Senator Lange und auch ich von morgens bis abends durch die Stadt toben, um für unsere Politik zu werben.
Wir tun das auch bei Veranstaltungen, bei denen man zwar die Blumen entgegengeworfen bekommt, an denen aber noch die Töpfe hängen. Das sind nicht immer die angenehmsten Veranstaltungen. Bei den angenehmeren Veranstaltungen sind Sie dann nicht vertreten oder Sie wurden gar nicht erst eingeladen.
Wenn Sie das unabhängig von der Person gemeint haben und einen konkreten Anlass im Blick hatten, nämlich die große Diskussionsveranstaltung des Bündnisses für Bildung am Montag, dann muss ich Ihnen dazu eines ganz klar sagen: Von den Veranstaltern wurde der Montag vor einer Bürgerschaftssitzung ausgewählt. Wir alle sind Mitglieder von Fraktionen
und am frühen oder etwas späteren Abend – je nachdem, wie lange dafür gebraucht wird – finden unsere Fraktionssitzungen statt.
Das heißt, wir haben unsere Absage mit Verweis auf diese Fraktionssitzungen bekunden müssen. Frau Goetsch und
Ich erinnere mich noch an eine Sitzung des Schulausschusses, in der wir für unseren ehrgeizigen Zeitplan neue Termine für die Sitzungen des Schulausschusses finden mussten und auch den Montag vorgeschlagen haben. Von Frau Goetsch hieß es aber, dass dies nicht möglich sei, weil sie Fraktionsvorsitzende sei und zu ihrer Fraktionssitzung gehen müsse. Sie merken, wir kneifen nicht und wir lassen auch den Vorwurf des Kneifens nicht auf uns sitzen.
Dieses Lehrerarbeitszeitmodell ist ein Moment der Innovation in schwierigen Zeiten. Wir brauchen nicht zu kneifen, um es zu vertreten. Dass die Zeiten schwierig und die Anforderungen an die Bildung hoch sind, wird keiner von Ihnen bestreiten können. Man kann jetzt als Politiker weiter Luftschlösser fordern oder aber praktische Politik machen. Man kann sich als Politiker entweder vor knappen Kassen wegducken oder das Machbare ermöglichen. Man kann als Politiker am Alten festhalten, weil es so einfach ist, oder man traut sich diese Innovation zu. Wir trauen uns – das muss ich Ihnen klar sagen –, uns hinter die Hamburger Lehrerinnen und Lehrer zu stellen und anzuerkennen, dass in Hamburger Schulen mehr geleistet wird, als das alte Pflichtstundenmodell bisher abbilden konnte.
Das alte Pflichtstundenmodell hat nicht anerkannt, was in Schulen auch jenseits der Unterrichtsverpflichtung geleistet wird, geleistet werden muss. Das sind der Korrekturaufwand für Klassenarbeiten und Klausuren, die Vorbereitungszeiten für Unterrichtungsstunden oder in den Kursräumen, die Funktionen eines Klassenlehrers, einer Schulleiterin, die Pausenaufsicht und anderes mehr. Viele Funktionen werden jetzt als Arbeitszeit erfasst und gehen bis zur Betreuung des Schulgartens.
Ich sage Ihnen eines ganz klar, Herr Buss: Nicht jedes Engagement, das zusätzlich geleistet wird, kann dazugehören. Ich weiß ganz genau, dass eine Vielzahl der Hamburger Lehrer immer mehr geleistet hat, als es jedes Arbeitszeitmodell jemals abbilden könnte. Ich weiß auch, dass nur durch das zusätzliche Engagement und nicht durch staatliche Modelle Lebendigkeit in unseren Bildungsalltag hineinkommt. Wir können und wir sollten nicht alles erfassen, was von den Schulen zu leisten ist. Aber wir sollten es uns auch nicht so bequem machen und alles beim Alten lassen. Das Alte beinhaltet das Pflichtstundenmodell, was wir nicht wollen, was auch Frau Goetsch nicht will und was Sie – ein klares Bekenntnis hierzu habe ich zwar nicht gehört – vielleicht auch nicht wollen. Das alte Pflichtstundenmodell ist die denkbar schlechteste Lösung. Es dabei zu belassen, kann es nicht sein, das wissen Sie auch. Deshalb haben Sie selbst vor Jahren die erste Arbeitszeitkommission eingerichtet.
Sie hatte genau den Auftrag, die Missstände des alten Modells zu beheben. Wenn Sie das Richtige schon erkannt und es damals schon in der Hand hatten, das Richtige auch richtig zu tun, dann ist es geradezu dumm, die Ergebnisse der Kommission einfach in die Schublade zu stecken, wie Sie es damals getan haben.
Wir haben die Schublade wieder aufgemacht und eine zweite Kommission eingesetzt. Jetzt liegen die Ergebnisse vor, die wir auch so umsetzen, dass es eine Gerechtigkeit zwischen den unterschiedlichen Belastungen, den unterschiedlichen Fächern und den unterschiedlichen Jahrgangsstufen der unterschiedlichen Schulen gibt. Wir setzen um, dass es wie in den Niederlanden, in Dänemark und in Österreich Jahresarbeitszeitkonten gibt. Wir wissen schon jetzt, dass andere europäische Länder und andere Bundesländer zwischen Neid und Neugier schwanken, wenn sie den Blick auf die Hamburger Innovationen richten.
Wir setzen um, dass zugleich das Thema Unterrichtsausfall weiter eingedämmt und je eine Vertretungsstunde eingeplant wird. Und das setzen wir schnell um. Das kritisieren Sie wieder einmal. Ich habe hier schon häufig gestanden und gesagt: Sie können mir keinen größeren Gefallen tun, als dass Sie das Tempo kritisieren. Ich habe Tempo bisher immer als etwas Positives verstanden. Insofern ist das ein Kritikpunkt, den ich am ehesten als Lob verstehe.
Wir setzen schnell um. Alle Lehrer wurde umgehend informiert. Sie haben sich noch darüber beschwert, dass am selben Tag, als es im Senat beschlossen wurde, schon die Broschüre mit den Erläuterungen zu diesem Arbeitszeitmodell unterwegs war. Sie wurde noch am selben Abend mit der Post versandt und hat am nächsten Tag die Lehrerinnen und Lehrer erreicht. Das haben Sie kritisiert, aber eine schnelle Kommunizierung ist doch genau die Form der Umsetzung, die wir uns eigentlich wünschen.
Wir haben schon jetzt an den Schulen – das hat Kollege Drews richtig gesagt – ein Tool zur Errechnung der Arbeitszeit eingerichtet. Das heißt – für alles, was wir bisher an Klagen gehört haben, ich weiß nicht, wer da alles was berechnet hat, dass vier, sechs oder mehr Stunden dabei herauskommen würden –, jetzt gibt es an den Schulen dieses Tool. Die Schulen können das jetzt genau berechnen. Das ist nicht zu spät, sondern sehr früh. So früh haben die Schulen noch nie mit der Vorbereitung des Schulhalbjahres, das nach den diesjährigen Sommerferien beginnt, anfangen können. Wenn Sie dieses kritisieren, verstehe ich das als Lob. Wenn Sie uns mit Kritik schaden wollen, dann müssen Sie sich etwas anderes aussuchen. Für die Leistung, dieses so schnell umzusetzen, gebührt im Übrigen den Fachleuten in der Bildungsbehörde mein höchster Respekt.
Wir setzen etwas um und erproben es zwei Jahre lang. Sie fordern, dass man es nicht flächendeckend umsetzen sollte, fordern aber auch, dass man es erproben solle. Das können Sie nicht gleichzeitig tun. Sie können kein Arbeitszeitmodell in einer Stadt wie Hamburg nur an sieben Schulen erproben. Wenn Sie eine Erprobung wollen, dann müssen Sie dieses flächendeckend tun. Deswegen ist dies zunächst nur eine Erprobung. Darin sind wir d’accord, das machen wir. Die Vorschläge zum Beispiel vom Deutschen Lehrerverband, anstatt Lehrerarbeitszeitkonten Lebensarbeitszeitkonten einzurichten, die Mitberechnung physischer und psychischer Faktoren bei der Arbeitszeit zu berücksichtigen, sind völlig richtig. Wir haben für die Umsetzung aber zwei Jahre Zeit. Für diese Vorschläge ist meine Fraktion offen.
Lassen Sie mich abschließend noch etwas zu dem Lehrerstreik sagen. Es fand heute eine gemeinsame Pressekonferenz – das ist sehr selten – von Frau Bick, der Vorsitzenden der Hamburger Elternkammer, und Senator Rudolf Lange statt. Beide haben sich – genauso wie Herr Drews, Frau Freund und Frau Ernst – klar von dieser Aktion distanziert, weil sie Lehrern in ihrem Image schadet und weil sie den Schülern im konkreten Moment des Unterrichtsausfalls geschadet hat. Wer sich nicht distanziert hat – mit Frau Fiedler haben wir eben schon jemanden, die die Debatte einsam verlassen hat –, war die GAL-Fraktion. Ich habe sehr genau gesehen, als Frau Ernst den verdienten Applaus für diese Distanzierung bekam, dass auf dieser Seite des Parlaments niemand geklatscht hat.
(Christian Maaß GAL: Das ist unwahr! Wir klatschen noch mal für Sie extra! – Beifall bei Christian Maaß GAL)
Es fehlt die klare Distanzierung. Frau Goetsch, Sie haben zweimal mühsam in die Hände geklatscht. Ich erwarte von der GEW genauso wie von der GAL und von allen anderen Fraktionen dieses Hauses – die es aber schon getan haben –, dass sie sich klar von dieser Art von Aktionen distanzieren.
Sie haben selbst gefordert, dass wir in dieser Debatte nicht kneifen sollten. Ich bin nicht der Erste, der auf Ihren Zeitplan Bezug nimmt. Jetzt ist es 20.30 Uhr. Wahrscheinlich werden Sie den Kanzler nur noch beim Weggehen von hinten sehen, aber das ist schließlich ein Anblick, der mir auch gefallen könnte.