Protokoll der Sitzung vom 28.11.2001

denn dies widerspricht allen parlamentarischen Gepflogenheiten dieses Hauses. Das gilt auch für Sie, Herr Gonska. Es ist in der Vergangenheit nicht passiert, dass hier derartige Verhaltensweisen eines Abgeordneten zu verzeichnen waren, wie wir der Antwort auf eine Kleine Anfrage heute entnehmen konnten.

(Wolfgang Drews CDU: Was sagt die „Schnittchen- Gruppe“?)

Man muss sich eben entscheiden, meine Damen und Herren, ob man Abgeordneter sein und die nötige Unabhän

gigkeit haben will oder ob man bei einem Senator angestellt sein will. Beides zusammen geht nicht.

(Beifall bei der SPD und der GAL)

Der dritte Fall ist der des Bodo Theodor Adolphi, pensionierter Oberkommissar und Abgeordneter dieses Hauses, Berater des Innensenators Ronald Schill. Gegen Berater ist grundsätzlich nichts einzuwenden. Wenn sie dann aber plötzlich gegen alle Hierarchie in der Innenbehörde ein Zimmer haben und sich in Arbeitsabläufe einmischen, hört der Spaß auf. Das gilt gerade in einer Behörde, die das staatliche Gewaltmonopol repräsentiert. Dort darf es keine Entscheidungsstränge neben den gesetzlich geregelten geben.

(Beifall bei der SPD und der GAL)

Inzwischen soll das Büro geräumt sein. Aber, seien Sie sicher, wir werden aufpassen, ob das stimmt.

(Dirk Nockemann Partei Rechtsstaatlicher Offen- sive: Das kann ich mir vorstellen! – Burkhardt Müller-Sönksen FDP: Blockwartmentalität!)

Im Regierungsprogramm der Schill-Partei heißt es:

„Die Besetzung von Führungspositionen in der Verwaltung muss parteiunabhängig und ausschließlich an der Sachkenntnis orientiert erfolgen (Filzabbau).“

Da zeigt sich, dass Papier geduldig ist, wenn es denn Herrn Schill gefällt.

Dann werden mit einem Mal Grundsätze über Bord geworfen und das „Hamburger Abendblatt“ rügt, dass die einst scharfen Kritiker nun selbst zulangten, ohne rot zu werden.

Es stellt sich überhaupt die Frage, welches Politik- und Demokratieverständnis die Schill-Partei hat. Die Führungspositionen in Partei und Fraktion werden von vier Personen besetzt: Schill, Mettbach, Frühauf, Nockemann.

(Karl-Heinz Warnholz CDU: Wie bei der SPD!)

Dass sich in der Partei Unmut äußert, ist klar, wenn man bedenkt, dass noch nicht einmal ein Parteitag stattgefunden hat, um über den Koalitionsvertrag abzustimmen.

(Glocke)

Herr Abgeordneter, Ihre Redezeit ist um.

Ich komme zum Schluss. Herr Schill, wer sich hinstellt und andere wegen ihres Verhaltens kritisiert, sollte erst einmal vor seiner eigenen Tür kehren. Dann kann er hier etwas dazu sagen.

(Beifall bei der SPD und der GAL – Frank-Thorsten Schira CDU: Genau!)

Herr Dr. Freytag, Sie haben das Wort.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Was Sie hier veranstalten, meine Damen und Herren von der SPD insbesondere, ist nichts anderes als ein plumpes und durchsichtiges Ablenkungsmanöver, um von 44 Jahren Parteibuchwirtschaft abzulenken.

(Beifall bei der CDU, der Partei Rechtsstaatlicher Offensive und der FDP)

44 Jahre plumpe Parteibuchwirtschaft der SPD – das ist die Tatsache, die Sie zur Abwahl gebracht hat, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der CDU, der Partei Rechtsstaatlicher Offensive und der FDP – Uwe Grund SPD: Wenn Sie so weitermachen, schaffen Sie das in vier Jahren!)

Mehr als vier Jahrzehnte hat die SPD diese Stadt in den Würgegriff ihrer Postenwirtschaft genommen. Das ist eine Tatsache, das weiß jedes Kind.

(Beifall bei der CDU, der Partei Rechtsstaatlicher Offensive und der FDP)

Roter Filz in Reinkultur ist auch der Befund des Parlamentarischen Untersuchungsausschusses. Bei diesem Befund ist es ein wahrlich beklemmendes Dokument sozialdemokratischer Selbstgefälligkeit, dass Sie es wagen, im Glashaus zu sitzen und mit Steinen zu werfen.

(Beifall bei der CDU, der Partei Rechtsstaatlicher Offensive und der FDP – Anja Hajduk GAL: Was re- den Sie denn für einen Unfug!)

44 Jahre SPD-Regierung in Hamburg haben zu einer Verfilzung von Behörden, von öffentlichen Unternehmen und Vereinen mit Ihrer Partei geführt. Schlüsselpositionen in öffentlichen Unternehmen und in der Verwaltung wurden nach Parteibuch und nicht nach Qualifikation besetzt.

(Beifall bei der CDU, der Partei Rechtsstaatlicher Offensive und der FDP)

Die Geschäftsführer wesentlicher öffentlicher Unternehmen haben das SPD-Parteibuch. Die Spitzenpositionen in der Verwaltung sind überwiegend mit SPD-Mitgliedern besetzt. Wenn jemand Filz betrieben hat, dann Sie, und zwar in Reinkultur.

(Beifall bei der CDU, der Partei Rechtsstaatlicher Offensive und der FDP – Zurufe von der SPD)

Die Ergebnisse des Parlamentarischen Untersuchungsausschusses sind eindeutig. Parteibuchwirtschaft hat zu einem Verlust von Kontrolle geführt,

(Michael Neumann SPD: Sprinkenhof!)

zu rechtswidrigem Verwaltungshandeln und zur Verschwendung von Steuergeldern.

(Manfred Mahr GAL: Gehen Sie mal auf das Thema ein!)

Fassen Sie sich erst einmal an die eigene Nase, dann sind Sie reichlich beschäftigt.

(Beifall bei der CDU, der Partei Rechtsstaatlicher Offensive und der FDP – Uwe Grund SPD: Sagen Sie ein Wort zum Thema, um das es geht!)

Maßstab ist die Einhaltung von Recht und Gesetz. In der parlamentarischen Demokratie gibt es keine Gewaltenteilung wie zu Zeiten Montesquieus oder Kaiser Wilhelms, sondern es gibt in bestimmten Fällen eine Funktionenverschränkung,

(Manfred Mahr GAL: Verrenkung!)

die sich bei Bundestag und Landtagen der Bundesrepublik Deutschland darin ausdrückt, dass die Regierungsmitglieder überwiegend gleichzeitig Mitglieder des Parlaments sind. Selbst der Bundeskanzler als Chef der Exekutive der Bundesrepublik Deutschland ist gleichzeitig Mitglied des Deutschen Bundestages.

(Ingo Egloff SPD)

(Dr. Andrea Hilgers SPD: Wir sind hier in Hamburg!)

Das ist in fast allen Demokratien ein selbstverständliches Kennzeichen. Wenn Sie das ändern wollen, dann tun Sie das, aber führen Sie hier keine Fensterreden.

(Beifall bei der CDU, der Partei Rechtsstaatlicher Offensive und der FDP)

Der Maßstab, ob es eine Regierung schafft, außerhalb von Parteibuchkategorien zu denken, lässt sich leicht abmessen: Wer ist denn in der Regierung mit welchen Parteibüchern vertreten? Ich kann mich nicht erinnern, dass Sie es in 44 Jahren Ihrer Regentschaft einmal geschafft haben, auch nur über das Undenkbare nachzudenken, dass ein Spitzenvertreter der Exekutive ein anderes Parteibuch hat als Ihres.

(Beifall bei der CDU, der Partei Rechtsstaatlicher Offensive und der FDP – Thomas Böwer SPD: Brauchten wir gar nicht!)

Dieser Senat, meine Damen und Herren, hat zwei Staatsräte berufen, die das Mitgliedsbuch der SPD haben. Ole von Beust hat damit Maßstäbe gesetzt. Es zählt nicht das Parteibuch, es zählt nicht die Gesinnung, es zählen Leistung und Fähigkeit. Das ist ein Maßstab, auf den wir stolz sind und den Sie nie erreicht haben.