Vielleicht verstehen Sie jetzt, warum Ihnen niemand mehr so recht folgen kann. Zum einen sollte man konsequent SPD-Politik machen und dann auch nirgendwo regieren, wo es nichts mehr zu verteilen gibt, so einfach ist das, zum anderen sollte man die Geldquellen nicht durch Strangulieren der Wirtschaft verstopfen und alle Experimente, die zu Steuermindereinnahmen geführt haben, mit der Ihnen noch zur Verfügung stehenden Mehrheit im Bundestag sofort beenden.
Ihrem General sollten Sie entweder die Gefolgschaft verweigern, oder sich ebenso klar zur Politik der Ausbeutung der kleinen Leute bekennen.
(Beifall bei der Partei Rechtsstaatlicher Offensive und der CDU – Ingo Egloff SPD: Sagen Sie mal etwas zu Herrn Dr. Schinnenburg!)
Wir dagegen haben nicht einmal ansatzweise sozial Benachteiligte mit Auflagen oder Abgaben bedacht, wie Sie unschwer an unserem Votum in der Lernmitteldebatte erkennen konnten. Die öffentlichen Kassen werden nicht beansprucht, wenn die Hamburger Polizei neu eingekleidet wird, und die Polizeibeamten müssen ihre Kleidung auch nicht selbst kaufen. Hören Sie gut zu.
Es kann nicht angehen, dass Behördenmitarbeiter weiterhin ihre Privilegien pflegen und jeden noch so vernünftigen Einwand, der zu einem realistischen Umgang mit Geldern der öffentlichen Hand auffordert, torpedieren. Oder können Sie, meine Damen und Herren von der Opposition, mir erklären, warum Mitarbeiter der Sozialbehörde in Selbstbedienungsmentalität der vergangenen Legislaturperiode ohne Gegenzeichnung nach Tel Aviv fliegen wollten, um selbstherrlich die deutsch-israelische Beziehung zu fördern, während in der Behörde beschlossen wurde, die Hilfeempfänger intensiver zu überprüfen, um festzustellen, ob ihnen nicht ein Euro zuviel gezahlt wurde?
Es ist verständlich, wenn Hilfeempfänger über Kürzungen entrüstet sind. Auch wenn die Unterstützung nie von Gegenleistungen abhängig gemacht wurde, muss die Einsicht folgen, dass in der Vergangenheit falsche Signale gesetzt wurden, und die es zu verantworten hatten, sollten nicht auf diejenigen zeigen, die jetzt berechtigterweise eine gerechte Behandlung der Empfänger staatlicher Zuwendungen einfordern. Geben Sie doch endlich zu, dass Sie weiterhin alle vernünftigen Ansätze torpedieren wollen. Eine Politik, die soziale Gerechtigkeit zur Nehmerqualität herabgewürdigt hat, …
… wird immer mehr auch von den Empfängern abgelehnt, da dies lediglich dazu führt, sich als Schmarotzer beschimpfen lassen zu müssen. – Ich komme noch einmal wieder.
(Zurufe von der SPD und der GAL: Oh, nein! – Beifall bei der Partei Rechtsstaatlicher Offensive, der CDU und der FDP)
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Angesichts einer sich ständig verschlechternden konjunkturellen Situation und dauerhaft ansteigender Massenarbeitslosigkeit ist die Notwendigkeit umfassender Maßnahmen unbestritten. Während die Einnahmen in unserem Sozialversicherungssystem – Rentenversicherung, Krankenkassenbeiträge und Arbeitslosenversicherung – sinken, steigen gleichzeitig die Ausgaben. Die demografische Entwicklung führt dazu, dass immer weniger Menschen in die Sozialversicherungskassen einzahlen. Die internationale Konkurrenz zwingt zu spürbaren Einschnitten. Zu dieser Analyse – das habe ich zu meiner Freude festgestellt – gibt es Zustimmung in diesem Hause.
Aber das Entscheidende, um das es jetzt geht, ist Folgendes: Niemand kann angesichts der neuen Steuerschätzung bis 2006 leugnen, dass es 126 Milliarden Euro weniger sein werden. Sie werden aber nicht mehr klatschen, wenn ich Ihnen sage, dass von diesen 126 Milliarden Euro 40 Milliarden Euro auf Kosten der bürgerlichen Mehrheit im Bundesrat gehen, die das Steuervergünstigungsabbaugesetz hat scheitern lassen.
Das ist Ihr gutes Recht. Im Bundesrat können Sie das, was Sie für falsch halten, ablehnen. Was ist jetzt Ihr Beitrag? Sie haben im Bundesrat eine Blockademacht. Aber jeder, der eine Blockademacht hat, hat auch einen Gestaltungsauftrag.
(Beifall bei der GAL und der SPD – Dietrich Wersich CDU: Mit Steuererhöhungen können Sie die Wirtschaft nicht flott kriegen!)
Was ist Ihr Beitrag angesichts dieser verschärften Situation? Sie sagen, es muss etwas getan werden. Und was melden Sie zur Debatte an? Sie zeigen mit dem Finger auf die SPD und sagen, die wissen aber gar nicht, was sie machen sollen.
Das ist ein bisschen wenig, meine Damen und Herren. Damit werden Sie Ihrer Verantwortung überhaupt nicht gerecht.
Es ist bezeichnend, dass der Bürgermeister, der auch für diese Politik verantwortlich ist, dieses blockiert hat. Er ist heute nicht hier, um jetzt darzustellen, was der Hamburger Senat im Bundesrat zu tun gedenkt, um diese Situation zu ändern.
Hören Sie auf mit dieser Kindergartenpolitik, mit dem Finger auf andere zu zeigen. Stellen Sie Ihre Aufgabenverweigerung und Arbeitsverweigerung ein und legen Sie Konzepte auf den Tisch. Ich habe heute kein einziges Wort dazu gehört. Das ist zu wenig.
Herr Wersich, ich war gerührt, als Sie gesagt haben, jetzt müssen die Ausgaben gesenkt werden. Meine Herren, Sie haben eine sehr schöne Sonntagsrede gehalten. Gucken wir uns an, was Sie in Hamburg, seitdem Sie an der Regierung sind, gemacht haben.
Gucken wir uns den Haushalt an. Die rotgrüne Koalition hat einen Haushalt vorgelegt. Sie haben ihn geändert, indem Sie ihn erhöht haben. In den Folgejahren ist die Staatsverschuldung nicht nur deshalb angestiegen, weil die Einnahmen weggebrochen sind, sondern weil Sie kontinuierlich die Ausgaben erhöhen.
Ich möchte ich Ihnen gern sagen, was wir Grünen zum Thema Agenda 2010 meinen. Wir debattieren nicht nur darüber, dass sie notwendig ist und dass man sie machen muss, sondern auch darüber, was über die Agenda 2010 hinaus notwendig sein wird. Wir werden uns allerdings keiner Sozialabbaudiskussion, wie sie Herr Wersich angedeutet hat – Ausgaben runter, runter, runter –, anschließen. Das Problem, das wir in Deutschland haben, ist nicht, dass wir zu viele Sozialausgaben tätigen, sondern dass wir sie falsch finanzieren. Wir finanzieren
sie an dem Faktor Arbeit. Andere Länder, wie beispielsweise Dänemark, machen das nicht. Dort ist das Verhältnis genau andersherum. Dort werden 80 Prozent der Sozialausgaben steuerfinanziert und 20 Prozent durch Beiträge der Lohnabhängigen. Die haben das Problem nicht. Wir werden in diese Richtung weitergehen und versuchen, die Beitragssysteme durch Steuerfinanzierung zu entlasten und nicht abzubauen. Dazu möchte ich von Ihnen eine Alternative hören.
Hören Sie auf, mit dem Finger auf andere zu zeigen. Gehen Sie an die Arbeit. Die Bundesrepublik ist ein Bund deutscher Länder. Die Länder können nicht nur Gesetze verhindern, sie können auch Gesetze einbringen.
Wenn Sie meinen, dass es nicht genügt, was die SPD dort tut, bringen Sie selber etwas ein. Dann können wir darüber debattieren. – Vielen Dank.
(Ingo Egloff SPD: Es bleibt uns auch nichts erspart! – Gegenruf von Burkhardt Müller-Sönksen FDP: Na, na!)