Protokoll der Sitzung vom 21.05.2003

Und jetzt sagen Sie: Alle Wetter, das reicht nicht, weil der Winter so schlimm war. Und in der Tat, dieser Winter war mit seinen Frost- und Tauperioden besonders schwierig. Das will ich zugeben. Dann kann man natürlich sagen: Wenn wir jetzt nach wie vor im Wahlkampf wären, dann hätten Sie wahrscheinlich Herrn Wagner vorgeworfen, dass er diesen Winter inszeniert hat.

(Bernd Reinert CDU: Nein, das traue ich ihm nicht zu. Das schafft er nie!)

Das wäre jetzt das gewesen, was Sie sehr wahrscheinlich getan hätten.

Damit kommen wir aber zum Senator. Herr Mettbach, Sie werden sich ja wahrscheinlich gleich noch in diese Debatte einschalten. Das schätze ich auch immer sehr an Ihnen, das Sie das tun. Aber eigentlich hätte ich erwartet, dass wir hier keinen Antrag der Regierungsfraktionen vorgelegt bekommen, die einfach feststellen: Der Winter war schlecht und jetzt brauchen wir 7 Millionen Euro und die nehmen wir einmal irgendwo her, weil wir das wollen. Ich hätte erwartet, dass es einen Senatsantrag gibt, der ganz genau sagt: Wir brauchen 7 Millionen Euro zusätzlich, die wir wie folgt an die Bezirke verteilen wollen, und wir haben tatsächlich Mittel an anderer Stelle, die nicht abfließen, die wir zur Deckung heranziehen.

So ist das Geschehen im Juni 2000. Da hat Rotgrün gesagt: Wir brauchen 10 Millionen Mark Sondermittel, die wir aus nicht abgeflossenen WK-Mitteln ziehen. Dieser Senatsantrag, der ganz genau spezifiziert war, ist dann von hier federführend an den Haushaltsausschuss und mitberatend an den Bau- und Verkehrsausschuss überwiesen worden. Die Ergebnisse sind dann von dort aus in die Bürgerschaft zurückgekommen und dann hat man hier abgestimmt. Das wäre ein Verfahren, dass der Sache angemessen wäre. Jetzt aber sagen Sie politisch: Wir wollen erstens die 7 Millionen Euro und zweitens verabschieden wir uns von unserem ansonsten wie eine Monstranz hochgehaltenen Bild der wuchernden – nein, der wachsenden Stadt,

(Dr. Michael Freytag CDU: Angestrengter Humor!)

indem Sie genau der WK die Mittel für den Wohnungsbau wegnehmen. Das ist ja nichts anderes als eine Willensentscheidung, die Sie hier von uns verlangen, und nicht eine Entscheidung, die etwa sagt, dass da tatsächlich frei gewordene Mittel seien. Eine solche

Willensentscheidung werden Sie von uns nicht bekommen. – Danke für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der GAL und der SPD)

Das Wort erhält der Abgeordnete Rumpf.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich bin etwas aphon und werde meine Redebeiträge deswegen heute so kurz wie möglich halten.

Herr Lühmann, wenn Herr Wagner für die Inszenierung des Winters zuständig gewesen wäre, dann wäre es in den letzten 18 Jahren bei der ersten Schneeschaufel geblieben.

(Vereinzelter Beifall bei der Partei Rechts- staatlicher Offensive)

Es hätte keine Winter in Hamburg gegeben und wir müssten vielleicht auch keine Straßen sanieren.

(Dr. Willfried Maier GAL: Hätte man ihn doch gelassen!)

- Wenn er es denn gekonnt hätte.

Zum Verfahren, Herr Lühmann: Es ist schlicht und ergreifend so, dass diese Mittel aus den von Ihnen genannten Gründen jetzt und sofort investiert werden müssen. Wir müssen das ja nicht mehr erläutern, warum ein harter Winter eben mehr Lücken im Straßennetz hinterlässt als ein milder, wie wir sie hier normalerweise hanseatisch feiern dürfen. Jetzt im Frühling müssen die Mittel bereitgestellt werden, damit wir bis zum Herbst fertig sind. Wenn wir damit noch großartig Ausschüsse beschäftigen würden, würde es im Zweifelsfall zu lange dauern.

Zu Ihnen, Herr Kahlbohm: Sie haben uns ja nicht nur ein marodes Straßennetz, sondern auch einen maroden Haushalt hinterlassen. Das vernachlässigen Sie in Ihrer Argumentation grundsätzlich. Die Einsparungen im letzen Jahr, die notwendig waren – jede Behörde musste Einsparungen erbringen -, waren möglich durch das Sonderinvestitionsprogramm. Das haben Sie hier noch einmal dargelegt und das bleibt auch so. Mit diesem harten Winter konnte in der Tat niemand rechnen. Dieser Senat, diese Bürgerschaftskoalition handelt eben sehr schnell. Wir haben die Schäden des Winters erkannt und sofort – das muss man ja auch einmal sagen – auf Initiative von Herrn Reinert diese neue Sonderinvestition gefahren, mit der wir schon eine Mittelsteigerung um 100 Prozent erreichen.

(Dr. Andrea Hilgers SPD: Wir haben ja auch gerade erst Januar!)

Dass das überhaupt eine Mittelsteigerung gegenüber 2001 darstellt …

(Zurufe von einer Bürgerschaftsloge – Glocke)

Meine Damen und Herren, ich bitte Sie …

(Von der Bürgerschaftsloge werden Nazi-raus- Rufe skandiert – Glocke)

Die Sitzung ist unterbrochen. Sie ist gestört. Ich bitte, dafür Sorge zu tragen, dass dort oben die Loge geräumt wird.

Unterbrechung 16.50 Uhr

(Es werden weiterhin Nazi-raus-Rufe von der Bürgerschaftsloge skandiert und von dort Flugblätter ins Plenum geworfen.)

Ich darf noch einmal darum bitten, dass dafür Sorge getragen wird, dass dort oben geräumt wird. Die Personalien werden bitte durch die anwesenden Beamten des Landeskriminalamtes festgestellt.

(Glocke)

Wiederbeginn 16.54 Uhr

Meine Damen und Herren, die Sitzung ist wieder eröffnet. Das Wort bekommt der Abgeordnete Rumpf.

Eigentlich war ich fertig. Deswegen hätten die Leute ruhig noch warten können. Aber es war auch einmal schön, auf diese Art und Weise hier zu stehen. – Danke schön.

(Beifall bei der FDP, der CDU und der Partei Rechtsstaatlicher Offensive)

Weitere Wortmeldungen sehe ich nicht.

Meine Damen und Herren, wer möchte den Antrag aus der Drucksache 17/2690 beschließen? – Gegenstimmen? – Stimmenthaltungen? – Dann ist der Antrag mehrheitlich beschlossen.

Es bedarf einer zweiten Lesung. Stimmt der Senat einer sofortigen zweiten Lesung zu?

(Der Senat gibt seine Zustimmung zu erkennen.)

- Das ist der Fall.

Gibt es Widerspruch aus dem Hause? – Das ist nicht der Fall. Wer will den soeben in erster Lesung gefassten Beschluss auch in zweiter Lesung fassen? – Gegenstimmen? – Stimmenthaltungen? – Dann ist das Gesetz auch in zweiter Lesung und damit endgültig mehrheitlich beschlossen worden.

Ich rufe die Tagesordnungspunkte 46 und 39 auf, die Drucksachen 17/2705 und 17/2689, den Antrag der GALFraktion: Novellierung des Hamburgischen Wassergesetzes – Wasserversorgung als öffentliche Aufgabe, und den Antrag der SPD-Fraktion: Für die Sicherung der hohen Qualität des Hamburger Trinkwassers und gegen einen Verkauf der Hamburger Wasserwerke.

[Antrag der Fraktion der GAL: Novellierung des Hamburgischen Wassergesetzes – Wasserversorgung als öffentliche Aufgabe – Drucksache 17/2705 -]

[Antrag der Fraktion der SPD: Für die Sicherung der hohen Qualität des Hamburger Trinkwassers und gegen einen Verkauf der Hamburger Wasserwerke - Drucksache 17/2698 -]

(Unruhe im Hause)

Es wäre hilfreich, meine Damen und Herren, wenn Sie Ihre Zwiegespräche draußen vor den Türen fortsetzen könnten.

Zur Drucksache 17/2705 liegt ein Überweisungsantrag der SPD-Fraktion an den Umweltausschuss vor. Wird das Wort gewünscht? - Der Abgeordnete Maaß bekommt es.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Wir beginnen hier eine Debatte, die der Senat selbst angezettelt hat. Senator Peiner hat öffentlich erklärt, dass eine Entscheidung über die Teilprivatisierung der Hamburger Wasserwerke im Sommer getroffen werden soll. Das heißt, Wasser ist für den Senat kein Tabubereich bei der Privatisierung öffentlicher Unternehmen. Gleichzeitig läuft, bisher sehr erfolgreich, eine Volksinitiative gegen die Privatisierung der Wasserwerke, die wir nicht nur in unserem heutigen Antrag unterstützen. Die Debatte in diesem Parlament ist deswegen also dringend erforderlich.

Nach dem derzeitigen Stand der Dinge sind zwei Szenarien einer Privatisierung der Wasserwerke realistisch. Das erste Szenario ist ein schlichtes Verscherbeln der Wasserwerke aus purer Geldnot, um Haushaltslöcher zu stopfen. Das zweite Szenario ist etwas komplexer. Es liegt in einem Teilverkauf von HWW-Anteilen und läuft unter dem Deckmantel der Expansion der Wasserwerke. Es gibt zahlreiche Aussagen des Geschäftsführers der HWW, wonach die Wasserwerke Interesse an Beteiligungen an anderen Unternehmen der Wasserwirtschaft hätten und wonach der Senat diese Strategie der Beteiligung auch explizit unterstütze.

Gegen eine Beteiligung der Wasserwerke an anderen Unternehmen ist grundsätzlich nichts einzuwenden, wenn die Kooperation wirtschaftlich sinnvoll ist. Aber das Problem liegt in der Finanzierung des Einkaufs von Beteiligungen, denn es wird den Wasserwerken ja nicht ohne weiteres möglich sein, aus der Barkasse Beteiligungen an größeren Wasserversorgern zu kaufen, und auch eine Kreditfinanzierung ist ja engen Grenzen unterworfen. Realistisch ist also die angesprochene Expansionsstrategie nur, wenn die Stadt im Gegenzug Anteile der Wasserwerke veräußert, um die Beteiligung an anderen Unternehmen zu finanzieren.

Im Endeffekt laufen diese beiden angesprochen Szenarien nur auf eines hinaus, nämlich auf die Privatisierung der Wasserwerke. In England und Wales hat die Privatisierung ja bereits vor mehreren Jahren stattgefunden. Das hat zum Ergebnis, dass die Wasserqualität gesunken ist, dass die Leitungsnetze langsam vor sich hin rotten und dass sich die Wasserpreise für die Verbraucher seither verdreifacht haben. Wer Menschen in England jetzt von den hamburgischen Plänen zur Privatisierung der Wasserwerke befragt, kriegt eigentlich nur immer dieselbe Wertung – ich habe das mehrfach getan -: "That's the most stupid thing you could do."

Die Erfahrungen aus England sprechen bereits gegen eine Privatisierung. Ich will jedoch noch folgende zehn Argumente gegen die Privatisierung speziell der Hamburger Wasserwerke nennen: