Protokoll der Sitzung vom 04.06.2003

Dann haben Sie sie nicht durchgelesen, Herr Neumann.

Die Neuorganisation der Polizei ist ein gewaltiger Schritt in die Zukunft und wird von Erfolg gekrönt sein. Es handelt sich um eine Reform, nicht der Reform wegen, sondern um eine notwendige Maßnahme,

(Michael Neumann SPD: … um zu sparen!)

die schon lange hätte durchgeführt werden müssen, um sich rechtzeitig auf die gesellschaftliche Entwicklung und örtlichen Gegebenheiten einzustellen sowie ineffektive Intendanzbereiche abzubauen.

Durch die Jesteburger Beschlüsse war auch die Polizei gefordert, die Behördenstrukturen effizienter zu gestalten und Einsparpotenziale sicherzustellen.

Bei der Regierungsübernahme im Oktober 2001 hat Rotgrün einen Schuldenberg von 22 Milliarden Euro sowie eine kaputtgesparte und demotivierte Polizei, marode Schulgebäude mit einem Reparaturbedarf von 2 Milliarden Euro – ich weiß, Herr Neumann, es schmerzt,

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(Michael Neumann SPD: Nein, Ihr Lesestil schmerzt!)

aber das waren die Fakten –, keine ziel- und leistungsorientierte Bildungspolitik, instandsetzungsbedürftige Straßen sowie eine verunsicherte Wirtschaft hinterlassen. Hamburg war die Hauptstadt des Verbrechens, heute ist es Berlin.

Trotz dieser gewaltigen Altlasten hat unsere Regierungskoalition bereits vieles in Angriff genommen und umgesetzt. Hamburg atmet bereits spürbar auf.

Diesen eingeschlagenen Weg werden wir ohne Wenn und Aber fortsetzen. Über vier Jahrzehnte musste Hamburg darauf warten. Die Neuorganisation der Polizei steht im Feinkonzept, bis auf den Bereich Verbrechensbekämpfung. Der Personalrat der Polizei wurde in den Entwicklungsprozess eingebunden sowie zeitgerecht und umfassend beteiligt. Die vertrauensvolle Zusammenarbeit zwischen der Dienststelle und dem Personalrat war stets gewährleistet.

Der Personalrat hat zur Einrichtung eines Führungs- und Lagedienstes der Polizei Hamburg, zur Neustrukturierung der Landesbereitschaftspolizei, zur Einrichtung einer Verkehrsdirektion und zur Einrichtung einer Zentraldirektion, die die Regionalbereiche steuern wird, bereits seine Zustimmung gegeben. Die endgültige Entscheidung zur Neuorganisation der Verbrechensbekämpfung steht noch aus. Das Projektteam Verbrechensbekämpfung hat Entscheidungsempfehlungen erarbeitet. Um dieses Konzept gegenüber den Mitarbeitern transparenter zu gestalten, wurde es ins Intranet gestellt. Es dient der Information und fördert die sachliche Diskussion unter den Polizeibediensteten. Das Feinkonzept der Neuorganisation wird bis Ende 2003 fortlaufend weiterentwickelt. Ende 2003 steht die zukunftsorientierte Polizeistruktur. Durch diese Maßnahme stellt sich die Polizei der gesellschaftlichen Entwicklung und den neuen Herausforderungen wie der wachsenden Stadt. Was wird sich entscheidend verändern? Ich werde nur einige wichtige Punkte herausstellen.

Erstens: Anstelle der aufgelösten Polizeidirektion wird es vier Regionalbereiche geben, die auf die ständigen Einsatzgeschehen, Einsatzabläufe, die örtlichen Gegebenheiten sowie auf die lokalen Ereignisse und Kriminalitätsschwerpunkte zugeschnitten wurden.

Zweitens: Die so genannte verwaltende Verwaltung wurde abgeschafft und erhebliche Einsparungen im Intendanzbereich erreicht, ein Beitrag zur Konsolidierung des Haushalts. Allein 11 Prozent der Arbeitsplätze waren in den Polizeidirektionen im Verwaltungsbereich angesiedelt. Diese Polizeibediensteten werden mittelfristig zur Präsenzsteigerung im Vollzugsdienst beitragen.

Drittens: Direkte Steuerung der Regionalbereiche durch die Zentraldirektion vom Polizeipräsidium aus, sodass keine Reibungsverluste durch unnötige Schnittstellen entstehen.

(Michael Neumann SPD: Das verstehe ich nicht!)

Ich weiß, Herr Neumann, dass Sie unter Assimilierungsproblemen leiden, aber leben Sie diese bitte nicht im Parlament aus.

(Michael Neumann SPD: Was heißt Assimilie- rungsprobleme, Herr Adolphi!)

Viertens effizientere Planungsmöglichkeiten, fünftens Straffung der Kommunikationsebenen, sechstens Stärkung der Polizeikommissariate, siebtens ständige direkte Möglichkeit der Einflussnahme durch den Polizeipräsidenten und achtens Ausrichtung der Polizei auf das polizeiliche Kerngeschäft.

Die Polizeibediensteten begrüßen diese entscheidende Entwicklung, da sie selbst in die Planung mit einbezogen wurden; das war neu für die Polizei. Umfangreiche Workshops wurden diesbezüglich durchgeführt. Der Umsetzungsprozess der Polizeibediensteten wird unter Beteiligung des Personalrats durchgeführt, wobei das soziale Moment des Einzelnen stets im Vordergrund stehen wird.

Zum Schluss noch eine Zahl: 70 Milliarden Euro – ich wiederhole: 70 Milliarden Euro – könnte Deutschland jährlich einsparen, so der Unternehmensberater Roland Berger, wenn die so genannten verwaltenden Verwaltungsebenen abgeschafft würden. Mit dieser gewaltigen Summe könnten wir in unserem Land viele Probleme lösen. Diesbezüglich haben wir mit der Neustrukturierung der Polizei und den damit einhergehenden Einsparmaßnahmen bereits einen Beitrag geleistet. Das ist Sachverstand und das ist gut so. – Danke.

(Beifall bei der Partei Rechtsstaatlicher Offensive, der CDU und der FDP)

Gibt es weitere Wortmeldungen? – Die sehe ich nicht. Dann kommen wir zur Abstimmung.

Wer stimmt einer Überweisung der Drs. 17/2557 an den Innenausschuss zu? – Gegenprobe. – Enthaltungen? – Das Überweisungsbegehren ist mit Mehrheit abgelehnt worden.

Dann stelle ich fest, dass die Große Anfrage, Drs. 17/2557, besprochen worden ist.

Wir kommen nun zum Tagesordnungspunkt 20, Bericht des Schulausschusses zum Senatsantrag, Drs. 17/2455: Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Hamburgischen Schulgesetzes und zum SPD-Antrag, Drs. 17/2484: Novellierung des Hamburgischen Schulgesetzes.

[Bericht des Schulausschusses zu den Drs. 17/2455: Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Hamburgischen Schulgesetzes (Senatsantrag) 17/2484: Novellierung des Hamburgischen Schulgesetzes (SPD-Antrag) – Drs. 17/2771 –]

Hierzu liegt Ihnen als Drs. 17/2825 ein Antrag der SPDFraktion vor.

[Antrag der Fraktion der SPD: Novellierung des Hamburgischen Schulgesetzes – Drs. 17/2825 –]

Wer begehrt das Wort? – Herr Drews.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Seit dem In-Kraft-Treten des Hamburgischen Schulgesetzes am 16. April 1997 haben neue Erkenntnisse aus den PISA- und LAU-Studien die bildungspolitischen Vorstellungen in Deutschland und natürlich auch in Hamburg verändert und auf erhebliche

Defizite, insbesondere im hamburgischen Schulsystem, hingewiesen, von denen ich eingangs drei wichtige Aspekte exemplarisch nennen möchte, die ursächlich dafür sind, dass diese Koalition aus CDU, FDP und Partei Rechtsstaatlicher Offensive mit Bildungssenator Rudolf Lange sich auf die Fahnen geschrieben hat, das hamburgische Schulsystem in ganz entscheidenden Punkten zu reformieren.

(Unruhe im Hause – Glocke)

Meine Damen und Herren auf der Regierungsseite! Schenken Sie doch Ihrem Abgeordneten etwas mehr Aufmerksamkeit, denn der Lärm kommt eindeutig aus dieser Ecke.

Erstens: Der Aspekt Leistung. Wiederholt haben die drei Studien zur Lernausgangslagenuntersuchung, kurz LAU genannt, für die Klassenstufen 5, 7 und 9 auf erhebliche Leistungsunterschiede und Streuungen zwischen den einzelnen Schulen und Schulformen hingewiesen. Dieses ist bereits nach der Grundschule feststellbar.

Zweitens: Ein sehr wesentlicher Aspekt in allen LAUStudien für Hamburg ist der Aspekt der sozialen Barrieren. Trotz aller Sonntagsreden von SPD und GAL in der letzten Legislaturperiode sind die LAU-Studien zum Ergebnis gekommen, dass unter anderem der Bildungsstatus der Eltern und der Zugang zu so genannten bildungsrelevanten Ressourcen einen erheblichen Einfluss auf die Wahl der anschließenden Bildungsgänge hatte. Von Chancengerechtigkeit – immer wieder vorgebracht – konnte keine Rede sein; wohlgemerkt: Die LAU-Studie mit ihren Ergebnissen stammt aus der Regierungszeit von SPD und GAL.

Drittens: Qualität. Trotz bundesweit weit über dem Durchschnitt liegender Ausgaben pro Schüler und Kopf sind die in Hamburg erbrachten Leistungen die letzten Jahre nur unterdurchschnittlich gewesen. Insoweit sind bei der Novellierung des Schulgesetzes, das heute vorliegt, nicht nur Lehren aus PISA, wie so häufig von der Opposition gefordert, zu berücksichtigen, sondern insbesondere für eine nachhaltige Entwicklung eines entsprechenden zukunftsorientierten Schulsystems die Erkenntnisse aus den LAU-Studien wichtig gewesen, die seit Jahren in Hamburg bekannt sind, aber nicht umgesetzt wurden; ein eklatantes Versäumnis von Rotgrün.

(Beifall bei der CDU, der Partei Rechtsstaatlicher Offensive und der FDP)

Allein aus diesen Gründen wäre eine Novellierung schon längst erforderlich gewesen. Die mehrjährigen Erfahrungen mit der Anwendung des geltenden Schulgesetzes haben in vielen Bereichen, zum Beispiel im Bereich der Erziehungs- und Ordnungsmaßnahmen, einen vielfältigen Änderungsbedarf aufgezeigt, um ein Beispiel zu nennen.

Die Schulgesetznovelle sichert nicht nur die notwendigen Reformen wie das Abitur nach zwölf Jahren ab – ich gehe auf einzelne Punkte gleich ein –, sondern stellt zudem die Weichen für eine zukunftsorientierte Bildungspolitik in Hamburg. Was ist mit zukunftsorientiert gemeint, ein Wort, das immer gern in der Politik verwendet wird? Damit ist im Grunde eines gemeint: Schulpolitik ist für die einen die Selbstverwirklichung pädagogischer Wünsche und Ansprüche in einer Welt, in der sie satellitenmäßig

häufig über den Wassern schweben, ohne sich zu vergegenwärtigen, was Schule überhaupt leisten soll und in der heutigen Zeit leisten muss. Und da müssen wir uns alle der Erkenntnis stellen, dass Schule kein Selbstzweck mehr ist, wenn sie es denn jemals gewesen sein sollte.

(Zuruf von Christa Goetsch GAL)

Sie haben völlig Recht, Frau Goetsch -.

Sie muss ganz besonders unter den Bedingungen der sich wandelnden Arbeits- und Berufswelt unsere Schülerinnen und Schüler – und wir sind für unsere Hamburger Kinder zuständig – für die Zukunft fit machen, um die Chancen auf dem Ausbildungs- und Arbeitsmarkt in Hamburg und Umgebung und in Deutschland zu sichern, selbstverständlich auch für diejenigen, die in anderen Ländern Berufe und Ausbildungen ergreifen wollen. Dieser Punkt ist deshalb so wichtig, weil in anderen Ländern die Voraussetzungen für die spätere Arbeits- und Berufswelt viel weiter sind als in Deutschland, was nicht nur hamburgspezifisch ist, sondern für alle Bundesländer gilt und auch im Nebenaspekt bei PISA gestreift wurde.

Die Motivation für diese Bürgerkoalition, dieses Schulgesetz heute vorzulegen, ist ein grundlegender Reformbedarf, um die Schülerinnen und Schüler leistungsfähiger zu machen. Das heißt nicht, dass sie zwangsweise bessere Noten in den einzelnen Schulformen erzielen, sondern später für ihren Wunschberuf nach Möglichkeit die Chance haben, auf den Ausbildungs- und Arbeitsmärkten einen Job zu bekommen, der ihnen Spaß macht und mit dem sie in der Lage sind, glücklich zu werden und sich und ihre Familie zu ernähren. Das ist eine der Voraussetzungen von Schule, die mit Sicherheit in den letzten Jahren wichtiger denn je geworden ist, wenn wir uns die konjunkturellen und wirtschaftlichen Rahmendaten angucken.

Lassen Sie mich deswegen vor diesen einleitenden Bemerkungen die wichtigsten Eckpunkte aus dem Schulgesetz aufführen, von denen ich glaube, dass sie in der Diskussion und auch für die Zukunft unserer Kinder an den Schulen wichtig sind.

Erstens: kein Abschluss ohne Prüfung. Zukünftig wird jeder Schulabschluss nur nach einer erfolgreich bestandenen Prüfung vergeben. In Verbindung mit den ab 2005 geltenden zentralen Abschlussprüfungen werden verbindliche Standards für alle Hamburger Schulen vorgegeben und gesichert.

Zweitens: Verbesserung der Sprachförderung. Mit der Einführung der verbindlichen Sprachstandserhebung – nicht Test, auch wenn das die Opposition so leidenschaftlich gern verwendet –

(Christa Goetsch GAL: Sie lernen! Das hat lange gedauert!)

anderthalb Jahre vor der Einschulung und dem sich gegebenenfalls erforderlich werdenden anschließenden Besuch von Fördermaßnahmen schaffen wir die Voraussetzungen dafür – jetzt kommt der entscheidende Punkt, der mit Sicherheit die Zustimmung aller Parteien in diesem Hause finden wird –, dass alle Kinder bei Schulbeginn dem Unterricht in deutscher Sprache anständig folgen können, sodass sie nach Möglichkeit ähnliche Chancengleichheit haben. Es ist nicht nur eine Maßnahme für Kinder mit Migrationshintergrund und ausländischem Elternteil, sondern wir haben gesagt, hier wollen