Protokoll der Sitzung vom 29.10.2003

Das Ganze symbolisiert Ihre Abneigung gegen die Jugendkultur, und die wird jetzt deutlich in dem Vorgang um den Bus des FixSterns. Da war es ja so, dass die Sprüher gemeinsam mit HIP HOP HAMBURG auf legale Weise den Bus des FixSterns besprüht und als Kunstwerk gestaltet haben. Ich lasse mich gerne von Ihnen als junger und pubertierender Schnösel beleidigen.

(Unruhe im Hause – Glocke)

Meine Damen und Herren! Ich habe eben schon darauf hingewiesen, dass hier zu viele Gespräche im Saal stattfinden, die mit dem Thema nichts zu tun haben. Ich bitte Sie, etwas ruhiger zu sein, damit ich verstehen kann, was Herr Maaß sagt, oder auch, was Sie dazwischenrufen.

Bitte schön, Sie haben das Wort.

Es fällt mir in der Tat schwer, mein Argument hier an den Mann zu bringen,

(Karl-Heinz Ehlers CDU: Das ist ja keins!)

wenn das Interesse an diesem Thema offenbar so gering ist, obwohl es doch von den Koalitionsfraktionen selber angemeldet wurde. Dann müssen Sie sich doch wirklich einmal fragen, ob Sie das hier interessiert oder es eine Alibidebatte ist, die hier geführt werden soll.

(Beifall bei der GAL und der SPD)

Der Vorgang um den FixStern-Bus macht eines deutlich. Sie haben ein Problem mit Graffitis, selbst wenn sie legal gesprüht werden. Das macht aus meiner Sicht deutlich, dass Sie diesen Aspekt von Jugendlichkeit und Jugendkultur nicht akzeptieren, weil es nicht in Ihr Weltbild passt.

(Beifall bei der GAL)

Alles zusammen genommen ergibt die Graffitipolitik in Hamburg nicht den Dreiklang aus einem vernünftigen Maß an Repression, Subvention und Prävention. Es entsteht keine Harmonie, sondern ich finde es einfach nur schräge, was Sie hier bieten.

(Beifall bei der GAL)

Herr Schrader, Sie haben jetzt das Wort.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Ein Graffiti auf meiner Hauswand passt tatsächlich nicht in mein Weltbild und hat auch nichts mit Kultur zu tun.

(Beifall bei der FDP, der CDU und der Partei Rechtsstaatlicher Offensive)

Ich glaube, dass man auch der echten Jugendkultur keinen großen Gefallen tut, wenn man dieses in einen Topf wirft. Das unerlaubte Graffitisprühen, und wir reden hier über das unerlaubte Graffitisprühen, hat in den letzten Jahren erhebliche Ausmaße angenommen und Schäden von mehr als 200 Millionen Euro jährlich verursacht, hat eine Studie des Deutschen Städtetags ermittelt. Davon sind allein 100 Millionen Euro auf öffentliche Verkehrsbetriebe, 60 Millionen Euro auf private und 40 Millionen Euro auf öffentliche Gebäude entfallen. Historische Baudenkmäler werden ebenso in ihrer Substanz angegriffen wie übrigens auch Naturanlagen. Geschäfts- und Privathäuser werden damit verunstaltet. Das bedeutet nicht nur eine Schädigung des Eigentums, sondern wird auch von weiten Teilen der Öffentlichkeit zunehmend als Vandalismus empfunden, und deswegen besteht ein eindeutiger Regelungsbedarf.

Seit langem besteht ein Streit darüber, ob und wie das Besprühen von Flächen nun Sachbeschädigung ist. In die juristische Debatte möchte ich gar nicht einsteigen, das ist hier schon verschiedentlich angeklungen. Tatsächlich führt dieses jedenfalls zu einer erheblich unterschiedli

chen und uneinheitlichen Rechtsprechung. Den Opfern einer solchen Hauswandbemalung oder eines Graffitis, wo auch immer, ist es gar nicht zumutbar, bei einer unklaren Rechtslage selbst den Privatweg zu beschreiten, um ihre zivilrechtlichen Forderungen durchzusetzen und zu ermitteln, wer nun der Verursacher dieses Graffitos gewesen ist. Hier muss die öffentliche Hand helfen, das ist Aufgabe des Staates. Das zivilrechtliche Handlungspotenzial reicht jedenfalls nicht aus, und das ist auch genau der Grund, warum es nicht hinreichend abschreckend wirkt.

Die Verordnung zielt daher darauf ab, das unerlaubte Graffitisprühen eindeutig als Unrecht zu qualifizieren, und dies verlangt auch schon der Schutz des Eigentums gemäß Artikel 14 Grundgesetz, weil das Erscheinungsbild einer Sache eben nicht gegen den Willen des Eigentümers verändert werden darf. Die Gestaltungshoheit des Eigentümers gehört als Teil der Verfügungsbefugnis über das Eigentum zum Kernbereich des in Artikel 14 Absatz 1 Grundgesetz normierten Grundrechts auf Eigentum.

Einen Punkt muss man natürlich zugeben. Diese Verordnung ist ein Notbehelf; es ist schon dargestellt worden. Auch die FDP-Fraktion hat zuletzt im März dieses Jahres einen Änderungsentwurf im Bundestag zum Strafgesetzbuch eingebracht. Der hamburgische Senat hat dies als Landesregierung getan. Verschiedene andere Bundesländer, auch SPD-regierte Bundesländer, haben sich dem angeschlossen oder eigene Initiativen eingebracht. Es besteht ein ganz breiter Konsens darüber, dass das Strafgesetzbuch hier geändert werden muss. Das wäre auch im Interesse der zumeist jugendlichen Täter sinnvoll, denn wenn ich das Strafgesetzbuch ändere, habe ich die ganzen erzieherischen Maßnahmen, die das Jugendgerichtsgesetz vorsieht, um auf solche Täterkreise einzuwirken: den Täter-Opfer-Ausgleich, der dann möglich ist und jetzt nur möglich ist, wenn man überhaupt zu einer strafbaren Handlung gekommen ist, erzieherische Maßregeln, die durch Jugendgerichte ausgesprochen werden. All dies wäre genau in dem Sinne, wie es auch Ihre Redner, meine Damen und Herren von der Opposition, hier vorgetragen haben. Wenn diese sinnvollen Gesetzesinitiativen von Bundesrat, FDP-Bundestagsfraktion und auch von der CDU-Bundestagsfraktion ihr Gehör im Deutschen Bundestag finden würden, dann bräuchten wir über diese Verordnung, die ein Notbehelf ist, in der Tat nicht zu reden. – Danke sehr.

(Beifall bei der FDP, der CDU und der Partei Rechtsstaatlicher Offensive)

Meine Damen und Herren! ich sehe keine weiteren Wortmeldungen. Dann stelle ich fest, dass die Bürgerschaft Kenntnis genommen hat.

Ich rufe jetzt den Tagessordnungspunkt 62 auf mit der Drs. 17/3492. Das ist der Bericht des Bau- und Verkehrsausschusses zum Thema: Erweiterten Mieterschutz erhalten – Verlängerung der Sozialklauselverordnung.

[Bericht des Bau- und Verkehrsausschusses über die Drs. 17/2696: Erweiterten Mieterschutz erhalten – Verlängerung der Sozialklauselverordnung (SPD- Antrag) – Drs. 17/3492 –]

Wer wünscht das Wort? – Frau Kerlin, bitte schön.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Ich fange einmal mit den positiven Nachrichten aus dem Bereich Wohnungsbaupolitik an; das geht bei diesem Mitte-Rechts-Senat naturgemäß relativ schnell.

Wir werden auch über das Jahr 2005 hinaus eine Sozialklauselverordnung für bestimmte Stadtteile in Hamburg haben, also zum Beispiel für Eimsbüttel. Das bedeutet, dass die Menschen dort auch in Zukunft einen zehnjährigen Kündigungsschutz nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch genießen werden. Dazu konnten sich die Regierungsfraktionen im Bauausschuss durchringen und da konnten sie auch den Forderungen der Opposition folgen, leider allerdings nur für fünf Jahre und nicht für zehn Jahre.

(Ekkehard Rumpf FDP: Das ist falsch!)

Die schlechten Nachrichten konnte man im Prinzip nur der Presse entnehmen. In Zukunft wird es wahrscheinlich keine Umwandlungsverordnung mehr geben, sie soll einfach auslaufen und wird nicht verlängert werden. Es soll wahrscheinlich auch keine Soziale Erhaltungsverordnung nach dem Baugesetzbuch mehr geben; die soll aufgehoben werden. Das bedeutet, dass in Zukunft jeder in diesen Stadtteilen Eigentum an Wohnungen erwerben kann. Jeder kann aus Mietwohnungen Eigentumswohnungen machen, jeder kann aus einfachen Mietwohnungen – in Anführungsstrichen – Luxuswohnungen machen, jeder kann dort modernisieren, um dicke, fette Mieten zu kassieren, und die Menschen, die in diesem Stadtteil leben, haben ein Problem.

Wir wissen alle, dass sie diesen Kündigungsschutz von zehn Jahren behalten sollen, aber wir wissen auch, dass das finanziell für viele nicht verkraftbar ist. Viele werden de facto gezwungen werden, aus ihrem Stadtteil wegzuziehen, und das ist ein Skandal. Wir wissen auch, dass viele Vermieter, die gerade frisch gebackene Eigentümer sind und natürlich die fetten Renditen in den Häusern sehen, so ihre Methoden anwenden werden, um unbeliebte und finanzschwache Mieter loszuwerden, und da hilft der zehnjährige Kündigungsschutz auch nichts.

Die Mieter in diesem Stadtteil werden den Senat fragen, warum er denn nicht den optimalen Mieterschutz gewährt, wie es in der Vergangenheit der Fall war, warum er nur noch den Kündigungsschutz von zehn Jahren über das Bürgerliche Gesetzbuch und die Sozialklauselverordnung gewährt. Warum soll es in Zukunft keine Umwandlungsverordnung und Soziale Erhaltungsverordnung nach dem Baugesetzbuch mehr geben? Die Antwort ist einfach: weil das der Senat nicht will. Er will die Mieter nun einmal nicht hundertprozentig schützen, er will nicht den optimalen Mieterschutz und er hat noch nicht einmal den Mut, das den Menschen vor Ort direkt zu sagen, und das ist ein Skandal.

(Beifall bei der SPD)

Weitere schlechte Nachrichten aus dem Bereich Wohnungspolitik nur in Kürze. Wir steuern auf eine Wohnungsnot zu, das wissen mittlerweile 1,7 Millionen Menschen in dieser Stadt. Der Einzige, der es nicht weiß – ich will ihm auch gerne glauben, dass er das nicht weiß –, ist der Bausenator und der Einzige, der es nicht wissen will, ist der Erste Bürgermeister dieser Stadt. In den nächsten Jahren werden 164 000 Wohnungen aus den Bindungen fallen, und was macht der Senat, was macht der Bürger

meister? Er macht nichts, er baut gerade einmal 1800 Wohnungen im Jahr; das reicht bei weitem nicht.

Die Mieten werden steigen und der Senat trägt aktiv dazu bei, indem er die Zinsen bei der Wohnungsbaukreditanstalt erhöht; das ist ein Skandal.

(Beifall bei der SPD und vereinzelt bei der GAL)

Wir alle teilen das wunderschöne Leitbild der "Wachsenden Stadt"; damit haben wir keine Probleme. Aber wenn Sie so weitermachen, bleibt dieses Leitbild der "Wachsenden Stadt" eine Fata Morgana. Und wenn Sie so weitermachen und die Umwandlungsverordnung und die Soziale Erhaltungsverordnung in diesen Stadtteilen kippen, dann kippen Sie auch diese Stadtteile. Dann haben wir keine wachsende Stadt, sondern eine wankende Stadt.

(Beifall bei der SPD und vereinzelt bei der GAL)

Das Wort hat jetzt Herr Roock.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Ich finde es schon unglaublich, wie Sie als SPD, Frau Kerlin, sich zur Mieterschutzpartei aufspielen wollen.

(Wolfgang Franz SPD: Das sind wir!)

Wo Sie hin wollen, sind wir schon längst, und wenn Sie meinen Ausführungen folgen, dann werden Sie auch genau wissen warum.

Der Mieterschutz ist ein wichtiges Anliegen der CDU-Fraktion, der Koalitionsfraktionen und des Senats. Alle gegenteiligen Behauptungen sind falsch.

(Beifall bei der CDU und der Partei Rechtsstaat- licher Offensive)

Das zeigt die praktische Arbeit der Koalition und des Senats. Der beste Mieterschutz ist, ausreichend bezahlbare Wohnungen verfügbar zu halten.

(Beifall bei der CDU und der Partei Rechtsstaat- licher Offensive)

Wir haben sofort nach Regierungsübernahme reagiert und mit dem Sofortprogramm für Flächenbereitstellung für den Wohnungsbau in der ersten und zweiten Tranche die notwendigen Rahmenbedingungen geschaffen. Wir haben trotz des engen finanzpolitischen Bewegungsraums angemessene Förderprogramme für den Wohnungsbau und den Kauf beziehungsweise die Schaffung neuer Belegungsbindungen aufgelegt. Wir haben mit den beiden großen städtischen Wohnungsgesellschaften ein Steuerungsinstrument für bezahlbaren Wohnraum in der Hand behalten. Das Gerede der Opposition über einen beabsichtigten Verkauf von SAGA und GWG ist frei erfunden und ich widerspreche dem an dieser Stelle nochmals ausdrücklich.

(Farid Müller GAL: Aber die Mieten steigen!)

Des Weiteren ist Ihre Panikmache, Frau Kerlin, und die des Mieterbundes im Hinblick auf eine drohende Wohnungsnot in dieser Stadt völlig haltlos und entbehrt jeder Grundlage. Die Untersuchungen zum Mietenspiegel haben gezeigt, dass die Mietpreissteigerung in Hamburg von circa 2,5 Prozent in den letzten beiden Jahren im Vergleich zu anderen Großstädten moderat ausgefallen