Protokoll der Sitzung vom 29.10.2003

Aufgrund der extrem angespannten Haushaltslage, in die Sie, Herr Egloff, und Ihre Fraktion uns gebracht haben – immerhin sind wir jetzt der drittgrößte Schuldenmacher im Bund –, können zusätzliche Mittel nur gezahlt werden, wenn wir umschichten und Kürzungen in anderen Bereichen vornehmen. Wenn wir das in einer solchen Situation tun, meine Damen und Herren, in hochsubventionierten Bereichen, dann muss das ganz genau begründet sein und dann muss man auch eigene Anstrengungen von diesen Betrieben verlangen können.

(Jenspeter Rosenfeldt SPD: Das machen die doch längst!)

Meine Damen und Herren! Die Maßnahmen zur Umstrukturierung sollen natürlich die Unternehmen selbst festlegen können. Aber ich will Ihnen den Hinweis geben – und den haben Sie, Herr Egloff, schon angesprochen –, dass man mit 35 Wochenstunden in einem solchen Wettbewerb schlicht nicht mehr wettbewerbsfähig ist.

(Beifall bei der CDU und der Partei Rechtsstaat- licher Offensive)

Jetzt tun Sie nicht so, Herr Egloff, als würde sich Gunnar Uldall nicht um diese Dinge kümmern. Sie wissen ganz genau, dass er dauerverhandelt, dass er Dauergespräche führt, um die Situation zu verbessern und sich in hohem Maße für die Werften engagiert. Aber man muss natürlich auch für etwas Positives aufgeschlossen sein. Wir müssen uns bei dieser Fragestellung von dem Gedanken leiten lassen: Wer öffentliche Mittel begehrt, der muss auch eigenständige Leistungen dafür bringen.

Meine Damen und Herren! Wenn diese Gespräche fruchten, und Sie wissen ganz genau, dass sie noch nicht zu Ende sind …

(Zurufe)

Nun hören Sie doch erst einmal zu, bevor Sie rumkrähen.

… dann werden wir auch in der Lage sein, wenn es denn erforderlich ist, im Wege der Verpflichtungsermächtigung noch nachzubewilligen. Aber erst einmal müssen die Gespräche fruchten, erst einmal sind auch Eigenleistungen gefragt, um wettbewerbsfähig zu sein, sonst werden wir auf diesem Sektor nie auf den grünen Zweig kommen.

(Beifall bei der CDU und der Partei Rechtsstaatli- cher Offensive)

Das Wort bekommt der Abgeordnete Kerstan.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Der Senat verknüpft hier Forderungen mit Sachverhalten, die einfach nicht sachgerecht sind. Das ist doch der Skandal, um den es eigentlich geht.

Wie sieht denn die Situation im Schiffbau aus? Es ist richtig, in Korea arbeiten die Mitarbeiter der Werften 42 Stunden und hier in Hamburg nur 35 Stunden.

(Doris Mandel SPD: Die kriegen sie auch nur be- zahlt!)

Welche Auswirkungen hat das? Die Hamburger Schiffbauer sind unter diesen Bedingungen konkurrenzfähig und ziehen, gerade auch Sietas als Spezialist, Aufträge an Land, die Korea nicht bekommt.

Insofern hat die Frage der Arbeitszeitverkürzung auf die Situation, mit der wir es hier zu tun haben, überhaupt keinen Einfluss.

(Beifall bei der GAL und der SPD – Barbara Ahrons CDU: Natürlich!)

Der Einfluss, um den es hier geht, ist, dass die Koreaner, obwohl sie 42 Stunden arbeiten, nicht konkurrenzfähig mit Hamburger Werften sind, die 35 Stunden arbeiten. Deshalb bekommen die Koreaner Subventionen und siehe da, auf einmal sind sie wettbewerbsfähig.

(Beifall bei der GAL und der SPD – Burkhardt Müller-Sönksen FDP: Sie haben doch keine Ahnung!)

Meine Damen und Herren, worum es jetzt geht, ist, dass hier Vertreter einer bürgerlichen Koalition, die immer den Wettbewerb predigen, einen Staatsinterventionismus predigen mit einer Kommandowirtschaft, in der ein Hamburger Senator Betrieben vorzuschreiben versucht, wie sie ihre innerbetrieblichen Abläufe zu organisieren haben. Das, meine Damen und Herren, ist sachfremd und das werden wir nicht akzeptieren.

(Beifall bei der GAL und der SPD)

Meine Damen und Herren! Wenn jetzt 200 Leute bei Sietas ihren Job verlieren werden, dann liegt das nicht daran

(Zurufe von der CDU und der Partei Rechtsstaat- licher Offensive)

ich weiß ja, dass Sie schreien, weil Ihnen die Wahrheit nicht gefällt –, dass Korea Subventionen zahlt, dann liegt das daran, dass diese Aufträge eventuell zu HDW nach Kiel gehen, dass sie zu MTW nach Wismar gehen. Es ist nur noch die Frage, welche der Werften sie bekommt, die in Hamburg oder die in Kiel oder die in Wismar. Das liegt daran, dass die dortigen Landesregierungen die Tranchen der Bundesregierung freigeben, aber hier in Hamburg die Zustimmung dieses Senats fehlt. Und dieser Senator erteilt die Zustimmung nicht, weil er hier einen aus seiner Sicht ordnungspolitischen Kreuzzug führt, um hier Tarifautonomie, die ein lange gehegtes und umkämpftes Gut in dieser Gesellschaft ist, auszuhebeln.

(Beifall bei der GAL und der SPD)

Das ist der Punkt. Hier wird mit der Existenz von 200 Werftarbeitern, die gute Arbeit leisten und konkurrenzfähig sind, gespielt, um eine ideologische Kreuzzugsdebatte dieses Senats zu unterstützen.

Meine Damen und Herren, verstecken Sie sich nicht hinter den Koreanern. Hier ist ein Senator, der Ideologie auf dem Rücken von Beschäftigten betreibt. Wenn hier Leute in Hamburg in den Werften ihren Job verlieren, dann ist es dieser Senator, der das zu verantworten hat, und davor können Sie sich nicht drücken. – Vielen Dank.

(Beifall bei der GAL und der SPD)

Das Wort bekommt die Abgeordnete Pauly.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Herr Kerstan, wenn Sietas zum Jahresende 200 Mitarbeiter entlässt, dann hat das im Moment überhaupt nichts mit dem Thema zu tun, das wir hier diskutieren,

(Zurufe von der SPD: Ach!)

denn es geht nicht darum, bereits für dieses Jahr bewilligte Werftenhilfen auszuzahlen, sondern es geht darum, zusätzliche Mittel für einen späteren Zeitraum zu bewilligen.

(Dr. Willfried Maier GAL: Ja, für das Jahr 2004!)

Die Auszahlung beginnt 2004, 2005, 2006. Ich glaube, sogar erst 2005, aber wie auch immer, jedenfalls nicht in diesem Jahr. Wenn dieses Jahr Mitarbeiter entlassen werden, hat das damit nichts zu tun.

(Ingo Egloff SPD: Ein Schiff verkauft sich nicht wie das Brötchen an der Ecke!)

Die Hamburger Werften wollen neue Zusagen für zusätzliche Aufträge. Wir erkennen an, dass die Hamburger Werften ein wichtiges industrielles Standbein für den Standort Hamburg sind, dass sie eine hoch qualifizierte Arbeitnehmerschaft haben und dass sie unter einer skandalösen Subventionspraxis in Ostasien zu leiden haben.

(Gesine Dräger SPD: Und unter diesem Senat!)

Wir sind auch bereit zu helfen, wir von der FDP allemal. Ich sage aber und wiederhole das, was ich im Haushaltsausschuss gesagt habe, dass es einen Rechtsanspruch auf Subventionen nicht gibt. In Zeiten öffentlicher Finanznot ist es legitim, dass auch der Staat, wenn er Hilfen gewährt, Anstrengungen zur Selbsthilfe von demjenigen einfordern kann, der diese Hilfen bekommt, ein

Beitrag des Unternehmens, über seine eigene Kostenstruktur nachzudenken. Ein Beitrag der Arbeitnehmer ist wohl selbstverständlich in einer Zeit, wo wir als Hamburger Staat von unseren Arbeitnehmern – und wir haben es eben gehört, Feuerwehr, Polizei –

(Dr. Andrea Hilgers SPD: Da haben Sie sich nicht einzumischen!)

auch Beiträge zur Konsolidierung der öffentlichen Finanzen einfordern. Wo Ihre Regierung in Berlin die Rentner zur Kasse bittet und sagt, nächstes Jahr werden die Renten sinken, und zwar auch die Rentner, die mal gerade so eben über dem Sozialhilfesatz ihre Rente beziehen, werden im nächsten Jahr weniger Rente bekommen,

(Christa Goetsch GAL: Zum Thema! Was ist mit den Werften?)

in dieser Zeit glauben Sie, dass Arbeitnehmer, die ihre Arbeitsplätze durch Subventionen erhalten bekommen, weiterhin auf einem Sockel von 35 Stunden pro Woche sitzen bleiben können. Das wird so nicht funktionieren und da erwarten wir einen Beitrag.

(Beifall bei der FDP, der CDU und der Partei Rechtsstaatlicher Offensive)

Wenn dieser Beitrag kommt, meine Damen und Herren, sind wir die Letzten, die die Mittel verweigern, im Gegenteil, wir werden Mittel und Wege suchen, dieses auszufinanzieren.

(Doris Mandel SPD: Das ist ja wie Planwirtschaft!)

Haushaltstechnisch sind wir im Moment noch in der komfortablen Situation, dass wir das als Investition verbuchen können. In dem Moment, wo wir die Doppik eingeführt haben, meine Damen und Herren, wird das nicht mehr funktionieren, denn es sind keine Investitionen, weil hier keine Werte für den Hamburger Staat angeschafft werden, sondern es werden Werte davon finanziert, die ein Reeder oder sonstiger Käufer von Schiffen für sich selber anschafft. Im Rahmen der doppelten Buchführung, im Rahmen einer kaufmännischen Buchführung, handelt es sich um nichts anderes als um Betriebsausgaben. Wie wir künftig Werftenhilfen im Hamburger Haushalt finanzieren wollen, das wird noch eine große Frage sein. So einfach wie wir es heute haben, werden wir es dann nicht haben.

(Beifall bei der FDP, der CDU und der Partei Rechtsstaatlicher Offensive)

Weitere Wortmeldungen sehe ich nicht. Dann stelle ich fest, dass die Bürgerschaft Kenntnis genommen hat.

Ich rufe den Tagesordnungspunkt 54 auf, Drs. 17/3391, Bericht des Jugend- und Sportausschusses zu den Themen: Eigenverantwortung und Ehrenamt in der Kinder- und Jugendarbeit/Jugendsozialarbeit stärken und die Beteiligung von Kindern und Jugendlichen stärken. Der Senat muss die Beschlüsse der Bürgerschaft endlich umsetzen.

[Bericht des Jugend- und Sportausschusses über die Drs. 17/689: Eigenverantwortung und Ehrenamt in der Kinder- und Jugendarbeit/Jugendsozialarbeit stärken (Antrag der SPD) 17/2199: Die Beteiligung von Kindern und Jugendlichen stärken. Der Senat muss die Beschlüsse der