Das heißt in der Konsequenz: Wir werden in Hamburg weiterhin Brechmittel verabreichen, ob Ihnen das passt oder nicht. – Vielen Dank.
betroffen von diesem Vorfall, nur hält sich das in sehr engen Grenzen, denn dieser neunzehnjährige afrikanische Drogendealer ist nicht Opfer. Opfer sind drogenabhängige Kinder und Jugendliche, die gesundheitlich und sozial verelenden, ein erbärmliches Leben führen und auf öffentlichen Toiletten einen langsamen und qualvollen Drogentod sterben.
In Hamburg leben etwa 10 000 Süchtige, die abhängig von harten Drogen sind. Diese müssen sich fast ausnahmslos den lebensnotwendigen Stoff auf der Straße besorgen, der ihnen dort von den sogenannten Drogendealern verkauft wird. Das heißt, täglich finden auf Hamburgs Straßen und Plätzen, vor Schulen, Kindergärten, in reinen Wohngebieten, in S- und U-Bahnen 10 000 Drogendeals statt, in Worten noch einmal: zehntausend Drogendeals jeden Tag. Immer mehr Kinder und Jugendliche greifen zu harten Drogen, die Zahl der Erstkonsumenten steigt stetig.
Überwiegend versorgen schwarzafrikanische und kurdische Intensivdealer die Drogensüchtigen in Hamburg mit Heroin, Kokain und Crack. Allein aus dem so genannten Straßendeal werden jährlich über 1 Milliarde DM auf Kosten und Gesundheit der Abhängigen erzielt.
Der Drogenhandel kennt anscheinend keine Rezession, hat immer Hochkonjunktur mit hoher Rendite für die Drogenbosse. Drogenhandel ist aber kein Kavaliersdelikt, er ist ein Verbrechen.
Deshalb ist der Einsatz von Brechmitteln zur Beweissicherung notwendig, notfalls mit Gewalt unter medizinischer Aufsicht. Aber der Einsatz von Brechmitteln unter Zwangsmaßnahmen dient auch zum Schutz des Delinquenten, der vor Vergiftung bewahrt werden muss.
Das Argument der Ärzteschaft, die Einführung des Brechmittels mit einer über die Nase eingeführten Sonde könne zu erheblichen gesundheitlichen Gefährdungen führen, mag aus medizinischer Sicht stimmen, muss aber nicht, denn die Betonung liegt auf „könne“. Haben diese Ärzte auch an die gesundheitlichen Schäden der Drogenabhängigen gedacht? Hat bei einigen Medizinern oder selbst ernannten Gutmenschen der Täterschutz einen höheren Stellenwert?
Meine Damen und Herren! Die gesundheitlichen Auswirkungen der Drogenabhängigkeit zeigen sich in Hamburg durch eine vergleichsweise hohe Verbreitung von Hepatitis-C-Fällen unter Drogenabhängigen, Untersuchungen ergeben Infektionsraten von bis zu 80 Prozent, jährlich über 800 drogenbedingte medizinische Notfälle, durchschnittlich 150 Drogentodesfälle pro Jahr seit 1992 – ab 1996 ist eine leichte Abnahme zu beobachten –, intravenöser Drogenkonsum erhöht beziehungsweise birgt auch das Risiko der Verbreitung von HIV und Aids. Deshalb gibt es keinen Freibrief für Dealer, die sich gegen den Brechmitteleinsatz wehren.
Wer die Menschenwürde anderer mit Füßen tritt, das ist nämlich Drogenhandel, muss damit rechnen, dass seine eigenen Rechte entsprechend eingeschränkt werden.
(Beifall bei der Partei Rechtsstaatlicher Offensive, der CDU und der FDP – Thomas Böwer SPD: Sie sind ja ein Schlauer, ein ganz Schlauer!)
Genau. Das heißt für unsere Fraktion: Alle Hilfe für die Süchtigen, alle Härte für die Dealer, auch nach diesem schlimmen Vorfall.
Der Rechtsstaat ist verpflichtet, ihr kriminelles Handeln zu unterbinden und ebenso eine lückenlose Aufklärung durch die Staatsanwaltschaft herbeizuführen. – Ich bedanke mich.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Die FDP-Fraktion bedauert selbstverständlich ebenfalls wie alle Fraktionen das Ableben dieses Verdächtigen, und zwar ohne Wenn und Aber. Aber wir müssen die Diskussion ein bisschen auf die Tatsachen zurückführen.
Hier ist ein Mensch in Verdacht geraten, der szenetypisches Verhalten an den Tag gelegt hat. Er hat sich nach Konsumenten umgeblickt, wurde dann durch Zivilfahnder angesprochen, hat dann fünfmal Schluckbewegungen ausgeführt, wobei einem der Zivilfahnder aufgefallen ist, dass es sich dabei wohl um weiße Kügelchen handelte. Jetzt stellen Sie sich bitte einmal vor, was man denn anderes an dieser Stelle hätte machen sollen, wenn nicht diesen Brechmitteleinsatz anzuordnen. Es ist vollkommen richtig gesagt worden, dass wir bei aller Hilfe für Drogenabhängige mit Drogenambulanzen, kontrollierter Abgabe harter Drogen, mit allen Hilfsprogrammen nur erfolgreich sein können, wenn wir auf der anderen Seite den illegalen Vertrieb von Drogen mit aller Schärfe bekämpfen.
Zu dieser Schärfe gehört der Strafanspruch des Staates, der diejenigen, die illegal mit Drogen handeln, dann auch treffen muss. Und wenn ich diesen Strafanspruch nur dadurch sicherstellen kann, dass ich ein sicheres Beweismittel in den Händen halte, dann ist es unabdingbar, dieses Beweismittel notfalls auch gegen den Willen des Verdächtigen unter Einsatz von Brechmitteln sicherzustellen.
Entgegen früheren Darstellungen, in denen es immer hieß, den Gerichten reiche die Zeugenaussage von Polizeibeamten, die Schluckbewegungen im szenetypischen Verhalten gesehen hätten, hat gerade der Fall, der die SPD und letztlich auch den Koalitionspartner dazu bewogen haben, Brechmittel einzuführen, gezeigt, dass eben Richter nicht überzeugt worden sind, in solchen Fällen Untersuchungshaft zu verhängen oder gar einen Strafanspruch. Deswegen ist es nach unserer Meinung notwendig, an diesem Brechmitteleinsatz festzuhalten.
Klar muss dabei allerdings auch eines sein: Es geht dabei um Beweissicherung, es geht nicht darum, eine Strafmaßnahme zu verhängen.
Und weil dies nur ein Mittel der Beweissicherung sein kann, ist es der hohen Verantwortung der Staatsanwälte
und der vor Ort tätigen Mediziner auch überlassen, diese im Einzelfall anzuordnen und durchzuführen. Wenn eine solche Entscheidung getroffen ist, dann schulden wir auch den Beteiligten den notwendigen Rückhalt dafür.
Es ist unbestritten, dass es ein Restrisiko gibt, wobei letztlich noch nicht geklärt ist, ob sich dieses Risiko durch das Einführen der Sonde verwirklicht hat oder etwa durch die Schluckbewegungen selber.
Natürlich muss dies konsequent untersucht werden, und nichts anderes tut die Justizbehörde auch. Es gibt ein Vorermittlungsverfahren, es wurden Befragungen durchgeführt. Ich bin sicher, dass wir hier zu einem restlos klaren Ergebnis kommen werden, und dann können wir überlegen, welche Maßnahmen wir treffen müssen, um das Verfahren möglicherweise noch sicherer zu gestalten. Aber eines dürfen wir in der Tat nicht vergessen: Der Verdächtige hatte es in drei Schritten in der Hand, dieses Risiko zu reduzieren. Er hätte weder die Drogen herunterschlucken noch hätte er bestreiten müssen, Drogen heruntergeschluckt zu haben.
Hätte er die Anzahl angegeben, wäre selbstverständlich auch unter Verhältnismäßigkeitsgesichtspunkten keine Sicherstellung mehr erfolgt. Und schließlich hätte er sich nicht wehren müssen.
Dreimal hat er das Risiko selbst erhöht und da kann ich leider auch nicht anders, als bei einer Abwägung des Strafanspruchs des Staates und den berechtigten Interessen der körperlichen Integrität auch Schwerstverdächtiger zu sagen, hier konnte nicht anders gehandelt werden und das darf nicht das ganze System der Beweissicherung für Drogenhändler infrage stellen. – Danke schön.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Heute um 14.20 Uhr ist der tatverdächtige neunzehnjährige Achidi J. an den Folgen des eben diskutierten Eingriffs gestorben. Die Obduktion wird, wenn möglich, heute, aber spätestens morgen in Berlin durchgeführt werden.
Diesem Einsatz gingen etliche andere Einsätze voraus, die nach genau denselben Methoden durchgeführt wurden wie bei Achidi J. Insgesamt wurden seit dem 20. Juni dieses Jahres 26 derartige Einsätze im Institut für Rechtsmedizin des UKE durchgeführt. Dabei wurden insgesamt 207 Portionen Kokain oder Crack zutage gefördert. Beim Beschuldigten Achidi J. wurden jetzt 41 Kugeln, die insgesamt höchste Einzelmenge bei einem Brechmitteleinsatz, zutage gefördert, die mit Kokain gefüllt waren.
Ich möchte Ihnen, Herr Neumann, bei der Wortwahl, mit der Sie das Geschehen kommentiert haben, zu bedenken geben, dass bei allem Respekt vor der von Ihnen vorge
nommenen Analyse Ihnen ein Satz – ich gehe zu Ihren Gunsten davon aus – untergekommen ist, den ich so nicht stehen lassen kann. Sie haben impliziert, wir hätten den Tod eines Straftäters billigend in Kauf genommen. Möglicherweise haben Sie nur gesagt, den Tod eines Straftäters in Kauf nehmend; ich weiß nicht, ob Sie billigend gesagt haben. Dass Sie es ablehnen, den Tod eines Straftäters billigend in Kauf zu nehmen oder in Kauf zu nehmen, drückt aus, dass überhaupt jemand anderer Meinung sein könnte. Durch Ihre Wortwahl haben Sie damit eine Tonlage in die Debatte gebracht,