Protokoll der Sitzung vom 30.12.2003

(Zurufe von der SPD und der GAL: Ja!)

Dass nun über 1000 Kinder mehr vor der Tür stehen, was immerhin 2 Prozent der zu betreuenden Kinder ausmacht, ist ein Punkt. Aber ich weiß gar nicht, worin die Annahme begründet war, dass sich durch eine Systemumstellung im finanziellen Bereich der Nachfrageschwerpunkt von Ganztagsplätzen auf Halbtagsplätze verlagert hat.

(Dr. Willfried Maier GAL: Das hat niemand ver- standen!)

Ich habe ebenfalls nicht verstanden, warum auf einmal nur Besserverdienende ihre Kinder zur Betreuung abgeben sollen. Aber das sind Fehleinschätzungen und Schnee von gestern und nun müssen wir nach vorne gucken. Sie wurden zum Glück nicht auf dem Rücken der Kinder ausgetragen, weil alle Rechtsanspruchsleistungen erfüllt und alle Bewilligungen erteilt wurden.

So ist es heute selbstverständlich für uns, dass wir die Genehmigung zur Zahlung dieser überplanmäßigen Ausgaben erteilen, damit nicht die Eltern dieser Stadt die Fehleinschätzung anderer noch ausgleichen müssen. Es ist wichtig, den Blick nach vorne zu richten und sich Gedanken über die entstandenen Fakten zu machen.

Festzustellen ist, dass ein großer Mehrbedarf an finanziellen Mitteln auch in Zukunft bleiben wird und dass der

Haushalt im Deckungskreis 33 im nächsten Jahr deutlich höher ausfallen muss, um das jetzige System beibehalten zu können.

Nun komme ich auf den Antrag von Herrn Schinnenburg, der bei heutiger Ablehnung ohnehin durch einen anstehenden Volksentscheid im Juni in ähnlicher Form voraussichtlich entschieden würde.

Eine fünfstündige Betreuung sowie eine Vollversorgung für Berufstätige ist eine sinnvolle, notwendige und wünschenswerte Einrichtung.

Erstens erfolgt – wie jeder weiß – mittlerweile ein ganz anderer Bildungsauftrag an die Kindertagesstätten und zweitens ist es aus wirtschaftlicher Sicht selbstverständlich, dass man allen berufstätigen Männern und Frauen die Möglichkeit geben muss, arbeiten gehen zu können.

Ich unterstütze daher den Antrag der Lenkungsgruppe, diesen Auftrag zu erteilen, fordere aber im gleichen Atemzug auch die Nachfolgeregierung auf – wer auch immer das sein wird, ich schaue in alle Richtungen in diesem Hause –,

(Dr. Willfried Maier GAL: Schauen Sie mal hier her!)

eine konsequente Umsetzung sicherzustellen und die nicht unbedeutenden Mengen an Mitteln einzuplanen und bereitzustellen. Da reicht es nicht nur, gute und fromme Wünsche zu äußern, es muss auch umgesetzt werden.

Deswegen noch eine letzte nette Lebensweisheit von mir:

(Michael Neumann SPD: Zum Abschied!)

Du solltest, musst du Lehrgeld zahlen, nicht knirschend mit den Zähnen mahlen, es ist doch das auf dieser Welt am besten angelegte Geld.

Deswegen in diesem Sinne für die weitere Planung alles Gute und eine konsequente Umsetzung. – Vielen Dank.

(Beifall bei der Ronald-Schill-Fraktion)

Das Wort hat Herr Böwer.

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich warte gerne auf die Worte des Senators Soltau und melde mich dann noch einmal zu Wort. – Danke.

Das Wort hat Herr Senator Soltau.

"Hilf, dass ich rede stets, womit ich kann bestehen; lass' kein unnützlich Wort aus meinem Munde gehen; und wenn in meinem Amt ich reden soll und muss, so gib den Worten Kraft und Nachdruck ohn' Verdruss."

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Mit diesem Choralvers habe ich 1991 meine erste Rede als Fraktionsvorsitzender begonnen. Auch in meiner Amtszeit als Senator soll mich dieser Vers begleiten:

(Beifall bei der FDP, der CDU und der Partei Rechtsstaatlicher Offensive)

In der Sache klar und deutlich, durchaus auch kontrovers streiten – jedoch ohne den Andersdenkenden herabzusetzen – und demokratische Streitkultur pflegen, dazu will ich meinen Beitrag leisten. Mir wird es vielleicht nicht immer gelingen, aber ich arbeite daran.

(Michael Neumann SPD: Das lohnt sich kaum!)

Herr Neumann, es wird nicht das erste Mal sein, dass Sie sich irren.

(Beifall bei der FDP, der CDU und der Partei Rechtsstaatlicher Offensive)

Die Bürgerschaft ist heute zusammengekommen, um den Weg für Neuwahlen frei zu machen, die nach den unerträglichen Ausfällen des Abgeordneten Schill unausweichlich geworden sind.

(Beifall bei der FDP, der CDU und der Partei Rechtsstaatlicher Offensive)

Deshalb mag hier mancher dazu neigen, den Wahlkampf mit voller Schärfe in die Bürgerschaft zu tragen. Mit den ersten Redebeiträgen konnte man das schon erleben.

Genau davor möchte ich warnen. Die Bürger erwarten zu Recht, dass die Bürgerschaft und der Senat da, wo möglich und unaufschiebbar, zum Wohle der Stadt Beschlüsse fassen, ohne parteipolitische Interessen vor die Interessen der Stadt zu stellen.

(Christa Goetsch GAL: Thema verfehlt!)

Zu den vorrangigsten Interessen der Hamburger zählen sicherlich die Sicherung und der Ausbau der Kindertagesbetreuung. Das seit dem 1. August geltende KitaGutschein-System hat dem durchaus Rechnung getragen. Mit über 53 000 Kindern, die Gutscheine erhalten haben, und fast 52 000 Kindern, die mit staatlicher Förderung betreut werden, steht Hamburg besser da als je zuvor.

(Beifall bei Karen Koop und Dietrich Wersich, beide CDU)

Die Vorredner haben deutlich gemacht, wie schlecht es – bevor dieser Senat antrat – bei der Kinderbetreuung ausgesehen hat. Wer anderes behauptet, sagt hier nicht die Wahrheit.

(Beifall bei der FDP, der CDU und der Partei Rechtsstaatlicher Offensive)

Zur ganzen Wahrheit gehört aber auch die Fehleranalyse. In der Bildungsbehörde sind während der Einführung des neuen Systems zwischen Ende 2002 und Herbst 2003 eine Reihe von Risikofaktoren nicht hinreichend bewertet worden.

(Dr. Andrea Hilgers SPD: Optimismus!)

Dazu zählen Unsicherheiten bei Eltern und Erziehungsberechtigten, die noch vor Einführung des Gutscheinsystems vermehrt die Kita-Angebote nutzten. Dazu zählen die zu schnell erwarteten Effizienzgewinne und die zu niedrig angesetzten Auswirkungen der Senkung von Elternbeiträgen und der neuen Tarifvereinbarungen mit den Kita-Trägern. Rudolf Lange hat hierfür die politische Verantwortung übernommen.

A C

B D

Jetzt gilt es, diese vorübergehenden Probleme in den Griff zu bekommen. Dazu legen wir Zweierlei vor: Den Haushaltsnachtrag über 20,2 Millionen Euro für das System in diesem Jahr. Damit können nachträglich alle Gutscheine für die Prioritäten 1 bis 4 ausgegeben werden. Ich bitte Sie, diesem Haushaltsnachtrag zuzustimmen.

Der zweite Punkt ist ebenso wichtig. Mit dem Ihnen vorliegenden Antrag der FDP- und der CDU-Fraktion sowie der Fraktion der Partei Rechtsstaatlicher Offensive wollen wir für das kommende Jahr die fünfte Betreuungsstunde und die Vollversorgung für alle Berufstätigen sicherstellen. Ich bin sicher, dass dies auf der Grundlage der Ergebnisse der Lenkungsgruppe, die das Kita-System zurzeit überarbeitet und optimiert, möglich sein wird.

Das entspricht genau dem, was in dem Volksbegehren gefordert wird. Im Übrigen wird in dem Volksbegehren dieses Gutscheinsystem – das können Sie im Internet nachlesen – durchaus unterstützt. Die Opposition sollte sich einen Ruck geben, ihre parteipolitischen Interessen zurückstellen,

(Christian Maaß GAL: Sie sollten das jetzt zurück- stellen!)

zum Wohle der Hamburger Kinder, Eltern und Erziehungsberechtigten handeln

(Dr. Willfried Maier GAL: Warum ändern sie nicht das Gesetz?)

und nicht auf weitere Abstimmungen warten.

(Beifall bei der FDP, der CDU und der Partei Rechtsstaatlicher Offensive)

Die Bürger erwarten dies und das System ist es auch wert.