Protokoll der Sitzung vom 25.02.2004

Meine Damen und Herren, ich möchte auf einige Prinzipien eingehen, die uns in diesem Zusammenhang besonders wichtig sind: Die SPD setzt sich für eine Zusammenfassung der Verfahrenswege und Anträge ein. Sie alle kennen das: „One face to the customer“ ist das Stichwort. Für uns in Hamburg soll das heißen, wir wollen, fördern und verlangen, dass ein Haus der Wirtschaft geschaffen wird, in dem das Institut für Mittelstandsförderung einerseits und die Investitionsbank andererseits einen gemeinsamen Sitz haben. Beratung und Förderung aus einer und erster Hand. Das wäre der richtige Weg. Dazu gehört die Bündelung der Mittel der Kreditanstalt für Wiederaufbau der Deutschen Ausgleichsbank mit anderen Landesförderinstrumenten. Eine solche Bündelung von Kräften, von Kompetenz für die Wirtschaft ist also ein

richtiger, guter Weg. Da, finde ich, könnte der Gesetzentwurf ein Stückchen weiter gehen.

Sie haben über Flächen gesprochen. Auch das ist ein von uns erkanntes Problem. Wir treten etwas weitergehender als Sie dafür ein, dass ein Flächenmarketingkonzept für die Stadt entwickelt wird. Es soll ein Gewerbeflächenkataster entwickelt werden, das in ein Informationssystem eingebaut wird. Ich glaube, nur eine solche Perspektive wird wirklich das erreichen, was Sie erreichen wollen, nämlich ein der Zeit und Entwicklung angemessenes Förderinstrument für die Wirtschaft.

Junge und innovative Unternehmer wollen wir in Gewerbezentren fördern. Wir glauben, dass es in Hamburg wieteren Platz für Gewerbehöfe gibt, die speziell für kleine und mittelständische Unternehmen und für das Handwerk eine Zukunftsperspektive bieten.

Wir wollen auch – und das kommt in diesem Antrag, wenn ich es richtig sehe, nicht ausreichend vor – eine gezielte Auslandsförderung betreiben. Die Exportförderungsprogramme für die kleinen mittelständischen Unternehmen sind schwach ausgelegt. Wir meinen, hier sind weitere Investitionen möglich, damit stärken wir den Standort Hamburg. Das gilt auch für die Unterstützung der KMU im Bereich der Messeförderung.

Meine Damen und Herren, ganz entscheidend ist aber – das ist hier von Ihnen auch richtig erkannt worden – die Frage der Kapitalausstattung kleiner und mittlerer Unternehmen. Ich denke, es gibt in dieser Frage relativ wenig Streit, dass dies ein spezifisch deutsches Problem ist, kein hamburgisches, sondern ein deutsches. Insbesondere das Handwerk hat hier große Probleme. Wir haben eine deutliche Unterkapitalisierung der Handwerks- und der mittelständischen Unternehmen. Der Ideenansatz der SPD dazu ist, dass wir einerseits die öffentlichen Fördermittel bündeln – das hatte ich bereits ausgeführt – und dass wir auf der anderen Seite neue Wege prüfen. Da kann man vom Ausland lernen. Capital equity, wie das neudeutsch heißt, der Versuch, Kapital – nicht Fremdkapital, sondern Eigenkapital – für kleine mittelständische Unternehmen zu akquirieren, ist eine Maßnahme, der man mehr Augenmerk schenken muss. Das in unserer Stadt zu stützen und zu fördern, wäre ein richtiger Fortschritt.

Schließlich fehlt – wie wir finden – in Ihrer Vorlage ein Hinweis, wie es mit Bietergemeinschaften aussieht. Wir glauben, dass gerade bei größeren Ausschreibungen die Kampflage so ist, dass wir in Hamburg ansässige Unternehmen unterstützen sollen, indem wir Bietergemeinschaften fördern.

Meine Damen und Herren, ich will auch damit bereits zum Schluss kommen. Es ist richtig, dass wir diesen Antrag beraten. Sie werden verstehen, dass dies nicht in einer Abstimmung ohne Beratung im Ausschuss geschehen kann. Wir werden das also an den Ausschuss überweisen. Die neue Bürgerschaft wird sich darüber unterhalten müssen. Das wird allerdings dann eher in der Form geschehen – jedenfalls, wenn man den Wahlumfragen glaubt –, dass Sie die Entwicklung Ihrer Gesetzesnovelle eher als Zuschauer von außen beobachten müssen. Aber eingeladen dazu sind Sie. – Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD und vereinzelt bei der GAL)

Das Wort hat jetzt Herr Dr. Mattner.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Lieber Herr Hardenberg, ich bejahe klar die gute Zusammenarbeit, die wir insbesondere bei einigen Kulturprojekten hatten, sage aber Nein dazu, den Antrag heute zu verabschieden. Ich will auch vor Illusionen warnen, denn eine gute Mittelstandspolitik macht man nicht mit Gesetzesänderungen, sondern nur mit Fakten. Das hat meines Erachtens Wirtschaftssenator Uldall in den vergangenen zweieinhalb Jahren eindrucksvoll unter Beweis gestellt.

Hamburg ist auf dem Weg zur wirtschaftsfreundlichsten Metropole in Deutschland. Dieses Ziel ist vor allem durch einen Bewusstseinswandel und nicht durch neue Normen zu erreichen. Wir haben beim besten Willen genug Gesetze, Verordnungen und Vorschriften in der Stadt. Wir brauchen optimale Rahmenbedingungen für die mehr als 120 000 kleinen und mittelständischen Unternehmen in der Stadt. Genau daran müssen wir arbeiten.

Soweit es überhaupt erforderlich war, haben wir bereits das Mittelstandsförderungsgesetz geändert. Es ist nicht entscheidend, ob der vorliegende Antrag inhaltlich weiter geht, weil er vor allem noch nicht entscheidungsreif ist. Wenn die Antragsteller in Paragraph 2 von Behörden und Betrieben des Landes und von kommunalen Gebietskörperschaften sprechen, so erinnert das noch zu sehr an eine Vorlage aus einem Flächenland. Kommunale Gebietskörperschaften gibt es bekanntlich in Hamburg nicht.

Paragraph 4 Absatz 2 enthält sogar nicht verfassungsgemäße Bestimmungen, denn entsprechend dieser Norm beabsichtigen die Antragstellen bei der Erschließung neuer Flächen, mindestens 15 Prozent für das produzierende Gewerbe auszuweisen. Hamburg besitzt als Bundesland für eine solche Regelung nicht die Gesetzgebungskompetenz, da durch das Baugesetzbuch gemäß Artikel 74 Nummer 18 Grundgesetz im Rahmen der konkurrierenden Gesetzgebungskompetenz abschließend der Bund zuständig ist.

Der Bürgersenat hat deswegen mit der Mittelstandsvereinbarung zwischen Senat und Wirtschaftskammern gezeigt, wie Politik für den Mittelstand gemacht wird. Konkrete Vorhaben aus verschiedenen Politikfeldern wurden im gemeinsamen Dialog identifiziert und auch paraphiert. Das ist ein einmaliger Vorgang in der Geschichte der Stadt Hamburg.

Mit der Umsetzung zentraler Inhalte der Mittelstandsvereinbarung wurde im Dezember begonnen, indem der Grundstein für ein Hamburger Wirtschaftszentrum gelegt wurde. Bürgschaftsgemeinschaft, Beteiligungsgesellschaft und Innovationsstiftung werden zukünftig an einem Standort konzentriert Beratung und Förderung von kleinen und mittelständischen Unternehmen durchführen. Was sich Herr Grund hier eben wie vom Himmel gefallen gewünscht hat, haben wir schon längst gefordert und auch eingerichtet. Wir sind dabei, dies jetzt auszuführen.

Auch an anderen Stellen des Antrages gibt es Regelungen, die nicht erforderlich sind. In Paragraph 8 Absatz 4 soll normiert werden, dass Hamburg Untersuchungen und Erhebungen fördern soll. Bereits heute leidet die öffentliche Hand an einer ausufernden Gutachteritis, zu deren Behandlung dann auch noch – das haben wir mitbekommen – zusätzliche Beraterverträge geschlossen werden

müssen. Das brauchen wir nicht, im Gegenteil. Dieser Senat hat erfolgreich im Bundesrat für eine Abschaffung von überflüssiger Bürokratie im Bereich der Statistik gekämpft; so soll es weitergehen.

Im November 2002 haben wir bereits das neue Mittelstandsförderungsgesetz beschlossen und novelliert. Verbessert wurden dabei die Vergabevorschriften für öffentliche Aufträge zugunsten von kleinen und mittelständischen Unternehmen in der Stadt. Seither ist nicht nur die öffentliche Hand, sondern sind auch öffentliche Unternehmen an die Vergabevorschriften und Regularien der Verdingungsordnung für Bauleistungen gebunden.

Sistiert wurde auch zusätzlich ein Verzicht auf Sicherheitsleistungen, die Auftragnehmer in der Vergangenheit durch Bankbürgschaften erbringen mussten. Damit haben wir die Liquidität der Unternehmen ganz erheblich verbessert, ohne dass finanzielle Probleme beim Haushalt entstanden sind.

Das heißt im Ergebnis: Der Antrag gehört in den Ausschuss und muss dort behandelt werden. Wir werden dann sehen, welchen Weg er weiter nimmt. In der jetzigen Form ist er leider noch nicht zustimmungsfähig. – Danke schön.

(Beifall bei der CDU und vereinzelt bei der Partei Rechtsstaatlicher Offensive)

Das Wort hat jetzt Herr Kerstan.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Wie Herr Hardenberg richtig sagte: Der Mittelstand ist das Rückgrat unserer Wirtschaft. Kleinere und mittlere Unternehmen sind für den größten Teil der Wirtschaftsleistung verantwortlich, dort gibt es die meisten Arbeits- und auch Ausbildungsplätze.

Aber es liegt in der Natur der Sache – weil es gerade so viele unterschiedliche Unternehmen sind, die sehr unterschiedliche Bedürfnisse und Interessen haben –, dass es immer sehr schwierig ist, Regelungen zu finden, die den gesamten Mittelstand oder alle Unternehmen treffen und fördern. Deshalb ist Mittelstandsförderung ein schwieriges und mühsames Geschäft. Manchmal sind Erfolge auch schwer sichtbar.

Das mag eine nicht sonderlich gute Praxis erklären, die Mittelstandspolitik auf Ankündigungen und Verbalradikalismus zu reduzieren. Dieser Senat ist dafür ein sehr gutes Beispiel. Herr Dr. Mattner, Sie haben gerade auf das Mittelstandsinstitut verwiesen. Vor einem Jahr wurde ein sehr weitreichendes Konzept verkündet. Heute muss man feststellen, dass seit einem Jahr aber nichts passiert ist.

Wenn das so weitergeht, sehe ich auch nicht, dass im nächsten Jahr etwas passiert.

(Dr. Andreas Mattner CDU: Warten Sie mal ab!)

Das ist ein Bereich, wo es um richtige Förderprogramme geht und die auch reale Auswirkungen hätten. Die Kollegen von der Partei Rechtsstaatlicher Offensive sind jetzt auf den Ausweg gekommen – weil die praktische Umsetzung nicht geklappt hat –, an das Rahmengesetz heranzugehen, in das wir alles hineinschreiben sollen, was für den Mittelstand sinnvoll wäre. Da wir im Wahlkampf sind, verschreiben wir 24 Stunden Sonnenschein, den der

Staat garantieren soll. Das ist billig und wird dem Mittelstand auch nicht weiterhelfen. Insofern ist diese Gesetzesvorlage so, wie sie jetzt ist, mit Sicherheit nicht zustimmungsfähig.

Ich möchte nur auf einige wenige Beispiele eingehen. Sie machen deutlich, dass der Gesetzesentwurf schlampig erarbeitet wurde, da bestimmte Punkte nicht verfassungskonform sind und auch völlig entgegen der Richtlinie und des Sinns eines Rahmengesetzes stehen. Ein Rahmengesetz setzt den Rahmen und die eigentlichen Maßnahmen führen die Förderprogramme durch. Da Sie die Förderprogramme in den letzten zwei Jahren nicht in den Griff bekommen haben, versuchen Sie jetzt, konkrete Forderungen in das Rahmenprogramm hineinzuschreiben, die man gesetzlich aber nicht garantieren kann.

In Paragraph 4 wollen Sie – Herr Dr. Mattner ging kurz darauf ein, dass dies auch nicht verfassungsgemäß sei –, hineinschreiben, dass bei der Erstellung von Bebauungsplänen immer 15 Prozent Gewerbegebiete ausgewiesen sein sollen. Real durchsetzbar ist das aber gar nicht. Darum schränken Sie die konkrete, aber unrealistische Forderung durch die Formulierung „möglichst“ wieder ein. Damit haben Sie nur verbal etwas geändert, real ändert sich dadurch nichts. Ihnen geht es offenkundig nur um den schönen Schein, um Scheinaktivitäten.

Wenn man sich die meisten Änderungswünsche ansieht, die Sie in dieser Gesetzesnovellierung vorschlagen, so haben Sie Ihre Absicht in der Begründung des Antrags recht deutlich dargelegt. Ihnen geht es darum, dass dieses Gesetz sprachlich nicht mehr aktuell ist. Darum feilen Sie an Formulierungen. Mit einer aktiven Mittelstandspolitik hat das nichts zu tun.

Ein Punkt, über den wir inhaltlich anderer Meinung sind. Gerade kleinere und mittlere Unternehmen sind mit der Zwangsmitgliedschaft bei Kammern nicht zufrieden, weil gerade bei den Kammern die Interessen der kleinen und Kleinstunternehmen in der Regel nicht berücksichtigt werden. Die wenigen konkreten Punkte, die in dieser Novellierung enthalten sind, beinhalten aber, die Kammern stärker einzubinden. Das ist aber mit Sicherheit kein Punkt, der die kleinen und mittleren Unternehmen stärkt, sondern das geht letztendlich in die falsche Richtung.

Alles in allem gesehen ist dieser Antrag leider wieder ein Paradebeispiel dafür, dass man in Wahlkampfzeiten sehr viel über den Mittelstand redet und sehr viel radikale Rhetorik betreibt, die nichts ändert. Ich glaube, so sollten wir Politik nicht machen. Insofern werden wir diesem Gesetz nicht zustimmen, sondern es an den Ausschuss überweisen. – Vielen Dank.

(Beifall bei der GAL)

Das Wort hat jetzt Frau Pauly.

Frau Präsidentin, meine Damen, meine Herren! Herr Kerstan, wenn einer die Interessen des Mittelstandes vertritt, dann sind es die Kammern. Die Großen können für sich selbst sprechen. Wenn die Großen Probleme haben, kommt – wie bei Philip Holzmann – der Kanzler persönlich; das haben wir alles erlebt.

(Dr. Willfried Maier GAL: Beiersdorf!)

Bei den Kleinen ist es wichtig, dass es Kammern gibt, die ihre Interessen vertreten. Aber ich gebe Ihnen in einer anderen Sache Recht.

Hier liegt selbst dann ein fabelhaftes Gesetz vor, wenn es bei anderen Bundesländern abgeschrieben wurde.

(Reinhold J. W. Schaube Partei Rechtsstaatlicher Offensive: So sind die Liberalen!)

Auf ein solches Gesetz hat der Mittelstand wirklich gerade gewartet. Es verkündet zwar ehrenhafte Ziele, aber um diese zu verwirklichen, sollen die Rahmenbedingungen verändert werden. Und da sind wir beim richtigen Wort: Es „soll“ immer nur alles gemacht werden. Dieses Gesetz wimmelt nur so von dem Wort „soll“. In jedem einzelnen Absatz finden Sie die Wörter „soll“, „können“ und „man müsste doch eigentlich“ und so weiter, aber fast überhaupt nichts ist konkret. Nur in einem Punkt ist das der Fall, und das ist sehr beachtlich.

In Paragraph 2 steht nämlich, dass diejenigen, die es betrifft, verpflichtet sind, sich an das Gesetz zu halten. Ein Gesetz, in dem geschrieben steht, dass die Menschen sich daran halten sollen, ist wirklich sehr bemerkenswert.

Selbst bei der Flächensicherung, Herr Kerstan, ist das Gesetz nicht konkret, weil es sagt, Bezirksämter und Verwaltungsbehörden sollen die Planung so und so gestalten. Das alles ist wenig hilfreich für den Mittelstand. Diese Gesetzesvorlage wimmelt nur so von Dingen, die man gerne hätte und die man gerne machen möchte, aber man traut sich nicht, diese vorzuschreiben. Sie werden sonst nur noch bei Paragraph 15 konkret. Das ist genau derselbe Text, der nur ein wenig gegenüber dem variiert, den wir in diesem Hause im Jahre 2002 beschlossen haben. Hier geht es um die Vergaberichtlinien.

Das Hauptproblem des Mittelstandes ist das Thema Eigenkapital; hier hat Herr Grund völlig Recht. Aber dieses Thema wird nicht durch noch so gute Förderprogramme bewältigt. Hier hat die Koalition in der Tat etwas geleistet, denn sie hat Haftungsdarlehen an die Bürgschaftsgemeinschaft gegeben und das Eigenkapital der Beteiligungsgesellschaft erhöht. Es ist also etwas passiert. Mit Sicherheit müssen wir auch noch über das Thema Investitionsbank reden. Das ist ein wichtiger Punkt. Zeit dafür wird in der nächsten Legislaturperiode sein.

Das Beste, was man zum Thema Eigenkapitalbildung im Mittelstand tun kann, ist, ein Steuersystem zu haben, das die Eigenkapitalbildung in kleineren und mittleren Betrieben auch zulässt. Das ist bei dem derzeitigen Steuersystem leider nicht der Fall.

(Beifall bei der FDP)

Es ist also ein fabelhaftes Gesetz mit vielen Soll- und Kann-Vorschriften, es trägt nicht einmal zur weiteren Entbürokratisierung bei, denn alles, was es vorschlägt, kann man machen, aber man kann es auch lassen. Das Gesetz ist völlig unverbindlich und hat vielleicht ein kleines ökologi-sches Problem, weil es Papier und Druckerschwärze verbraucht. Das hätte man sich besser sparen können. Denn das Gesetz, so wie es formuliert ist, brauchen wir nicht. Es bewirkt in der Sache nichts, ist weiße Salbe und viel Wahlkampfpopulismus. Ob wir es ablehnen oder an den Ausschuss überweisen, ist ziemlich egal. Aber des Themas sollte man sich in der nächsten Legislaturperiode annehmen. Dafür bin ich auch.