Es wäre schön, wenn wir nicht darauf angewiesen wären, die Dinge Stück für Stück aus der Presse zu entnehmen, sondern wenn Sie beispielsweise im Rahmen der Haushaltsberatungen deutlicher und konkreter sagen würden, wohin die Reise geht, und nicht nur vage formulieren, wo und wann Sie sparen möchten. Wir brauchen da auch ein gut Teil Transparenz; nicht nur wir als Abgeordnete, sondern auch die Menschen in der Stadt und in den Maßnahmen, die sich schon zunehmend mehr an uns wenden und fragen,
was mit ihnen passieren wird und ob wir als Opposition es ihnen sagen könnten, denn ihnen als Träger in dieser Stadt würde es nicht gesagt.
In der Antwort auf die Große Anfrage legt der Senat einige Zahlen vor und es ist gut, dass er bereit ist, damit die gute Arbeit der vergangenen Jahre anzuerkennen, denn an diesen Zahlen gibt es nicht viel zu deuteln. Die Arbeitslosigkeit ist zurückgegangen und die Beschäftigung gestiegen. Es ist gut, dass wir das jetzt einmal festgehalten haben, denn im Haushaltsausschuss hat Senator Uldall schon einmal angekündigt, man werde sich noch einmal genau ansehen, ob denn tatsächlich alles geklappt habe, was in den vergangenen Jahren gemacht worden sei. Nun haben wir es schwarz auf weiß und das ist gut.
Die zweite gute Nachricht – so etwas gibt es auch – ist, dass der Senat eine ganze Reihe von bereits angeschobenen Maßnahmen einfach fortsetzt, zum Teil mit einem neuen Etikett, und vielleicht manchmal auch ausbaut. Der Senat schreibt in der Antwort auf die Große Anfrage etwas von Profilingmaßnahmen und Assessmentcentern. Seit Mai 1988 ist das in Hamburg übliche Praxis. Das Hamburger Arbeitsamt zieht überregional durch alle Länder, Kreise und Städte, um für das zu werben, was man im Rahmen des Mozart-Programms macht, nämlich Assessmentcenter mit auswärtigen Trägern und teilweise auch professionellen Bewerbungscentern und so weiter; das ist also nichts Neues. Es ist übrigens auch etwas, das das Job-Aqtiv-Gesetz vorsieht.
Ähnlich ist es mit den individuellen Wiedereingliederungsplänen, die Sie beschreiben. Auch das ist letztlich eine Konsequenz aus dem Job-Aqtiv-Gesetz und ist in Hamburg schon vorher gemacht worden. Ich habe hier die schönen Leitlinien der Hamburger Arbeitsmarktpolitik mitgebracht. Wenn Sie da einmal hineinschauen würden, würden Sie sehen, dass viele von den Dingen, die Sie vorgestellt haben und als neue Ideen verkaufen, alles sind, aber nicht neu.
Nicht neu ist auch die Priorität für die Integration in den Ersten Arbeitsmarkt. Aber nicht neu ist auch die Einsicht – und zu der sind Sie inzwischen auch gekommen –, dass das nicht immer für jeden und sofort funktioniert, sondern dass man dafür das braucht, was in Hamburg in langer Arbeit aufgebaut worden ist, eine sehr differenzierte Trägerlandschaft.
Die schlechte Nachricht ist – die gibt es leider auch –, dass der Senat meint, er könne das und noch neue Maßnahmen, wie das Hamburger Modell, mit weniger Geld umsetzen; Herr Porschke hat es schon gesagt, mit 11 Millionen DM weniger. Und das alles – so schreibt der Senat –, ohne die Funktionsfähigkeit der Träger zu gefährden. Herr Senator, dass ist die Quadratur des Kreises, die Sie da vorhaben. Natürlich wird es Träger in dieser Stadt geben, die schon von ihrer Anlage her nichts dazuverdienen können. Viele dieser Träger – das hat Herr Porschke gesagt – nehmen wichtige sozialpolitische Funktionen in den Stadtteilen war. Diese Träger sind gefährdet, auch wenn Sie das Gegenteil behaupten. Einmal am Rande gesagt: Diese Verknüpfung war für uns auch immer ein Grund, Soziales und Arbeitsmarkt in einer Behörde zu vereinen. Wir sehen jetzt, wie richtig das gewesen ist.
Eine andere schlechte Nachricht ist, dass Sie längst nicht alle Möglichkeiten und Vorgaben des Job-Aqtiv-Gesetzes in Hamburg ausnutzen. Es gibt beispielsweise die Job-Ro
tation. Das machen die Unternehmen nicht von alleine. Dazu braucht es Anregung seitens der Politik, dafür muss geworben und das muss unterstützt werden. Da müssen Sie noch viel mehr tun.
Ein weiterer Aspekt ist die Förderung von Frauen. Frauen sollen bei Arbeitsförderungsmaßnahmen so gefördert werden, wie es ihrem Anteil an den Arbeitslosen entspricht. Ja, dann mal her! Fangen Sie damit an. Das Gegenteil ist der Fall. Frauenspezifische Projekte sind besonders gefährdet und werden in besonderem Maße abgebaut.
Natürlich gehen wir nicht davon aus, dass Sie uns innerhalb kürzester Zeit Patentrezepte vorlegen. Natürlich wissen wir, dass ein solches Bündel an Maßnahmen nicht in fünf Minuten zu evaluieren ist, um dann zu sagen, was gemacht werden soll. Wir wissen, dass Arbeitslosigkeit individuelle Ursachen hat und für jeden Menschen ein individuelles Problem ist.
Sie sind mit dem Hamburger Modell vorgeprescht, Herr Senator, das Herr Arbeitsamtsdirektor Steil vorgelegt hat und das Sie dann sehr schnell übernommen haben. Das kann auch ein Baustein sein.
Leider ist das etwas, was uns nur sehr vage vorliegt. Es wäre schön gewesen, wenn Sie uns das zu den Haushaltsberatungen in Form eines ausführlichen Konzeptes vorgelegt hätten. Es ist im Haushalt bisher nicht konkret berücksichtigt. Wir haben keinen Haushaltstitel, in dem steht, wie viel Geld Sie dafür ausgeben wollen. Das sind alles Dinge, die wir im Haushaltsausschuss nur in mühsamer Kleinarbeit von Ihnen erfragen können. Das ist nicht die richtige Umgehensweise mit dem Parlament.
Es heißt in der Großen Anfrage ganz lapidar, das Modell würde dann durch Einsparung beziehungsweise durch die Absenkung von Plätzen finanziert beziehungsweise durch die Pauschalfinanzierung, also noch weniger Geld für ABM und noch weniger Geld für die bestehenden Strukturen.
Sie haben angedeutet, welche Kriterien Sie in Zukunft für ABM und weitere Arbeitsförderungsmaßnahmen anlegen wollen, beispielsweise im Bereich der Vermittlungsquoten. An diesen Kriterien wird sich auch das Hamburger Modell messen lassen müssen. Wie viele Menschen schaffen den dauerhaften Übergang in den Arbeitsmarkt nach den sechs oder zwölf Monaten, die sie gefördert werden? Werden mit Ihrem neuen Modell wirklich neue Arbeitsplätze geschaffen? Führt die Qualifizierung dazu, dass die Arbeitslosen langfristige Chancen auch auf besser bezahlte Jobs haben? Es kann nicht sein, dass sie sich, wenn nach zwölf Monaten die 500 Euro wegfallen, mit denen sie gefördert werden, am untersten Rande wiederfinden.
Es ist natürlich Ihre Aufgabe als neue Regierung, neue Schwerpunkte zu setzen, auch in der Arbeitsmarktpolitik, aber es ist unsere Sache, das zu kritisieren, wenn das falsch gesetzt wird. Das ist der Fall. Es geht zu Lasten der sozialen Sicherheit in dieser Stadt
und gefährdet das solidarische Zusammenleben. Hören Sie auf, das soziale Klima in der Stadt zu vergiften.
Der neue Senat sollte auch nicht der Versuchung nachgeben, die Arbeitsmarktpolitik seiner Vorgänger schlecht zu reden. In Hamburg ist in den vergangenen Jahren eine ganze Menge geleistet worden. Das war eine gewaltige Kraftanstrengung aller in Hamburg im Bündnis für Arbeit und Beschäftigung Beteiligten: der Unternehmen, der
Gewerkschaften, der Behörden, der Politik. In Hamburg hat das auch funktioniert. Die Unternehmen haben besonders im Bereich der Schaffung von Ausbildungsplätzen ihre Zusagen eingehalten. Das war ein großer Erfolg für Hamburg. Es ist deswegen umso unverständlicher, dass Ole von Beust dieses Bündnis nicht fortsetzen will, sondern eher auf unverbindliche Gespräche setzt. Angesichts der verschärften arbeitsmarktpolitischen Situation wäre es umso notwendiger, dass gerade im Bereich der Jugendarbeitslosigkeit etwas passiert. Das Gegenteil ist der Fall. Wir haben in den Haushaltsberatungen beobachten müssen, dass Herr Senator Lange in seinem Haushalt kurzerhand ein paar Förderungsmaßnahmen für Ausbildungsplätze streicht mit dem Hinweis, das würde eigentlich in den Haushalt von Herrn Uldall gehören und hätte deswegen bei ihm keinen Platz. Das ist natürlich schön, aber dann sollten Sie auch mit Herrn Uldall absprechen, dass er die entsprechenden Mittel in seinem Haushalt wieder aufnimmt.
Wir sind selbstverständlich bereit, mit allen anderen Fraktionen hier und im Ausschuss konstruktiv über die Arbeitsmarktpolitik zu reden und die Ergebnisse hinterher auch gemeinsam zu vertreten. Aber wir werden uns nicht die Erfolge der Vergangenheit klein reden lassen und wir werden auch nicht taten- und sprachlos zusehen, wie bestehende und bewährte Strukturen aus ideologischen Gründen zerstört werden. – Danke schön.
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Gerade nach den heute veröffentlichten Arbeitsmarktzahlen ist jedem in diesem Saale klar, eine gute Arbeitsmarktpolitik ist entscheidend wichtig und zwingend notwendig. Die beste Arbeitsmarktpolitik ist aber eine vernünftige und mittelstandsfreundliche Wirtschaftspolitik
Eine grundlegende Steuerreform würde ungeahnte Kräfte freisetzen und viele neue Arbeitsplätze schaffen und bestehende sichern; denn auch das ist sehr wichtig.
Doch hieran hapert es bei der rotgrünen Bundesregierung. Ihr fehlt leider ein echter Reformwille. Solange hier nicht gehandelt wird, bleiben wir das Schlusslicht in der wirtschaftlichen Entwicklung in der EU.
Ich bin mir aber sicher, dass sich dieses nach der Bundestagswahl im September durch den Wählerwillen ändert, und eine CDU-geführte Regierung unter Bundeskanzler Stoiber wird dann endlich die überfälligen Reformen durchsetzen.
Das Gesetz zur Reform der arbeitsmarktpolitischen Instrumente, das Job-Aqtiv-Gesetz der Bundesregierung, ist bestimmt im guten Willen entstanden. Doch ein grundlegender Reformwille ist nicht zu erkennen. Schade, dass es der Bundesregierung auch in diesem wichtigen Bereich an Gestaltungswillen mangelt und eine durchgreifende Deregulierung des Arbeitsmarkts unterlassen wurde.
Positiv zu bewerten sind aus meiner Sicht die Intensivierung der Vermittlungsaktivitäten unter starker Einschaltung Dritter, die vorgesehenen individuellen Eingliederungsvereinbarungen nach dem Prinzip Fördern und Fordern, die zeitlich befristete Qualifizierungsförderung älterer Arbeitnehmer und die Rotationsmöglichkeiten in den Berufen und Betrieben. Dennoch ist festzustellen, dass das Versicherungsprinzip weiter ausgehöhlt und die Architektur der Arbeitsmarktpolitik noch undurchschaubarer wird.
Außerdem ist zu befürchten, dass der subventionierte Zweite Arbeitsmarkt mit seinen ergänzenden Regelungselementen noch stärker planwirtschaftliche und im schlimmsten Falle planlose oder willkürliche Eingriffe in das Wirtschaftsgeschehen ermöglicht.
Daher möchte ich Ihnen, meine Damen und Herren von der GAL, sagen, ich bin sehr zuversichtlich, dass der neue Senat die Möglichkeiten des Job-Aqtiv-Gesetzes nutzen wird, aber nicht allein und nicht um jeden Preis, sondern eine sachgerechte Anwendung eines nicht ganz geglückten und ziemlich mutlosen Gesetzes. Das ist dann auch kein gefährlicher Sonderweg, sondern sehr erforderlich.
Im Übrigen gibt es auch nach Einschätzung des stellvertretenden SPD-Bundestagsfraktionsvorsitzenden Franz Thönnes keine Entlastung auf dem Arbeitsmarkt. Vor übertriebenen Erwartungen möchte ich daher warnen.
Zum Thema ABM möchte ich heute nur so viel bemerken: Es ist an der Zeit, dass wir uns über neue Wege in der Arbeitsmarktpolitik Gedanken machen. Wir brauchen eine Umschichtung von ABM-Mitteln in moderne Maßnahmen, wie zum Beispiel das kürzlich vorgestellte Hamburger Modell.
Bereits kurz nach seiner Amtsübernahme präsentierte uns unser Wirtschafts- und Arbeitssenator Gunnar Uldall mit seinem neuen Hamburger Modell ein, wie ich finde, sehr gutes Konzept, durch das 1000 neue Arbeitsplätze im Servicebereich geschaffen werden und viele Arbeitslose wieder in Lohn und Brot kommen können, und zwar im Ersten Arbeitsmarkt.
Sogar die rotgrüne Bundesregierung will im bevorstehenden Wahljahr etwas gegen die Arbeitslosigkeit tun. Nach einer Wirtschaftspolitik der ruhigen Hand kommt jetzt hektischer Tatendrang auf und das sogenannte Mainzer Modell soll ganz schnell bundesweit eingeführt werden.
Ein kurzer Vergleich zwischen den Modellen zeigt, dass ganz unterschiedliche Ansätze verfolgt werden. So geht es beim Mainzer Modell um eine Stimulierung der Nachfrage nach bereits bestehenden Arbeitsplätzen, während es bei dem Konzept von Herrn Uldall um die unbürokratische Schaffung von neuen Arbeitsplätzen geht. Das Mainzer Kombilohn-Modell erscheint mir wie ein Akt der Verzweiflung ohne Aussicht auf zählbare Erfolge.
Um nur kurz einige Kritikpunkte anzusprechen: Mir fällt auf, dass es unnötig bürokratisch und umständlich ist. Außerdem fehlt eine klare Zielgruppenorientierung und für sich allein stellt es kein beschäftigungswirksames Gesamtkonzept dar.
Vom Verfahren ist insbesondere die mangelhafte Abstimmung vonseiten der Bundesregierung mit den Bundesländern zu kritisieren. Die ergebnisoffene Diskussion mit den Beteiligten war im Übrigen auch nicht gerade die starke
Seite des abgewählten rotgrünen Senats in Hamburg. Doch jetzt zeigt sich, dass schon nach kurzer Zeit ein anderer Politikstil herrscht.
So beabsichtigt die Behörde für Wirtschaft und Arbeit, die Akteure der Hamburger Arbeitsmarktpolitik mit einzubeziehen. Mit der Handwerks- und Handelskammer, dem Unternehmensverband Nord, der Arbeitsgemeinschaft Groß- und Außenhandel, den Gewerkschaften und natürlich dem Arbeitsamt soll geprüft werden, mit welchen Maßnahmen das Kombilohn-Modell der Bundesregierung sinnvoll umgesetzt werden kann und welche Möglichkeiten es gibt, die positiven Elemente mit dem besseren Hamburger Modell umzusetzen. Dieses ist ein wirklich sehr gutes und faires Verfahren, meine Damen und Herren.