Protokoll der Sitzung vom 06.02.2002

So beabsichtigt die Behörde für Wirtschaft und Arbeit, die Akteure der Hamburger Arbeitsmarktpolitik mit einzubeziehen. Mit der Handwerks- und Handelskammer, dem Unternehmensverband Nord, der Arbeitsgemeinschaft Groß- und Außenhandel, den Gewerkschaften und natürlich dem Arbeitsamt soll geprüft werden, mit welchen Maßnahmen das Kombilohn-Modell der Bundesregierung sinnvoll umgesetzt werden kann und welche Möglichkeiten es gibt, die positiven Elemente mit dem besseren Hamburger Modell umzusetzen. Dieses ist ein wirklich sehr gutes und faires Verfahren, meine Damen und Herren.

Der neue Senat hat ein schweres Erbe übernommen. Aber mit dem Hamburger Modell wurde ein Kombilohn-Modell entwickelt, sodass bereits ab März die ersten Langzeitarbeitslosen in den Ersten Arbeitsmarkt vermittelt werden können. Daran könnte sich die Bundesregierung ein Beispiel nehmen und genauso eine zupackende und vorwärts gerichtete Politik, wie die des neuen Hamburger Senats, betreiben.

(Beifall bei der CDU, der Partei Rechtsstaatlicher Offensive und der FDP)

Der vorliegende Antrag der GAL geht aber an den wirklichen Problemen des Arbeitsmarkts vorbei. Wir bitten Sie daher, den Antrag ebenso wie eine Überweisung an den Wirtschaftsausschuss abzulehnen. – Ich bedanke mich für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CDU, der Partei Rechtsstaatlicher Offensive und der FDP)

Das Wort hat der Abgeordnete Frühauf.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Zunächst danke ich dem Senat für die ausführliche und detaillierte Beantwortung und die Bereitstellung der Informationen.

(Uwe Grund SPD: Das ist seine Pflicht!)

Eben. Deshalb erinnere ich jetzt daran, dass sich der alte rotgrüne Senat vor der Wahl am 23. September immer noch verweigerte, Kleine und Große Anfragen zur Hamburger Arbeitsmarktpolitik zu beantworten. Insofern kommt der Zwischenruf ganz gelegen.

(Beifall bei der Partei Rechtsstaatlicher Offensive)

Die mit den jetzt zur Verfügung gestellten Zahlen geschaffene Transparenz ist eine weitere Errungenschaft dieses neuen Senats, denn schließlich möchten nicht nur wir, sondern auch die Steuerzahler draußen Folgendes wissen: Wie viele Gelder sind in welche arbeitsmarktpolitischen Programme geflossen? Wie groß ist der tatsächliche Erfolg dieser Projekte? Wie hoch ist die Integrationsquote? Wie hoch ist die reale Vermittlungsquote in den Ersten Arbeitsmarkt?

Schaut man sich die Senatsantwort auf die Große Anfrage an, so ist unschwer erkennbar, dass dem abgewählten rotgrünen Senat bisher an der Ermittlung der Integrationsquote Arbeit nicht viel lag.

Wir möchten auch wissen, welche Maßnahmen jahrelang finanziert wurden, ohne nachhaltige Evaluierung durchzuführen. Es mangelt immer noch an differenzierten Angaben

(Jürgen Mehlfeldt CDU)

A C

B D

zur Struktur der Teilnehmer an arbeitspolitischen Maßnahmen. Der Weg der Teilnehmer während und nach Austritt aus einer Maßnahme wurde nicht aufgezeichnet. Somit konnte auch früher nicht festgestellt werden, ob die Maßnahmen tatsächlich die Zielgruppe beziehungsweise das Ziel – die Integration in den Arbeitsmarkt – erreicht haben.

Es wurden mit den Trägern keine verbindlichen Ziel- und Leistungsvereinbarungen abgeschlossen. Es wurde nicht festgehalten, wie viele Teilnehmer an arbeitsmarktpolitischen Maßnahmen tatsächlich hinterher den Weg in den Ersten Arbeitsmarkt geschafft haben. Das Arbeitsamt ermittelte lediglich, wie viele Teilnehmer sich nicht wieder arbeitslos meldeten. Bei Nichtregistrierung indes ging man von einer Vermittlung in die Arbeit aus. Und dies ist falsch. Es existierten daher bisher keine seriösen Vermittlungsstatistiken. Wir hoffen, dass dies nun anders werden kann.

Im Gegensatz zum alten rotgrünen Senat kommt es jetzt durch die zügige und konsequente Umsetzung der angekündigten arbeitsmarktpolitischen Maßnahmen besser zum Ergebnis. Das Hamburger Modell ist hierfür ein gutes Beispiel. Der Senat hat seine Ankündigung wahr gemacht und fünf Wochen als Umsetzungszeit in Aussicht genommen. Er wird dieses einhalten. Ein lobenswertes Ergebnis.

Der rotgrüne Senat brauchte hingegen sieben Monate, um das Projekt Job-Plan umzusetzen. Dabei wurden sieben wertvolle Monate vergeudet und die Zahl der arbeitslosen Hamburgerinnen und Hamburger stieg weiter.

Arbeitslose müssen nicht wie bisher weiter verwaltet, sondern sie müssen passgenau in Arbeit vermittelt werden.

(Beifall bei Alexander Porschke GAL)

Die Bundesanstalt für Arbeit in Deutschland beschäftigt gegenwärtig 85 000 Personen. Dabei sind, wie Sie wissen, nur 10 Prozent mit der eigentlichen Arbeitsvermittlung beschäftigt. Ein Vermittler betreut bis zu 1000 Arbeitslose. Nach meiner Vorstellung ist dies zu wenig. Mehr Vermittler müssen im Verhältnis zu den Arbeitslosen eingestellt werden, damit die Vermittlung in Arbeit zügig und effizient vorgenommen werden kann.

Das von der Bundesregierung geplante neue Job-AqtivGesetz verspricht, den Anteil der Vermittler auf 13 Prozent zu erhöhen. Ich sage „lediglich 13 Prozent“, denn das ist zu wenig.

In England, der Blick dahin sei erlaubt, sind es 43 Prozent der Mitarbeiter in den Job-Centern, der Arbeitsvermittler oder Berater.

(Uwe Grund SPD: Eine ganz andere Struktur!)

Viele vergessen immer wieder, dass der volkswirtschaftliche Gesamtschaden der Arbeitslosigkeit 150 Milliarden DM pro Jahr beträgt. Das ist teurer als der gesamte Aufbau Ost und eine nicht hinnehmbare Zahl.

Nach Auskunft deutscher Experten kann die Arbeitslosigkeit bei einer effektiven Arbeitsmarktpolitik um 20 Prozent gesenkt werden.

(Uwe Grund SPD: Der alte Senat hat die Arbeitslo- sigkeit um 30 Prozent reduziert!)

Das Chaos unserer deutschen Arbeitsmarktpolitik muss endlich beendet werden.

Gestern erhielten wir eine weitere Hiobsbotschaft zum Thema Arbeitsmarkt. Nach Angaben des Bundesrechnungshofs wurden Vermittlungsstatistiken schamlos manipuliert. Die tatsächlichen Vermittlungsquoten von fünf

Arbeitsämtern betrugen 22 Prozent und nicht wie fälschlicherweise dargestellt über 70 Prozent.

Was bringen vom Bündnis für Arbeit geschaffene Arbeitsplätze, wenn diese nicht optimal besetzt und vermittelt werden können? Unsere Forderung ist daher, die Arbeitsvermittlung wesentlich effizienter zu gestalten.

(Glocke)

Lassen Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Grund zu?

Aber gern.

Herr Abgeordneter Frühauf! Ist Ihnen bekannt, dass der letzte Senat in der letzten Legislaturperiode die Arbeitslosigkeit von 100 000 auf unter 70 000 Personen reduziert hat? Das sind über 30 Prozent.

(Dr. Michael Freytag CDU: Die Wirtschaft war das, nicht der Senat!)

Ich komme gleich noch zu den Zahlen.

Herr Runde versprach, die Hamburger Arbeitslosigkeit bis zum Ende der letzten Legislaturperiode auf 65 000 bis 60 000 Personen zu senken. Nach meinen Erkenntnissen wurde daraus nichts.

(Uwe Grund SPD: Natürlich!)

Ende September glänzte Hamburg mit einer Arbeitslosenquote, die um das Doppelte oder Dreifache höher war als die anderer deutscher Großstädte. Ich kann das nicht für eine Erfolgsbilanz halten

(Anja Hajduk GAL: Sie setzen sich das noch nicht einmal als Ziel!)

und kehre daher zurück zu dem, was ich sonst zu sagen habe. Arbeitslose Hamburgerinnen und Hamburger müssen Anreize erhalten, einer geregelten beruflichen Tätigkeit nachzugehen.

Das von unserem Wirtschaftssenator konzipierte Hamburger Kombilohn-Modell enthält für uns wertvolle Ansätze, dieses Ziel endlich zu erreichen. Darüber hinaus müssen verstärkt private Vermittlungsagenturen in den Prozess einbezogen werden.

Amüsant an dem GAL-Antrag ist die Aufforderung des Senats, die bisherige Beschäftigungspolitik hinsichtlich ihrer Ziele und Wirkungen zu evaluieren. Dass die GAL diese Notwendigkeit erst in der Oppositionsrolle entdeckt, halte ich für bedauerlich, aber auch für ein Zeichen ihrer Lernfähigkeit.

Wir wünschen Ihnen viele einsichtige Jahre in der Opposition und wir werden alles dafür tun, den Senat bei seinem Bemühen zu unterstützen, die Arbeitslosigkeit in Hamburg effektiv zu bekämpfen. Insbesondere werden wir ihn nicht nur auf dem Zweiten Arbeitsmarkt dabei unterstützen, sondern auch in der Entwicklung des Ersten Arbeitsmarkts,

(Beifall bei der Partei Rechtsstaatlicher Offensive, der CDU und der FDP)

denn Arbeitslosigkeit ist nicht nur zu verwalten, sondern sie ist dadurch zu beseitigen, dass Arbeitsplätze neu geschaffen werden, und zwar dauerhaft. Dies kann nur durch ein wirtschaftsfreundlicheres Klima geschehen und die

(Norbert Frühauf Partei Rechtsstaatlicher Offensive)

endlich durchgeführte Flexibilität in allen Bereichen. Dazu gehören auch entsprechende Lohnabschlüsse, die nicht bei 6,5 Prozent liegen, sondern die allenfalls bei 2,5 Prozent oder darunter angesiedelt sein können, wenn man denn Arbeitsplätze schaffen will. Dies sollten auch die Gewerkschaften berücksichtigen und ihre sture Haltung hinsichtlich der Lohnabschlüsse überdenken, damit auch in Hamburg alle wieder Arbeit bekommen.