Protokoll der Sitzung vom 24.11.2004

Sie haben nach der Finanzierung gefragt. Erstens haben wir diese Grundsteuererhöhung gemeinsam gemacht und waren der Auffassung, dass sie kontinuierlich durchgeführt werden muss. Das sind immerhin 20 Millionen gewesen, das ist eine Menge. Zweitens waren wir der Auffassung, dass die zu erwartenden Einsparungen aus Hartz – der Finanzsenator weiß, dass es da Einsparungen gibt – aus politischen Gründen zum erheblichen Teil für Kindertagesbetreuung eingesetzt werden müssten. Es ist nicht gottgegeben, dass der Finanzsenator das einspart. Das kann man, wenn man politisch will, für Kindertagesbetreuung einsetzen. Ihre These, hier gäbe es eine Oberkante, die gottgegeben sei, ist schlichtweg falsch. Wenn Sie es politisch wollen, steht mehr Geld für Kindertagesbetreuung zur Verfügung. Wenn man es nicht will, dann haben Sie in der Tat die Oberkante dessen erreicht, was machbar ist.

(Beifall bei der SPD und der GAL)

Ich habe vor 14 Tagen hier gestanden und eine Art vorläufige Bewertung aus meiner Sicht gegeben. Ich will das nicht alles wiederholen, so furchtbar viel Neues ist nicht gekommen. Aber in mindestens drei Punkten muss ich meine Position ergänzen beziehungsweise ändern.

Erster Punkt: Standardverschlechterung. Was die Behörde jetzt will, liegt auf dem Tisch und was auch auf dem Tisch liegt, ist die Berechnung von SOAL und von der Diakonie. Ich habe mich zusätzlich bei der Caritas und der AWO erkundigt. Alle Träger bestätigen mir, dass sie zu ähnlichen Ergebnissen kommen: Die Standardverschlechterungen, die die Behörde vorrechnet, sind geschönt bis zum Gehtnichtmehr; die Wahrheit ist wesentlich dramatischer. Wenn zukünftig im Hort statt 20 Kinder 27 Kinder sein werden, wenn im Elementarbereich nicht mehr 20 Kinder sein werden, sondern 25, dann ist die Aussage einer Senatorin, die vorgibt, Fachsenatorin zu sein, es würde sich um die Rückführung unangemessen hoher Standards halten, reiner Zynismus.

(Beifall bei der SPD)

Zweiter Punkt: Ich habe damals gesagt, von dem, was Sie unter Gesprächen, unter Verhandlungen verstehen, glaube ich Ihnen kein Wort. In Wirklichkeit sind Sie weder an Gesprächen noch an Verhandlungen interessiert, sondern wollen den Trägern Vorschriften machen. Sie haben auch heute wieder behauptet, sie wären an Verhandlungen und Gesprächen interessiert, darauf würden Sie setzen. Ich muss mich ausdrücklich bei Ihnen und Ihrer Behörde bedanken, dass sie ein konkretes Beispiel dafür liefert, wie das abläuft, wenn die Behörde auf gleicher Augenhöhe mit Trägern verhandelt.

Am 18. dieses Monats, das war der Tag, an dem die Presseerklärung herauskam, über die wir hier reden, hat der Senat den Träger SOAL zu Gesprächen eingeladen. Als Erstes wurde SOAL mitgeteilt, es gibt 321 Millionen Euro und keinen Pfennig mehr und zweitens schreiben wir euch folgende Standards fest; über alles andere kön

nen wir drittens selbstverständlich reden. Dies ist eine derartige Veräppelung von Trägern,

(Beifall bei der SPD und der GAL)

die wirklich unanständig ist. Und dann behaupten Sie, man hätte Interesse an Gesprächen – das haben Sie vor 14 Tagen und auch heute wieder gemacht – und die Behörde selbst handelt völlig anders. Frau Senatorin, ich hatte gedacht, Sie hätten ein großes Interesse an der Halbwertszeit Ihrer eigenen Argumente; 14 Tage sind selbst für diesen Senat eine verdammt knappe Halbwertszeit.

Der letzte Punkt ist eine Bewertung dessen, was passiert ist; ich hätte das vor 14 Tagen so krass nicht gesagt. Die Mikrophone der Pressekonferenz des Ersten Bürgermeisters mit Olaf Scholz waren noch nicht abgeschaltet, da waren die Spitzenbeamten in dieser Behörde schon dabei zu überlegen, wie Sie diesen Kompromiss aushebeln.

(Beifall bei der SPD – Dr. Andrea Hilgers SPD: Ja!)

Das hat meine Kollegin durch gezieltes Nachfragen, wann Sie eigentlich Aufträge vergeben haben, zum Beispiel die juristischen Prüfungen und Ähnliches, fein herausgearbeitet und Ihre Praxis zeigt auch, dass es eindeutig darum ging. Wenn mich heute einer fragt – und das tun einige –, wie man sich eigentlich fühlt, mit diesem Senat einen Kompromiss geschlossen zu haben, ob man sich veräppelt oder ausgetrickst fühlt, dann kann ich nur sagen, ich fühle mich ausgetrickst. Man hat irgendwie das Gefühl, weder ernst genommen noch respektiert zu werden. Aber, Frau Senatorin, es ist völlig unwichtig und nebensächlich, wie ich mich dabei fühle. Was Sie aber bei 55 000 Kindern und ihren Eltern in dieser Stadt anrichten, das ist unverzeihlich.

(Beifall bei der SPD)

Das Wort bekommt Herr Dr. Maier.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Als wir die Abstimmung über das Kinderbetreuungsgesetz hatten, habe ich mich enthalten, weil ich nicht sah, wie die Kosten aufgebracht und die Finanzierung gestaltet werden sollte. Ich will nicht aus der Situation eines Menschen sprechen, der vorgibt, Ahnung von Kinderbetreuung zu haben, sondern aus der Situation jemandes, der für den Haushalt dieser Stadt ein besonderes Interesse und auch eine Mitverantwortung als Haushaltsausschussmitglied hat.

Ich glaube nicht, dass man sagen kann, wir finanzieren einfach aus Hartz III und aus der Grundsteuer, wenn diese Positionen schon in der Haushaltsveranschlagung gebucht sind. Dann muss man sagen, wir erhöhen in dieser Größenordnung das Defizit der Stadt im nächsten Jahr. Ich spreche mich nicht dagegen aus, das eventuell zu tun, sondern sage nur, wir müssen von beiden Seiten mit offenen Karten spielen. Wenn uns das so viel Wert ist, dann müssen wir bereit sein, dafür ein höheres Defizit zu fahren, als wir das gegenwärtig im Entwurf für den Betriebshaushalt haben, und das muss dann gesagt werden. Sonst wird auf beiden Seiten nicht klar verhandelt.

Ich finde es völlig falsch, wenn die Senatorin als Hilfsargument ständig anführt, die Standards seien zu hoch. Wir sind alle der Meinung, dass uns die Kindertagesbetreu

ung, wie sie heute ist, sowohl in der Verbreitung als auch in den Bildungsangeboten und so weiter nicht ausreicht, dass wir sie ausbauen müssen und in der Bundesrepublik damit insgesamt ein Problem haben.

(Beifall bei der GAL und vereinzelt bei der SPD)

Darum sollte man solche Argumente nicht führen, aber wir müssen uns auch darüber im Klaren sein, was es bedeutet, und eines muss sich auch die Senatorin sagen lassen: Wenn der Hamburger Senat es in der Hand hat, die Abschaffung der Eigenheimzulage zum Beispiel Realität werden zu lassen, weil das Saarland auch dafür ist, und es an der Hamburger Stimme hängt, ob das passiert oder nicht passiert – im ersten Jahr sind es zwar nur 4 Millionen Euro, aber im nächsten Jahr schon 26 Millionen Euro, wenn ich es richtig im Kopf habe –, dann ist nicht einzusehen, warum diese Maßnahme, die für die Stadt nur Nutzen hat, weil sie die Flächenländer begünstigt und eine Maßnahme wäre, die die Städte stärkt, nicht ergriffen und gesagt wird, dann müssen wir nicht die Defizite im Etat erhöhen, dann können wir daraus etwas für Kinder finanzieren.

(Beifall bei der GAL und der SPD)

Ähnliches gilt für die Kilometerpauschale.

Darum finde ich es nicht richtig, wenn da hin- und hergeredet wird. Ich gebe zu, dass wir unter Herrn Lange auch schon eine Auseinandersetzung darüber hatten, wieso eigentlich dieselbe Zahl Kinder 40 Millionen Euro teurer geworden ist, weil er das so genial gehandhabt hatte mit der Betreuung dieser Kinder.

(Dr. Andrea Hilgers SPD: Davon haben Sie jetzt keine Ahnung, Herr Maier!)

Ich habe den Bericht dazu gelesen und da sind ganz offenkundig Gelder versenkt oder Beruhigungsgelder gezahlt worden.

(Michael Neumann SPD: Schweigegeld!)

Schweigegeld. – Ich will nicht von der vollen Höhe reden, aber dass man dieselbe Zahl von Kindern mit 40 Millionen mehr betreuen muss in einer Situation, wo wir knapp mit Geld sind, das kann auch nicht sein.

Ich habe aber auch etwas Interessantes aus dem Beitrag der Senatorin gehört. Sie sagte, bis auf 20 Millionen Euro sei man sich bereits entgegengekommen und mit „bereits“ deutete sich für mich eine Bewegungsbereitschaft auf beiden Seiten an. Also sind 321 Millionen Euro offenbar nicht das letzte Wort gewesen, habe ich daraus gehört.

(Beifall bei der GAL und bei Doris Mandel SPD)

Wenn keine weiteren Wortmeldungen vorliegen, stelle ich fest, dass die Bürgerschaft von der Drucksache 18/1197 Kenntnis genommen hat.

Meine Damen und Herren! Mir liegen jetzt die Wahlergebnisse vor. Bei der Wahl eines stellvertretenden bürgerlichen Mitglieds des Richterwahlausschusses sind 114 Stimmzettel abgegeben worden. Davon waren null Stimmzettel ungültig, also 114 Stimmzettel gültig. Frau Stefanie Strasburger erhielt 87 Ja-Stimmen, 10 Nein

Stimmen und 17 Enthaltungen. Damit ist Frau Strasburger gewählt worden.

(Beifall bei der CDU)

Bei der Wahl von vier Abgeordneten zur 33. ordentlichen Hauptversammlung des Deutschen Städtetages sind alle vorgeschlagenen Personen gewählt worden. Ich gehe von Ihrem Einverständnis aus, die Wahlergebnisse im Einzelnen zu Protokoll zu geben.

Wir kommen zu Punkt 45 der Tagesordnung, dem gemeinsamen Antrag der Fraktionen der SPD und der GAL: Volksbegehren Bildung ist keine Ware, Drucksache 18/1210.

[Antrag der Fraktionen der SPD und der GAL: Volksbegehren Bildung ist keine Ware – Drucksache 18/1210 –]

Hierzu liegt Ihnen als Drucksache 18/1282 ein Antrag der CDU Fraktion vor.

[Antrag der Fraktion der CDU: Volksbegehren Bildung ist keine Ware – Drucksache 18/1282 –]

Zu diesem Antrag liegt Ihnen als Drucksache 18/1291 ein Antrag der Fraktionen der SPD und der GAL vor.

[Antrag der Fraktionen der SPD und der GAL: Volksbegehren Bildung ist keine Ware – Drucksache 18/1291 –]

Wer wünscht das Wort? – Herr Heinemann, Sie bekommen es.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! In der letzten Woche haben wir für Hamburgs berufliche Schulen einen großen Sprung nach vorn geschafft, denn wir alle wissen,

(Vizepräsidentin Dr. Verena Lappe übernimmt den Vorsitz.)

dass wir eine Reform der beruflichen Schulen brauchen, weil wir mehr Praxisnähe, mehr Ausbildungsplätze und mehr Eigenständigkeit für diese Schulen wollen. Das viel zitierte Stiftungsmodell war als Reformansatz zwar gut gedacht, aber am Ende im Detail zu bürokratisch geraten, konzentrierte sich zu wenig auf die einzelne berufliche Schule und ließ auch einige rechtlichen Zweifel aufkommen. Es war daher richtig, dass die CDU-Fraktion vor gut einem Jahr das Stiftungsmodell gestoppt hat und die Bildungssenatorin nach ihrem Amtsantritt auf Grundlage der bereits vorliegenden Erkenntnisse einen neuen Denk- und Diskussionsprozess eingeleitet hat.

(Beifall bei der CDU)

Wir haben Ihnen heute nach zahlreichen Gesprächen mit allen Betroffenen ein Eckpunktepapier vorgelegt, dass die im Volksbegehren formulierten Anliegen der Gewerkschaften zu 100 Prozent erfüllt,

(Jan Peter Riecken SPD: Falsch!)

von der Hamburger Wirtschaft getragen und von Berufsschulleitern begleitet wurde sowie unterstützt wird.

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siehe Anlage 1 Seite 833.