Der Anteil derjenigen, die mit einem Einkommen unterhalb der von der EU definierten Armutsgrenze auskommen müssen, habe sich seit 1998 von 12,1 Prozent auf nun 13,5 Prozent erhöht.
Damit bin ich bei Ihnen, Frau Brinkmann: Deswegen finde ich Ihre Vorwürfe, wir hier in Hamburg würden eine unsoziale Politik zulasten der Schwachen machen, wirklich unerhört.
Ich weiß, dass die Bundesentwicklung in Berlin gern mit der allgemeinen Wirtschaftslage begründet wird, aber das ist es nicht allein. Es kommt auf die richtigen Weichenstellungen in der Politik an. Im Gegensatz zu Ihnen tun wir das ganz genau hier in Hamburg und vor allem in der Sozialpolitik.
Wir stimmen heute über den Sozialhaushalt ab. Die Opposition hat ohne Zweifel die Aufgabe, Kritik an diesem Haushalt zu üben und bereits gestern haben wir von Ihrer Seite gehört, dass wir an den falsche Stellen sparen würden.
Da darf man wohl gespannt sein, was die SPD und die GAL so anders machen möchten. Deswegen, finde ich, sollten wir uns alle Ihre Vorschläge, meine Damen und Herren von der Opposition, genauer angucken. Anfangen möchte ich dabei mit der SPD.
Frau Brinkmann hat in Ihrem sozialpolitischen – wenn man so will – Leitantrag einiges gefordert, auf das ich gleich eingehen möchte. Ich war etwas überrascht, vor allem bezüglich des Antrages, Frau Brinkmann, den Sie im Frühjahr vorgelegt haben. Da hatten Sie die Sozialpolitik zumindest schriftlich in Bausch und Bogen verurteilt. Heute klingt Ihre Kritik ja fast lahm. Vor allen Dingen scheint ja dann doch nicht alles so falsch gelaufen zu sein, wie Sie das meinen.
Sie fordern zum Beispiel – da bin ich bei Ihren Anträgen – die Erarbeitung eines Konzeptes für die Ambulantisierung der bisher stationären Angebote für Menschen mit Behinderungen. Bereits Anfang des Jahres ist hier eine Arbeitsgruppe zur Erarbeitung eben dieses Konzeptes eingesetzt worden und es sind die Vertreter der Sozialbehörde, Vertreter der Träger und deren Verbände sowie Vertreter der Landesarbeitsgemeinschaft für behinderte Menschen beteiligt. Das ist also abgehakt.
Sie fordern die Umsetzung des neuen Hilfesystems für Wohnungslose. Bereits im September haben wir dieses vom Senat vorgelegte, neue Fachstellenkonzept im Sozialausschuss ausführlich und intensiv diskutiert. Die Vertreter und Vertreterinnen des Senates haben umfassend dargelegt, wann und wie dieses Konzept umgesetzt werde. Die in den Bezirken einzurichtenden Fachstellen für Wohnungsnotfälle werden künftig deutlich besser als bisher dazu beitragen, Wohnungsverlust im Vorwege zu
Und Sie fordern das Sanierungskonzept für die öffentlichrechtliche Wohnanstalt "pflegen & wohnen" vorzulegen. Von der GAL las ich vor einigen Tagen in einer Pressemitteilung folgende bemerkenswerte Worte:
"Nach alter Väter Unsitte haben vorherige Senate auch bei pflegen & wohnen keine Vorsorge für die Pensionen der Mitarbeiter getroffen. Deshalb führt an einer Sanierung kein Weg vorbei."
Sehr richtig, Herr Kerstan. Da kann ich Ihnen nur zustimmen. Die seit langem überfällige Sanierung des öffentlichrechtlichen Unternehmens "pflegen & wohnen" wird nun endlich in Angriff genommen. Seit seinem Bestehen verzeichnet dieses Unternehmen jährlich einen Fehlbetrag im Millionenbereich, der vom Steuerzahler wieder ausgeglichen werden muss. Derzeit liegt ein negatives Eigenkapital in Höhe von 120 Millionen Euro vor. Die Anstalt wäre demzufolge seit langem insolvent, würde nicht die Haftung durch die Hansestadt Hamburg bestehen. Auch das packen wir jetzt endlich an.
Sie fordern, die Schuldner- und Insolvenzberatung finanziell so auszustatten, dass eine Erstberatung in den ersten drei Monaten durchgeführt werden kann. Spätestens hier fallen Sie allerdings in eine sehr typisch sozialdemokratische Haltung zurück. Glauben Sie uns, auch wir halten die Wartezeit für die Betroffenen im Moment für zu lang. Wir haben das System der Beratung umgestellt und es dauert eben seine Zeit, bis ein neues Konzept greift.
Ihr Weg jedoch, vorhandene Probleme mit immer mehr Geld beheben zu wollen, haben wir lange genug in Hamburg gehabt, mit den bekannten Auswirkungen auf unseren Haushalt.
In den Neunzigerjahren ist die Staatsverschuldung unter Ihrer rotgrünen Regierung in Hamburg verdoppelt worden. Ich finde, das muss man sich einmal auf der Zunge zergehen lassen. Ist es das, was Sie meinen, insbesondere Herr Neumann: Wir wollen wieder in Menschen investieren und großzügig staatliche Wohltaten verteilen mit dem Geld, das wir gar nicht haben?
Sie haben gestern gesagt, die SPD habe durch ihre Wahlniederlage dazugelernt. Das können wir beim besten Willen nicht erkennen.
Aber vielleicht haben Sie es einfach nicht verstanden, was man unter "investieren" versteht. Anders kann ich es mir nicht erklären, dass Sie auch in diesem Haushalt wieder keinen ernsthaften Deckungsvorschlag für Ihre üppigen Mehrforderungen bringen. Wir haben uns einmal die Mühe gemacht, Ihre Forderungen zusammenzurechnen.
Das gleiche Elend bei der GAL. Auch hier eine Mehrbelastung des Haushaltes um mindestens 16 Millionen Euro nur bei den quantifizierbaren Anträgen.
Allein im Sozialbereich veranschlagen Sie zusätzliche Ausgaben in Höhe von 4 Millionen Euro mit mehr als fragwürdiger Deckung. Sie fordern hier zum Beispiel die Streichung der einkommensabhängigen Einzelförderung pflegebedürftiger Menschen. Dies ist eine gesetzliche Leistung, die man nicht einfach so abschaffen kann. Dazu müsste das Gesetz zum 31. Dezember 2004 aufgehoben werden. Rein praktisch ist das schon gar nicht darstellbar. Inhaltlich ist das ganze Vorhaben zudem unseriös.
Sie schätzen eine Einsparung von 3 Millionen Euro. Das ist jedoch schon deshalb als Deckungsvorschlag nicht tauglich, weil die Einsparung durch diese Maßnahme überwiegend nur einmalig wirksam ist. Sie sparen also, optimistisch geschätzt, ein einziges Mal 3 Millionen Euro, geben aber locker jedes Jahr 4 Millionen Euro zusätzlich aus. Eine großartige Finanzpolitik, Herr Dr. Maier. Das hätten Sie Ihrer Fraktion nicht durchgehen lassen dürfen.
Meine Damen und Herren, ich komme lieber – das ist auch angenehmer – zur Sozialpolitik des CDU-geführten Senates. Ja, wir sparen ein. Angesichts der desolaten Finanzlage Hamburgs bleibt uns auch keine andere Wahl. Wir haben mit der Regierung die Verantwortung für diese Stadt und ihre Bewohner übernommen und aus dieser Verantwortung heraus können wir gar nicht anders, als alle staatlichen Ausgaben auf den Prüfstand zu stellen. Wir erarbeiten, wo Hilfe in den derzeitigen Form weiter geleistet werden kann, wo sie effektiver gestaltet werden muss und wo man ganz auf sie verzichten kann. Das fällt uns, glauben Sie uns das bitte, nicht in jedem Fall leicht.
Eine der schwersten Entscheidungen, die meine Kollegen und ich im Sozialausschuss bisher treffen mussten, war sicherlich die Absenkung des Blindengeldes. Wir stellen das Blindengeld nicht als solches infrage. Wir müssen es aber auf ein Maß absenken, das sich Hamburg in seiner derzeitigen finanziellen Lage auch leisten kann. Bei all Ihren üppigen Mehrforderungen habe ich bei Ihren Anträgen doch eines vermisst: einen reinen Haushaltsantrag zum Blindengeld. Sie stellen doch mit Ihren Anträgen viele unserer Entscheidungen infrage.
(Dirk Kienscherf SPD: Wir haben einen seriösen Antrag eingebracht! – Petra Brinkmann SPD: Wir haben ja einen eingebracht!)
Das hätten Sie hier, heute im Parlament, einmal intensiver diskutieren können. Aber, Frau Brinkmann, das Thema Blindengeld haben Sie einfach – will ich meinen – rhetorisch ausgeklammert, weil es Ihnen unangenehm ist.
Und warum ist Ihnen das unangenehm? Warum stimmen Sie hier eigentlich stillschweigend zu? Weil Sie insgeheim wissen, dass wir gar keine andere Wahl haben und weil auch die sozialdemokratisch regierten Länder bereits das Blindengeld abgesenkt haben. Das ist die Wahrheit, meine Damen und Herren.
Um in diesen Zeiten eine vernünftige Sozialpolitik zu machen, braucht es ein klares, gradliniges Konzept. Wir sind stolz darauf, was wir in den letzten Jahren angepackt und erreicht haben. Was haben wir bisher geschaffen? Wir haben endlich Strukturen verändert, überfällige Aufgabenkritik vorgenommen und – wie es die Bürgermeisterin einmal so schön gesagt hat – der Stadt das richtige Maß zurückgegeben. – Vielen Dank.
Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Als Erstes möchte ich auf Frau Koops Redebeitrag von gestern eingehen: Sie sprachen in Ihrer Haushaltsrede vom Sozialhilfeleitfaden. Sie betonten dabei, dass das eine Hilfe zur Ausnutzung des Sozialstaates sei. Hierzu möchte ich einiges sagen, denn so kann man das einfach nicht stehen lassen.
Das Recht auf Sozialhilfe ist gesetzlich verankert. Wenn man die Leute mit einem Leitfaden darauf hinweist, wie sie diese einfordern, beantragen und erlangen können, dann ist das nichts weiter, Frau Koop, als wenn Sie sich einen Steuerberater nehmen und mit dessen Hilfe alle gesetzlichen Möglichkeiten nutzen, um das Maximum an Steuern zu sparen.