Protokoll der Sitzung vom 16.12.2004

(Beifall bei der CDU)

Der Mann weiß, wovon er spricht.

(Beifall bei der CDU)

Mit unserer Entscheidung, die wir heute treffen werden, sichern wir eine gute medizinische Versorgung für alle Menschen in Hamburg. Jeder kann in ein Krankenhaus gehen, das ihn gut behandeln wird und ich glaube, dass wir durch die Privatisierung sogar zusätzliche Kompetenz und verbesserte Behandlungsmethoden in unsere Krankenhäuser hineinbekommen werden.

(Beifall bei der CDU)

Da wir heute diese Diskussion von gestern fortsetzen, möchte ich gern noch auf etwas eingehen, was uns hier gestern vonseiten der Oppositionsfraktionen zum Vorwurf gemacht wurde. SPD und GAL versuchten den Eindruck zu erwecken, dass durch die Entscheidung des Hamburgischen Verfassungsgerichtes Volksentscheide wertlos geworden seien.

(Christian Maaß GAL: Das machen Sie ja schon!)

Aber dieser Eindruck ist falsch, wie das Urteil zeigt. Man muss einfach mal hineinschauen. Um Ihnen das Lesen zu ersparen, werde ich Ihnen dazu einfach ein paar Kernstellen dieses Urteils nochmals nahe bringen.

Das Hamburgische Verfassungsgericht verweist auf andere Urteile zu vergleichbaren Fällen, gefällt vom Verwaltungsgericht Schleswig sowie vom Saarländischen, Bayerischen und Sächsischen Verfassungsgerichtshof. Alle diese Gerichte kommen genau wie das Hamburgische Verfassungsgericht zu dem Ergebnis, dass es eine Gleichrangigkeit von Volkswillensbildung und parlamentarischer Willensbildung gibt.

(Dr. Till Steffen GAL: Wo haben Sie das gelesen von Schleswig? – Zuruf von Christian Maaß GAL)

Es wird, Herr Maaß, in diesem erwähnten sächsischen Urteil wiedergegeben.

(Zuruf von der GAL)

Ich bin gern Lehrer und bin sogar auch lernfähig.

(Beifall bei der CDU)

Ob ich mich in puncto Lernfähigkeit von anderen unterscheide, möge jeder selbst beurteilen.

(Beifall bei der CDU)

Aus dem sächsischen Gerichtsurteil wird ganz klar indirekt zitiert:

"Der Volksgesetzgeber könne Entscheidungen des parlamentarischen Gesetzgebers aufheben, ebenso könne aber der Volksgesetzgeber durch den parlamentarischen Gesetzgeber korrigiert werden."

Dazu sagt das Hamburgische Verfassungsgericht, dass es diese Auffassung teilt und es weist darauf hin, dass dieses Urteil von gestern, Herr Maaß, die Machtbalance zwischen den beiden Gesetzgebern nicht verändert, auch nicht hinsichtlich anderer Vorlagen. Das Gericht schreibt ganz klar, dass die Bürgerschaft das auch wusste, als sie 2001 diese Regelung beschloss. Tun Sie also nicht so, als sei durch dieses Urteil etwas von Ihnen Ungewolltes entstanden. Sie haben das genau wie wir gewollt und beschlossen.

(Beifall bei der CDU)

Die Bürgerschaft muss die Möglichkeit behalten – und das hat das Hamburgische Verfassungsgericht bestätigt, – dass sie ihr als dem Wohl der Stadt abträglich erscheinende Entscheidungen korrigieren kann.

(Christian Maaß GAL: Sie sind jetzt wohl ein biss- chen am Korrigieren!)

Damit wird nicht die Bürgerbeteiligung ausgehebelt. Es geht hier um einen Einzelfall.

(Dr. Monika Schaal SPD: Ein ziemlich großer Ein- zelfall!)

Wenn hier die Stadt dem Volksentscheid folgen würde, auf den Mehrheitsverkauf des Landesbetriebes Krankenhäuser zu verzichten, dann brächten die sehr hohen Altschulden des LBK die Stadt in den nächsten Jahren in eine noch sehr viel größere finanzielle Schieflage.

(Petra Brinkmann SPD: Die Schulden bleiben doch!)

Das entspräche zwar dem Ergebnis des Volksentscheides, wäre aber dem Wohl Hamburgs nicht förderlich. Im Gegenteil, es würde der Stadt schaden. Daher werden wir heute in diesem Fall entgegen dem Volksentscheid das Gesetz beschließen, um Schaden von der Stadt abzuwenden.

(Anhaltender Beifall bei der CDU)

Das Wort bekommt der Abgeordnete Kerstan.

(Heiko Hecht CDU: Jetzt spricht Kermit! – Glocke)

Herr Hecht, ich hoffe, ich ordne das jetzt Ihnen korrekt zu, wenn Sie das eben waren. Dann erteile ich Ihnen einen Ordnungsruf.

(Beifall bei der SPD und der GAL)

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Die Hamburger Wähler haben mit einer verfassungsändernden Mehrheit entschieden, dass der Landesbetrieb Krankenhäuser nicht verkauft werden soll. Das Hamburger Verfassungsgericht hat ebenfalls entschieden, dass dieser Volksentscheid die Bürgerschaft und den Senat nicht bindet. Die Bürger müssen also die Erfahrung machen, die schon manche vor Gericht gemacht haben: Recht zu haben und vor Gericht Recht zu bekommen ist häufig nicht dasselbe.

Der Senat behauptet, dass es gute Gründe gibt, um den Volkswillen zu übergehen. Gestern haben wir sehr lange darüber debattiert, was diese formaljuristische Begründung, die allein auf die Buchstaben des Gesetzes abzielt, für die Demokratie in dieser Stadt bewirken wird. Dazu möchte ich heute nichts mehr sagen. Ich möchte auf die wirtschaftlichen Argumente eingehen, die laut Senat die entscheidenden Gründe für das Übergehen des Volksentscheides sind. Herr Dräger hat eine Menge Gründe angeführt.

Wenn man sich allerdings diese Gründe genauer ansieht, dann stellt man fest, dass das – genauer betrachtet – nichts weiter als Märchen sind, Weihnachtsmärchen, allerdings ohne frohe Botschaft.

(Ingo Egloff SPD: Wir haben ja die Hamburger Märchentage! – Beifall bei der GAL und der SPD)

Weihnachtsmärchen Nummer 1: Es ist vertretbar, dass die Bürgerschaft den Volksentscheid übergeht, weil sowohl CDU-Fraktion als auch Senat sich eingehend mit dem Bürgerentscheid befasst haben. Die Ausschussprotokolle belegen: Die Debatten sind ausschließlich von den Abgeordneten der Opposition betrieben worden. Es war kein einziger Redebeitrag der CDU-Fraktion dabei. Wenn man nur die Beiträge der CDU-Fraktion zugrunde gelegt hätte, hätten diese Sitzungen keine 30 Sekunden gedauert.

(Beifall bei der GAL und der SPD)

Weihnachtsmärchen Nummer 2: Asklepios bringt als strategischer Partner dringend benötigtes Know how in den LBK ein. Normalerweise teilt man Akutkrankenhäuser in drei Klassen ein:

Krankenhäuser bis zu 500 Betten, davon hat Asklepios 24 Stück,

Krankenhäuser von 500 bis 1000 Betten, davon hat Asklepios kein einziges,

Krankenhäuser mit mehr als 1000 Betten, Asklepios betreibt kein einziges.

Das Management von Asklepios hat in diesem Bereich keinerlei Erfahrungen.

(Beifall bei der GAL und der SPD)

Weihnachtsmärchen Nummer 3: Der Kaufpreis von Asklepios hilft teilweise die Pensionslasten der Stadt auszugleichen. Tatsache ist: Der LBK selber wird mit einem Kredit belastet, der dann teilweise als Kaufpreis an die Stadt weitergeleitet wird. Asklepios selbst zahlt nur knapp 20 Millionen Euro. Einen fast gleichen Haushaltseffekt könnte man erzielen, wenn man auf den Verkauf völlig verzichtet. Die Stadt würde dann nur 20 Millionen Euro verlieren. Was die Sachanlage von Asklepios betrifft – im Vertrag stehen 74 Millionen durch zwei Kliniken –, hat der Senat im Ausschuss selber bestätigt, dass zum heutigen Zeitpunkt der Wert dieser beiden Krankenhäuser keine 74 Millionen Euro beträgt. Hier muss Asklepios nachbessern.

Meine Damen und Herren! Dies ist ein verdammt schlechtes Geschäft für die Stadt.

(Beifall bei der GAL und der SPD)

Weihnachtsmärchen Nummer 4: Asklepios ist ein finanzstarker Partner für den LBK. Tatsache ist: Asklepios hat im Gegensatz zu allen anderen Mitbewerbern kein einziges Rating einer angesehenen Rating-Agentur. Es hat kein Rating von Standard & Poors, von Moody´s oder von Fitch, die mehr als 90 Prozent aller Ratings in der Welt bestreiten. Asklepios hat ein Rating von Euler & Hermes, ein deutsches Unternehmen, das vor zwei Jahren angefangen hat, Ratings zu übernehmen und bisher fünf Mittelständler "gerated" hat.

(Heiterkeit und Beifall bei der GAL und der SPD)

In allen Kennzahlen aus der Bilanz, wenn man sie mit den Mitbewerbern vergleicht, ist Asklepios deutlich schlechter als jeder einzelne Wettbewerber. Diese Wettbewerber haben alle drei Ratings von Moody´s und Standard & Poors. Wenn man sich die Kriterien zum Beispiel von Moody´s ansieht, würde Asklepios kein einziges Kriterium erfüllen, meine Damen und Herren.