Protokoll der Sitzung vom 19.01.2005

(Rolf Harlinghausen CDU: Welche Arroganz!)

Erst einmal vielen Dank, Frau Goetsch, dass Sie das Thema angemeldet und auch noch einmal bewiesen haben, was die CDU und der Senat hier durch ihre Agitation machen. Sie wollen nämlich der Volkshochschule ihre Existenz streitig machen. Sie wollen eine funktionierende Organisation abwickeln, die zigtausende von Hamburgerinnen und Hamburgern wollen. Das ist Fakt.

(Michael Neumann SPD: Eine Sauerei ist das!)

Sie machen das vorsätzlich und rücksichtslos.

(Beifall bei der SPD)

Sie achten nicht die Erfolge der Volkshochschule. Sie würdigen nicht den Einsatz der Mitarbeiter und Kursleiter. Sie sehen nicht die positive Entwicklung dieser Institution. Die großen Anstrengungen, die beispielsweise den Kostendeckungsgrad stark verbessert haben, werden von Ihnen ignoriert. Kein Wort davon, auch nicht von Herrn Lemke.

(Michael Neumann SPD: Unglaublich! – Beifall bei der SPD)

Sie lassen den Mitarbeitern keine Chance und aus diesem Grund geht die Direktorin.

Herr Lemke, Sie haben hier einige Behauptungen aufgestellt. Ich kann aus Zeitgründen leider nur auf die wesentlichen eingehen. Herr Lemke meinte, dass durch das Streichen der Kurse die Overheadkosten geringer werden. Das ist weit gefehlt. Wenn ich verhindere, dass Leute Kurse an der Volkshochschule nutzen können, dann werden natürlich weniger Kurse angeboten, aber die Overheadkosten bleiben gleich.

(Bernd Reinert CDU: Das ist Ihre typische Denk- weise. Verwaltung ist sakrosankt!)

Lassen Sie mich mal aussprechen, Herr Reinert, und quatschen Sie nicht immer dazwischen. Das ist doch unsinnig.

Das heißt, die Overheadkosten werden immer größer, aber wir erreichen weniger Menschen. Das müssen Sie doch sehen.

(Beifall bei der SPD)

Die Volkshochschule hat bundesweit große Erfolge gehabt, was der Bürgermeister – leider nicht anwesend – 2001 auch selber schon einmal gesagt hat. Zu dem Zeitpunkt wollten Sie die Volkshochschule noch ausbauen. 2004 und 2005 werden 2,1 Millionen Euro gestrichen. Was ist das denn für eine Politik? Sie wissen gar nicht, was Sie damit anrichten. Das ist Ihr Problem. Und jetzt ein brennendes Problem Hamburgs.

Die Volkshochschule hat nicht nur den Bildungsauftrag, den sie vorbildlich wahrnimmt und den die Bevölkerung nutzt. Denken Sie doch an das TUVAS-Programm, das die Volkshochschule vorbildlich abgearbeitet hat. Die Volkshochschule leistet auch einen sozialen und wichtigen Kernfaktor. Dieser besteht darin, dass Bürgerinnen und Bürger der Stadt aus allen sozialen Schichten dort zusammentreffen. Die Volkshochschule bedeutet "Ein

Hamburg". Dort wird das gelebt. Das machen Sie vorsätzlich kaputt. Das ist rücksichtslos und aus meiner Sicht auch dumm.

(Bernd Reinert CDU: Unsinn! – Beifall bei der SPD)

Frau Senatorin, Sie haben einen besonderen Blick auf Hamburg, der durch Ihr Beamtendasein und Ihrer Berliner Vergangenheit geprägt ist. Ich würde es besser finden, wenn Sie endlich wieder zurückgehen. Lassen Sie uns mit Ihrer Politik in Ruhe.

(Beifall bei der SPD)

Das Wort bekommt Senatorin Dinges-Dierig.

(Bernd Reinert CDU: Bleiben Sie lieber hier!)

Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren! Worum geht es bei dem Thema Volkshochschule?

(Petra Brinkmann SPD: Das wissen wir selber! – Dr. Andrea Hilgers SPD: Das wissen Sie nicht?)

Ich will einmal versuchen, wieder zum Kern der Sache zurückzukommen. Es geht um die Frage, wie wir ein breites Weiterbildungsangebot der VHS zur Förderung des Zusammenlebens der Hamburgerinnen und Hamburger unter Verwendung geringerer Steuermittel gewährleisten können. Es geht um die Wahrnehmung von Verantwortung in Bezug auf das lebenslange Lernen. Das werden wir auch weiterhin tun.

(Beifall bei der CDU)

Niemand will den umfassenden, gesamtgesellschaftlichen Weiterbildungsauftrag der VHS infrage stellen, wie er 1989 im Zuge der Umwandlung in einen Landesbetrieb hier durch die Bürgerschaft festgestellt wurde. Dieser Auftrag wird von der Volkshochschule auch weitgehend erfüllt. Wir haben immerhin im Jahre 2003 76 000 Kursteilnehmer gehabt. Es wurde schon mehrmals betont und wird immer noch wahrheitswidrig behauptet, dass mit der Schließung des Standortes die Möglichkeit, den Hauptschulabschluss nachzuholen, wegfallen würde. Das, meine Damen und Herren von der Opposition, ist schlichtweg falsch. Das sollten Sie langsam zur Kenntnis nehmen.

(Beifall bei der CDU – Bernd Reinert CDU: Das ist unbequem, das zur Kenntnis zu nehmen!)

Sie haben soeben schon gehört, dass zum 1. Februar 2005 zusätzliche Kurse an den bestehenden Abendhauptschulen angeboten werden, aber – und das Wort verleitet vielleicht zu einer falschen Assoziation – die Kurse finden sowohl tagsüber als auch nachmittags oder abends statt. Ich denke, dass wir mit dieser Flexibilität der Nachfrage der Bürgerinnen und Bürger wirklich nachkommen.

(Beifall bei der CDU)

Es gilt also – und das ist, denke ich, ganz wichtig –, dass wirklich niemand diesen gesamtgesellschaftlichen Bildungsauftrag infrage stellen will, der aber nicht an einzelnen Gruppeninteressen ausgerichtet ist. Aber wir müssen in Zeiten knapper Kassen endlich durchsetzen, was Sie, die Bürgerschaft, 1989 in der Drucksache 13/4578 auch

A C

B D

festgelegt haben. Ich möchte hier aus der Drucksache wortwörtlich zitieren:

"Die Arbeit der VHS muss effektiv sein. Die erbrachte Leistung muss in angemessenem Verhältnis zum Verwaltungsaufwand stehen."

Ich zitiere weiter:

"Eine Weiterbildungseinrichtung wie die VHS ist heute auch ein wirtschaftlicher Betrieb."

So beschlossen in der Bürgerschaft 1989.

(Beifall bei der CDU)

Genau das, meine Damen und Herren von der Opposition, was Sie damals beschlossen haben, ist bis heute nicht ausreichend umgesetzt.

(Bernd Reinert CDU: Richtig!)

Die Zahlen illustrieren das. 1999/2000, also ein Jahrzehnt nach Ihren Festlegungen, ist die VHS vom Senat mit umgerechnet fast 1,3 Millionen Euro entschuldet worden. Es blieb damals ein Defizit von 370 000 Euro übrig. Dieses Defizit ist ab Ende 2000 bis heute leider wieder auf 850 000 Euro angewachsen. Wir müssen uns die Frage stellen, woran das liegt.

Wir hatten vorhin schon zwei Daten: 6 Millionen Euro pro Jahr für die Verwaltung und 4 Millionen Euro für den direkten Dienstleister, die Kursleistung. Ich möchte das mit anderen Worten formulieren: Das, was beim Bürger ankommt, steht in einem krassen Missverhältnis zum Overhead, wie es sich Volkshochschulen einfach nicht leisten dürfen und sollten.

(Beifall bei der CDU)

Wir müssen uns in diesem Zusammenhang fragen, ob es beispielsweise noch zeitgemäß ist, dass in der Volkshochschule Angebote am grünen Tisch entwickelt werden, um anschließend für diese Angebote einen passenden Dozenten zu suchen. Ist es nicht vielmehr so, dass wir Dozenten suchen müssen, die ein attraktives Angebot unter dem Arm haben?

(Bernd Reinert CDU: Sehr gut! – Beifall bei der CDU)

Gleichzeitig sind in den vergangenen Jahren die Gruppengrößen kontinuierlich gesunken.

(Günter Frank SPD: Keine Ahnung!)

Hier gilt es noch gründlicher als bisher, den Bedarf der Hamburgerinnen und Hamburger zu erschließen. Das heißt, wir müssen grundsätzlich umsteuern. Dazu brauchen wir eine VHS-Leitung, die gewillt ist, diese schwierigen Herausforderungen anzunehmen.

Für die notwendigen Veränderungen habe ich eine Projektgruppe eingesetzt, die daher im Kern zwei Aufträge hat. Kurzfristig sind die notwendigen Maßnahmen zur Haushaltskonsolidierung in den Jahren 2005 und 2006 zu entwickeln und einzuleiten. Das wird nicht ohne Reduktion vorhandener Ermäßigungen für Kursteilnehmer, ohne Veränderungen in der Angebotsstruktur und nur in verstärkter Zusammenarbeit sowie Abstimmung mit anderen Anbietern gehen. Ich denke hier dabei auch an die Landeszentrale für politische Bildung.

Dennoch müssen die nötigen Schwerpunkte in der VHSArbeit beispielsweise beim Thema Sprachen bleiben. Das

bezieht sich auch gerade auf Deutsch als Fremdsprache. Sprache bringt Kulturen zusammen. Über die Sprache gelingt uns leichter die Integration in die Gesellschaft. Gerade das ist Gegenstand des gesamtgesellschaftlichen Auftrages der VHS und wird es auch bleiben. Von anderen Angeboten allerdings wird sich die VHS sicherlich auch verabschieden müssen, die andernorts ebenfalls mit öffentlichen Subventionen gestaltet werden oder ortsnah vorhanden sind, wie zum Beispiel der Bereich Bewegung und Sport.