Protokoll der Sitzung vom 19.01.2005

Wer auf diese Art versucht, die Volkshochschule abzuwickeln, betreibt im doppelten Sinne Volksverdummung. Sie

erzählen den Menschen Falsches und verweigern ihnen die Weiterbildung.

Die Situation ist aber viel schlimmer. Hinter den falschen Argumenten der Senatorin verbirgt sich eher Ratlosigkeit. Der Pressesprecher der Schulbehörde hat das wieder in seiner ureigenen Art auf den Punkt gebracht – ich zitiere das "Hamburger Abendblatt" vom 14.01.2005:

"Der Senatorin ist deutlich geworden, dass der künftige Auftrag der Volkshochschule noch nicht eindeutig definiert ist."

Anders ausgedrückt heißt das: Sie hat schon mal Geld gestrichen, aber keinen Plan, wo es mit der VHS überhaupt hingehen soll. Das Fazit: Die Senatorin ist knapp ein Jahr im Amt und hat keine Ahnung, was breite Volksbildung bedeutet, wie die Arbeit in der VHS läuft und was hier in öffentlicher Verantwortung nötig ist. Darum ist es immer wieder notwendig, auch in diesem Hause deutlich zu beschreiben, warum die Volkshochschule so wichtig ist und warum man auch so sensibel mit dieser Einrichtung umgehen sollte.

(Beifall bei der GAL und der SPD)

Wir wissen alle, dass sich immer noch zu wenige Menschen weiterbilden. Das gilt auch gerade für Hamburgerinnen und Hamburger, die ohnehin benachteiligt sind. Manchen Menschen fehlt auch der Mut oder die Motivation, einen Kurs zu besuchen, und anderen das Geld oder vielleicht die Kenntnis von Angeboten.

Das kann sicherlich nicht alles der Staat ausgleichen. Aber der Senat und wir hier in der Bürgerschaft haben die Aufgabe, dass es für alle wenigstens ein gutes Angebot gibt. Und ich frage Sie gerade, meine Damen und Herren von der CDU, wer anders als die Volkshochschule hat solch eine Verwurzelung in den Stadtteilen erreicht, gerade auch für Menschen, die nicht so begütert sind. Wer anders als die Volkshochschule schafft wohnortnah so viele Bildungsangebote. Wem vertrauen sich diejenigen an, die im Alter vielleicht Angst haben, sich zu blamieren, wenn sie einen Englischkursus besuchen? Und wer anders als die Volkshochschule hält die Bildungsschwellen so niedrig? Wer anders als die Volkshochschule steht heute als Markenprodukt für Weiterbildung schlechthin? Für viele Leute bedeutet doch Volkshochschule das Synonym für Weiterbildung wie für andere der Tesafilm fürs Kleben.

Wer gern mit modernen Floskeln von Dienstleistern und Bürokratieabbau herumschwadroniert, sollte vorher mal schauen, worum es eigentlich geht. Wer sich der Einsicht in eine breite Volksbildung verschließt, der sollte Konsequenzen ziehen. – Danke.

(Beifall bei der GAL und der SPD)

Das Wort bekommt Herr Lemke.

Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren! Man muss sich wirklich einmal den Wortlaut der Anmeldung des Themas zur Aktuellen Stunde auf der Zunge zergehen lassen. Es heißt dort: Volksverdummung statt Bildungsoffensive: Der Senat wickelt die Volkshochschule ab. Volksverdummung, Abwickeln, ich glaube, die Opposition braucht starke Worte, um überhaupt noch wahrgenommen zu werden.

(Beifall bei der CDU)

Wir leben und arbeiten in einer Weiterbildungs- und Bildungsmetropole. Das ist auch ein Faktum, das man hier einmal erwähnen muss. Diese Realität scheint an der Opposition vorbeigegangen zu sein.

Wenn man bei "Weiterbildung Hamburg" im Internet auf die Suche geht, findet man tausende von Kursangeboten für alle Lebenslagen und für die unterschiedlichsten Bedürfnisse und auch für die unterschiedlichsten Geldbeutel.

Das ist im Übrigen ein Verein, dessen Arbeit ich sehr schätze. Ich finde, dass "Weiterbildung Hamburg" ein großartiges Informationssystem ist.

(Beifall bei der CDU)

Einer dieser Weiterbildungsträger ist die Hamburger Volkshochschule. Die Hamburger Volkshochschule hängt am Tropf des Steuerzahlers. Daher muss man dazu einige Worte sagen.

Mit den Begriffen "Volksverdummung" und "Abwickeln" kommen wir nicht weiter. Das ist doch reine politische Stimmungsmache. Wo ist hier der Aussagewert von solchen Äußerungen? Tatsache ist, dass wir jetzt eine Einsparvorgabe des Senats haben: 7,1 Millionen Euro Zuschuss in 2004, 6,4 Millionen Euro in 2005 und 5 Millionen Euro in 2006. Das sind die Zuschüsse und Reduzierungen.

Ich wiederhole an dieser Stelle meine Haushaltsrede. Ich hatte bereits darauf hingewiesen, dass der deutschlandweit teuerste Hauptschulabschluss bei der Volkshochschule in Röbbek durch Angebote bei der staatlichen Abendschule ersetzt wird.

(Jan Peter Riecken SPD: Das stimmt ja nicht!)

Ich wiederhole das noch einmal: Er fällt nicht weg, er wird ersetzt.

(Beifall bei der CDU)

Wir sind hier jetzt bereits einen Schritt weitergekommen. Zum 1. Februar 2005 wird das Angebot an den staatlichen Abendschulen ausgeweitet. Auch hier muss man einmal bei "Weiterbildung Hamburg" in das Internet schauen. Man findet nämlich noch weitere elf Anbieter im Großraum Hamburg für den nachträglichen Hauptschulabschluss. Das muss man auch einmal sehen.

(Beifall bei der CDU)

Ich meine, eine seriös zukunftsweisende Politik kann nur eine Politik sein, die sich um die gesunden Kostenstrukturen bemüht. Sie haben selbst gesagt, Frau Goetsch, dass wir bei der Volkshochschule einen erheblichen Overhead haben. Wenn die Personalkosten des Overheads um 50 Prozent höher sind als die Kursleiterhonorare – also diejenigen, die praktisch die Angebote vornehmen und die Kurse leiten –, dann ist das meines Erachtens ein ungesundes Verhältnis. Die neue Leitung und die Arbeitsgruppe müssen sich damit beschäftigen.

(Dr. Willfried Maier GAL: Daran ist aber nicht ge- spart worden bisher!)

Sie werden sehen, dass in diesem Bereich auch etwas getan wird.

Jetzt wollte ich ganz kurz noch einmal auf die Morgenpost vor ein paar Tagen eingehen. Dort konnte man lesen – ich zitiere:

"VHS-Chefin schmeißt hin."

Das war sozusagen auch eine politische Aussage. Hier muss an dieser Stelle einmal der reale Sachverhalt richtig gestellt werden.

Tatsächlich war es so, dass die Leitung der VHS einen Zeitvertrag bis zum 31. Mai 2005 besaß, der zu diesem Datum endet. Einen auslaufenden Vertrag kann man nicht hinschmeißen, was auch wenig Sinn macht.

(Michael Neumann SPD: Ist das normal, dass Sie hier Personaldaten bekannt geben?)

Eine öffentlichkeitswirksame Verkündung über das Ende der Tätigkeit der Leiterin ist doch kein Grund, hier eine Aktuelle Stunde anzumelden.

(Beifall bei der CDU)

Wir erhalten eine neue Leitung, was auch in den Medien stand. Die Aufgabe der neuen Leitung wird auch sein, den eigentlichen Bildungsauftrag der Volkshochschule wieder mit Leben zu erfüllen.

(Lachen bei der SPD)

Wie kann man nun die Aufgabe definieren, die die Volkshochschule in Zukunft haben soll? Hören Sie doch bitte zu. Ich meine, dass solide Kurse für alle sozialen Schichten angeboten werden sollen, insbesondere auch niedrigschwellige Angebote für bildungsferne Schichten. Es wird auch weiterhin Deutsch für Ausländer geben. Jede andere Behauptung ist eine Vernebelung der Realität.

(Beifall bei der CDU)

Dagegen müssen solche Kurse auf den Prüfstand kommen, die nicht der eigentlichen Funktion der Volkshochschule entsprechen und die der privaten Konkurrenz nur durch Subventionen standhalten können. Man wird also letztlich auch die Kurse danach durchforsten müssen, welche wirklich zum Aufgabenbereich gehören und welche nicht.

(Glocke)

Herr Lemke, Sie sehen das rote Licht. Ihre Redezeit ist zu Ende.

Ich sehe und komme zum Schluss.

Eigentlich sollten Sie jetzt schon fertig sein.

Haushaltskonsolidierung ist auch erforderlich, um Sozialpolitik für die zukünftigen Generationen durchzuführen. – Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU)

Das Wort bekommt Herr Riecken für drei Minuten.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Herr Lemke, man kann ja kaum ruhig bleiben bei dem Unsinn, den Sie hier erzählen. Das war bei der Haushaltsberatung genauso.

(Rolf Harlinghausen CDU: Welche Arroganz!)