Protokoll der Sitzung vom 02.02.2005

[Antrag der Fraktion der CDU: Gesetz zur Änderung des Hamburgischen Beamtengesetzes – Drucksache 18/1617 –]

Wer wünscht das Wort? – Frau Spethmann.

(Michael Neumann SPD: Eine historische Debatte!)

Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren! Traditionen sind etwas Schönes und Gutes. Sie geben uns das Gefühl von Vertrautheit, weil sie etwas sind, an das wir uns gewöhnt haben und mit dem wir uns identifizieren können. Gewisse Traditionen werden zu unverwechselbaren Merkmalen einer Kultur, eines Staates oder auch einer Stadt.

Gerade in Hamburg gibt es einige Hamburgensien, die unsere Stadt ausmachen.

(Unruhe im Hause – Glocke)

Ich bitte um ein bisschen mehr Ruhe im Plenum. Frau Spethmann, wenn Sie das Mikrophon ein wenig tiefer stellen, dann hört man Sie besser.

Da fällt mir das Matthiae-Mahl ein. Würde man dieses abschaffen, so würde sicher ein Stück Hamburg verloren gehen. Aber man muss auch bereit sein, Traditionen zu überdenken, ob sie noch zeitgemäß sind, ihren ursprünglichen Zweck und überhaupt ihren Sinn erfüllen oder ob sie sogar negative Folgen haben. Wir dürfen nicht stur an Traditionen festhalten, ohne sie hin und wieder zu hinterfragen.

(Präsident Berndt Röder übernimmt den Vorsitz – Dr. Monika Schaal SPD: Wollen Sie das Matthiae- Mahl abschaffen?)

Die Annahme fremder Auszeichnungen wurde damals als Zeichen der Unterwürfigkeit interpretiert. Diese Zeiten dürften heute aber lange vorbei sein. Ende der Fünfzigerjahre startete man in diesem Parlament bereits einen Versuch, diesen überlieferten Grundsatz abzuschaffen. Der damalige Gesetzentwurf zum Hamburgischen Beamtengesetz sah einen Genehmigungsvorbehalt nur für ausländische Ehrungen vor, der auch bundsrechtlich geregelt war. Aber am Ende der Ausschussberatungen wurde der Genehmigungsvorbehalt wiederum auf sämtliche Auszeichnungen erweitert. Ich hoffe, mit dem vorliegenden Änderungsentwurf wird die Sache heute, im Jahre 2005 – 40 Jahre später – etwas einfacher verlaufen.

Der Beamte sollte selbst und unabhängig von der Anschauung des Senats entscheiden dürfen, ob er eine inländische Ehrung entgegennehmen will oder nicht. Schließlich geht es um seine außerordentlichen Verdienste als Mensch. Er sollte wegen seines Status als Beamter nicht gegenüber anderen Bürgern benachteiligt werden. Außerdem sollten wir doch alles tun, um ehrenamtliches Engagement der Menschen in dieser Stadt, egal ob Beamter oder nicht, zu unterstützen.

(Michael Neumann SPD: Wenn das Geld knapp wird, werden die Orden größer!)

Die Unabhängigkeit Hamburgs dürfte durch diese Annahme von inländischen Auszeichnungen durch unsere Staatsbediensteten heute wohl nicht mehr gefährdet sein. Die Tradition

(Unruhe im Hause – Glocke)

Meine Damen und Herren! Darf ich einmal der Grüppchenbildung im hinteren Teil des Hauses entgegenwirken? – Danke.

(Michael Neumann SPD: Wer so einen Antrag einbringt, der muss auch zuhören!)

Die Tradition der Ablehnung sämtlicher Ehrungen, die nicht vom Senat verliehen werden, ist daher heute nicht mehr zeitgemäß.

Mit diesem Entwurf folgen wir der bundesgesetzlichen Regelung und anderen Ländergesetzen, wie sie unter anderem im noch SPD-regierten Schleswig-Holstein, im

SPD-regierten Rheinland-Pfalz, im Saarland und auch in Bremen bestehen, das von einer Großen Koalition regiert wird. Ich sehe keinen Grund, warum wir in Hamburg eine Ausnahmestellung einnehmen und unseren Beamten eine solche Entscheidungsbefugnis nicht zubilligen sollten.

Alte Zöpfe, die nur noch stumpf und glanzlos herabhängen, sollte man einfach abschneiden, insbesondere dann, wenn sie nicht mehr zeitgemäß sind. – Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU – Michael Neumann SPD: Das ist innovativ!)

Das Wort bekommt der Abgeordnete Zuckerer.

(Michael Neumann SPD: Setz' den Helm auf und schnall' den Gurt an!)

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Es fällt meiner Fraktion relativ schwer, diesen Antrag ernsthaft und angemessen zu debattieren,

(Wolfgang Beuß CDU: Na, dann fangen sie mal an!)

wo doch dieses relativ unhanseatische Machwerk eher "für'n Mors ist".

(Glocke)

Das war ein charmanter Versuch. Ich erteile Ihnen dennoch einen Ordnungsruf.

(Wolfgang Beuß CDU: Das war charmant! – Gesine Dräger SPD: Das war die Pflege der nie- derdeutschen Sprache! – Glocke)

Frau Abgeordnete Dräger, eine Kritik am Präsidenten zieht normalerweise auch einen Ordnungsruf nach sich. Dieser erfolgt jetzt.

Ich will trotzdem versuchen, das Außerordentliche ebenso wie das Abnorme Ihres Schriftstücks zu kommentieren.

Zunächst zum politisch Außerordentlichen. Was ist das Besondere an diesem Antrag? – Es ist der erste, total eigenständige Gesetzentwurf der CDU-Fraktion in dieser Legislaturperiode,

(Beifall bei der SPD und der GAL – Michael Neumann SPD: Anerkennung!)

von dem man wirklich sicher sein kann, dass Ihnen dabei fast niemand aus dem Senat geholfen hat.

(Heiterkeit und Beifall bei der SPD und der GAL)

Dieses gesicherte reine CDU-Produkt umfasst sogar einen ganzen Satz. Ich muss mich verbessern: Genauer gesagt, dort stehen acht zusätzliche Worte zur bisherigen Regelung. Diese acht zusätzlichen Worte betreffen ausländische Mächte. Dieser geänderte Satz, dass der hamburgische Beamte keine Auszeichnungen von ausländischen Regierungen und Mächten annehmen darf,

(Erhard Pumm SPD: Das ist unseriös!)

drückt nicht aus, was die CDU will. Das wäre auch etwas einfach. Sie wollen etwas anderes. Sie wollen einen Ge

setzentwurf vorlegen, der im Umkehrschluss ermöglicht, dass der Beamte inländische Auszeichnungen annehmen darf. Das ist wirklich interessant. Man kann auch sagen, dass dies eine gewisse primitive Raffinesse hat.

(Beifall und Heiterkeit bei der SPD und der GAL)

Nun gibt es alle möglichen Dinge im Beamtenrecht, an denen man sich ernsthaft abarbeiten könnte und die auch wirklich reformbedürftig wären. Es gibt auch Dinge im Beamtenrecht, auf die Sie unlängst Bezug genommen haben. Ich erinnere mich an die Pfeifen-Affäre.

(Heiterkeit bei der SPD)

Der hamburgische Beamte darf keine Pfeifen annehmen, ein Senator schon gar nicht. Aber Herr Senator Nagel darf in Zukunft den Bayerischen Verdienstorden annehmen; das wollen Sie doch hoffentlich.

(Beifall bei der SPD und der GAL)

Es gäbe so viel, woran Sie sich abarbeiten könnten, von der Organisation des öffentlichen Dienst, vom Bürokratieabbau über eine leistungsgerechte Bezahlung und noch alles Mögliche. Niemand erwartet von Ihnen, dass Sie in Ihren Reformeifer gleich groß anfangen, klein würde jedem hier vollkommen genügen.

(Wolfgang Beuß CDU: Aber wir fangen mal an!)

Das ist eigentlich nicht mehr klein. Man kann verstehen, dass eine Fraktion, die weiß, dass der eigene Senat nichts von ihr hält, irgendwann versucht, etwas zu tun. Jeder Wurm, der getreten wurde, der krümmt sich auch einmal. Aber mussten Sie deswegen auf die Gehirntätigkeit eines Wurms zurückfallen?

(Beifall und Heiterkeit bei der SPD und der GAL)

Wenn es wenigstens im öffentlichen Dienst jemanden gäbe, der verzweifelt darauf wartet, einen Orden annehmen zu können. Aber der Senat hat auf meine Kleine Anfrage heute mitgeteilt, dass im letzten Jahr keiner einen solchen Antrag gestellt hat, weder für einen Orden von ausländischen Mächten noch für einen inländischen. Gibt es vielleicht in Ihrer Fraktion irgendeinen, der sich verzehrt, einen zu bekommen und es jetzt endlich darf?