Protokoll der Sitzung vom 21.04.2004

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Herr Müller, leider werden wir Ihrem Ansinnen nicht entsprechen können.

Die Vorgabe bei der Formulierung dieser Stellungnahme war: Einfachheit und Klarheit, und zwar im Wahlrecht und in der Stellungnahme für die Abstimmung am 13. Juni. Wenn in der Stellungnahme eine solche Erwähnung, wie Sie sie beantragt haben, enthalten wäre, würde diese Einfachheit und Klarheit nicht mehr hervortreten.

Es ist ganz wichtig, dass wir den Menschen nicht mit verwirrenden und komplizierten Formulierungen vor die Augen treten. Dann wissen die Menschen nicht mehr,

was sie alles machen sollen. Genauso – das haben meine Vorredner schon gesagt – ist das Wahlrecht der Initiative. Es ist so kompliziert und die Wahlzettel sind so groß, dass das Wahlrecht nicht mehr übersichtlich, einfach und klar ist.

Sie wollen ein Quorum über die Hintertür erreichen. Nach der Verfassung und nach der Geschäftsordnung haben Sie keinen Anspruch, in der Broschüre zu erscheinen. Dies ist ein Antrag einer sehr großen Mehrheit, denn 90 Prozent der Wählerinnen und Wähler sind durch diese Stellungnahme vertreten. Insoweit müssen Sie dafür Verständnis haben, dass Sie keinen Anspruch haben. Wir können Ihren Antrag nicht unterstützen; darum werden Sie in der Broschüre nicht erscheinen. – Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU)

Wenn keine weiteren Wortmeldungen vorliegen, kommen wir zur Abstimmung.

Zunächst zum GAL-Antrag aus der Drucksache 18/135. Wer möchte ihn annehmen? – Gegenprobe? – Enthaltungen? – Das ist mit großer Mehrheit abgelehnt.

Wer möchte den Antrag aus der Drucksache 18/131 annehmen? – Gegenprobe. – Enthaltungen? – Das ist mit großer Mehrheit angenommen.

Ich rufe die Tagesordnungspunkte 28, 29, 35 und 40 auf: Drucksache 18/78, Senatsmitteilung: Bericht der Lenkungsgruppe zur Überprüfung des Kita-Gutscheinsystems, Drucksache 18/80, Senatsmitteilung: Weiterentwicklung des Kinderbetreuungsangebots in Hamburg sowie Drucksache 18/88, Antrag der Fraktionen der SPD und der CDU: Hamburger Kinderbetreuungsgesetz (Neu- fassung), und Stellungnahme der Bürgerschaft zum Volksentscheid „Für eine kinder- und familiengerechte Kita-Reform“.

[Senatsmitteilung: Stellungnahme des Senats zu dem Ersuchen der Bürgerschaft vom 31. März 2004 (Drucksache 18/22) – Bericht der Lenkungsgruppe zur Überprüfung des Kita-Gutscheinsystems – Drucksache 18/78 –]

[Senatsmitteilung: Weiterentwicklung des Kinderbetreuungsangebots in Hamburg – Drucksache 18/80 –]

[Antrag der Fraktion der SPD: Hamburger Kinderbetreuungsgesetz (KibeG) – Drucksache 18/88 (Neufassung) –]

[Stellungnahme der Bürgerschaft zum Volksentscheid „Für eine kinder- und familiengerechte KitaReform“]

Zu Tagesordnungspunkt 40 teile ich mit, dass keine Stellungnahme vorgelegt worden ist.

Die Drucksachen 18/78 und 18/80 möchte die SPDFraktion an den Familien-, Kinder- und Jugendausschuss überweisen. Wer wünscht das Wort? – Herr Böwer.

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Heute ist – das kann man wohl sagen – ein guter Tag für die Stadt und insbesondere für die Kinder und die Familien.

(Beifall bei der SPD und bei Rüdiger Kruse CDU)

Wir bringen heute ein Gesetz auf den Weg, das endlich einen umfassenden Rechtsanspruch auf Kinderbetreuung für berufstätige Eltern formuliert, Familienarmut verhindert und pfleglich mit der beruflichen Qualifikation von Frauen und Müttern umgeht.

Wir bringen heute ein Gesetz auf den Weg, das erstmals in einem der westlichen Bundesländer die fünfte Kindergartenstunde inklusive eines Mittagessens gesetzlich festlegt, das mit der Schaffung eines Qualifizierungskuratoriums den Bildungsauftrag der Kitas stärkt und auch die Kinder in sozialen Brennpunkten mitnimmt. Wir bringen heute gemeinsam ein Gesetz auf den Weg, das endlich Eltern und Kindern ein solides Mitbestimmungsrecht in Kita-Fragen garantiert.

(Beifall bei der SPD und bei Christiane Blömeke GAL)

Ich will an dieser Stelle nicht unerwähnt lassen, Bestandteil der Vereinbarung ist auch, dass der Abbau der Warteliste berufstätiger Eltern von Krippenkindern bis zum 1. August ebenfalls als vereinbart gilt.

(Beifall bei der SPD)

In Hamburg haben sich 170 000 Menschen für das von mir gerade in den Eckpunkten beschriebene Gesetz stark gemacht. Elterninitiativen, Gewerkschaften und Kitas haben für „Mehr Zeit für Kinder“ gekämpft. Der heutige Tag ist ihr Erfolg.

(Beifall bei der SPD)

Wer in den vergangenen Monaten selbst Unterschriften gesammelt hat, der weiß, dass es eben nicht nur die Eltern von Kindern waren, die ihre Unterschrift geleistet haben. Es waren auch ältere Mitbürgerinnen und Mitbürger, deren Kinder schon längst aus dem Haus sind. Aber alle waren sie in ihrer Unterschrift davon geleitet, dass es eine gesellschaftliche Verantwortung dafür gibt, …

(Unruhe im Hause – Glocke)

Ich bitte um etwas mehr Ruhe.

… auch in Hamburg Familien und Kinder zu unterstützen. Es spricht – das ist an den Senat und auch an die CDU-Fraktion gerichtet – für den Bürgermeister Ole von Beust, dass er sich von diesem Ergebnis und dem drohenden Volksentscheid am 13. Juni hat beeindrucken lassen.

(Michael Neumann SPD: Wo ist er denn? Dafür versteckt er sich jetzt!)

Der Druck auf den Senat, nicht nur einige Zugeständnisse zu machen, sondern dem Geist des Gesetzesentwurfes in Gänze zu folgen, ist aber erst durch die Volksgesetzgebung selbst möglich geworden.

(Beifall bei der SPD, bei Dr. Willfried Maier und Christiane Blömeke, beide GAL)

Insoweit ist das Kinderbetreuungsgesetz im wahrsten Sinne des Wortes ein Volksgesetz aller, das wir heute im Parlament quasi nur noch notariell beglaubigen.

Ein weiser Mann zeichnet sich durch die Erkenntnis aus, dass er weiß, dass selbst heute absolute Mehrheiten

nicht mehr ausreichen, um auf Dauer eine gute Politik zu machen, wenn man nicht das Volk an seiner Seite weiß. In diesem Sinne ist Ole von Beust endlich ein weiser Mann geworden.

(Michael Neumann SPD: Na ja!)

Möge er diese Weisheit auch auf andere Entscheidungen übertragen.

(Beifall bei der SPD)

Manchmal lohnt es sich in der Politik, einen langen Atem zu haben. Deswegen will ich kurz daran erinnern, dass wir über dieses Gesetz bereits zum vierten Mal abstimmen.

(Michael Neumann SPD: Warum denn?)

Am 23. Januar 2002 ist im Wesentlichen der gleiche Gesetzentwurf eingebracht, jedoch abgelehnt worden. Am 10. April 2003 wurde er erneut eingebracht und abgelehnt. Am 12. Februar dieses Jahres geschah dies ebenfalls so. Heute habe ich bezüglich der Einigung von einem ganz besonderen außerparlamentarischen Prozess in der „Welt“ gelesen, die FDP fühle sich schlecht behandelt. Dazu fällt mir nichts mehr ein, außer die Bitte, dass es irgendeinen netten Menschen geben möge, der Herrn Müller-Sönksen eine E-Mail schickt, wenn wir hier fertig sind.

(Beifall bei der SPD und vereinzelt bei der GAL)

Ich freue mich, dass auch die Kollegen der CDU, die das Gesetz dreimal abgelehnt haben, diesem heute offiziell zustimmen können. Ich weiß, dass Herr Weinberg innerhalb der eigenen Fraktion immer für die fünfte Betreuungsstunde gekämpft hat.

(Wolfgang Beuß CDU: Nicht nur Herr Weinberg!)

Unter Kollegen darf man einen nennen; die übrigen haben sich etwas zurückgehalten.

Von daher ist es aus meiner Sicht ein mutiger Schritt der CDU, die Finanzierungsfragen für eine Verbesserung der Kindertagesbetreuung in Hamburg nicht weiterhin zum Totschlagargument zu benutzen.

Wenn Finanzsenator Peiner anwesend wäre, würde ich an ihn einige ernst gemeinte Sätze richten; vielleicht kann er sie im Protokoll nachlesen.

Paula Karpinski – wenn sie hier wäre – würde in Analogie zu einer Protokollerklärung sagen: Herr Senator, jetzt müssen Sie ganz tapfer sein, es geht um die Kinder in dieser Stadt.

Weil es die Tapferkeit angeht, möchte ich an ein anderes Zukunftsprojekt erinnern, bei dem alle Fraktionen in diesem Parlament Einigkeit bewiesen und auch sehr viel Geld in die Hand genommen haben. Es ging um Flugzeuge, nämlich um die Erweiterung des Airbusgeländes. Im übertragenen Sinne sprechen wir aber auch heute von einer Startbahn, wenn nicht sogar von der Startbahn.