Ich glaube, Sie sollten nicht die Eltern unterschätzen, die sind nicht so vernagelt, wenn mit vernünftiger Argumentation gemeinsam geplant wird, Standorte entsprechend zu halten oder zu sagen, das geht wirtschaftlich nicht mehr
Wir wollen kein „weiter so“, sondern eine Beteiligungsstruktur und eben diese Regionalen Kommissionen. Deshalb bitte ich um Ihre Stimme für die Überweisung, damit wir darüber vernünftig im Schulausschuss diskutieren können. – Danke.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Wir stehen in der Tat vor einer großen Herausforderung. Auf der einen Seite wollen wir alle mehr Profilbildung in den Schulen, mehr Autonomie und das Ganze funktioniert natürlich nur mit möglichst großer Wahlfreiheit für die Eltern, die wir bekanntermaßen bei den Grundschulen erst einführen mussten. Auf der anderen Seite darf verantwortungsbewusste Politik nicht einfach nur passiv von Anmelderunde zu Anmelderunde auf die Ausübung dieses Wahlrechtes reagieren, wie es allzu lange in Hamburg der Fall war. Eine der Folgen, die wir heute beobachten können – Sie haben sie ja angeführt –, sind viel zu kleine Schulen, mit häufig nicht ausreichenden Angeboten an Wahlpflichtkursen und vielen anderen Organisationsproblemen. Eine andere Folge waren aber auch viele Fehlinvestitionen, die wir in den letzten Jahrzehnten hier in Hamburg beobachten konnten. Es darf eben in der Tat nicht sein, dass wir jetzt eine Schule zur Ganztagsschule machen oder sie aufwendig sanieren und sie dann in zwei Jahren mangels Schülern schließen müssen.
Wenn wir also ein engmaschiges Netz an starken Schulen aller Schulformen haben wollen, brauchen wir in der Tat eine verlässliche Planung, wie die Hamburger Schullandschaft in fünf oder zehn Jahren aussehen soll. Ich glaube, soweit sind wir uns auch einig.
Gerade die aktuellen Diskussionen zeigen aber auch, dass wir nicht nur eine sinnvolle Planung brauchen, sondern wir brauchen auch Klarheit. Gerade die Eltern fordern zu Recht ein, dass sie vor der Anmeldung wissen wollen, was mit der künftigen Schule ihrer Kinder passiert. Dies war bislang nicht gewährleistet. Wir wollen daher, dass möglichst schnell unter Einbeziehung der Betroffenen eine langfristige Schulentwicklungsplanung in Hamburg aufgestellt wird. Und ich habe da im Grundsatz auch einige Sympathien für Ihren Antrag, Frau Goetsch, aber er ist leider nicht sehr realistisch.
Ihr Vorschlag geht davon aus, dass sich Schulleiter, Eltern und Schüler gemeinsam treffen und dann nach ausgiebiger Diskussion zu einem Kompromiss kommen. Einige müssten dann sagen: Ihr habt ja alle Recht, meine Schule dürft ihr gern schließen. Vielleicht fehlt mir da ein Schuss Sozialromantik, aber ich glaube genauso wie Frau Ernst, die das auch schon in der Zeitung gesagt hat, dass jeder für seine Schule kämpfen wird. Und das auch zu Recht, denn schließlich haben die Betroffenen zu viel Liebe und Arbeit in ihre jeweilige Schule investiert, um sie für noch so vernünftige Gründe aufzugeben.
Zum Zweiten beachten Sie mit Ihrem Vorschlag auch nicht, dass die Schulkreise viel zu starr sind, um nur in
ihren Grenzen nach optimalen Lösungen zu suchen. Eine gute Lösung in allen Schulkreisen ist noch nicht eine gute Lösung für Hamburg. Viele Schulen ziehen Schüler aus anderen Schulkreisen an und das müssen wir in der Planung auch beachten.
Zum Dritten wundere ich mich ein wenig, warum Sie der Senatorin am 25. März per Pressemitteilung mächtig Dampf machen, um sie nun wieder ausbremsen zu wollen. Das von Ihnen vorgeschlagene System der Regionalen Konferenzen würde es kaum erlauben, verbindliche Entscheidungen rechtzeitig vor der nächsten Anmelderunde zu bekommen. Sie fordern Entscheidungen bis Dezember 2004, das Anmeldeverzeichnis erscheint aber bereits Anfang November und muss natürlich auch noch gedruckt werden. Bei Ihrer Terminplanung würden zehntausende Eltern und Schüler massiv verunsichert werden. Vielleicht ist das genau das, was Sie eigentlich wollen.
Wir können aber natürlich gern darüber im Schulausschuss beraten – denn das wollen wir ja auch –, wie wir Schüler, Eltern, Lehrer, Schulleitungen, Bezirke und andere Betroffene in die Schulentwicklungsplanung einbeziehen können. Denn das dieses notwendig ist, darüber brauchen wir uns hier gar nicht zu streiten. Wir wollen gerade nicht von oben entscheiden und werden dies auch nicht tun, sondern gemeinsam die beste Lösung für Hamburgs Schülerinnen und Schüler finden.
Die SPD will dies angeblich auch, hat sich aber leider ein bisschen im Terminkalender verirrt. Wie in gut einem Monat bereits ein gesamtes Konzept inklusive breiter Beteiligung – so lese ich es jedenfalls – vorgelegt werden soll, ist mir persönlich völlig schleierhaft.
Was die Entscheidung für das nächste Schuljahr anbelangt: Sie wissen ganz genau, und auch die GEW kennt das Verfahren, dass wir seit Jahren genau die gleiche Vorgehensweise in Hamburg haben. In jedem Frühjahr analysiert die Bildungsbehörde die Zahlen aus der Anmelderunde, schaut nach, wo ein sinnvoller Schulbetrieb mangels ausreichender Schülerzahlen nicht mehr möglich ist oder wo eine Schule aus allen Nähten platzt und schlägt dann vor, welche Maßnahmen zu treffen sind. Das war unter Rotgrün so, das ist unter der CDU so und alles andere wäre auch völlig verantwortungslos, bevor wir nicht die Schulentwicklungsplanung haben. Deshalb können wir leider auch nicht mit den jetzt notwendigen Maßnahmen warten, bis die Schulentwicklungsplanung steht.
Nur durch die schnelle Regierungsbildung und das schnelle Handeln der Senatorin konnten trotz der Bürgerschaftswahl alle Fristen eingehalten werden, um die Betroffenen umfänglich einzubinden. Das ist die Wahrheit.
Die Vorschläge sind allen Schulleitungen, Kreisschülerräten, Kreiselternräten und Kammern zugegangen und jede Stellungnahme wird wie in jedem Jahr ganz detailliert der Deputation zugehen. Die Deputation wird dann unter Berücksichtigung dieser Stellungnahmen entscheiden. Gerade die CDU hat in den letzten Jahren dafür gesorgt, dass das auch wirklich geschieht und nicht wie früher die Vorabentscheidungen vom grünen Tisch einfach durchgezogen werden. Ich bin mir sicher, dass zumindest die
CDU-Deputierten, die wir heute gewählt haben, dies genau so machen und dann ihre Entscheidung im Juni gut begründet treffen werden. Es ist also mehr als durchsichtig, wenn Sie sich künstlich über angeblich voreilige Entscheidungen von oben nach unten empören. Bedanken Sie sich lieber für die rechtzeitige Einbindung aller Betroffenen
und für die bereits angestoßene Schulentwicklungsplanung, wir sind nämlich auf dem richtigen Weg. – Danke.
Frau Präsidentin, Frau Senatorin Dinges-Dierig, das ist heute die erste Schuldebatte, die wir in diesem Hause führen und ich möchte Ihnen doch noch einmal sagen, dass Ihr Amtsantritt in Hamburg mit großen Hoffnungen und Erwartungen verbunden wurde. Sie haben auch, weil Sie vielleicht aus der Ferne die Hamburger Situation beobachtet haben, den Schulen mehr Kommunikation versprochen, sachliche Arbeit und wollten eine Abkehr leisten von dem Politikautismus des Schulsenators Lange, den wir hier erleben durften.
Aber es gibt eine Irritation durch die Ereignisse der letzten Wochen, weil man sich doch an den Beginn der letzten Legislaturperiode erinnert fühlt. Schnellschüsse bevor mit den Betroffenen geredet wird, Einzelaktionismus statt langfristiger Planung und eine Schulsenatorin, die erst einmal nicht erreichbar, sondern – wie man sagte – im Urlaub ist. Das erinnerte fatal an den Beginn der Amtszeit von Schulsenator Lange und das hatten wir schon und wir hatten gehofft, hier zu einem anderen Start zu kommen.
Ein neues Regierungsmitglied hat normalerweise 100 Tage Schonfrist und wir haben auch erklärt, dass wir dazu stehen, aber das, was Sie gemacht haben, bedeutet, dass viele Schulen in Hamburg diese 100 Tage nicht haben, sondern unmittelbar vor dem Aus stehen, keine Perspektive haben und deshalb werden wir hier jetzt in eine sehr kontroverse Debatte einsteigen müssen, in der Stadt, aber auch hier im Parlament.
Die GAL ist parlamentarisch aktiv geworden und wir haben einen Zusatzantrag eingebracht, weil wir die Initiative der GAL als zu kurz gesprungen empfinden. Ich glaube – Sie haben es auch angesprochen – eben auch nicht, dass ausschließlich Regionale Konferenzen der geeignete Ort sind, um zu einer vernünftigen Schulentwicklungsplanung für ganz Hamburg zu kommen. Unsere zentrale Forderung an den Senat ist es daher, einen Schulentwicklungsplan für ganz Hamburg zu erarbeiten. Hamburgs Schulen brauchen Klarheit und Perspektive und deshalb, Herr Heinemann, müssen die jetzt eingeleiteten schulorganisatorischen Maßnahmen zurückgestellt werden. Wir brauchen erst ein langfristiges Konzept und dann kann man in die Einzelentscheidung gehen. Das Verfahren, das Sie hier gewählt haben, ist falsch herum und wird den großen Reformanforderungen, die wir haben, überhaupt nicht gerecht.
Sie haben hier so getan, als wenn das Konzept heute vorläge, aber es liegt nicht vor und deshalb möchten wir den Senat nicht aus der Verantwortung lassen und fordern Sie um Zustimmung zu unserem Antrag auf. Wenn man mit Eltern in Hamburg spricht – und das haben viele in den letzten Tagen getan –, gibt es eigentlich niemanden, der sagt, keine Schule in Hamburg dürfe in den nächsten Jahren geschlossen werden. Es gibt ein großes Verständnis dafür, dass bei sinkenden Anmeldezahlen aus Kostengründen einzelne Standorte nicht erhalten werden können. Aber niemand versteht, warum man mit dieser laufenden Anmelderunde – wissend, dass größere Umstrukturierungen notwendig sind – diesen Schulen mit kurzer Frist einen blauen Brief vor Ostern schreibt und ihnen mitteilt, dass sie künftig nicht mehr gewünscht und erwartet werden.
Ich empfinde das auch immer wieder als eine bedauerliche Situation, weil wir alle wissen, wie viel Herzblut und Energie an jeder einzelnen Schule vorhanden ist, wie viel Engagement dort ist, und da wünsche ich mir etwas mehr Sensibilität.
Ein weiterer Punkt hat uns auch beunruhigt und ich würde mir wünschen, Frau Senatorin, dass Sie hier die Gelegenheit nutzen, das auszuräumen. Der Amtsleiter der BBS, Herr Rosenboom, hat gegenüber der Morgenpost gesagt, man denke darüber nach, das Recht der Eltern auf freie Schulwahl einzuschränken und zur Form der Schulzuweisung zu kommen. Das wiederum halte ich nun für einen abenteuerlichen, absurden Vorschlag. Sie kommen mit einem Gesamtkonzept nicht hin, Sie schaffen es nicht die notwendigen Umstrukturierungen vorzunehmen und weil die Eltern einzelne Standorte nicht mehr akzeptieren und Sie nicht arbeiten, sagen Sie: Liebe Eltern, das Recht auf die freie Wahl der Schule wird künftig eingeschränkt, wir sagen euch, wo ihr eure Kinder hinschicken sollt. Das ist doch wirklich ein Rückgriff in finsterste planwirtschaftliche Ideen und mich wundert, dass Sie nicht die Gelegenheit genutzt haben, das hier aus dem Weg zu räumen.
Man sollte sich bei diesen Fragen bewusst machen, es geht hier nicht nur um quantitative Entwicklungen, es geht nicht nur um rückläufige Schülerzahlen, die wir insgesamt haben. Wenn man sich die einzelnen Schulstandorte ansieht, dann sieht man, es hat ganz viel mit der Nichtakzeptanz einzelner Standorte zu tun. Es hat auch mit der Nichtakzeptanz einzelner Schulformen zu tun, nämlich der Hauptschule, der in Hamburg die Schülerinnen und Schüler weglaufen und die für viele Eltern kein attraktives Angebot ist. Sie haben durch das Lehrerarbeitszeitmodell in der vergangenen Legislaturperiode den Druck auf die Schulen verstärkt, weil Sie die Spielräume, Klassen einzuräumen, dadurch verengt haben, dass die Basisfrequenzen deutlich weniger Spielräume liefern.
Frau Dinges-Dierig, ich wünsche mir, dass Sie den Gedanken der Zwangszuweisung zurückweisen. Die SPDFraktion steht dafür, den Elternwillen auf jeden Fall aufrechtzuerhalten. Und ich denke auch, dass der Elternwille ein ganz unverzichtbares Instrument dafür ist, um zu einer Weiterentwicklung schulischer Qualität zu kommen.
Eltern entscheiden sehr sorgfältig, wo sie ihr Kind hinschicken wollen, und wenn viele Eltern sagen, sie wollen ihr Kind nicht auf die Hauptschule schicken, heißt das auch, dass sie den Bildungsweg für ihre Kinder offen halten wollen. Viele entscheiden sich für integrierte Schulsysteme, weil sie nicht akzeptieren, dass ihre Kinder schon mit Klasse 5 auf einen Abschluss festgelegt werden. Deshalb kann ich Ihnen sagen, Ihre blauen Osterbriefe lenken von diesen ganzen Dingen einfach nur ab. Sie lenken davon ab, dass es Qualitätsdefizite an den Schulen gibt, sie lenken davon ab, dass Hauptschulen nicht mehr als zeitgemäße Anforderungen begriffen werden und sie lenken auch davon ab – Frau Goetsch hat das gesagt –, dass die gymnasialen Oberstufen viel zu klein sind und längst kein adäquates Angebot mehr bringen. Deshalb brauchen wir eine Schulentwicklungsplanung, die nicht nur eine Schulschließungsplanung ist. Wir müssen auch dahin kommen, dass die Entscheidung, welche Schulen weitergeführt werden, natürlich vor der Anmelderunde getroffen wird und nicht erst nach der Anmelderunde aufgrund der vorliegenden Zahlen der Daumen gesenkt wird.
Ich möchte noch einen weiteren Aspekt nehmen, den wir auch in unserem Antrag angesprochen haben: Sport. Auch hier brauchen wir höchste Sensibilität, denn Schulen sind nicht nur Orte, wo Bildung und Wissensvermittlung stattfindet, sondern viele Sportvereine nutzen in Hamburg die Hallen und auch dort gibt es Verwunderung darüber, wie hier mit solch sensiblen Themen umgegangen wird. Auch das zeigt, wie notwendig es ist, sich hier zu beraten.
Zwei Anträge liegen heute vor. Mein Wunsch ist, dass wir sie in den Ausschuss überweisen, dass Sie die Gelegenheit nutzen, Frau Senatorin, uns auch Ihre längerfristigen Überlegungen darzustellen, damit die Abgeordneten und auch die Öffentlichkeit darüber diskutieren können. Ich möchte ausdrücklich sagen, dass wir auch einen anderen Umgang erwarten als den der vergangenen Jahre, den Sie, Herr Heinemann, hier dargestellt haben. Ich denke, dass es angesichts der großen Umstrukturierungsnotwendigkeit nicht richtig ist, die Deputierten mit 14-TageFristen ausschließlich mit diesen Fragen zu befassen. Bei den vielen anschließenden und notwendigen Reformen, die da sind, muss das Parlament und eine breite Öffentlichkeit befasst werden. Das ist, finde ich, das Mindeste, und ich bedauere, dass Sie eben erklärt haben, dass Sie bei diesem Verfahren bleiben wollen.
Wir konnten heute im Übrigen auch der Zeitung entnehmen, dass die neu gegründete Bildungsvereinigung der Hamburger CDU im Prinzip unsere Überlegungen teilt. Dort stand sinngemäß das, was ich hier ausgeführt habe. Aufseiten der CDU wurde kritisiert, dass einzelne Schließungen ohne Gesamtkonzept auf den Weg gebracht wurden. Es wurde angemerkt, dass sich der Senat offenbar noch nicht von seiner Schnellschusspolitik in der Bildungspolitik verabschiedet hat. Das sind wahre Worte aus Ihrer Fraktion, aus Ihrer Partei. Deshalb hoffe ich um Zustimmung zu unserem Antrag. – Danke.