Britta Ernst

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Last Statements

Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren! Herr Hesse, vorweg muss man sagen, wenn die CDU so mühsam bei mehreren Anträgen die Tagesordnung gegen das einvernehmliche Benehmen ändert, zeigt das zunächst einmal, dass Sie in der Vergangenheit nicht sorgfältig gearbeitet haben
und jetzt in Torschlusspanik die ansonsten einvernehmlich zustande gekommene Tagesordnung ändern wollen. Ich kann Sie auch beruhigen. Wir hatten bei den Punkten 72 und 74 gar nicht vor, der zweiten Lesung zu widersprechen.
Da setzen Sie heute in der vorletzten Sitzung sehr konsequent Ihren undemokratischen Politikstil fort. Ich will für diejenigen, die vielleicht nicht genau informiert sind, sagen, dass es einen Bürgerentscheid gegen diesen Bebauungsplan gegeben hat. Alle Parteien, außer der CDU, sind gegen diesen Bebauungsplan. Die CDU hat sich mit ihrer Mehrheit eines Tricks bedient, indem sie sich formal des Bürgerentscheides angenommen hat. Das haben wir auch schon einmal in der Stresemannstraße in Altona beobachten können, wie Sie mit formalen Tricks dem Ansinnen von Bürgerinnen und Bürgern entgegentreten und das hier nun mit Ihrer Mehrheit machen. Ich glaube, diesen Politikstil sind die Bürgerinnen und Bürger leid und Sie werden dafür am 24. Februar 2008 die Quittung bekommen.
Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren! Herr Heinemann, das waren viele Krokodilstränen, die Sie gerade geweint haben. In Wahrheit ist es doch so, dass Sie eine groß angelegte Kampagne gestartet haben, die in den letzten Wochen gezeigt hat, dass sie genau das ist, was man einen Rohrkrepierer nennt.
Als Erstes mussten Sie diese seltsamen Plakate, auf denen Sie namentlich einzelne Hamburger Gymnasien mit dem Etikett der Einheitsschule versehen haben, dem Altpapier zuführen, wo sie in Wahrheit auch hingehören. Die parteipolitische Instrumentalisierung haben sich unsere Hamburger Gymnasien nicht gefallen lassen. Frau Schulsenatorin Dinges-Dierig, der Parteivorsitzende Freytag und auch der Erste Bürgermeister von Beust haben sich aber besonders blamiert. Statt die Schulen vor Parteilichkeit zu schützen und aus dem Wahlkampf herauszuhalten, was eigentlich immer einer unserer Grundsätze ist, wie es uns auch die Verfassung nahelegt,
Es ist übrigens auch Ihre Senatorin, die Richtlinien an Schulen verschickt, dass man sich politisch herauszuhalten habe. Ich finde es peinlich, Frau Senatorin DingesDierig, dass Sie persönlich sich durch Ihre Plakate nicht
an das halten, was Sie den Schulen insgesamt als Aufgabe geben.
Sie mussten deshalb auch einen Rückzieher machen, und zwar nicht aufgrund Ihrer Richtlinien, sondern weil Hamburgs Gymnasien doch klüger sind als Sie, weil sie gemerkt haben, dass Sie gar nicht für das Überleben der Gymnasien kämpfen wollen. Das ist ja eh Unsinn und das weiß jeder, dass das gar nicht zur Debatte steht. Sie kämpfen um Ihr politisches Überleben als Regierungspartei und deshalb haben Sie hektisch versucht, diese Kampagne auf den Weg zu bringen und da haben die Hamburger Gymnasien nicht mitgemacht. Das ist doch das, was passiert ist.
Dass Sie eigentlich um Ihr Überleben kämpfen, was auch die Umfragen zeigen, und nervös geworden sind,
zeigt im Übrigen auch sehr deutlich der erste Antrag, den Sie wahrscheinlich aus guten Gründen zurückgezogen haben. Da steht drin, dass es eine große Unsicherheit an Hamburgs Schulen gebe, keiner wisse, wie es weitergeht und verantwortlich machen Sie die SPD-Bildungspolitik.
Da gratuliere ich Ihnen zunächst einmal: Herzlichen Glückwunsch zu Ihrer Kernaussage. Sie haben gemerkt, dass Sie im März nicht mehr das Sagen haben.
Das war das einzig Richtige an diesem Antrag. Ich kann Ihnen nur sagen, dass es nicht so ist, dass in Schulen große Unsicherheit besteht, sondern ich glaube, es knallen die Sektkorken, wenn Frau Senatorin Dinges-Dierig nicht mehr im Amt ist.
Unsicherheit war nicht an den Schulen, Unsicherheit besteht in der CDU-Wahlkampfzentrale. Das ist das, was real passiert ist. Ich finde, auch Ihr heutiger Antrag dokumentiert, dass Sie sich überhaupt nicht mit den realen Problemen an Hamburgs Schulen auseinandersetzen. Ich glaube, dass Sie sich insgesamt auch keinen Gefallen damit tun. Ich stelle immer wieder fest, dass Bürgerinnen und Bürger, auch frisch gewählte Elternvertreter, ein sehr feines Gespür dafür haben, ob die politischen Themen instrumentalisiert werden oder ob man sich wirklich um ihre Belange kümmert, Herr Heinemann.
Wir haben in der Tat im März dieses Jahres über die Ergebnisse der Enquete-Kommission beschlossen. Wir haben unterschiedliche Akzente gesetzt, aber wir haben diesen Bericht vorgelegt und den Senat aufgefordert, zu handeln. Das war vor zehn Monaten. Ihr Antrag heute dokumentiert zehnmonatiges Nichtstun dieser Behörde, wenn es um die Umsetzung der Beschlüsse der EnqueteKommission geht und heute weinen Sie hier bittere Krokodilstränen, weil irgendetwas nicht so ist wie es sein sollte.
Das, was ich erfahre und was sicherlich auch andere Kolleginnen und Kollegen erfahren, ist, dass wir E-Mails, Anrufe und Briefe von Schulen bekommen, die genau
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wissen wollen, wie es weitergeht. Die haben den Bericht der Enquete-Kommission sehr genau gelesen. Wir haben mitbekommen, dass es eine breite Zustimmung gab, die Abschaffung der Hauptschulen auf den Weg zu bringen und dass es eine breite Zustimmung gibt, Stadtteilschulen auf den Weg zu bringen. Jetzt stehen die Schulen vor der Anmelderunde und niemand weiß, wie es konkret weitergeht. Das ist das, was die Schulen umtreibt und wo eine Unsicherheit besteht und dazu sagen Sie seit zehn Monaten nichts.
Was bedeutet es für die konkreten Haupt- und Realschulen, wenn sie Stadtteilschule werden wollen? Diese Frage steht oben auf der politischen Agenda und Sie sind abgetaucht. Die Behörde schweigt und schweigt. Es gibt weder eine regionale Bestandsaufnahme, es gibt weder Perspektiven oder gar Szenarien, welche Schulverbünde, Kooperationen eingegangen werden. Es gibt auch keine regionale Schulaufsicht, wie sie nötig wäre. Es gibt niemanden, der vor Ort den Prozess steuert. Ob Schulen kooperieren, hängt wie immer vom Engagement vor Ort ab. Es gibt keine Bildungskonferenzen oder Versammlungen vor Ort. Es gibt keine Fortbildungsoffensive für Lehrkräfte, die sich - wie wir alle wollten - mit einer größeren heterogenen Schülerschaft auseinandersetzen sollen. Niemand steuert diesen Prozess.
Wie setzen Sie eigentlich unsere gemeinsam getragene Forderung um, dass jetzt auch an den Haupt- und Realschulen Gymnasiallehrkräfte eingesetzt werden können? Das ist ein wichtiger Punkt, weil die Perspektive der Stadtteilschule und ihr Erfolg doch davon abhängen wird, ob es an diesen Schulen gelingt, nach 13 Jahren zum Abitur zu führen. Dazu müssen Sie die Voraussetzungen schaffen und seit zehn Monaten schweigen Sie und weinen jetzt bittere Krokodilstränen.
Niemand in der Stadt kann diese Frage bisher beantworten. Herr Heinemann, Sie haben neulich auf der Veranstaltung versucht zu sagen, im April würde irgendeine Arbeitsgruppe Ergebnisse vorlegen. Ich glaube, dass das nicht reicht. Wir haben heute unseren eigenen Antrag vorgelegt. Sie haben auch selber öffentlich kommentiert, welche Bedeutung Ihr Antrag hat. So ernst muss man ihn dann wohl auch nicht nehmen. Wir haben einen Antrag vorgelegt, mit dem wir sehr deutlich darüber etwas sagen, was jetzt passieren muss. Weil Sie es so gerne haben, sagen wir es auch noch einmal: Ja, es wird an der sensiblen Frage der Schulstruktur vonseiten der SPD nichts geben, was den Elternwillen missachtet. Die Hamburger SPD wird, wie die SPD überall in Deutschland, keine Gymnasien gegen den Elternwillen schließen. Das ist unsere tiefe Überzeugung. Herr Heinemann, wenn Sie es haben möchten, schicke ich Ihnen auch gerne täglich eine E-Mail, wo ich Ihnen das noch einmal bestätige, wenn Sie dann ruhiger schlafen können.
Wir haben unseren Antrag "Hamburger Bekenntnis zu besserer Bildung" genannt - ich glaube, das ist das, worum es jetzt geht - und Ihnen noch einmal aufgeschrieben, was zu tun ist und wo Sie überfällig sind. Wir brauchen eine regionale Schulaufsicht, wir brauchen regionale Schuldaten, mit denen vor Ort gearbeitet werden muss. Wir brauchen den Beginn einer Schulentwick
lungsplanung, wir brauchen örtliche Bildungskonferenzen und endlich einen verbindlichen Zeitplan, damit Hamburgs Schulen wissen, was überhaupt auf sie zukommt. Stimmen Sie unserem Antrag zu.
Das ist ganz einfach und wird auch nicht namentlich gehen und zeigen Sie, dass es Ihnen doch noch ein bisschen darum geht, was an Hamburgs Schulen passiert und dass Sie nicht nur im Wahlkampf untergegangen sind.
Ihr Antrag - ich habe das schon angedeutet - ist im Prinzip völlig überflüssig,
weil wir vor zehn Monaten darüber diskutiert haben, welche Schlussfolgerungen aus der Enquete-Kommission gezogen werden müssen. Inzwischen haben auch alle Parteien ihre Regierungsprogramme vorgelegt. Das ist hier reine Show. Das Beste ist, Sie würden den Antrag zurückziehen. Da Sie es nicht tun, werden wir uns bei diesem Antrag enthalten.
Ich will auch noch einmal etwas zum Thema Volksentscheid sagen. Die Bürgerschaft wird, wenn Volksentscheide erfolgreich sind, damit befasst. Ihre Art ist es sowieso, solche Initiativen zu ignorieren. Wir finden, dass wir uns damit befassen, wenn wir als Bürgerschaft dran sind. Das ist der richtige Weg.
Die eigentliche Abstimmung für die Zukunft der Bildung findet in der Tat nicht über die Anträge statt, sondern das werden die Bürgerinnen und Bürger am 24. Februar in Hamburg entscheiden. Ich bin fest davon überzeugt, dass diese Frage der Schulstruktur dort nicht im Mittelpunkt stehen wird, sondern dass sich Eltern entscheiden werden für eine Bildung, bei der sie nicht von klein auf an mit Gebühren für ihre Kinder belastet werden. Ich glaube, dass die Hamburgerinnen und Hamburger verstehen, dass wir allen Jugendlichen eine Perspektive geben müssen, wenn wir der sozialen Spaltung entgegenwirken. Wir als SPD stehen auch für vorsichtige Schulreformen in dieser Stadt und dafür treten wir an. Auch da glaube ich, dass die Umfrage des "Hamburger Abendblattes", aber auch andere Eindrücke in der Stadt uns sehr recht geben. Ihre Panikmache, die Sie versucht haben zu betreiben, stößt nicht auf Zustimmung. Mein Eindruck ist, dass die Volksinitiative auch nicht ganz den Zuspruch bekommt, den sie sich wünscht, sodass die SPD mit ihrem vorsichtigen Weg in der Mitte sehr richtig liegt.
Wir glauben, dass wir auf große Akzeptanz im Februar stoßen werden. - Vielen Dank.
Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren! Die CDUFraktion will dieses Gesetz heute trotz schwerster rechtlicher und verfassungsrechtlicher Bedenken durchziehen, obwohl dieses Gesetz, wie die Sachverständigenanhörungen sehr deutlich gezeigt hat, mit heißer Nadel gestrickt ist. Frau Spethmann, auch die von Ihnen benannten Experten haben verfassungsrechtliche Bedenken geäußert.
Wir wollen als Opposition dafür Sorge tragen, dass dieses Gesetz noch einmal ordentlich beraten und verändert werden kann, und appellieren an Sie, die Möglichkeit der zweiten Lesung dafür zu nutzen, um dieses Gesetz zu überarbeiten und um sicherzugehen, dass es mit der Verfassung im Einklang ist. Vom Gesetzgeber sind dafür zweite Lesungen gedacht, um diese Bedenken in solchen Verfahren, in solchen Prozessen aufzugreifen. Stattdessen - das haben Sie deutlich gemacht - wollen Sie diesen Gesetzentwurf durchpeitschen und das Gesetz auf unnachahmliche Art zügig beschließen lassen. Sie machen mit dem, was Sie tun, einen schweren Fehler und wir werden der zweiten Lesung nicht zustimmen.
Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren! Es gibt in der Tat eine Reihe von Berührungspunkten der vorigen Debatte zu dieser Diskussion. Frau Lappe hat schon auf die skandalös hohe Zahl hingewiesen, dass jedes Jahr 12 Prozent aller Jugendlichen in Hamburg die Schule ohne Abschluss verlassen. Das sind rund 1800 in jedem Jahr und das ist jeder neunte Hamburger Jugendliche. Das sind Zahlen, die uns wirklich beunruhigen sollten. Es sind junge Menschen, die die Schule verlassen, ohne eine Perspektive zu haben, einen Ausbildungsplatz oder eine Arbeit zu finden. Es sind Jugendliche, für die der Start nach der Schule, der für viele andere mit Optimismus und Lebensfreude und ein wenig Neugier auf das, was das Leben so bietet, beginnt, bei diesen vermutlich nicht so begleitet sein wird, weil sie nicht wissen, wie sie künftig ihr Leben gestalten werden. Sie gehören zu der Gruppe, die seit PISA als Risikogruppe bezeichnet wird. Jugendliche, die nicht gut genug Lesen, Schreiben, Rechnen können und die vermutlich nicht nur in der künftigen Erwerbsarbeit, sondern auch in anderen Fragen des Lebens Schwierigkeiten haben werden. Wir haben es also mit einem der größten Probleme zu tun und stehen vor einer großen gesellschaftlichen Herausforderung.
Der Skandal, über den wir aber heute sprechen wollen, ist, dass in Hamburg seit Jahren nichts unternommen wurde, um hier etwas zu verändern und diesen sozialen Sprengstoff der Zukunft zu entschärfen. Wir sind schließlich nicht im PISA-Jahr Null, im Jahr 2001, wo doch ein gewisser Ruck durch Deutschland ging und die Sensibilität gewachsen ist, sondern wir sind im Jahr 2007, sechs Jahre nach der PISA-Studie. Es sind sechs Jahre, in denen die CDU in Hamburg regiert und in denen trotz großem Getöse im Wahlkampf - auch von Schulsenator Lange erinnern wir markige Reden, aber auch von Ihnen, Frau Senatorin - es nicht gelungen ist, diese Perspektivlosigkeit zu ändern. Sie haben sich einfach überhaupt nicht gekümmert.
Der weitere große Skandal, den wir heute diskutieren wollen, ist die Tatsache, dass sich dieser CDU-Senat für die Lebenssituation von Jugendlichen in den Stadtteilen überhaupt nicht interessiert. Es gibt in der Schulbehörde keinen Überblick über die Bildungsabschlüsse in den Hamburger Stadtteilen. Diese Daten werden nicht erhoben. Das haben unsere Anfragen ergeben.
Wir haben gehört, dass Senatorin Dinges-Dierig in der Pressekonferenz zum Thema Jugendkriminalität erklärt hat, dass Wegsehen nun nicht mehr stattfindet. Weg
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sehen von Schulabbrechern hat bisher nicht aufgehört, dort haben Sie überhaupt nicht hingeschaut.
Wir haben als SPD-Fraktion nicht locker gelassen und weiter nachgefragt. Die Ergebnisse sind in der Tat schrecklich. In Altona-Altstadt beispielsweise verlassen 40 Prozent der Schülerinnen und Schüler die Schulen ohne einen Hauptschulabschluss. Ähnlich dramatisch ist es in Barmbek-Süd mit 37 Prozent, St. Pauli 34 Prozent und in Hamm-Mitte sind es 33 Prozent. Hier ist es nicht jeder neunte, der die Schule ohne einen Abschluss verlässt, sondern jeder vierte oder dritte Jugendliche oder gar noch mehr.
Es gibt Stadtteile, in denen bereits bei der Geburt feststeht, dass man keine Chancen hat und in denen nicht das gelingt, was in dieser Gesellschaft immer so wichtig war, nämlich, dass es Kinder und Jugendliche einmal besser haben können, als ihre Eltern.
Die von uns erfragten Daten zeigen auf, wie sich die sozialen Probleme zunehmend in einzelnen Stadtteilen konzentrieren. Schaut man genau hin, kann man herausfinden, dass die Hälfte der Schülerinnen und Schüler, die keinen Schulabschluss haben, aus nur zehn von 103 Hamburger Stadtteilen kommen. Das sind durchweg auch die größeren Stadtteile. Aber in diesen zehn Hamburger Stadtteilen - auch Billstedt ist dabei - findet sich die Hälfte dieser Jugendlichen und die Schulbehörde weiß noch nicht einmal, welche das sind, weil sie sich für diese Frage nicht interessiert.
Die Zahlen verdeutlichen mehr als viele andere auch die Spaltung unserer Stadt und die Unterschiedlichkeit der Lebensverhältnisse. Die Daten zeigen auf, dass 80 Prozent der Jugendlichen, die keinen Abschluss schaffen, in der einen Hälfte der Hamburger Stadtteile leben und in der anderen Hälfte sind es nur 20 Prozent. Das heißt, die Spaltung der Stadt schreitet voran und kann gerade mit dieser Zahl sehr deutlich und eindrucksvoll belegt werden.
Ich wiederhole noch einmal. Wir sind sechs Jahre nach PISA nicht im Jahre null. In anderen Bundesländern hat man längst begonnen, eine Bildungsberichterstattung aufzubauen, um auch solche Fragen zu erörtern. Ich halte diesen Bericht einmal hoch, damit ihn jeder sehen kann. So sieht beispielsweise ein Bildungsatlas der Stadt München aus, in dem sehr wohl regionale Daten erhoben werden und die Stadt sich nicht scheut, sich auch Themen zu stellen, die man vielleicht nicht so gern publik machen möchte. Hier sind beispielsweise die Übertrittsquoten von Grundschulen auf Hauptschulen und auf Gymnasien dargestellt, bei denen ein großer regionaler Unterschied zu erkennen ist. Es ist also möglich, solche Daten zu erheben. Andere haben das längst gemacht, aber dieser Senat hat überhaupt nichts getan.
Ich komme jetzt zur öffentlichen Debatte. Die Große Anfrage hat große Aufmerksamkeit erregt, was sicherlich viele mitbekommen haben, vor allen Dingen diejenigen, die im Bildungsbereich aktiv sind. Es sind sehr unterschiedliche Reaktionen gewesen. Viele haben gesagt: Endlich liegen Daten vor, die wir bereits erahnt haben. Wer in den Stadtteilen unterwegs ist, hat ein Gefühl dafür, wie unterschiedlich die Situation ist. Es ist uns auch
gelungen, das endlich einmal empirisch zu belegen, was eigentlich Sache ist.
Dennoch sind nicht alle Schulen über die Veröffentlichung dieser Daten glücklich gewesen. Wird doch in diesen Schulen vor Ort Sisyphusarbeit unter schlechten Rahmenbedingungen geleistet. Beispielsweise sollen diese Schulen durch die Einsparung der Mittel an bestehenden Ganztagsschulen vieles leisten und sind nicht erfreut gewesen, sich in einigen Medien wiederzufinden. Ich kann die Sorgen dieser Schulen sehr gut verstehen und bin der Meinung, dass man hiermit sehr ernst umgehen muss.
Was ich aber überhaupt nicht verstehe und gar nicht akzeptieren kann, ist, dass sowohl die Schulsenatorin als auch Herr Heinemann sich darüber aufregen, dass diese Daten endlich das Licht der Öffentlichkeit erreicht haben. Ich finde das wirklich eine skandalöse Haltung, dass Sie Ihr Wegsehen zum Programm erklärt und bekannt haben, dass es ein Fehler sei, endlich auf diese große soziale Disparität hinzuweisen. Ich habe kein Verständnis für diese Haltung und ich finde es für eine Senatorin wirklich beschämend, sich hier so geäußert zu haben.
Jetzt kommen wir zum letzten Themenkomplex, was die Änderung und die weitere Vorgehensweise betrifft. Wir haben eine regierende CDU, die sich mit den Fakten gar nicht beschäftigt hat und mein Eindruck ist, Sie haben auch gar nicht vor, an dieser Zahl groß etwas zu ändern.
Wir haben in der Enquete-Kommission sehr ausführlich über Risikoschüler gesprochen und auch diskutiert, wie wir die Zahl der Schulabbrecher senken können. Die SPD-Gruppe hat in der Enquete-Kommission die Forderung eingebracht, dass sich die Politik das Ziel vornehmen soll, auf absehbare Zeit die Zahl der Schulabbrecher um die Hälfte zu reduzieren. Das ist ein konkretes Ziel und auch eine Vorgabe seitens der Europäischen Kommission, denen sich die Mitgliedsländer in der Europäischen Union anschließen. Das ist im Übrigen ein Wert, den auch die Bundesbildungsministerin Schavan inzwischen zum Programm erhoben hat.
Hier ist die Hamburger CDU jedoch weit davon entfernt. Was haben Sie in der Enquete-Kommission gesagt? Sie können sich vorstellen, dass vielleicht nur noch 10 Prozent eines Jahrgangs keinen Schulabschluss machen. Das würden Sie sich konkret als Ziel vornehmen. Eine tolle Sache, von 12 Prozent auf 10 Prozent. Ich glaube, die Fachkollegen bei uns würden das als statistische Schwankung interpretieren, aber mit Politik, die sich vornimmt, Chancen zu verbessern, hat das jedenfalls überhaupt nichts zu tun. 10 Prozent sind rund 1.500 Jugendliche jedes Jahr und 15.000 in zehn Jahren, die sich aufbauen. Es ist skandalös, wie zynisch und desinteressiert Sie hier agiert haben und wie wenig Sie eingreifen wollen, um die Situation zu verändern.
Zieht man Bilanz, so hat die Diskussion der letzten Wochen, aber auch die Beobachtungen Ihrer Politik der letzten Jahre gezeigt, dass Sie den Blick auf die soziale Realität der Stadt verweigern und Sie versucht haben, durch Nichtstun das Ausmaß der sozialen Spaltung unter der Decke zu halten. Sie haben auch gar nicht mehr vor, jungen Menschen in Hamburg eine Politik zu geben. Sie haben sich damit abgefunden, dass Herkunft den
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Lebensweg entscheidet. Hierfür stehen Sie. Wir Sozialdemokraten werden uns damit niemals abfinden.
Wir stehen für eine Politik, die bessere Chancen vermittelt und dass Herkunft nicht das Leben bestimmen kann. Daher ist es auch richtig, sich in dieser Politik konkrete Ziele zu setzen. Ich bin sicher, dass sich die Hamburgerinnen und Hamburger am 24. Februar nicht mehrheitlich für eine Partei entscheiden wollen, die das Nichtstun zum Programm ernannt hat. - Vielen Dank.
Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren! Ich möchte auch noch einmal auf die Debatte über Rankings eingehen, die wir auch im Schulausschuss mehrfach geführt haben, Sie haben mich da auch konkret angesprochen. Ich will Ihnen schon sagen, dass es eine Erfahrung unserer Regierungszeit gewesen ist, dass wir mit den sehr guten empirischen Daten aus den Lernausgangsuntersuchungen zu vorsichtig umgegangen sind. Die waren das Topgeheimnis der Stadt. Das waren Rückmeldungen an die Schulen über ihre Leistungsfähigkeit und die war so geheim, dass daraus überhaupt keine Schlussfolgerungen gezogen wurden und Sie wissen das, weil Sie zu der Zeit die Schulpolitik als Deputierter begleitet haben. Das hat in der Tat in der SPD zu einem Umdenken geführt, dass man nicht zu vorsichtig sein darf, wenn man die Qualität von Schulen steigern will. Eine völlige Tabuisierung von nicht guten Ergebnissen
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von Schulen hat dazu geführt, dass es keine Veränderungen gegeben hat. Deshalb war es die SPD, die, als die KESS-Studie vorgelegt wurde, bei der herauskam, dass es Schulen in Hamburg gibt, die überproportional gut abschneiden, die nicht nur gut abschneiden, weil sie in wohlhabenden Stadtteilen liegen, sondern wo die Schule eine eigene Leistung bringt, in mehreren Sitzungen darauf gedrungen hat, dass diese Schulen eine Anerkennung bekommen. Sie sind dann unserem Vorschlag damals gefolgt und haben die sechs Schulen ausgezeichnet. Jetzt brüsten Sie sich hier und bezeichnen uns als Rankingfetischisten. Es war unser Vorschlag, so zu verfahren, weil wir die außerordentliche Leistung dieser Schulen gewürdigt haben wollen.
Wir haben damals aber auch eine zweite Konsequenz gefordert. Es gab nämlich auch Schulen, die unterdurchschnittlich gut abgeschnitten haben bei KESS. Wir haben gar nicht gesagt, dass wir wissen wollen, welche das sind, aber wir wollen, dass die Schulbehörde darauf reagiert und haben Ihnen vorgeschlagen, ähnlich wie das Bundesland Bremen, ein Programm "stärkt Schulen" bei den Schulen zu machen, die unterhalb ihrer Möglichkeiten in ihren Leistungen bleiben. Soweit ich es wahrnehme, haben Sie diesen Vorschlag nicht aufgegriffen und das halte ich für verkehrt.
Dann brüsten Sie sich mit der Schulinspektion. Da will ich ein bisschen zur Geschichte sagen, dass die SPDFraktion diese als erste im Jahr 2002 in der Bürgerschaft gefordert hat. Dieser Antrag ist von Ihnen abgelehnt worden. Wir haben bereits im Jahr 2002 nach PISA eine Bildungsberichterstattung gefordert, weil das ein unverzichtbares Instrument für gute Schulpolitik ist. Sie haben das abgelehnt und sind immer noch nicht in den Anfängen einer Schulberichterstattung. Herr Heinemann, das ist doch die Realität hier.
Wir werden, egal wie die Regierungssituation in der nächsten Legislaturperiode aussieht, in Hamburg keine Schulpolitik machen können, ohne nicht eine Klarheit über die regionalen Daten in Hamburg zu haben. Da sind Sie in schlechter Tradition, weil Sie es in Hamburg geschafft haben, eine Schulentwicklungsplanung vorzulegen, ohne sich mit der Situation von Jugendlichen im Stadtteil zu befassen. Das hat man auch gemerkt. Die Veranstaltungen waren mehr als peinlich, aber so etwas darf es nie wieder geben. Wenn wir zur Veränderung der Schulstruktur kommen, dann muss in jedem Stadtteil eine Klarheit darüber sein, wie die Lebenssituation ist und dann müssen alle gemeinsam - Schule und Jugendhilfe und Polizei und auch Gesundheitseinrichtungen - alles dafür tun, die Situation der Jugendlichen zu verbessern. Die Grundlage dafür ist eine Klarheit über die regionale Situation und solange Sie diese verweigern, kommt man in der Schulpolitik überhaupt nicht voran. Deshalb ist es ein Armutszeugnis, wie Sie hier heute auftreten.
Ich glaube, der wahre Grund ist natürlich ein anderer. Sie haben in der Tat gehofft, dass es Ihnen gelingt, bis zur Bürgerschaftswahl davon abzulenken, dass Sie in dieser wichtigen Frage, Senkung der Schulabbrecher, keinen Millimeter vorangekommen sind. Sie haben gehofft, dass niemand darüber redet. Das haben wir Ihnen verdorben. Wir weisen auf die 12 Prozent hin, denn wenn dieses
Problem nicht gelöst wird, wird Hamburg in 20, 30 Jahren eine andere Stadt sein als sie heute ist. Deshalb werden wir Sie auch bis zur Wahl immer wieder auf dieses Thema hinweisen.
Herr Heinemann, ich hätte auch von Ihnen erwartet, dass Sie sich einmal kritisch mit den Ursachen auseinandersetzen. Sie müssen doch nicht glauben, dass Sie mit dieser Schreierei gegen die Opposition bis zur Wahl davonkommen. Sie müssen doch beantworten, was die Gründe sind. Ich kann Ihnen vielleicht noch einmal ein paar Vermutungen sagen, warum Sie überhaupt nicht vorangekommen sind. Wir haben in der Tat - das hat Herr Buss schon gesagt - durch die KESS-Studien den Hinweis bekommen, dass Sie das, was wir an Schulerfolg in den Grundschulen durch den rotgrünen Senat erreicht hatten, verspielt haben. In KESS 7 ist deutlich geworden, dass die Gymnasien an diesen Fortschritt im Schulsystem nicht anknüpfen konnten.
Das ist der erste Hinweis, auf den Sie hätten reagieren können.
Der zweite Hinweis ist heute auch schon gekommen. Sie haben an bestehenden Ganztagsschulen, die es häufig in sozialen Brennpunkten gibt, bis zu 60 Prozent der Mittel gekürzt, die diese für den Ganztagsschulbetrieb haben. Es ist die Theodor-Haubach-Schule, über die wir heute schon gesprochen haben, die weniger Nachhilfeangebote haben kann aufgrund Ihrer skandalösen Kürzungspolitik. Vielleicht hat das etwas damit zu tun, dass die Schulen in Altona leider nicht so weit vorangekommen sind, wie Sie sich das wünschen. Das ist ein weiterer Grund.
Ich will Ihnen noch einen letzten Grund nennen. Wer hat denn die Mittel des Ganztagsprogramms der Bundesregierung so skandalös in Hamburg umgesetzt? Wir hatten nicht vor, die Schulzeitverkürzung aus Bundesmitteln zu finanzieren - das will ich Ihnen ehrlich sagen -, sondern das Ganztagsschulprogramm war eine Reaktion auf die Bildungsmisere in Deutschland. Wir wollten mehr Chancengleichheit und soziale Gerechtigkeit haben. Aber eine CDU, die über die Hälfte der Mittel in die Gymnasien gibt, hat einen aktiven Beitrag dazu geleistet, dass es Ihnen bei den schwächeren Schülerinnen und Schülern nicht gelungen ist, deren Situation zu verbessern. Deshalb weinen Sie hier keine Krokodilstränen über die Berichterstattung. Die haben Sie verdient, weil Sie diese Ergebnisse selber herbeigeführt haben.
Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren! Frau Senatorin, als wir das Thema angemeldet haben, haben wir das auch gemacht, weil wir den Eindruck hatten, dass Sie die Fakten einfach nicht mehr interessieren, sondern versuchen, mit schöngerechneten Meldungen durch die politische Landschaft kommen zu können.
Ich will noch einmal an das Thema Bildungsmonitoring erinnern. Wir sind erst aufmerksam geworden, als Sie, Herr Heinemann, eine Pressemitteilung gemacht haben, wo Sie sich feiern ließen, wie toll Hamburg im bundesweiten Vergleich sei und Stunden später eine Meldung der Senatorin Dinges-Dierig kam, wie toll Hamburg im bundesweiten Vergleich dastünde. Erst da haben wir uns die Mühe gemacht, uns diese Studie einmal zu besorgen.
Sie haben auf der Basis dieser Studie Meldungen verbreitet, obwohl Sie hätten sehen müssen, dass Hamburg von Platz vier im Jahr 2004 auf Platz acht im Jahr 2007 abgerutscht ist. Das hat Sie nicht daran gehindert, sich für die Ergebnisse in dieser Studie zu loben. Deshalb finde ich die Bemerkung, das seien alles Übertragungsfehler, etwas nachgereicht. Sich nicht zu scheuen, sich im Doppelpaket feiern zu lassen, nachdem Ihnen Studien vorliegen, dass Hamburg im Ranking richtig abgesackt ist, hat etwas mit Realitätsverlust zu tun.
Das Institut der Deutschen Wirtschaft, das diese Zahlen vorgelegt hat, ist ja keine rotgrüne Kaderschmiede, sondern ein Institut, das eher im anderen Spektrum zu verorten ist, das sich die Mühe gemacht hat, etwas herauszufinden. Es sind eklatante Schwächen im hamburgischen Schulsystem benannt worden, die wir auch kennen. Aus allen Studien wissen wir, dass wir schlecht in Mathematik sind. Uns wird bescheinigt, im Bereich Naturwissenschaften zu wenig auszubilden und das wenige Wochen, nachdem Senator Dräger versucht hat, mit dem Thema Talentstart kreative Pressepolitik zu machen. Auch hier zeigt sich, dass Ihre Pressemitteilungen mit der Realität in der Stadt gar nichts zu tun haben.
Wir sind keine Talentstadt, sondern wir sind abgehängt im Bereich Mathematik und Naturwissenschaften durch die Entwicklung der letzten Jahre und das beginnt beim Schulsystem, wo uns jede Untersuchung bescheinigt, dass Hamburgs Schüler schlecht rechnen können und jetzt bescheinigt wird, dass sich das im Bereich der Universität fortsetzt. Wer kein Problembewusstsein hat - das hat bei Ihnen irgendwie aufgehört -, der wird keine bessere Politik machen können und deshalb haben wir das Thema angemeldet.
Dann noch einmal zu der interessanten Zahlendebatte. Es gelingt uns in der Aktuellen Stunde der Bürgerschaftssitzung jetzt nicht zu verstehen, wie die KMK-Zahlen mit den Zahlen, die uns die Schulbehörde für Hamburg prä
sentiert, zusammenhängen; das ist auch der Senatorin nicht gelungen. Aber die Schulbehörde müsste es auf Nachfrage können. Sie müsste natürlich die Differenz zwischen den Zahlen, die sie an die KMK liefert und den Zahlen, die sie dem Haushaltsausschuss zur Verfügung stellt oder auf Kleine Anfragen hin liefert, erklären können und das kann sie nicht. Deshalb hat es keinen Fortschritt gegeben, seitdem Schulsenator Lange hier seine Auftritte hatte und wir über diese Zahlen lang und breit diskutiert haben.
Vielleicht kommt es auch gar nicht auf die Zahlen an. Aber die Größenordnung und die Richtung sind sowohl bei der KMK als auch bei den Hamburger Daten völlig erkennbar. Es gibt einen massiven Abbau von Lehrerstellen, seitdem die CDU in Hamburg regiert und das sind die Fakten.
Sie versuchen, Nebelkerzen zu werfen und sagen, die Lehrer seien doch gar nicht mehr die wahre Währung; es gebe Sozialpädagogen, Erzieher und Erzieherinnen. Die Zahl der Lehrerinnen und Lehrer bleibt auch in den nächsten Jahrzehnten die interessante Währung im Schulbereich, weil es diejenigen sind, die den Unterricht geben.
Uns interessiert auch, wie viele Erzieherinnen und Sozialpädagogen es an den Schulen gibt, aber auch, wie groß die Klassen und wie groß die Lehrer-Schüler-Relationen sind. Sie haben mit Ihrer Politik die größten Grundschulklassen der Republik produziert und die Lehrer-SchülerRelation massiv verschlechtert. Das passt doch alles zu Ihren Zahlen. Steigende Schülerzahlen bei sinkenden Lehrerzahlen sind doch die Ursachen für das Dilemma, das Frau Boeddinghaus beschrieben hat und das Realität ist. Sie haben sich davon verabschiedet zu gestalten, sondern glauben, mit Jubelpressemitteilungen über die nächsten Monate zu kommen. Das wird Ihnen aber nicht gelingen. - Danke.
Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren! Es sind harte Zeiten für die Nichtbildungspolitiker aller Fraktionen, dass zwei Bildungsdebatten hintereinander folgen.
Zu den Ganztagsschulen stellt die SPD-Fraktion aus aktuellem Anlass einen Antrag. Ich möchte noch einmal
zurückblicken. Im Jahr 2003 hat die rotgrüne Bundesregierung das größte bildungspolitische Investitionsprogramm der Nachkriegszeit auf den Weg gebracht. Wir haben damals 4 Milliarden Euro bereitgestellt, um in Hamburg den großen Wechsel von der traditionellen Halbtagsschule zur Ganztagsschule zu ebnen. Wer sich daran erinnert, wie erbittert in den vergangenen Jahrzehnten darum gerungen wurde, der weiß zu würdigen, dass diese Veränderung ein ganz wichtiger Schritt ist, weil sich sehr lange nicht nur in dieser schulpolitischen Frage der Ganztagsschule Befürworter und Gegner unversöhnlich gegenüberstanden. Das hat sich geändert. Die Akzeptanz der Ganztagsschule ist genauso wie parallel die Akzeptanz eines modernen Familienbildes in der Republik gewachsen. Die SPD ist als große Partei auch stolz darauf, diesen Wechsel ganz maßgeblich mitbetrieben zu haben.
Wir haben uns mit dem Ganztagsschulprogramm 2003 viel vorgenommen. Das war kurz nach der PISA-Studie, die uns nun endgültig bescheinigte, Defizite im Schulsystem zu haben. Wir wollten, dass sich an den Schulen etwas ändert, dass Kinder und Jugendliche mehr Zeit zum Lernen haben und besser gefördert werden. Wer in Hamburg unterwegs ist, der weiß, wie wichtig es für Jugendliche ist, ein ganztägiges Angebot zu haben, erfahren doch viele in ihren Familien weder Halt noch Unterstützung und kommen oft am Nachmittag auf dumme Gedanken.
Wir wollten nicht nur, dass sich der Unterricht in den Nachmittag verlängert, sondern wir wollten ein abgestimmtes Konzept aus Pädagogik, Lernen, Wiederholen, sportlicher und kultureller Betätigung. Schule sollte mehr sein als reine Unterrichtsvermittlung, sollte ein soziales Gebilde werden, ein Lebensraum für Schülerinnen und Schüler. Die Bundesländer haben das Ganztagsschulprogramm aufgegriffen, allerdings sehr unterschiedlich.
Was geschah in Hamburg? Die Abgeordneten, die schon in der Legislaturperiode hier waren, als das Programm auf den Weg kam, erinnern sich daran, mit welcher Verbalintensität Schulsenator Lange gefordert hat, dass dieses Programm endlich auf den Weg gebracht wurde. Er konnte es gar nicht abwarten. Wenn man aber genau hinsieht, dann gab es zwar diese verbale Ungeduld, aber es wurde überhaupt nicht damit begleitet, dass man sich in der Schulbehörde konzeptionelle Gedanken gemacht hat, was das für Hamburg bedeutet. Sich über diese Ausgangslage keine Gedanken gemacht zu haben, begleitet dieses Programm bis heute. Die Bildungsbehörde hat sich sehr spät mit den Rahmenbedingungen auseinandergesetzt und den Schwerpunkt auf die Schulzeitverkürzung, das Abitur nach zwölf Jahren gelegt, und somit die Frage, was eine gute Ganztagsschule ausmacht, hinten angestellt.
Das Ergebnis sehen wir. Wer sich umschaut, der merkt, dass es Kinder gibt, die weniger Musikangebote wahrnehmen, die sich aus Sportvereinen abmelden. Hier hat irgendetwas nicht funktioniert. Das müsste nicht so sein, sondern konzeptionell hat hier der Senat versagt. Man hätte das anders gestalten können, indem man die Eigeninitiative der Schulen etwas besser unterstützt hätte.
Sieht man genau hin, merkt man, dass es vielen Schulen an Räumen für ihre gewachsenen Aufgaben fehlt. Es rächt sich jetzt, dass man bei der Verwendung der Inves
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titionsmittel fast ausschließlich Kantinen gebaut hat und noch dazu mit dem Schwerpunkt bei den Gymnasien. Es hat sich niemand Gedanken gemacht, welche Räume eine Schule zusätzlich braucht, um auch Hausaufgabenkurse anzubieten, um Klassen zu teilen. Es hat sich auch keiner Gedanken gemacht, ob wir nicht viel mehr Sportflächen brauchen, um Jugendlichen attraktive Angebote zu machen und auch die latent schlummernde Konkurrenz mit den Ansprüchen der Sportvereine hinzubekommen. Man hat sich auch darüber keine Gedanken gemacht, dass sich die Arbeitsplätze von Lehrerinnen und Lehrern massiv verändern. Gerade dieser Punkt in unserem Antrag ist uns sehr wichtig. Viele erinnern sich noch daran, wenn man Schulen besucht, wie es aussieht. Es ist so, dass sich in den Pausen oder Freistunden viele Lehrer um einen großen runden Tisch drängen, jeder versucht, einen Platz zu ergattern, an irgendeiner Wand in der Ecke hängt das Telefon, mit dem die wichtigen Gespräche mit den Eltern geführt werden und auf einem anderen Flur der Schule, im Computerraum, gibt es vielleicht auch einen PC, den man noch einmal benutzen kann. So sieht der moderne Arbeitsplatz der Zukunft für Lehrerinnen und Lehrer nicht aus, sehr geehrte Damen und Herren, und wir sollten alles tun, um daran etwas zu ändern.
Wir stellen doch sehr hohe Anforderungen an unsere Lehrerinnen und Lehrer und haben es längst nicht geschafft, die Rahmenbedingungen bereitzustellen, um diese harten Aufgaben auch zu bewältigen.
Ein eigener Arbeitsplatz, Zugang zu Telefon und Computer sind Mindeststandards von Arbeitsplätzen. Das sollte auch für Lehrkräfte gelten.
Zurzeit ist es bei Schulen, die akuten Raumbedarf haben, so, dass sie sich ein bisschen abarbeiten an der Schulbürokratie, die undurchsichtig ist. In Wahrheit verlangen sie eigentlich nur die Arbeitsbedingungen, um das zu machen, was wir von ihnen wollen. Daher unser Wunsch: Unterstützen Sie unseren Antrag, bringen Sie auf den Weg, dass die Räume in Schulen bereitgestellt werden, die für gute Ganztagsschulen benötigt werden. Helfen Sie, dass die BBS ein wenig nachsitzt und wir endlich gute Rahmenbedingungen haben. - Danke.
Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren! Herr Senator Dräger, Sie haben die Gelegenheit verpasst, einmal die große Linie der Talentförderung in Hamburg in Skizzen zu erörtern und ein Signal zu geben, denn eigentlich geht es immer nur um Akademiker, wenn man über Talente in der Stadt redet, was ich grundsätzlich für falsch halte.
Ich möchte deshalb auch noch etwas genereller in das Thema einsteigen. In unserem Titel steht auch das Thema Fachkräftemangel, zu dem Sie als Talentsenator auch kein Wort gesagt haben.
Das ist ja eines der wichtigsten Themen, über das bundesweit diskutiert wird und bei dem wir auch verfolgen, was die CDU so alles vorhat. Guckt man sich da um, dann sieht man, dass die Bundesbildungsministerin Schavan jetzt Initiativen startet, um ausländische Fachkräfte nach Deutschland zu holen. Der Wissenschaftssenator gründet eine Talentebehörde und Hamburg unterstützt eine Bundesratsinitiative, damit ausländische Studierende hier länger bleiben können. Das ist natürlich in der Politik die gleiche CDU, die jahrelang damit gehadert hat zu akzeptieren, dass Deutschland ein Einwanderungsland ist und es ist die gleiche CDU, die in Bundesländern mit dem unsäglichen Slogan "Kinder statt Inder" eine unheimliche Polarisierung in eine ganz wichtige Debatte hineingebracht hat.
Nun gibt es diesen Fachkräftemangel. Sie haben ihn akzeptiert und langsam akzeptieren Sie auch, dass Deutschland ein Einwanderungsland ist. Ich glaube, die Hektik, die sich da bei der CDU ein wenig deutlich macht, hat sehr wohl damit zu tun, dass Wirtschaftsverbände
inzwischen erkannt haben, dass es ein Problem gibt und dass sie Veränderungen fordern. Was sich aber auch offenbart - und das ist eben das Dilemma der CDU -, ist, dass Sie sehr schnell und reflexartig reagieren, wenn Wirtschaftsverbände ihre Forderungen anmelden, dass Sie dabei aber die Belange der Menschen in der Stadt völlig vergessen.
Deshalb möchte ich sehr deutlich sagen, wenn es darum geht, Fachkräftemangel zu beseitigen - und da sind wir uns, glaube ich, einig, dass die Politik da etwas tun muss -, dann kann das nicht geschehen, ohne Talente vor Ort zu fördern und zu unterstützen. Wer hier nur auf die Einwanderung von ausländischen Kräften setzt, der forciert die soziale Spaltung in der Stadt und trägt zu einem sozialen Unfrieden bei, den wir in Hamburg jedenfalls nicht aushalten können.
Deshalb ist doch der erste Punkt, den man bei solch einer Diskussion beachten muss, dass man das Angebot von Arbeitskräften und die Nachfrage zusammenbringen muss. Es wird geklagt, dass es an Ingenieuren mangelt. Wir haben bundesweit aber immer noch 30.000 arbeitslose Ingenieure. Auch in Hamburg sind es knapp 600, die einen Arbeitsplatz suchen. Deshalb ist doch die erste Aufgabe die, hier zu einer Veränderung zu kommen.
Die zweite Aufgabe fängt ganz woanders als in der Wissenschaftsbehörde an. Die Aufgabe ist doch, zu verhindern, dass wir künftig auch noch einen Fachkräftemangel haben. Das heißt - das ist auch auf der Regionalkonferenz diskutiert worden -, dass wir eine massive Bildungsoffensive brauchen, die früher anfängt und dass wir insgesamt zu einer Hebung des Bildungsniveaus in Deutschland und auch in Hamburg kommen müssen.
Über diesen Politikteil möchte ich auch einmal reden. Sie haben in fünf Jahren nichts daran geändert, dass jeder achte Schüler in Hamburg die Schule ohne einen Abschluss verlässt. Sie haben sich der Forderung, dass man hier zu einer Halbierung der Zahlen kommen soll, einer Forderung, die auch die Bundesbildungsministerin richtig findet, nicht angeschlossen, sondern akzeptieren den Ist-Zustand ohne tätig zu werden. Auch bei der Zahl der Studierenden und in der Enquete-Kommission waren wir im Dissens, aber auch öffentlich. Wir brauchen tatsächlich eine Ausweitung der Zahl der Studierenden, wenn wir im internationalen Wettbewerb mithalten wollen. Sie haben das immer noch nicht verstanden. Das hat Ihr Beitrag eben auch wieder bestätigt.
Die Einführung von Studiengebühren wird noch ein weiteres dazu beitragen, dass es für junge Menschen nicht attraktiv ist zu studieren. Der aktuelle Konflikt um die HfbK ist ja nicht nur ein Konflikt um Studiengebühren. Was sich vielmehr zeigt, ist, dass es hier einen Wissenschaftssenator gibt, der Talentesenator sein will, der noch nicht einmal ein Wort des Werbens für diese Gruppe von jungen Menschen hat. Es muss doch jenseits des Konfliktes um Studiengebühren, der in dieser Stadt ausgetragen wird, eine Möglichkeit geben, einmal deutlich zu machen, dass man möchte, dass diese Menschen in Hamburg bleiben können.
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Stattdessen verstecken Sie sich hinter dem UniPräsidenten und sind untätig. Sie geben ein sehr kaltes Signal in die Stadt und machen ein Werben um Talente vollständig unglaubwürdig. Ich glaube, dass, wenn es darum geht, die Zukunft der Stadt zu beachten, der erste Weg ist, Talente in Deutschland und in Hamburg zu fördern, damit wir eine Politik des Zusammenwachsens haben. Es ist keine große Linie in Ihrer Politik erkennbar, die darauf setzt, dass Menschen in der Stadt auch massiv an diesem Prozess beteiligt und nicht sich selbst überlassen werden. Deshalb ist es falsch, was Sie an großer Linie in Hamburg verfolgen. - Vielen Dank.
Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren! Zu den Ausführungen von Herrn Hesse möchte ich sagen, dass es eine Vereinbarung gegeben hat, dass die Drucksache heute auf der Tagesordnung ist. Das ist sie, und insofern verstehe ich die Anmerkung nicht.
Ich will etwas Grundsätzliches sagen. In fast allen demokratischen Parlamenten gibt es die Möglichkeit, Gesetze in zwei Lesungen zu beraten. Das ist sozusagen ein eingebauter Qualitäts-TÜV für Gesetzesvorhaben, weil man verhindern will, dass Regierungen Vorhaben, die nicht abgewogen sind, unverhältnismäßig schnell durchpeitschen.
Die Beratung der Drucksache heute wird zeigen, dass es notwendig wäre, diesen Qualitäts-TÜV sehr ernst zu nehmen, weil die Anhörung über den Börsengang der HHLA sehr deutlich gezeigt hat, dass es eine Reihe von Argumenten gibt, die dagegen sprechen, dieses zu tun, dass Sie die Interessen der Stadt nicht abgewogen behandelt haben und dass hier ein Ausverkauf des Hafens stattfinden soll. Deshalb werden wir der sofortigen zweiten Lesung heute nicht zustimmen. Wir appellieren an Sie: Nutzen Sie die Zeit, beraten Sie das, um diesen Entwurf zu verändern. - Danke.
Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren! In diesen Tagen und Wochen sind viele Jugendliche nur mit einem beschäftigt. Sie schreiben Bewerbungen, um einen der begehrten Ausbildungsplätze in Hamburg zu bekommen. Im September, wenn das neue Ausbildungsjahr beginnt, entscheidet sich dann für viele dieser Menschen, ob ihnen der Start in ein Berufsleben nach der Schule durch eine gute Ausbildung gelingt und ob sie damit die Grundlage auch dafür legen, ihr Leben selbstverantwortlich gestalten zu können. Für die, denen es nicht gelingt, gibt es wie in jedem Jahr eine Galgenfrist. Bis zum Ende des Jahres, manchmal auch bis zum Anfang des nächsten Jahres, werden mit Unterstützung der Kammern, einzelner Unternehmen aber auch der Medien weitere Ausbildungsplätze vermittelt. Die gute Konjunktur gibt jetzt dem Ausbildungsmarkt Schwung und wir haben in Hamburg eine leichte Steigerung bei den Ausbildungsplätzen erreicht. Darüber freuen wir uns auch.
Diese gute Entwicklung darf aber nicht den Blick darauf verstellen, dass wir es mit tiefen strukturellen Problemen auf dem Hamburger Ausbildungsmarkt zu tun haben. Der erste Punkt: Seit Mitte der Neunzigerjahre übersteigt die Anfrage nach Ausbildungsplätzen erheblich das vorhandene Angebot. Das hat dazu geführt, dass viele Jugendliche nach der Schule eben nicht diesen Übergang in eine Ausbildung geschafft haben. Diese Jugendlichen werden in den Statistiken der Bundesagentur als Altbewerber bezeichnet und es wird teilweise auch schon der etwas unschöne Begriff der Bugwelle benutzt. In Hamburg sind es rund 10.000 Jugendliche, denen in den letzten Jahren dieser Übergang nicht gelungen ist und die in Wartemaßnahmen auf diese Chance warten.
Eine Zahl, um die Dramatik zu verdeutlichen: In der gesamten Bundesstatistik der Bundesagentur für Arbeit ist es das erste Mal so, dass mehr als die Hälfte sogenannte Altbewerber sind, die ihren Schulabschluss schon viel früher gemacht haben. Das heißt, wir haben es mit einem ernsten Problem zu tun. Wir merken es auch beim gestiegenen Durchschnittsalter der Jugendlichen. Inzwischen sind Hamburgs Jugendliche über 20 Jahre alt, wenn sie eine Ausbildung beginnen. Ich glaube, das zeigt auch die dramatischen Veränderungen und es zeigt, dass zwischen Schulabschluss und Ausbildungsbeginn doch eine erheblich lange Zeit liegt.
Der zweite Punkt, der benannt werden muss und besonders für die Hamburger Jugendlichen so schwierig ist, ist die hohe Konkurrenz aus dem Umland. Im Jahr 2006 wurde erstmals jeder zweite Ausbildungsplatz in Hamburg an jemanden vergeben, der nicht in Hamburg aufgewachsen ist. Das sehen wir Hamburger Politikerinnen und Politiker sicherlich mit sehr ambivalenten Gefühlen. Wir freuen uns zum einen, dass junge Leute aus Mecklenburg-Vorpommern sich aufmachen und ihre Heimat und ihren Wohnort verlassen, um nach Hamburg zu kommen. Aber wir sehen mit großer Sorge den hohen Druck, dem die Hamburger Jugendlichen durch die starke
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Konkurrenz aus dem Umland ausgesetzt sind. Es ist eben so, dass die Abiturienten die Realschüler und die Realschüler die Hamburger Hauptschüler verdrängen. Die Schlussfolgerung ist deutlich: Hamburgs Jugendliche müssen heute viel mehr leisten, um mit diesem Konkurrenzdruck klarzukommen. Sie müssen auch viel mehr leisten, als ihre Eltern und Großeltern es haben tun müssen.
Der dritte Punkt, den wir auch schon oft angesprochen haben und bei dem ich mich darüber ärgere, dass die Hamburger Wirtschaft das nicht wirklich zugibt: Die Anforderungen in der Ausbildung sind unglaublich gestiegen. Wer sich anschaut, in welchen Ausbildungsberufen ein Hauptschulabschluss ausreicht, der sieht, dass diese immer geringer werden. Wir haben viel zu viele Jugendliche, die nicht ausreichend hohe Schulabschlüsse haben, um eine Chance zu haben. Die Zahl ist klar: Ein Drittel hat in Hamburg einen Hauptschulabschluss oder keinen Abschluss. Wer weiß, wie Arbeitsplätze in der Dienstleistungsmetropole aussehen, weiß, dass wir hier nicht genug Tätigkeiten haben, in denen man mit diesen guten schulischen Abschlüssen etwas schaffen kann - so wie es früher war. Das sind Strukturumbrüche, die uns ernsthaft beschäftigen müssen.
Ich will noch etwas deutlich machen: Die gestiegenen Anforderungen der Arbeitgeber zeigen sich auch daran, dass immer mehr Abiturienten eingestellt werden. Gerade in Hamburg ist diese Situation extrem. Während bundesweit von einem Ausbildungsjahrgang 35 Prozent einen Hauptschulabschluss haben und rund 17 Prozent Abitur, ist es in Hamburg umgekehrt. Hier haben rund 20 Prozent nur einen Hauptschulabschluss und fast 35 Prozent Aller haben das Abitur. Das zeigt noch einmal die dramatische Lage vieler Jugendlicher.
Die SPD schlägt deshalb heute mit diesem Antrag vor, dass wir uns mit dem Thema befassen, und wir machen eine Reihe von Vorschlägen. Der erste Punkt ist ganz klar. Wir brauchen mehr Ausbildungsplätze im dualen System. Wir fordern den Senat auf, in Gesprächen mit der Wirtschaft noch einmal darauf zu drängen, hierbei zu einer Steigerung zu kommen. Wir schlagen 10 Prozent vor. 900 Plätze mehr im dualen System wären eine spürbare Entlastung und würden vielen Jugendlichen helfen.
Die weiteren Vorschläge, die wir machen, beziehen sich aber auf die Gruppe, die nicht auf Anhieb ins duale System kommt. Ich habe Ihnen die Größenordnung genannt, es sind rund 10.000 Jugendliche in Hamburg, die auf eine Chance warten. Wir fordern den Senat auf, sein 1.000Ausbildungsplatz-Programm zu verlängern und nicht als Eintagsfliege verenden zu lassen. Dieses Programm ist wichtig, vor allen Dingen, weil es im Wesentlichen außerbetriebliche staatliche Ausbildung ersetzt hat, die es früher schon gab. Es ist unverzichtbar, wenn man erreichen will, dass alle Hamburger Jugendlichen ein Angebot bekommen. Daher muss dieses Programm dringend fortgesetzt werden.
Der zweite Punkt, bei dem wir uns mehr Nachdruck wünschen, ist, sich auf Bundesebene dafür einzusetzen, dass Mittel aus dem Sozialgesetzbuch der Bundesagentur für Arbeit auch für Jugendliche eingesetzt werden können. Die SPD in Hamburg ist sehr aktiv und spricht auch mit den Parteimitgliedern auf Bundesebene. Wir erwarten
von der Hamburger CDU, dass sie das auch tut, damit wir auf Bundesebene endlich einen Durchbruch erreichen, um Arbeitsmarktpolitik auch präventiv in der Schule beginnen zu können.
Der dritte Punkt, bei dem wir leider in Hamburg einen totalen Stillstand haben, ist, dass endlich das Berufsbildungsgesetz umgesetzt werden muss. Wir - SPD, CDU und Grüne - haben auf Bundesebene große Einigkeit, dass wir außerschulische Maßnahmen haben wollen und dass wir dort eine Kammerprüfung einführen wollen, um allen Jugendlichen ein Angebot zu machen. In Hamburg mauert die Wirtschaft, das wissen wir. Aber wir können überhaupt nicht erkennen, dass der Senat hier tätig wird. Das ist völlig unverständlich. Andere Bundesländer gehen längst diesen Weg. Hier in Hamburg, wo solch ein großer Druck herrscht, wird diesen Jugendlichen einfach die Möglichkeit genommen, eine ordentliche Ausbildung zu machen und mit einer Kammerprüfung auch einen besseren Start ins Berufsleben zu haben.
Ein weiterer Punkt: Selbstverständlich bauen Sie die Verbundausbildung weiter aus. Auch das kann man gar nicht oft genug sagen. Wer mit Kleinunternehmen spricht, weiß, dass häufig die Bereitschaft zur Ausbildung existiert, bürokratische Hürden übersprungen werden müssen und häufig einzelne Unternehmen sich nicht trauen, die Bandbreite an Ausbildung anzubieten. Aber die grundsätzliche Bereitschaft ist vorhanden. Auch hier gibt es weitere Potenziale.
Ein weiterer Punkt, den wir neulich den Medien entnahmen: Der Landkreis Harburg macht uns das vor. An den Schulen dort bekommen Jugendliche einen Coach, der den Übergang in Ausbildung und Arbeit begleitet. Wir haben uns in der Enquete-Kommission dafür ausgesprochen, weil wir möchten, dass Jugendliche schon in der Schule eine feste Person haben, die sie begleitet, um diesen schwierigen Weg zu gehen und sich nicht im Maßnahmendschungel zu verirren. Wir erwarten, dass die Enquete-Empfehlungen in diesem Punkt auch umgesetzt werden.
Also, lehnen Sie sich angesichts der positiven wirtschaftlichen Entwicklung, die auch ein bisschen Entspannung schafft, nicht zurück. Wir haben hier ein Strukturproblem. Wir haben viele Jugendliche, die darauf warten, eine Chance zu bekommen. Unser Antrag zeigt, welche Schritte man gehen kann. Stimmen Sie ihm zu. - Vielen Dank.
Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren, von mir noch kurz ein paar Sätze. Es ist auffällig, dass Herr Heinemann die ganze Zeit angestrengt in seinen Unterlagen kramt. Vielleicht ist Einigen in Ihrer Fraktion diese Debatte und wie sie mit Hamburger Jugendlichen umgehen peinlich.
Trotzdem bin ich Frau Ahrons für die Deutlichkeit Ihres Beitrags dankbar, weil es bei Herrn von Frankenberg noch so klang, als hätte er sich mit diesem Thema nie befasst und sei nicht tiefer eingestiegen. Sie haben deutlich gemacht, dass Sie es nicht als Aufgabe des Staats und damit als Aufgabe des CDU-Senats ansehen, etwas für die 10.000 Jugendlichen in Hamburg zu tun, die den Übergang bisher nicht geschafft haben. Die Wählerinnen und Wähler haben nächstes Jahr Gelegenheit, über diese Politik in Hamburg abzustimmen.
Frau Ahrons, Sie zielen auf die Schule ab. Wir haben es schon in der Debatte gesagt, es ist Ihnen seit sechs Jahren nicht gelungen, die Zahl der Schülerinnen und Schüler ohne Schulabschluss auch nur um 0,2 Prozent zu verringern. Es gibt einen absoluten Stillstand bei diesem Thema. Wir wissen seit vielen Jahren, dass akuter Handlungsbedarf besteht. Darüber reden Sie überhaupt nicht. Jedes Jahr schaffen rund 12 Prozent der Schülerinnen und Schüler jedes Jahrgangs nicht den Hauptschulabschluss. Vor dieser Gruppe verschließen Sie völlig die Augen, äußern sich nicht dazu und machen nichts.
Des Weiteren haben Sie die Möglichkeit massiv beschnitten, dass Ältere, Jungerwachsene in Hamburg den Hauptschulabschluss nachholen können. Sie beschneiden massiv die Möglichkeit für junge Leute, einen guten schulischen Abschluss zu bekommen, dann lehnen Sie sich zurück und sagen, das ist nicht die Aufgabe des Staates, hier etwas zu tun. Das ist mehr als zynisch, was Sie machen.
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Die Hamburger SPD würde gern allen Hamburger Jugendlichen garantieren, dass sie den Übergang in Ausbildung und Arbeit schaffen. An diesem Ziel halten wir fest. Es lohnt sich, allen jungen Menschen in einer Stadt wie Hamburg diese Zusage zu geben, um in einer Stadt, in der Arm und Reich aufeinander prallen, die Garantie zu geben, dass wir uns darum kümmern, dass sie diesen Übergang schaffen, und denen, die etwas schwächer sind, zur Seite zu stehen. Das ist unser Verständnis von Politik und nicht der Marktradikalismus, den Sie geschildert haben. - Danke.
Herr Staatsrat Salchow, ich wüsste gern, wie viele Schülerinnen und Schüler zurzeit in Hamburg elternunabhängig Kollegiatenförderung beziehen und wie viele es nach der geplanten Veränderung durch die Bundesministerin wären?
Herr Staatsrat, habe ich Sie eben richtig verstanden, dass Sie eine Veränderung unterstützen, die dazu führt, dass ein großer Teil studierender Schülerinnen und Schüler nicht mehr in den Bezug dieses elternunabhängigen BAföGs kommt und dass Sie gleichzeitig keine Aussage darüber machen können, wie groß dieser Personenkreis für Hamburg ist?
Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren! Ja, das Pfeifen im Walde. - Bereits während der Rede der Senatorin haben wir uns bei der SPD etwas merkwürdig angeschaut und gedacht, was passiert denn hier. Das ist schon die zweite Debatte, in der die CDU mühsam versucht, sich an der Politik der SPD abzuarbeiten und keine wichtigeren Themen in der Stadt entdeckt, als die Aussagen, die unser Spitzenkandidat macht oder was wir beschlossen haben. Ich glaube, ich verstehe, was hier passiert ist. Sie wissen, dass Sie die Wahl nicht mehr gewinnen und stellen sich darauf ein,
in die Opposition zu kommen und arbeiten sich an der künftigen Regierung der SPD ab. Ich habe keine andere Erklärung dafür.
Wir haben lauter schulpolitische Baustellen, worüber berichtet wird, und Sie finden es nicht wert, diese Themen zur Debatte anzumelden.
Das Thema Vergleichsarbeiten ist doch eines, was auf den Nägeln brennt. Frau Senatorin, ich finde es wiederum empörend, dass Sie an dieser Stelle nicht die Gelegenheit genutzt haben, sich endlich bei Hamburgs Schülerinnen und Schülern zu entschuldigen. Das wäre nämlich angemessen.
Um zu erklären, wie es zu den Pannen gekommen ist, Herr Reinert, kann ich nur erwidern, dass es nicht die erste Panne in der Schulbehörde ist.
Hierbei möchte ich nur an den Schulsenator, Herrn Lange, erinnern.
Bereits im letzten Jahr ist die Vergleichsarbeit an den Gymnasien schief gelaufen und das erste Zentralabitur hat Pannen gehabt. Sie haben es immer noch nicht hinbekommen und traktieren ganze Generationen von Schülerinnen und Schülern mit diesen schlecht gemachten Vergleichsarbeiten und bekommen den Laden einfach nicht in den Griff.
Die CDU möchte auch nicht darüber reden, dass alle Hamburger Gymnasialschulleiter protestiert haben und nicht mehr durchblicken. Die CDU möchte auch nicht darüber sprechen, dass nach wie vor jeder achte Schüler in Hamburg die Schule ohne einen Schulabschluss verlässt. Das ist eine Negativbilanz, die wirklich peinlich und skandalös ist und ganze Generationen ausgrenzt. Sie möchten auch nicht darüber reden, wie man Schulpolitik nach vorne bringt, beispielsweise im Bereich der frühen Bildung mit der Idee der Bildungsgärten und -häuser, die heute auf der Tagesordnung steht. Nein, Sie verzichten lieber auf einen Debattenpunkt und wollen früher nach Hause, anstatt hier endlich über schulpolitische Innovationen Rede und Antwort zu stehen und zu diskutieren.
Das findet alles nicht mehr statt. Wir stellen uns darauf ein. Wir werden in den nächsten zehn Monaten von Ihnen nichts mehr hören, was Sie zu Ihrer Politik zu sagen haben.
Sie haben das Regieren eingestellt und setzen sich mit unseren Aussagen auseinander. Vielen Dank, das ist schlecht für die Schulen, denn es gäbe einiges zu tun. Ich glaube, dass einen die Probleme in der Tat nur so anspringen.
Ich will noch eines bemerken, Frau Dinges-Dierig. Hier eine parteipolitische Rede über jemanden zu halten, der nicht anwesend ist, ist Geschmackssache. Aber meine Bewertung haben Sie gehört. Ich glaube wirklich, dass Sie sich gerade von der Regierung verabschieden.
Ich möchte noch etwas zur Faktensicherheit und zu Lernprozessen sagen. Frau Dinges-Dierig, Sie waren es doch, die die erstaunte Öffentlichkeit jahrelang mit der These "die Klassengröße habe keinen Einfluss auf die Lernergebnisse" belustigt haben und international sich alle fragten, was ist bloß in Hamburg los. Mit dieser These sind Sie doch jahrelang herumgelaufen, bis auch bei Ihnen endlich der Groschen gefallen ist.
Sie sollten vorsichtig sein, wenn Sie über Lernprozesse reden. Das war peinlich, bei Ihnen zu beobachten, wie lange das gedauert hat.
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Eine letzte Bemerkung habe ich noch zur Rede von Herrn Reinert. In der Tat haben Sie uns die Gelegenheit gegeben, hier noch einmal unsere Position darzustellen. Ich kann Ihnen versichern, dass es überhaupt keinen Dissens zwischen den Äußerungen von Herrn Buss und mir gibt. Um sich zu profilieren, haben Sie unseren Antrag von der letzten Bürgerschaftssitzung hier falsch wiedergegeben.
Ich versichere Ihnen, die SPD ist sich darin einig, dass Gymnasien nicht gegen ihren Willen abgeschafft werden. Was wir aber im Gegensatz zu Ihnen wollen, ist, dass Gymnasien in eine Schulentwicklung mit einbezogen werden und sie sich auch zur Stadtteilschule entwickeln sollen. Das ist der richtige Weg. Wenn Sie sich einmal in der Stadt umhören würden, dann wüssten Sie, dass sehr viele diesen Weg auch mitgehen wollen. - Vielen Dank.
Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren! Zwei Bemerkungen vorweg: Herr Heinemann, in der Tat ist die SPD davon überzeugt, dass heterogene Gruppen, wenn sie sich gut miteinander austauschen, zu besseren Ergebnissen kommen als homogene Gruppen.
Das gilt für die Schulen gleichermaßen wie für die Politik.
Eine zweite Vorbemerkung: Herr Heinemann, Sie waren es, der darauf gedrungen hat, dass der Bericht der Enquete-Kommission mit rechtzeitigem Abstand zur nächsten Bürgerschaftswahl vorgelegt wird. Wenn man Ihre Rede heute hört, dann weiß man, warum. Sie wussten, dass Sie zehn Monate vor der Wahl keine andere Rede als eine Wahlkampfrede halten können und nicht mehr in der Lage sind, sich ernsthaft mit dem Bericht auseinander zu setzen.
Ich möchte das aber tun. Wir werden im Wahlkampf genug Veranstaltungen haben, in denen wir uns auch in dieser Form austauschen können.
Ich möchte festhalten, dass wir in Hamburg ein Ergebnis zustande gebracht haben, mit dem viele nicht gerechnet haben. In Hamburg wird das dreigliedrige Schulsystem abgeschafft und alle sind dafür – SPD und Grüne, aber auch die CDU. Die Enquete-Kommission schlägt vor, dass Hauptschulzweige aufgelöst und mit anderen Schulformen zu Stadtteilschulen entwickelt werden. An allen Schulen – nicht nur an den Gymnasien – wird man in Hamburg künftig auf direktem Wege Abitur machen können. Es wird daher nicht mehr so schwer sein, den Lebensweg von Schülerinnen und Schülern zu korrigieren, die eine Haupt- und Realschule besucht und große Potenziale und Begabungen haben, sondern es wird leichter werden. Wir wissen von Hamburger Gesamtschulen, dass sie diese Arbeit in der Vergangenheit erfolgreich geleistet haben, und wir wissen, dass wir dieses Modell, diese Idee, jetzt auch in weiteren Schulen realisieren werden.
Sicherlich gibt es trotz dieses Ergebnisses Unterschiede zwischen den Parteien. Nicht ganz untypisch für eine konservative Partei, die das Bewahrende vorweg trägt, ist es natürlich, dass sie glaubt, das sei die letzte Schulreform, die in Hamburg stattfinden würde. Wir können uns etwas anderes vorstellen und meinen auch sehr deutlich, dass weitere Schritte der Integration möglich sind und dass wir am Horizont die Perspektive einer Schule für alle sehr wohl erkennen können.
Andererseits haben unsere grünen Freundinnen und Freunde vielen Vorschlägen der Kommission nicht zugestimmt. Das haben wir auch nicht in jeder Hinsicht verstanden. Ich verstehe nicht, warum sie nicht den Weg der Stadtteilschule beschreiten, weil man als Realpolitiker nicht gegen die Ausstattung jeder Schule Hamburgs mit Gymnasiallehrkräften und die Eröffnung einer direkten Perspektive zum Abitur sein kann. Liebe Christa Goetsch, mir ist die Position neulich auf der Veranstaltung der "tageszeitung" nicht deutlicher geworden, die den bemerkenswerten Titel hatte "Eine Schule für alle - aber nicht für mein Kind". Dort haben Sie formuliert, dass es nicht Sinn einer Enquete-Kommission sei, einen Kompromiss zu formulieren, weil man das Koalitionen vorbehalten wollte. Ich habe Enquete-Kommissionen so verstanden, dass sie der Politik dort auf die Sprünge helfen sollen, wo sie stecken bleibt. Deshalb hätte ich mir diesen gemeinsamen Schritt von Herzen gewünscht.
Trotz allem ist das, was die Enquete-Kommission vorschlägt, kein kleiner Schritt, sondern ein großer Sprung. Ich wünsche mir sehr, dass es gelingt, in der Stadt dafür zu werben, dass Stadtteilschulen zu einem Erfolgsprojekt werden.
Herr Heinemann, liebe Kolleginnen und Kollegen von der CDU, Sie können sicher sein, dass wir jeden konkreten Schritt, den Sie in den für Sie letzten zehn Monaten in die Wege leiten, sehr genau beobachten werden, weil es davon abhängt, wie man es macht, um hier zu einem Erfolg zu kommen. Uns ist dieser Punkt sehr, sehr wichtig.
Auf jeden Fall gilt, der Bericht der Enquete-Kommission wird über diesen Rest der Legislaturperiode hinaus Bestand haben. Er setzt Maßstäbe, die von keiner künftigen Regierung ignoriert werden können. Eine sehr bedeutende Leistung ist sicherlich, dass die hoch ideologisch aufgeladenen Prinzipiendebatten der deutschen Schulpolitik einer Verbesserung der Lage Hamburger Schülerinnen und Schüler nicht im Wege stehen werden. Das ist eine ganze Menge und ich will das an einem Szenario deutlich machen:
Wenn in Hamburg ab dem nächsten Jahr ein rot-grüner Senat die Haupt- und Realschulen zu Stadtteilschulen verwandelt und sicherstellt, dass alle Schülerinnen und Schüler diesen direkten Weg zum Abitur haben werden, dann kann die CDU-Opposition in dieser Stadt dies nicht mit einer ideologisch motivierten Kritik überziehen. Dafür bedanken wir uns.
Das ist die Harmonie. Ich möchte aber auch ein paar kritische Anmerkungen zu den Diskussionen machen.
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Manche der Reformen, die der Enquete-Bericht vorschlägt, sind eine schallende Ohrfeige für die Politik des Senats, weil er sich vorhalten lassen muss, in der fünfjährigen Amtszeit viele Probleme nicht angegangen zu haben. Ich möchte das schwerwiegendste Problem nennen.
- Hören Sie zu, bevor Sie lachen.
Sie haben in fünf Jahren Regierungszeit nichts daran verändert, dass die Zahl der Schülerinnen und Schüler, die überhaupt keinen Abschluss haben, im Jahre 2006 bei skandalösen 12,3 Prozent liegen. Das ist die aktuelle Zahl, die wir uns in der Enquete-Kommission noch einmal haben geben lassen. Sie haben in den letzten Jahren den Mund ganz schön voll genommen, wenn es darum ging, hier zu einer Veränderung zu kommen. Sie haben faktisch fünf Jahre lang überhaupt nichts an dieser viel zu hohen Zahl, die auch im Jahre 2001 viel zu hoch war, verändert. Das ist ein skandalöses Ergebnis.
Wir hatten gestern schon die Debatte zur Kriminalitätsstatistik. Es lohnt nicht, sich die Fakten schönzureden, es geht konkret um Jugendliche, denen man helfen sollte.
Einen weiteren Dissens hatten wir bei der Zahl der Schülerinnen und Schüler, die keinen Abschluss haben, die deutlich gesenkt werden muss. Wir haben gesagt, bis zum Jahre 2015 sollte diese Zahl auf 6 Prozent abgesenkt werden. Hier haben Sie wirklich geschwächelt. Sie trauen sich gerade einmal zu, diese Zahl bis zum Jahre 2015 auf 10 Prozent zu senken. Was Sie da abgeliefert haben, ist keine Politik, sondern Resignation.
Sie haben es versäumt, diesen Jugendlichen durch den Dschungel der schulischen und berufsschulischen Angebote, die Maßnahmen der Jugendberufshilfe und des Arbeitsamts zu helfen. Sie haben die sinnvolle Förderung abgelehnt, die Schulpflicht auf zehn Jahre zu verlängern. Statt Brücken zu bauen, haben Sie in der Vergangenheit neue Hürden aufgebaut wie zum Beispiel die neue Zugangsschwelle zu Berufsfachschulen, die für eine große Zahl von Hauptschülern eine Perspektive war. Dies ist wirklich ein Skandal.
Nach wie vor wird die Zeit vor der Schule nicht energisch genug als Bildungszeit begriffen. Die Zuständigkeit für die Kitas liegt nicht in der Schulbehörde. Sie haben in den letzten Jahren gerade die Kinder ausgegrenzt, die besondere Hilfe brauchen, indem Sie die Zahl der Kinder mit einem Ganztags-Kita-Platz in sozialen Brennpunkten um 30 Prozent gesenkt haben. Nun hat hier die EnqueteKommission einen guten Vorschlag gemacht – sogar auf Vorschlag von Herrn Heinemann –, nämlich die Zuständigkeit für Kitas und Schulen künftig zusammenzulegen und die Zuständigkeit mit Vorschulklassen in einer Bildungsbehörde zusammenzufassen. Das ist eine richtige Forderung, aber ein Kompliment für Ihre Sozialsenatorin ist das nicht, was dort auf Initiative der CDU eingebracht wurde.
Sie sind leider unserer Forderung nach einem beitragsfreien Jahr für alle Fünfjährigen nicht gefolgt und verpassen so die große Chance, endlich den Einstieg zu wagen, Bildung in Hamburg gebührenfrei zu machen.
Ich will zum Schluss einige Anmerkungen zu Ihrem Antrag machen. Die Empfehlungen der EnqueteKommission finden im Großen und Ganzen unsere Zustimmung. Das ist in dem Bericht dokumentiert. Daraus aber abzuleiten, wie Sie es in Ihrem Antrag tun, dass die Empfehlungen der Enquete-Kommission 1 : 1 deutlich machen, wie toll der Senat in den letzten Jahren gehandelt hat, trifft in der Tat nicht unsere Zustimmung. Wir können vor allem deshalb Ihrem Antrag nicht zustimmen.
Ich habe eben gezeigt, dass das Gegenteil richtig ist, dass zentrale Felder der Senatspolitik den Empfehlungen der Enquete-Kommission entgegenstehen. Deshalb haben wir einen eigenen Antrag formuliert, in dem noch einmal wichtige Punkte formuliert werden, die notwendig sind. Vielleicht können Sie unseren Punkten zustimmen.
Wichtig ist, die frühe Bildung endlich als beitragsfreie Bildung zu gestalten. Der zweite Punkt ist, keine Zeit zu verlieren. Wir müssen sofort mit einer regionalen Schulentwicklung beginnen, die alle Schulen und auch alle regionalen Akteure einbezieht. Die Hamburger Schulaufsicht darf nicht länger schulformbezogen, sondern sie muss regional zuständig sein. Wir wollen, dass diese Schulstruktur zum 1. August 2009 in Angriff genommen wird, die alle Schulen direkt zum Abitur führt. Deshalb unsere Forderung, die Schleife noch einmal zu unterlassen, Hauptschulklassen ab Klasse 7 einzuführen.
Stimmen Sie unserem Antrag zu und zeigen Sie damit, dass Sie es mit einer zügigen Umsetzung ernst meinen. – Vielen Dank.
Herr Päsident, sehr geehrte Damen und Herren! In der Sache wird es im Rahmen der Tagesordnung auch Fünf-Minuten-Beiträge geben. Ich kann für uns erklären, dass wir der Veränderung der Tagesordnung nicht zustimmen werden. Für uns reiht sich das ein in die Politik der CDU, die immer wieder versucht, den Willen von Bürgerinnen und Bürgern in der Stadt zu ignorieren und Verfahren im Eiltempo durchzuziehen.
Ich kann Ihnen auch noch etwas dazu sagen, wenn Sie dies mit der Eile der parteiinternen Aufstellungsverfahren begründen: Am 27. April entscheidet das Hamburgische Verfassungsgericht erst einmal darüber, ob Sie sich überhaupt auf rechtlich sicherer Grundlage bewegen.
Ich glaube, vorher sind Sie gut beraten, keine Aufstellungen zu machen. – Danke.
Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren! Auch die SPD-Fraktion zieht eine ausgesprochen positive Bilanz der Arbeit in der EnqueteKommission. Auch ich möchte noch einmal würdigen, dass wir über Parteigrenzen hinweg zum Teil sehr bemerkenswerte Ergebnisse erzielt haben und dass wir für uns in Anspruch nehmen, dadurch der Bildungsdebatte nicht nur in Hamburg, sondern bundesweit Impulse zu geben.
Wir haben immer die Meinung vertreten, dass es gerade in der Schulpolitik sinnvoll ist, auch mal etwas Abstand von Parteipräferenzen und Parteipolitik zu nehmen. Es kann nicht sein, dass Schulpolitik so funktioniert, dass die Schulpolitik einer Legislaturperiode lediglich für die Eltern akzeptabel ist, die die jeweilige Regierung gewählt haben, sondern dass Schulpolitik etwas enthalten muss, das konsensualer ist und gemeinsam getragen wird. Ich finde, dass wir in dieser Enquete-Kommission gezeigt haben, dass das auch möglich ist.
Hamburg schafft die Hauptschule ab und damit beenden wir – ich denke, auch unwiderruflich – eine Schulform, die keine Akzeptanz mehr hat und durch die hohe Konzentration von Jugendlichen, die soziale und auch schulische Probleme haben, ihren Herausforderungen nicht mehr gerecht werden konnte. Ich denke aber, dass die Abschaffung der Hauptschule auch ein Signal an diejenigen ist, für die die Schulform bisher diejenige ist, auf die sie gehen. Ich denke, das Signal wird verstanden, dass man sich denen zuwendet, die große Probleme haben, Anschluss zu finden, Arbeit und Ausbildung zu finden und die sich häufig schon in Klasse 7 aufgeben und keine Perspektive mehr sehen. Wenn die Politik in Hamburg sagt, dass diese Schulform abgeschafft wird, bedeutet das konkrete Hoffnung für viele, die mit dieser Schulform nichts Gutes mehr verbinden können und das ist auch ein wichtiges Signal.
Hamburg verabschiedet sich ebenfalls mit den Empfehlungen der Enquete-Kommission vom dreigliedrigen Schulsystem. Das ist für ein westdeutsches Bundesland ein sehr bemerkenswerter Faktor. Hier ist es auch im überparteilichen Konsens gelungen, in dieser schwierigsten Frage der Schulpolitik sich anzunähern. Auch das ist ein gutes Ergebnis.
Alles das wird zu nachhaltigen Verbesserungen des Schulsystems führen. Auch der Abbau des Sitzenbleibens, weniger Abschulungen sind richtige Schritte, über die wir Einvernehmen herstellen konnten. Wir wären mit unseren Empfehlungen gerne noch weitergegangen. Die SPD verfolgt in der Schulpolitik die Perspektive einer Schule für alle und wir sehen die jetzt eingeleiteten Schritte – Reduzierung von Sitzenbleiben, Abschulen, Reduzierung der Schulform – als konkrete Schritte in diese Entwicklung. Wir hätten uns gewünscht, auch diesen großen Wurf zu machen. Es blieb uns aber nur, hier ein Minderheitsvotum zusammen mit der GAL zu vertreten.
Auf der anderen Seite haben wir bedauert, dass sich die GAL der Forderung und Entwicklung von Stadtteilschulen nicht anschließen konnte. Ich denke, dass niemand in dieser Stadt etwas gegen die Entwicklung einer Schul
form hat, die alle Abschlüsse anbietet und wo versucht wird, diese Schulform durch zusätzliche Ressourcen zu stärken. Deshalb hätten wir uns auch hier einen etwas größeren Konsens gewünscht.
Ich denke, die Aufgabe, die wir in der nächsten Zeit haben werden – vielleicht mit der CDU, vielleicht auch in Teilen gegen die CDU –, wird sein, für eine gute Ausstattung dieser Schulen zu kämpfen, weil das, was wir beschlossen haben, mit der Attraktivität dieser Schulform steht und fällt. Ich wünsche mir, dass in der Stadt Energie verwendet wird, sich Gedanken zu machen, wie man diese Schule besonders attraktiv macht, statt ein Feindbild aufzubauen, das apokalyptisch beschreibt, wie schrecklich das ist. Ich finde, mit Stadtteilschulen haben wir eine riesige Chance, Akzeptanz für eine Schulform zu finden und auch die Chance, viele dafür zu gewinnen, zur Attraktivität dieser Schulform beizutragen. Das wäre ein Signal, das von dieser Enquete-Kommission ausgehen sollte.
Ich möchte zum Schluss sagen, dass wir in der Tat vieles im Konsens beschlossen haben. Keine Sorge für diejenigen, denen es zu harmonisch wird: Es bleibt Zündstoff auch in der schulpolitischen Debatte. Insbesondere finden wir es bedauerlich, dass die CDU den Einstieg in die Beitragsfreiheit für alle fünfjährigen Kinder nicht gemacht hat. Das ist ein großes Versäumnis. Hier werden wir uns weiter auseinandersetzen. Die SPD hält auch daran fest, zehn Jahre Schulpflicht für alle Kinder einzuführen und wir werden auch weiter darum streiten, wie stark das Bildungsniveau in einer Metropole Hamburg eigentlich steigen muss. Auch dort sind wir dafür, deutlich ehrgeizigere Ziele zu setzen und damit werden wir uns weiter auseinandersetzen. – Vielen Dank.
Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren! Ich will gar nicht mehr viel sagen, aber Herr von Frankenberg, schauen Sie doch über Hamburg hinaus und sehen, wie über Schulstrukturen in Deutschland geredet wird. In Schleswig-Holstein koalieren Sie mit der SPD, die dort die Gemeinschaftsschule ins Schulgesetz geschrieben hat, und tragen das mit, zwar widerwillig, aber Sie sind dort Koalitionspartner. In Bayern gibt es geheime Papiere der CSU, die Hauptschule abzuschaffen. In Brandenburg gab es ein Papier, was wir leider nie bekommen haben, wo sich die Grünen hätten vorstellen können, in Berlin-Brandenburg den Weg einer Schule für alle über zwei Säulen zu gehen. Es geht also längst bunt zu und gar nicht mehr getrennt nach politischen Präferenzen. Deshalb finde ich Ihren Beitrag auch ein Rückfall in alte Schlachten.