Protokoll der Sitzung vom 21.04.2004

Wir haben Ihnen eine andere angeboten. Sie wissen genau, dass es um das Teilstück zur Saarlandstraße hin geht, also dort, wo Kleingärten weg müssen und wo selbst der Rechnungshof die Frage stellt, ob in diesem Bereich der City Nord zwölf Spuren nebeneinander sein müssen. Also ein durchaus strittiges Teilprojekt. Die Finanzierung ist schlecht. Auf der handwerklichen Ebene ist das Thema von Ihnen vermurkst worden. Inhaltlich stehen wir aber dazu. Nur dieser Drucksache können wir erneut nicht zustimmen. Daran ist aber nicht die SPD schuld,

(Wolfhard Ploog CDU: Lassen Sie nach!)

sondern das Handling dieser Regierung Schuld und Sie tragen diese Regierung. – Danke schön.

(Beifall bei der SPD und der GAL)

Das Wort hat jetzt Herr Lieven.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Herr Mattner, was ist hanseatisch? Definiert das jetzt die lebendige Stadt oder ist das immer noch eine Definition, die in der öffentlichen Debatte entsteht? Es würde mich interessieren, wie Sie dazu kommen, diese Frage an die Opposition zu richten.

Klar ist, dass die Finanzierung der Umgestaltung des Jungfernstiegs durch Spenden bislang quasi gescheitert ist. Sie haben Ihr Spendenziel nicht erreicht.

(Klaus-Peter Hesse CDU: Unhanseatisch ist es, es kaputt zu reden!)

Der Verein Lebendiger Jungfernstieg hat das nicht erreicht. Wir sind der Meinung, dass es nicht vertretbar ist, dieses Spendendefizit jetzt mit öffentlichen Mitteln zu stopfen. Es ist ganz klar, dass die vorgesehenen Mittel für die Verlängerung der U-Bahn bis zum Flughafen vorgesehen sind und dort werden sie auch gebraucht. Wenn die Mittel jetzt am Jungfernstieg eingesetzt werden, dann wird bald ein neuer Finanzierungsengpass auftreten. Das verlagert nur das Problem und löst es in keiner Weise.

Es besteht auch keine Notwendigkeit, bereits jetzt die öffentlichen Mittel in dieses Prestigeobjekt zu pumpen. Der Umbau des Jungfernstiegs kann zeitlich nach hinten verschoben und so der Zeitraum zum Sammeln von Spenden verlängert werden. Oder man verständigt sich auf Einsparungen am Konzept, um die Kosten des Projektes mehr mit den tatsächlich vorhandenen Mitteln in Übereinstimmung zu bringen.

(Klaus-Peter Hesse CDU: Das wird ja immer schlimmer!)

Eine Eröffnung des neuen Jungfernstiegs zur Fußballweltmeisterschaft 2006 wäre meines Erachtens ein sehr guter Zeitpunkt, ein wesentlich besserer als die ausgefallenen Bürgerschaftswahlen 2005.

(Beifall bei der GAL und vereinzelt bei der SPD – Wolfhard Ploog CDU: Das habe ich nicht ganz verstanden!)

Doch schon bei der Gründung des Vereins wurde die Fertigstellung der Umgestaltung nach dem Willen des Bürgermeisters auf 2005 terminiert, wie damals eine bekannte Hamburger Zeitung schrieb und eben rechtzeitig mit dem Alstervergnügen vor der Bürgerschaftswahl,

wie sie nach damaliger Zeitrechnung angedacht war. Damals war auch schon bekannt, dass die Kosten der Umgestaltung bei 14 Millionen Euro bis 16 Millionen Euro liegen würden, von denen 4 Millionen Euro durch die Stadt erbracht werden und 10 Millionen Euro bis 12 Millionen Euro durch Spenden. Seit Dezember 2002 sammelte der Verein Spenden. Durch eine großzügige Zusage des ECE-Gründers Werner Otto wurde mit 5 Millionen Euro zweifellos ein wesentlicher Grundstein gelegt. Dem folgten noch weitere größere Spenden, die allerdings schon wesentlich kleiner waren als die erste.

Als der Verein Lebendiger Jungfernstieg anfing zu sammeln, war zu hören, dass man durch Benefizkonzerte, Sportwettkämpfe oder Posterverkäufe daran denke, Spender für den Jungfernstieg zu mobilisieren. Was Sie, Herr Hesse, eben wiederum sagten. Von diesen Tätigkeiten war wenig zu bemerken. Sie haben jetzt wieder geschildert, dass das auch für die Zukunft angedacht sei. Es war auch für die letzten zwei Jahre angedacht. Es wäre gut gewesen, wenn da mehr passiert wäre. Dann wären nämlich auch mehr und breiter Spenden eingegangen. Es war auch davon die Rede, dass ein Soli-Euro in allen Cafés rund um die Alster eingeworben werden soll. Das hat offensichtlich auch nicht funktioniert. Im Oktober 2003 wurde auf eine Kleine Anfrage von Herrn Dobritz bekannt gegeben, dass 7,5 Millionen Euro an Spenden eingegangen sind. Am 3. November 2003 wurde das korrigiert. Es waren nur 6,19 Millionen Euro, denn 1 Million Euro der SAGA und GWG waren weggebrochen. Aus meiner Sicht äußerst verständlich, dass SAGA und GWG ihre Einnahmen nicht für diese Maßnahme verwenden sollen. Das ist wirklich geschmacklos, die Sozialmieter dieser Stadt dafür aufkommen zu lassen.

(Beifall bei der GAL und bei Dr. Monika Schaal SPD)

Im November 2003 wurde Herr Heinemann noch zitiert, dass er sehr optimistisch sei, die fehlenden Millionen bis zum Beginn der Bauarbeiten zusammenzubringen. Dieser Optimismus muss den Verein jedoch bald darauf verlassen haben, denn bereits im Januar beantragte der Senat die fehlenden Millionen in der Bürgerschaft. Das war ein sehr kurzer Zeitraum, um das eigene Scheitern zu erkennen.

(Klaus-Peter Hesse CDU: Machen Sie mal mit, dann klappt es schon!)

Der Antrag des Senats scheiterte in der Bürgerschaft zu Recht. Nun wird der zweite Versuch unternommen, die Mittel zu bekommen. Der Verein hatte zwölf Monate Zeit zu sammeln und hat in dieser Zeit, zwischen November und dem heutigen Tag, neben der Großspende 1,19 Millionen Euro zusammengebracht. Ich weiß nicht, ob in der Zwischenzeit noch größere Spenden eingegangen sind. Heute war im „Hamburger Abendblatt“ von weiteren 50 000 Euro zu lesen. Es muss wahrscheinlich doch noch ein Anschwellen des Spendenstroms zu verzeichnen sein, wenn denn irgendwann einmal diese Ausfallbürgschaft nicht in Anspruch genommen werden sollte.

Es ist jetzt so, dass wir eine Finanzierungslücke von 4,8 Millionen Euro zu vergegenwärtigen haben. Damit erhöht sich der staatliche Anteil um mehr als das Doppelte auf 8,8 Millionen Euro und das ist der entscheidende Punkt. Das Vorhaben wird jetzt zu zwei Dritteln aus öffentlichen Mitteln finanziert. Dann muss man sich die Frage stellen,

(Klaus-Peter Hesse CDU: Das ist doch noch gar nicht geklärt!)

ob die Stadt Hamburg solch eine Planung auch in Auftrag gegeben hätte, wenn sie selber den größeren Teil zu finanzieren gehabt hätte.

(Klaus-Peter Hesse CDU: Wenn Sie noch sam- meln, kriegen wir das hin!)

Ursprünglich war vorgesehen, dass die Stadt nur für den Umbau der Straßenverkehrs- und Nebenflächen einstehen soll. Jetzt wird es wahrscheinlich auch die dekorative Gestaltung sein, die von der Stadt zu bezahlen sein wird.

Welche Schlüsse sind aus diesem Vorgang bis heute zu ziehen?

Erstens: Eine weitgehend durch Spenden finanzierte Umgestaltung des Jungfernstieges ist gescheitert, zumindest wenn man bereits 2005 fertig sein will, wofür eigentlich keine sachliche Notwendigkeit besteht.

Zweitens: Der Anstoß zur Umgestaltung des Jungfernstiegs kam aus meiner Sicht von der Stiftung Lebendige Stadt. Ziel war es, die Visitenkarte Hamburgs mit privaten Spendengeldern neu zu gestalten. Nun sollen die Bürger der Stadt, alle Steuerzahler, zum großen Teil für diese neue Visitenkarte aufkommen.

(Klaus-Peter Hesse CDU: Wie es eigentlich üblich ist!)

Mit Verlaub, meine Damen und Herren, haben wir nichts Wichtigeres zu tun, als unsere Visitenkarten zu polieren? Müssen nicht viele Millionen auch in darbende Stadtteilzentren investiert werden,

(Beifall bei der GAL und vereinzelt bei der SPD)

die zum Beispiel in Wandsbek gegen die Konkurrenz des Alstertal-Einkaufszentrums bald völlig ohne Chance sind? Oder in geschlossene Spielplätze, um diese wieder zu öffnen oder zur Renovierung maroder Schulen?

(Wolfgang Drews CDU: Nach Rotgrün haben wir das nötig!)

Meine Damen und Herren, Sie konzentrieren sich einzig und allein auf die Visitenkarte, auf den Glanz, so wie Sie es in der letzten Legislatur bereits begonnen haben.

Drittens: Was wird nun geschehen, wenn die Stadt für die ausgefallenen Spenden aufkommt? Meine These ist: Es werden kaum weitere Spenden mehr eingehen, denn wenn die Stadt erst einmal bezahlt hat, besteht nicht wirklich ein Grund mehr für weitere Sponsoren, die Taschen zu öffnen.

(Klaus-Peter Hesse CDU: Ausfallbürgschaftsga- rantien!)

Die Ausfallbürgschaft ist quasi eine Ausgabe, Herr Hesse.

(Beifall bei der GAL und bei Dr. Monika Schaal SPD)

Dabei wäre das Problem relativ leicht heilbar. Ich habe es bereits deutlich gemacht. Entweder man kann den Umfang den tatsächlich vorhandenen Finanzmitteln anpassen, das ist vernünftig, das wird auch in der Wirtschaft weitestgehend so gehandhabt, jeder Investor, jeder Bauinvestor muss so denken, oder man gibt sich mehr Zeit zur Sammlung von Spenden. Das Projekt an sich, den

Jungfernstieg zu verschönern, ist ja nicht völlig abwegig. Wir sind auch nicht diejenigen, die sagen würden, das darf man niemals machen. Aber wenn man sich solch ein ehrgeiziges und ambitioniertes Ziel setzt, dann sollte man auch länger daran festhalten, es zu erreichen und nicht bereits nach relativ kurzer Zeit, die dieser Verein gehabt hat, Spenden zu sammeln, nach der Subvention des Staates rufen. Das ist aus meiner Sicht der zentrale Punkt.

Was den Zusatzantrag der SPD angeht, jetzt zu versuchen, die Sengelmannstraße als solide Deckung zu verkaufen, halte ich für nicht wirklich tragfähig. Die Verlängerung der Sengelmannstraße steht bereits seit Jahrzehnten im Flächennutzungsplan und in der mittelfristigen Finanzplanung wird sie auch noch Jahrzehnte weiter stehen. Das ist nicht wirklich eine Deckung, die man dagegenrechnen kann. Deswegen können wir Ihrem Zusatzantrag auch nicht zustimmen und müssen die CDU auffordern, den Zeithorizont neu zu öffnen. – Vielen Dank.

(Beifall bei der GAL)

Das Wort hat jetzt Herr Senator Dr. Freytag.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Einer der Oppositionsführer dieses Hauses hat vor kurzem erklärt, dass sich die Opposition bei den für die Stadt besonders wichtigen Vorhaben nicht verweigern würde, mit dem Senat an einem Strang zu ziehen. Nun, meine Damen und Herren, haben Sie Gelegenheit, sehr schnell Ihren Worten auch Taten folgen zu lassen.

(Beifall bei der CDU)

Wir sind uns doch im Grunde alle einig, dass an einem der schönsten Orte unserer Stadt etwas passieren muss. Der Jungfernstieg soll wieder zu einem der schönsten Aushängeschilder Hamburgs werden. Schließlich ist er für unsere Stadt und international der Prachtboulevard schlechthin, ein besonderer Anziehungspunkt für Touristen, aber auch ein besonderer Anziehungspunkt für Einheimische.

Der Jungfernstieg, meine Damen und Herren, bekommt ein neues Gesicht mit markanten Kennzeichen. Eine attraktive neue Straßenführung, ein neuer Pavillon des Architekten André Portiers anstelle des heutigen Pavillons neben der Reesendammbrücke, ein grüner Baldachin aus Silberlinden in einer dreiachsigen Allee,

(Lachen bei der GAL)

eine offene Treppenanlage, die ein Amphitheater bildet und dem Anleger als Bühne dient, und nicht zuletzt ein ausgefeiltes Lichtkonzept, das einen Schwerpunkt auf eine sanfte, zurückhaltende Bestrahlung legt und so hilft, den Jungfernstieg auch wieder zu dem zu machen, was er sein sollte, nämlich ein Gesamtkunstwerk in jeder Beziehung.