Wir haben heute eine klassische Ernst-Rede erlebt: reichlich Polemik, ein bisschen Klassenkampf, ein bisschen unnötige Aggressivität und alles eigentlich nur, damit niemand merkt, dass Sie gar keine Alternative vorgelegt haben, sondern immer nur sagen, wir sind dagegen.
(Beifall bei der CDU – Michael Neumann SPD: Zu Frau Dinges-Dierig hätten wir mehrere Alternati- ven!)
Ich glaube, wir waren auch bei völlig unterschiedlichen Schulausschusssitzungen, aber das macht nichts, das sind sicherlich Wahrnehmungsunterschiede.
Gucken wir uns einmal an, worum es eigentlich geht. Wir haben in Hamburg – fangen wir damit einmal an, denn das steht heute ja auch auf der Tagesordnung – ein bundesweit einmaliges Vorschulangebot und wir haben zwei Probleme. Ein Problem ist, dass für viele Eltern diese Vorschule keine wirkliche Alternative zur Kita war, weil wir nur ein vierstündiges Angebot hatten und es auch keine Verlässlichkeit gab. Wurde die Sozialpädagogin krank, fiel das Angebot aus und Sie können sich vorstellen, dass das gerade für berufstätige Eltern ein wichtiger Grund war, nicht die Vorschule für ihre Kinder auszuwählen. Und wir hatten ein zweites Problem: Es gab eine klare Gerechtigkeitslücke zwischen den Eltern, die für den KitaPlatz bezahlen mussten, und den Eltern, die ihre Kinder kostenlos in die Vorschule geschickt haben.
Das erste Problem hat Senatorin Dinges-Dierig gelöst. Es gibt künftig ein fünfstündiges Angebot in der Vorschule, also vergleichbar mit der Kita. Dieses Angebot wird endlich verlässlich sein, die Eltern können also ihre Berufstätigkeit genau darauf abstimmen. Die zusätzliche Stunde am Tag ist nicht nur mehr Unterricht, sondern ermöglicht auch ein um 25 Prozent ausgeweitetes Bildungsangebot
Die Gerechtigkeitslücke wird dadurch geschlossen – und das kritisieren Sie natürlich –, dass wir für die Vorschule künftig Gebühren einführen. Natürlich wünsche ich mir wie Sie – Herr Weinberg ist da auch auf meiner Seite – ein kostenloses Bildungsjahr vor der Schule; darin sind wir uns völlig einig. Wir haben in den letzten Jahren aber schon 40 Millionen Euro mehr für den Kita-Bereich ausgegeben – auch das wissen Sie – und wir wissen, welche Steuerschätzung wir vor uns haben und dass wir erst einmal in Berlin für Ordnung sorgen müssen, bevor wir in Hamburg mehr Geld ausgeben können.
Im allerwichtigsten Bereich – wir müssen eben auch Prioritäten setzen – hat die Bildungssenatorin aber schon Maßnahmen ergriffen. Aufbauend auf den von uns eingeführten Viereinhalbjährigen-Untersuchungen wird es künftig für die Kinder, die erheblichen Sprachförderbedarf haben und keine Kita und keine Vorschule besuchen, nicht nur ein kostenloses, sondern auch ein verpflichtendes Sprachförderangebot geben, damit wir genau diejenigen erreichen, die am dringendsten unserer Unterstützung bedürfen. Wir schaffen damit nämlich endlich gerechtere Anfangsbedingungen zu Beginn der Schulzeit.
Frau Ernst, eines können Sie eigentlich nicht bestreiten. Die LAU-Untersuchungen haben doch gerade der SPD sehr deutlich bewiesen, dass sie es zumindest über Jahrzehnte nicht geschafft hat, Bildungsgerechtigkeit herzustellen. Bei gleicher Begabung hatten und haben es Kinder aus sozial schwächeren Familien in Hamburg deutlich schwerer, einen angemessenen Bildungsabschluss zu bekommen. Wir sind es doch, die nun mit den Viereinhalbjährigen-Untersuchungen, mit den verpflichtenden Sprachfördermaßnahmen, mit den Überlegungen zu Kompetenztests und vielen, vielen anderen Punkten hier gegensteuern. Ich erinnere mich noch genau, dass Frau Raab irgendwann, frustriert von den LAU-Ergebnissen, zurückgetreten ist, weil sie gemerkt hat, dass sie die gesamte Zeit in die falsche Richtung gesteuert hat.
Zum Schulschwimmen: Wir stimmen heute eigentlich nur darüber ab, ob künftig die Möglichkeit bestehen soll, dass Schülerinnen und Schüler beim Schwimmunterricht Eintritt bezahlen.
Es ist bei vielen Sportkursen, die nicht in der Schule stattfinden, bereits alles andere als unüblich, dass die Schüler zum Beispiel für die Hallennutzung bezahlen. Dennoch – da gebe ich Ihnen völlig Recht – ist Schwimmen etwas anderes als Tennis oder Squash – gerade in einer Stadt am Wasser. Ich freue mich deshalb, dass es nach Verhandlungen mit der Bäderland gelungen ist, das erfolgreiche Bremer Modell, das Sie hier zwar auch ein bisschen verteufeln, das dort aber von der SPD mitgetragen wird und mitentwickelt wurde, nach Hamburg zu übertragen.
Ich freue mich noch mehr, dass wir nach dem aktuellen Stand der Dinge – zu dem wird Senatorin Dinges-Dierig
sicherlich nachher noch etwas sagen – klar feststellen können, dass jeder Schüler und jede Schülerin auch weiterhin in Hamburg nicht nur kostenlos die Schwimmfähigkeit erwerben kann, sondern darüber hinaus zum Beispiel auch elementare Rettungskenntnisse. Die Unterstellung, dass wir als Stadt am Wasser künftig Schüler gefährden würden oder sogar billigend das Ertrinken von Kindern in Kauf nehmen würden,
ist wirklich mehr als Polemik. Gucken Sie sich das neue Modell an und Sie werden sehen, es ist mehr als Polemik.
Wir haben im Schulausschuss auch über die Frage debattiert, was wir bisher an Schwimmfähigkeiten erreicht haben. Es gibt im Moment dazu kein Ergebnis, es hat aber noch nie Ergebnisse gegeben, auch unter Ihrer Regierung nicht. Der Staatsrat hat zugesagt, das in diesem Jahr, in dem der bisherige Schwimmunterricht noch läuft, zu evaluieren. Wir vergleichen das dann mit dem künftigen Schwimmunterricht und dann haben wir die Ergebnisse. Dann werden Sie sehen, dass die Hamburger Schülerinnen und Schüler künftig besser Schwimmen lernen als bisher.
Es gibt für mich nur zwei Möglichkeiten: Entweder man kann im Lehrschwimmbecken Schwimmen lernen oder man kann es nicht. Wir haben erst einmal angenommen, man kann es, dann haben uns die Experten gesagt, nein, es geht nicht. Man kann sich dann natürlich fragen, warum Sie seinerzeit Lehrschwimmbecken geschaffen haben.
Also: Die Experten haben uns gesagt, in Lehrschwimmbecken könnte man nicht Schwimmen lernen. Deshalb haben Sie irgendwann in der Presse gesagt, die Lehrschwimmbecken könnte man eventuell schließen. Das wollen wir nun auch machen. Von daher können Sie aber nun auch nicht mehr sagen, vielleicht müssen wir doch Lehrschwimmbecken erhalten, in denen man ja nicht Schwimmen lernen kann, sondern lassen Sie uns lieber gemeinsam als Altonaer Abgeordnete dafür kämpfen – da bin ich gerne bei Ihnen –, dass es einen Ersatz für das Bismarckbad gibt. Es wird ein schwieriger Weg, aber wir kämpfen dafür. – Danke.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Wenn ich mir den heutigen Tag angucke, an dem wir die sechste Novellierung des Schulgesetzes besprechen, ich an die anderen Novellen denke – wir hatten die siebente zum Schulzwang schon einmal vorweg – und die letzten drei Jahre beleuchte, dann kann man nur sagen: Was ist da alles kaputt gegangen. Es war eine ziemlich bittere Entwicklung, aus der man das Fazit ziehen kann, dass mehr kaputt gemacht wurde als aufgebaut worden ist.
Ich will das an Folgendem deutlich machen. Wir haben angefangen, über Schulgesetz-Novellierungen zu sprechen. Es ging darum, integrative Regelklassen zu zerstören, integrierte Haupt- und Realschulen nicht ins Gesetz aufzunehmen, weniger Demokratie in der Schule zu erlauben, höhere Klassenfrequenzen über größere Klassenorganisationen zu organisieren. Es ist natürlich nicht besonders förderlich – wir haben vorhin über Sozialpolitik gesprochen –, wenn 27 Schülerinnen und Schüler in einer Klasse sitzen – gerade in der Grundschule. Wir haben über die Abschaffung der Lernmittelfreiheit sprechen müssen und heute letztendlich über Schwimmunterricht und über Vorschulgebühren. Alle Maßnahmen und Entscheidungen Ihrerseits haben nicht dazu beigetragen, die Schullandschaft in Hamburg zu verbessern, sondern es hat noch eine größere Spaltung in unserer Stadt stattgefunden, die noch größer wird, weil die Einschnitte erst im Sommer langsam spürbar und in den nächsten Jahren wahrscheinlich noch tiefgreifender sein werden. Es geht nicht darum, ob ein Kind einen Kopfsprung kann und seinen "Freischwimmer" hat, sondern es geht in der Gesamtheit um viel mehr.
Zum Schwimmunterricht ist schon sehr viel gesagt worden. Die Anhörung im Schulausschuss war ein solcher Slapstick, vor allen Dingen, nachdem die von der CDUFraktion benannten Experten alle unisono sagten, das hat vielleicht etwas mit Wasserberührung oder Wasserkontakt zu tun, aber nicht mit Schwimmunterricht.
Warum bekommen wir nicht – deshalb ist das auch so nervig bei den Schuldebatten –, wie das früher üblich war – ich war weiß Gott nicht mit allem einverstanden und ich habe in den letzten 25 Jahren schon ein paar Schulsenatorinnen und -senatoren erlebt – eine Drucksache vorgelegt, die einmal Hand und Fuß hat und in sich stimmig ist. Wir hangeln uns immer von einem Stückwerk zum anderen. Das ist so unglaublich fürchterlich. Frau Ernst hat das Hin und Her schon angedeutet. Es ist immer wieder irgendetwas nicht handwerklich ordentlich gemacht. Das ist etwas, was besonders beim Schwimmunterricht – nicht durchs Wasser – durch den Kakao gezogen werden kann.
Jetzt aber zu dem Thema, das mir heute mehr am Herzen liegt, weil zum Schwimmen alles gesagt worden ist, der vorschulischen Bildung.
Wir hatten vor drei Jahren das Bildungsjahr Fünf Plus initiiert. Darüber wurde vom ganzen Hause in verschiedenen Sitzungen und Anhörungen fachlich sehr gut diskutiert. Im Schulausschuss wurde in bestimmten Punkten ein großer Konsens erzielt, dass die vorschulische Bildung, aber auch die frühkindliche Bildung in der Kita sehr wichtig ist. Dann macht man einen richtigen Schwenk zurück. Es nützt nichts, Herr Heinemann, wenn Sie sagen, dass es natürlich auch Konstruktionsfehler gab. Es gab sie in der Vorschule bei der anschließenden unsicheren Betreuung und umgekehrt und in der Kita gibt es keine verbindliche Bildung. Alle diese Punkte haben wir hier rauf und runter diskutiert. Ihre Konsequenz ist aber, dass die Vorschule zum einen Gebühren kostet und damit faktisch in bestimmten Stadtteilen nicht mehr angewählt und abgeschafft wird. Natürlich gibt es das Fünf
stundenangebot. Aber Sie müssen einmal dort hingehen. Ich habe den Bürgermeister vorhin aufgefordert, sich vor Ort anzugucken, wie es dort aussieht. Gehen Sie einmal in eine Vorschulklasse, in der eine Person fünf Stunden am Tag alleine mit 25 Vorschulkindern ist. Der eine oder andere von Ihnen ist vielleicht Vater oder Mutter und weiß, was es bedeutet, wenn fünf Kinder schreien und Schnürsenkel zugemacht bekommen wollen und gleichzeitig Lese- und Lernspiele stattfinden sollen. Die fünfte Stunde nützt gar nichts, wenn der Unterricht mit einer Person bewerkstelligt werden soll. Das ist ein Abbau, ein Zerstören der vorschulischen Bildung in Hamburg.
Insofern kann man nur sagen – ich komme zu meinem Fazit wieder zurück –: Das sind jetzt sieben Novellierungen, die wir hier seit drei Jahren besprochen haben. Ich kann nur wiederholen, was ich vorhin schon sagte: Es ist mehr kaputtgemacht worden als aufgebaut wurde. – Danke.
Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren! Ich glaube, nach den Vorrednern sind wir uns alle darüber einig, dass wir in Hamburg eines der besten Vorschulsysteme der Länder haben. Das ist auch der Grund, weshalb wir uns daran gemacht haben, dieses Angebot qualitativ weiterzuentwickeln.
Es hat auch etwas damit zu tun, dass wir ein Stück weit die Konsequenz daraus ziehen müssen, vor wenigen Jahren die verbindlichen Vorstellungen der Viereinhalbjährigen eingeführt zu haben. Sie haben allesamt immer wieder gefragt: Und, was ist nun? Das hat auch etwas mit der qualitativen Weiterentwicklung der Vorschule zu tun.
Wir haben nicht nur die Betreuungszeit am Vormittag auf fünf Stunden ausgeweitet und die Verlässlichkeit eingeführt – dieses alles ist schon gesagt worden –, nein, wir haben dort darüber hinaus noch andere Bausteine verankert, seien es die Qualitätsstandards, die wir beschlossen haben, aber auch die Sprachförderangebote, die wir ab dem Schuljahr 2006/07 verpflichtend machen wollen. Wir müssen hierzu noch die Rechtsgrundlage schaffen. Das wird endlich ein großer Schritt in Richtung Chancengerechtigkeit sein.
Wir werden mit diesem System der ViereinhalbjährigenVorstellungen, der Entwicklung der Kinder, der Beurteilung der Entwicklung, der Defizitfeststellungen und dann natürlich auch der Empfehlung an die Eltern für eine vorschulische Einrichtung, der Kontakte untereinander zwischen der Vorschule und den Kitas und den dann verpflichtenden Sprachförderkursen den von Ihnen angemahnten Aufbau im Bereich Bildung nachhaltig betreiben.