Protokoll der Sitzung vom 25.08.2005

(Beifall bei der CDU)

Ich möchte einen einzigen Gefangenen erleben, der sich die Gesundheitsverhältnisse von Rotgrün zurückwünscht. – Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU)

Herr Dr. Steffen, Sie haben das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren! Sie sehen, bei uns ist es ein Thema, bei dem wir interdisziplinär arbeiten und verschiedene Expertisen einbinden; vielleicht ist das ja zur Nachahmung geeignet. Wenn Sie unsere Anfrage interdisziplinär bearbeitet hätten, dann hätten Sie auch gesehen, dass sich tatsächlich sehr viele Fragen außerhalb des Bereichs von Drogensucht und von Folgen von Drogensucht bewegen.

Wenn wir zum Beispiel auf Seite 2 fragen, um Ihnen ein bisschen Lesehilfe zu geben, wie viele psychiatrische Erkrankungen und wie viele chronische Erkrankungen es im Strafvollzug gibt, können die etwas mit Drogensucht zu tun haben, aber es können auch Erkrankungen sein, die damit gar nichts zu tun haben.

Wir haben zum Beispiel auch gefragt, wenn Sie auf Seite 3 schauen, welche Indikationen die Menschen denn haben, wenn sie ins Zentralkrankenhaus eingewiesen werden und bei all diesen Fragen herrscht Fehlanzeige. Der Senat weiß überhaupt nicht, mit welcher Art von Erkrankung die Menschen in den Strafvollzug kommen. Er weiß nicht, welche Erkrankungen im Strafvollzug häufig auftreten, selbst bei den Dingen, die eigentlich klar sein müssten. Indikationen beim Zentralkrankenhaus müssen ja jeweils festgestellt werden, aber das wird auch nicht statistisch erfasst. Es wird also gar nicht geguckt, welche Erkrankungen eine große Rolle spielen, welche Erkrankungen hohe Kosten erzeugen oder ob es zum Beispiel in relevantem Maße Erkrankungen gibt, die möglicherweise auf Übergriffe durch andere Strafgefangene zurückzuführen sind. All das weiß der Senat nicht und deswegen ist natürlich auch dieser Vorwurf hier total verkehrt, wir würden uns mit den Gesundheitsfolgen von Gewalt im Strafvollzug nicht beschäftigen, wir würden uns auch mit anderen Gesundheitsfragen nicht beschäftigen außer mit Fragen, die mit Drogen zu tun haben.

Aber, Herr Kusch, den Gefallen will ich Ihnen gerne tun, wir bereiten gerne eine Große Anfrage zum Thema Gewalt im Strafvollzug vor. Wir wissen schon durch Anfragen der SPD-Fraktion, dass es im Hamburger Strafvollzug deutlich mehr Übergriffe auf Bedienstete gibt als in anderen Bundesländern und wir können das gerne noch einmal im Hinblick auf die Strafgefangenen herausfinden.

Es war natürlich ein sehr geschickter Themenwechsel, denn die Frage, ob die Leute sich auf dem Hof des Gefängnisses frei bewegen dürfen oder nicht, hat relativ wenig mit Gesundheit zu tun, höchstens dass natürlich weniger Bewegungsfreiheit zu mehr Bewegungsarmut führt. Das ist sicherlich ein homöopathischer Bezug zur Frage "Gesundheit in Haft".

(Beifall bei der GAL und vereinzelt bei der SPD)

Frau Spethmann, Sie haben versucht, Erfolge darzustellen im Hinblick auf Gesundheit und Haft und haben davon gesprochen, im Strafvollzug träfen die Gefangenen dann auf Ärzte. Das hätten wir nicht erwartet, denn Sie tun gerade so, als sei das eine Neueinführung von Ihnen. Und wenn Sie auf das Zentralkrankenhaus verweisen, was so einmalig in Norddeutschland sei, dann sei mir der Hinweis gestattet, dass das Zentralkrankenhaus für ganz Norddeutschland zuständig ist und es gar kein Zentralkrankenhaus in Hamburg gäbe, wenn es nur für Hamburg zuständig wäre.

(Beifall bei der GAL und vereinzelt bei der SPD)

Ein Anlass für diese Anfrage war in der Tat Ihr Antrag zur erfolgreichen Drogenpolitik im Hamburger Strafvollzug; Sie haben sich hier selber vor der Sommerpause gefeiert. Wir haben damals gesagt, ein gutes Thema, ganz brauchbare Fragen, aber die interessanten Fragen stellen Sie leider nicht. Wir wollten das gerne ergänzen, Sie haben es abgelehnt. Jetzt haben wir die Fragen in diese Große Anfrage integriert, die wir parallel zum breiteren Thema "Gesundheit in Haft" schon vorbereitet hatten und sehen hier die Ergebnisse. Wir sehen, dass Sie überhaupt gar nicht wissen, welche Auswirkungen welche Maßnahmen haben. Sie haben eine Vielzahl von Maßnahmen ergriffen, nicht nur den Spritzentausch, sondern auch andere Maßnahmen.

Aber weil der Senator auf den Spritzentausch eingegangen ist, will ich dazu auch noch etwas sagen. Der entscheidende Punkt ist doch der, dass niemand behaupten wird, dass durch den Spritzentausch, durch die Ausgabe steriler Spritzen jemand dazu verleitet worden wäre, Drogen zu konsumieren. Wer das behauptet, ist wirklich ein Zyniker.

(Vereinzelter Beifall bei der GAL und der SPD)

Das kann auch niemand bestreiten, auch Sie können es nicht bestreiten, selbst wenn Sie nur geringe Kenntnisse haben. Sie wissen nur, dass es ungefähr 29 Prozent der Gefangenen sein sollen, die irgendwie illegale Drogen konsumieren, wissen aber leider nicht, wer davon zum Beispiel Heroin konsumiert, wer Kokain konsumiert oder andere schwere Drogen wie Crack und so weiter.

(Olaf Ohlsen CDU: Das wissen Sie doch auch nicht! Hören Sie doch auf!)

Wir würden es gerne wissen, weil wir meinen, man muss Maßnahmen im Strafvollzug, die mit Drogensucht zu tun haben, auf die veränderten Problemlagen abstimmen. Und wenn man Veränderungen vornimmt, dann muss

man sich auch darüber klar werden, welche Auswirkungen das hat. Wenn man also aus irgendwelchen Gründen zu der Überzeugung kommt, Spritzenautomaten müssten weggenommen werden, dann muss man auch untersuchen, welche Auswirkungen das hat und ob das zu mehr oder zu weniger Hepatitis-Infektionen führt. Wenn das hier behauptet wird, dann müssen Sie auch den Beweis liefern.

(Beifall bei der GAL und vereinzelt bei der SPD)

Aber dieser Beweis sollte von vornherein unterdrückt werden. Deswegen haben Sie ähnlich differenzierte Untersuchungen, die Sie selber zitiert haben, gar nicht erst angestellt; Sie liefern selbst den Beweis. Frühere Senatorinnen haben sehr genau bei ihren Maßnahmen hingeguckt, haben untersuchen lassen, was die Auswirkungen dieser Maßnahmen sind,

(Klaus-Peter Hesse CDU: Die haben nur unter- sucht, aber nichts getan!)

ob sie funktionieren, ob sie eingehalten werden. Sie verschließen die Augen vor den Folgen Ihrer eigenen Politik, das ist absolut verantwortungslos.

(Beifall bei der GAL und vereinzelt bei der SPD)

Ich sage das auch, weil Sie viele Maßnahmen damit begründen, den Drogenkonsum im Strafvollzug einschränken zu wollen. Viele Maßnahmen führen dazu, dass der Kontakt nach draußen, der Kontakt zur Familie, zu Freunden, zu Leuten, die bereit sind, den Weg nach draußen zu bahnen, erheblich eingeschränkt wird. Es wird immer mit der Unterstellung gearbeitet, dass diese Leute Drogen in den Knast einschmuggeln und die Drogensucht fördern.

Wenn Sie all diese Maßnahmen ergreifen, dann müssen Sie auch untersuchen, ob die Maßnahmen erfolgreich oder nur schädlich sind und eine Resozialisierung verhindern. Aber das tun Sie nicht, Sie verschließen die Augen vor Ihrer eigenen Politik und Ihr Selbstlob, das Sie noch vor wenigen Monaten hier erhoben haben, muss Ihnen heute schon schal in den Ohren klingen.

(Beifall bei der GAL und der SPD)

Ich sehe keine weiteren Wortmeldungen und komme dann zur Abstimmung.

Wer stimmt einer Überweisung der Drucksache 18/2500 federführend an den Gesundheitsausschuss und mitberatend an den Rechtsausschuss zu? – Gegenprobe. – Enthaltungen? – Damit ist dieses Überweisungsbegehren abgelehnt.

Dann stelle ich fest, dass die Große Anfrage, Drucksache 18/2500, besprochen worden ist.

Ich rufe den Punkt 17 auf, Drucksache 18/2619, Senatsmitteilung: Entwurf eines Gesetzes zum Neuerlass des Hamburgischen Vergabegesetzes sowie zur Aufhebung und Änderung anderer Rechtsvorschriften auf dem Gebiet des Vergaberechts.

[Senatsmitteilung: Entwurf eines Gesetzes zum Neuerlass des Hamburgischen Vergabegesetzes sowie zur Aufhebung und Änderung anderer Rechtsvorschriften auf dem Gebiet des Vergaberechts – Drucksache 18/2619 –]

Diese Drucksache möchte die SPD-Fraktion federführend an den Wirtschaftsausschuss und mitberatend an den Rechtsausschuss überweisen.

Wer wünscht das Wort? Frau Ahrons, bitte.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! In den letzten Tagen und Wochen wurde vonseiten der Opposition und der Gewerkschaften der jetzt zur Debatte stehende Gesetzentwurf zum Neuerlass des Hamburgischen Vergabegesetzes sowie zur Aufhebung und Änderung anderer Rechtsvorschriften im Bereich des Vergaberechts heftigst kritisiert.

(Dr. Andreas Dressel SPD: Richtig!)

Von Abschaffung des Vergaberechts, Lohndumping, Arbeitsplatzgefährdung war die Rede. Doch wenn das wirklich der Fall wäre, dann würden wohl auch Handwerkskammer und Bauwirtschaft Protestnoten formulieren und von da haben Sie wohl eher Zustimmung gehört.

(Erhard Pumm SPD: Die haben Sie eingeseift!)

Um was geht es hier eigentlich? Erzählen Sie mir, meine Damen und Herren von der SPD, nicht wieder, sie wüssten das alles. Hier wird auch die Öffentlichkeit informiert. Der Senat hat am 25. Juli 2005 einen Gesetzentwurf zur Novellierung des Hamburger Vergaberechts beschlossen. Kernbestandteil ist die Neufassung des Hamburgischen Vergabegesetzes, die Integration vergaberechtlicher Vorschriften aus dem Mittelstandsförderungsgesetz und die Aufhebung des Hamburgischen Korruptionsregistergesetzes. Ziel des Gesetzes ist die Bündelung aller wesentlichen vergaberechtlichen Vorschriften in einem einzigen Gesetz. Damit wird dieses Hamburger Vergabegesetz transparenter, verständlicher und deregulierend. Künftig wird beispielsweise die Pflicht zur Vorlage verschiedener Nachweise, etwa des Gewerbezentralregisterauszugs, erheblich gelockert. Damit reagiert der Senat auf praktische Erfahrungen zur Regelung, die sich in der Vergangenheit als zu hoher bürokratischer Aufwand und als Hemmnis für den Mittelstand erwiesen hat.

Durch die Bündelung der Vergabevorschriften in einem Gesetz wird die Rechtsklarheit und Sicherheit erhöht und die Rechtsanwendung erleichtert. Die bisher nebeneinander in verschiedenen Gesetzen geltenden Vorschriften haben teilweise zu Doppelregelungen und unklaren Anwendungsbereichen der Regelungen geführt und diese Probleme entfallen jetzt durch die Präzisierung. Zudem wird über die landesrechtliche Vergabevorschrift hinaus eine Harmonisierung mit weiteren vergaberechtlichen Regelungen, insbesondere im Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen der VOB und VOL, erreicht. Unverändert gilt die Tariftreueregelung, mit der der potenziellen Wettbewerbsverzerrung zu ungunsten der hamburgischen Unternehmen entgegengewirkt wird.

Das geänderte Hamburgische Vergabegesetz wird auf drei Jahre bis zum 31. Dezember 2008 befristet. Parallel dazu erfolgt eine Evaluation, um belastbare Aussagen über die Auswirkungen der gesetzlichen Regelungen zu erhalten und dann kann man auf einer fundierten Basis über den Fortbestand über das Jahr 2008 hinaus entscheiden. Wir unterstützen diese Vorgehensweise, weil die CDU konsequent für Deregulierung eintritt,

(Erhard Pumm SPD: Durch heftige Kontrollen ma- chen Sie das auch noch!)

verbunden mit einer Befristung von Gesetzen und Vorschriften, und das ganz besonders bei wirtschaftsrelevanten Gesetzen. In diesen Gesetzentwurf sind unverändert sämtliche Bestimmungen aus dem Mittelstandsförderungsgesetz eingeflossen, darunter auch der regelhafte Verzicht auf Sicherheitsleistungen bis zu 250 000 Euro von Auftragnehmern, die dadurch finanziell erheblich entlastet werden. Mit nur wenigen Ausnahmen wird das Vergaberecht auch für die öffentlichen Unternehmen der Stadt gelten.

Nun noch einige Ausführungen zum Korruptionsregistergesetz. Insbesondere die GAL hat in den letzten Tagen hierzu Stellung genommen und geradezu waghalsige Behauptungen aufgestellt. Am meisten überrascht hat mich dabei, dass Dr. Steffen sich mit falschen Federn schmückt, denn entgegen der Behauptung in seiner Pressemitteilung vom Dienstag ist nicht etwa die GAL Initiator des Gesetzentwurfs gewesen, sondern es war die Fraktion der Partei Rechtsstaatlicher Offensive, die das Gesetz in diese Bürgerschaft im Januar 2004 eingebracht hat.

(Dr. Andreas Dressel SPD: Das hat Ihnen doch nur nicht gepasst, dass Sie da überstimmt worden sind! – Dr. Till Steffen GAL: Und wo waren Sie?)

Dieses Korruptionsregistergesetz ist dann wenige Wochen später auf Basis einer Großen Koalition von Schill, SPD und GAL mit sehr viel Wahlkampfgetöse in der letzten Plenarsitzung vor den Bürgerschaftswahlen 2004 mit Ach und Krach durchgebracht worden.

(Ingo Egloff SPD: Das ärgert Sie doch heute noch!)

Dass das Gesetz mit heißer Nadel gestrickt wurde, wurde an vielen Stellen immer wieder deutlich.

Nun sagt die GAL, es wurde kein einziges Unternehmen in das Korruptionsregister eingetragen und warum? Es fehlte eine Rückwirkungsklausel. Ich hoffe, Herr Dr. Steffen, dass Sie das jetzt endlich nachgelesen haben. Es fehlte eine Rückwirkungsklausel, die es ermöglicht hätte, auch Delikte aufzunehmen, die vor In-Kraft-Treten des Gesetzentwurfs begangen wurden.