Protokoll der Sitzung vom 25.08.2005

Nun sagt die GAL, es wurde kein einziges Unternehmen in das Korruptionsregister eingetragen und warum? Es fehlte eine Rückwirkungsklausel. Ich hoffe, Herr Dr. Steffen, dass Sie das jetzt endlich nachgelesen haben. Es fehlte eine Rückwirkungsklausel, die es ermöglicht hätte, auch Delikte aufzunehmen, die vor In-Kraft-Treten des Gesetzentwurfs begangen wurden.

(Bernd Reinert CDU: Betretenes Schweigen da drüben!)

Für diesen Systemfehler trägt nämlich nicht der Senat, sondern die damalige zufällige Parlamentsmehrheit die Verantwortung, also GAL und SPD.

(Gesine Dräger SPD: Mit der Logik haben Sie es nicht so!)

Ganz entscheidend für die Bewertung ist der Umstand, dass das Gesetz letztendlich nur bei der Vergabe öffentlicher Aufträge zur Anwendung kommen soll. Es handelt sich nicht um ein Gesetz zur Korruptionsbekämpfung der gesamten Wirtschaft, sondern nur um einen kleinen Teilbereich, das öffentliche Auftragswesen.

(Dr. Andreas Dressel SPD: Das wollen Sie so!)

In diesem Zusammenhang sei mir der Hinweis gestattet, dass die Hamburger Wirtschaft traditionell gegen Korruption und unlautere Geschäftspraktiken kämpft.

(Erhard Pumm SPD: Das war immer so!)

Leitbild ist hier seit Jahrhunderten der hanseatische Ehrbare Kaufmann.

(Beifall bei der CDU)

Entsprechend verfügt die Hamburger Wirtschaft mit der Versammlung eines Ehrbaren Kaufmanns und dem Verein PRO HONORE über bundesweit beispielhaft höchst anerkannte Institutionen.

(Martina Gregersen GAL: Ehrbare Leute sollen doch geschützt werden!)

Äußerst problematisch ist auch die Insellösung des Korruptionsregistergesetzes. Korruption macht vor den Landesgrenzen noch lange nicht halt. Unternehmen könnten schon in benachbarten Bundesländern auffällig geworden sein, ohne dass dies im Hamburger Korruptionsregister erkennbar wäre. Öffentliche Auftraggeber außerhalb Hamburgs können aufgrund eines hamburgischen Landesgesetzes nicht verpflichtet werden, Verfehlungen zu melden, und es bewerben sich in Hamburg neben hamburgischen auch auswärtige Unternehmen. Es ist eher zufällig, über welche der auswärtigen Bewerber die Stadt Informationen über relevante Vergehen erhält. Heute werden bereits, auch ohne Korruptionsregister, Verfehlungen auf der Grundlage von Verwaltungsvorschriften effektiv und rechtssicher geahndet.

(Erhard Pumm SPD: Viel zu wenige!)

Die Korruptionsproblematik wird in anwendbaren Verdingungs- und Vergabeordnungen inhaltlich geregelt. Darüber hinaus hat der Bürgersenat im Juli 2002 eine Verwaltungsvorschrift über den Ausschluss unzuverlässiger Unternehmen von der Vergabe öffentlicher Aufträge erlassen. Ich möchte hieraus nur zwei Sätze vorlesen, ich zitiere:

"Die Zuverlässigkeit von Bewerbern und Bietern ist wesentliches Kriterium bei der Vergabe öffentlicher Aufträge. Nachweislich können die, die schwere Verfehlungen begangen haben, die ihre Zuverlässigkeit als Auftragnehmer infrage stellen, ausgeschlossen werden. Eine schwere Verfehlung kann außer einem Ausschluss von künftigen Aufträgen auch zu einer Kündigung laufender Aufträge führen."

Meine Damen und Herren! Wenn Sie vernünftig recherchiert hätten, dann wüssten Sie, dass all das, was Sie hier mit großem Getöse nach außen fordern, schon längst geregelt ist.

(Beifall bei der CDU – Dr. Andreas Dressel SPD: Das ersetzt doch kein Gesetz! – Erhard Pumm SPD: Alles Seifenblasen!)

Unseriös, weil spekulativ, sind auch die von Ihnen, Herr Dr. Steffen, in der Pressemitteilung vom Dienstag aufgeführten Zahlen von 49 Korruptionsdelikten in 2002 und zwölf in 2003. Diese Zahlen beziehen sich auf die Gesamtzahl der Verurteilungen im Bereich Korruptionsdelikte.

(Dr. Till Steffen GAL: Sie haben doch behauptet, es gibt keine!)

Hier wird erstens nicht differenziert, ob Landes- oder Bundesbehörden betroffen waren, zweitens nicht nach Fallgruppen, sprich nach denjenigen, die bestochen haben und denjenigen, die bestechlich waren und drittens ist nicht zu unterscheiden, ob es öffentliche oder private Unternehmen sind.

(Dr. Till Steffen GAL: Das stimmt nicht!)

Diese Zahlen alleine sind im Hinblick auf das Korruptionsregister nicht verwendbar.

(Gesine Dräger SPD: Das sind unterschiedliche Straftatbestände!)

Der Senat setzt sich aktiv für eine bundeseinheitliche Lösung ein und die ist zweifelsohne nicht nur sinnvoll, sondern auch besonders begrüßenswert. Der erste Gesetzentwurf wurde damals in seiner Zielsetzung von allen politischen Seiten ausdrücklich begrüßt und aufgrund handwerklicher und inhaltlicher Mängel von Hamburg abgelehnt und was daraus wird, darüber haben wir gerade gesprochen. Bereits auf der Innenministerkonferenz im November 2004 hat Hamburg einem Vorschlag Nordrhein-Westfalens zugestimmt – seinerzeit war es noch SPD-regiert –, dass die IMK die Absicht des Bundes unterstütze, zeitnah ein bundesweites Register

(Dr. Andreas Dressel SPD: Das haben Sie immer abgelehnt!)

über unzuverlässige Unternehmen einzurichten unter der Maßgabe, dass die aus Sicht der Unionsländer kritisierten Unzulänglichkeiten beseitigt werden.

(Gesine Dräger SPD: Und wo war Ihr Vorschlag?)

Nun liegt der neue Entwurf des Bundesministeriums für Wirtschaft und Arbeit zur Beseitigung dieser Mängel vor. Es ist also davon auszugehen, dass ein entsprechender Gesetzentwurf von Bundestag und Bundesrat zeitnah verabschiedet wird, wenn in Deutschland endlich mal wieder regiert wird. Die CDU-Fraktion wird dem Senatsantrag natürlich zustimmen.

(Beifall bei der CDU)

Herr Egloff hat jetzt das Wort.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Der Gesetzentwurf für das neue Vergabegesetz, den der Senat heute vorlegt, verschlechtert die Situation der Hamburger Baufirmen und Bauarbeiter erheblich.

(Beifall bei der SPD und vereinzelt bei der GAL)

Warum haben wir denn im Jahre 2004 in einer zugegebenermaßen etwas ungewöhnlichen Konstellation in diesem Parlament dieses Vergabegesetz verabschiedet? Das war doch so eine Art gemeinsame Notwehrmaßnahme der Gewerkschaften und der Hamburger Bauwirtschaft mit unserer Unterstützung, um überhaupt noch Baugewerbe in Hamburg zu erhalten. Das ist doch die Ausgangssituation und Sie haben damals sehenden Auges dagegen gestimmt, weil Ihnen dieses Gesetz aus ordnungspolitischen Gründen nicht gefallen hat.

(Barbara Ahrons CDU: Weil es unsauber war!)

Frau Ahrons, weil es Ihnen aus ordnungspolitischen Gründen nicht gefällt, lassen Sie die Hamburger Bauwirtschaft vor die Hunde gehen, das ist das Problem.

(Beifall bei der SPD – Barbara Ahrons CDU: Das stimmt nicht!)

2500 Bauarbeiter sind in Hamburg arbeitslos und die Situation war 2004 und ist auch heute noch, dass die Hamburger Baufirmen, die tariftreu sind, sich der Konkurrenz aus Mecklenburg-Vorpommern, Polen und anderen

Ländern gegenübersehen und kämpfen müssen, um ihren Marktanteil und überhaupt ihre Existenz in Hamburg zu erhalten. Dies interessiert Senator Uldall und auch Senator Freytag anscheinend überhaupt nicht. Die sind doch für dieses Gesetz verantwortlich, nehmen aber an dieser Debatte hier nicht teil. Das ist ein Armutszeugnis, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der SPD und vereinzelt bei der GAL)

Herrn Senator Uldall hat dieses Gesetz nie gepasst. Er hat das auch ziemlich offen in einer Schalthoff-liveSendung unmittelbar nach der Bürgerschaftswahl gesagt. Der Kollege Pumm hat seinerzeit auch an der Diskussion teilgenommen, genauso wie der Präsident der Handwerkskammer; das ist alles dokumentiert. Er hat damals gesagt, er wolle das Gesetz abschaffen und hat sich gewundert, warum auf einmal Widerstand von der Innung kam, von der Gewerkschaft sowieso, aber auch von der Handwerkskammer. Nur die Handelskammer, die jetzt in der Behördenanhörung auch etwas dazu gesagt hat, schiebt ihre ordnungspolitischen Vorstellungen vor, die interessiert anscheinend nicht, was mit den Firmen passiert. Aber die anderen beteiligten Akteure haben Herrn Uldall sehr deutlich gesagt, so geht es nicht, weil das die Hamburger Bauwirtschaft nicht aushält. Und was ist das Ergebnis? Das Ergebnis ist, dass Sie hier heute versuchen, das Ding auf kaltem Wege zu kassieren.

(Beifall bei der SPD und vereinzelt bei der GAL – Barbara Ahrons CDU: Das stimmt doch überhaupt nicht!)

Sie versuchen, es auf dem kalten Wege zu kassieren, Frau Ahrons. Dem Gesetz werden die Zähne gezogen, indem man die öffentlichen Unternehmen rausnimmt. Gucken Sie sich doch den Paragraphen 1 an; sämtliche PPP-Projekte sind nicht drin.

Und dann gucken Sie sich bitte einmal an, wie die Kontrolle in der Praxis aussieht. Wenn ich einen Tag vorher auf der Baustelle anrufe, dass ich morgen kontrollieren werde, dann ist ja wohl alles in Ordnung, aber so kann es doch nicht aussehen.

(Beifall bei der SPD und der GAL)

Dazu passt natürlich auch, dass Sie die Sanktionen aus dem Gesetz herausnehmen wollen, jedenfalls in erheblichen Teilen. Wo ist es denn geblieben, dass Firmen von der öffentlichen Auftragsvergabe ausgeschlossen werden können? Es steht im Gesetz nicht mehr drin, dass man bei mehrfachen Verstößen zwischen sechs Monaten und drei Jahren von der öffentlichen Auftragsvergabe ausgeschlossen werden kann. Das haben Sie aus dem Gesetzentwurf herausgenommen.

(Beifall bei der SPD und der GAL)

Auch die Vertragsstrafe haben Sie halbiert.

(Erhard Pumm SPD: Warum eigentlich?)