Protokoll der Sitzung vom 18.01.2006

Statt mit einem geschnürten Paket stehen Sie halt mit …

(Klaus-Peter Hesse CDU: Das war Weltklasse!)

Wenn Sie, Herr Hesse, von Weltklasse sprechen, dann muss ich wirklich an Ihnen zweifeln.

(Beifall bei der GAL)

Das ist eine plumpe Bauchlandung geworden, wenn man sich schon einmal vom Olymp in die Niederungen der Politik begibt – auch überregional, das können Sie ja nun nicht bestreiten –, denn dieses Hin und Her als ein Geniestreich verkaufen zu wollen, ist Ihnen nun einmal nicht gelungen. Die "Financial Times" sprach von Posse, die "Süddeutsche Zeitung" von Groteske.

Jetzt ist Schadensbegrenzung angesagt, Herr Peiner hat schon eine vage Selbstkritik geübt. Das Vertrauen in die Verhandlungskünste des Senats ist weiter geschwächt worden. Vielleicht ist aber diese Verhandlungsschlappe auch ein heilsamer Schock. Es ist zu hoffen, dass der Bürgermeister und der Finanzsenator sich nicht wieder auf neue hausgemachte Abenteuer einlassen. Ich verstehe allerdings nicht ganz, dass plötzlich betont wird

(Glocke)

ich komme zum Ende –, die Mehrheit werde nicht mehr verkauft, wenn andere Investoren kommen; das muss man auch noch einmal nachfragen. Ich kann nur hoffen, dass demnächst mit mehr Augenmaß auch im Sinne des Hafen- und Logistikstandorts Hamburg verhandelt wird. – Danke.

(Beifall bei der GAL und der SPD)

Das Wort bekommt Herr Roock.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Wenn ich mir heute die wirtschaftspolitische Ausrichtung der SPD ansehe, dann wird mir Angst und Bange. Das war früher mal anders. Sie brauchen sich nur die letzten Äußerungen der Herren Tiefensee und Mehdorn anzuschauen, dann wird Ihnen klar, was ich meine.

(Beifall bei Wolfhard Ploog CDU)

Der eine – Tiefensee – redet von Strukturpolitik und der andere – Mehdorn – redet von wirtschaftspolitischen Entscheidungen eines Unternehmens. Wenn zwei Genossen von unterschiedlichen Dingen reden und dann auch noch versuchen, sie zu vermischen, dann kann dabei eigentlich nichts Vernünftiges herauskommen.

(Beifall bei der CDU)

Wenn heute gleich drei, vier oder mehr Genossen darüber reden, dann ist das Chaos perfekt. Der Staat sollte sich nicht in unternehmerische Entscheidungen einmischen.

(Beifall bei der CDU – Michael Neumann SPD: Sagt der Soldat!)

Der Satz stammt von Herrn Platzeck. Ich kann nur sagen, das ist vernünftig und wo Herr Platzeck Recht hat, da hat er Recht und daran sollten Sie sich auch ein bisschen orientieren.

Meine Damen und Herren! Fakt ist – der Bürgermeister hat eben darauf hingewiesen –, dass die Vereinbarung zwischen der Bahn und dem Senat ein Paket beinhaltete,

über das verhandelt werden sollte. Wenn aber nun dieses Paket permanent jeden Tag neu durchlöchert wird wie ein Schweizer Käse und die strategische Ausrichtung der Stadt und ihrer Unternehmen gefährdet wird, dann muss die Sache beendet werden.

(Michael Neumann SPD: Wir sind nicht auf dem Kasernenhof!)

Wir stehen für die Interessen Hamburgs und unser Bürgermeister hat völlig Recht mit der Ziehung der Reißleine.

Meine Damen und Herren! Über halbherzige und vage Angebote von Bahnchef Mehdorn und dem verantwortlichen Verkehrsminister Tiefensee lohnt es sich einfach nicht mehr, weiter zu verhandeln. Wenn die Verlagerung von der Konzernleitung schon von vornherein infrage gestellt wird, ist dieses unakzeptabel. Wie wichtig Konzernsitze für eine Stadt und eine Metropole wie Hamburg sind, dafür gibt es ausreichend Beispiele. Nehmen wir einmal die Stadt Bonn. Was wäre Bonn ohne die Deutsche Post und die Tochter DHL? Zum Beispiel weniger ICE-Stops, weniger internationale Flugverbindungen Köln/Bonn, also mehr Provinz, und das muss Ihnen doch zu denken geben.

Meine Damen und Herren! Hamburg wird auch ohne die Bahn für die hervorragend aufgestellten Unternehmen HHLA und HHA

(Ingo Egloff SPD: Dank sozialdemokratischer Wirt- schaftspolitik!)

geeignete Partner finden, die bereit sind, die Konzernspitze nach Hamburg zu verlagern. Interessenten gibt es genug.

Nun noch ein Wort zur Privatisierung. Wenn es so wäre, dass hier mit der Privatisierung von uns nur Kasse gemacht werden sollte, um Haushaltslöcher zu stopfen wie einst bei Ihnen, meine Damen und Herren, bei dem Verkauf von HEW, Hein Gas und der Landesbank, wäre Ihre Kritik heute angebracht. Heute beklagen Sie das tränenreich, was Sie damals verbockt haben.

Der SPD kann ich heute bei Ihrer Kritik über den Mehrheitsverkauf beziehungsweise der Privatisierung von HHLA und HHA nur eines ins Stammbuch schreiben: Ihnen ging es nicht wirklich um den Erhalt von Arbeitsplätzen, sondern vielmehr darum, mit Ihrem Bündnispartner Ver.di Ihren politischen Einfluss zu sichern. Das ist auch nicht verwunderlich, denn durch den Mitgliederschwund bei Ver.di und Privatisierung droht Ihnen insgesamt Machtverlust. Da sind Ihnen die Interessen der Stadt egal und das ist nicht in Ordnung, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der CDU – Dr. Monika Schaal SPD: Wer hat Ihnen das aufgeschrieben?)

Bleibt abschließend festzuhalten, dass Hamburg mit seinen Unternehmen HHLA und HHA für die Zukunft gut aufgestellt ist. Der Senat kann ohne großen Zeitdruck und ohne große Aufgeregtheiten mit weiteren internationalen Investoren verhandeln und insbesondere – was Sie nicht tun – die Interessen dieser Stadt voranbringen. – Danke schön.

(Beifall bei der CDU)

Das Wort bekommt Herr Dobritz.

A C

B D

(Michael Neumann SPD: Herr Maier hatte sich gemeldet! – Klaus-Peter Hesse CDU: Ist doch scheißegal! – Michael Neumann SPD: Ist das par- lamentarisch, Herr Hesse?)

Dann Herr Dr. Maier.

Danke schön. Wenn wir hier als die größere Fraktion wahrgenommen werden, nehme ich das gerne an.

Herr Bürgermeister, Sie haben gesagt, dass Sie persönlich Verantwortung für diesen Misserfolg tragen. So weit, so gut. Aber man muss sich dann im nächsten Schritt überlegen, wo denn die Ursachen waren, möglicherweise auch im eigenen Verhalten und in der eigenen Konzeption. Sie haben die Ursachen – fast ähnlich wie Herr Mattner – ausschließlich bei Herrn Mehdorn gesucht. Ich glaube, da stimmt etwas nicht.

Wenn Sie sich einmal an Ihre Diskussion aus den Siebziger-, Achtzigerjahren zurückerinnern, hatten Sie – damals noch bei der Jungen Union – wahrscheinlich häufig mit Debatten über staatsmonopolistischen Kapitalismus zu tun. Dieser staatsmonopolistische Kapitalismus wurde folgendermaßen beschrieben. Damals haben Sie ihn bekämpft und gesagt, es dreht sich um Folgendes: Der Staat greift unmittelbar in die Konstruktion von Konzernen ein und wird damit als Staat wirtschaftlich tätig und bewegt sich sozusagen als ökonomischer Monopolist.

(Doris Mandel SPD: Genau!)

Wen finden Sie in dieser Beschreibung abgebildet? Den Herrn Senator Peiner und sich bei der Konstruktion eines Monopolisten in Norddeutschland aus Bahn, Hochbahn und HHLA. Das ist genau das, was Sie betrieben haben.

(Beifall bei der GAL und vereinzelt bei der SPD)

Damals sind Sie mit "Erhard'schen" Argumenten für Ordnungspolitik eingetreten, nämlich Ordnungspolitik, die sagt: Wenn die öffentliche Hand hier einen Hafen betreibt, nämlich über die Port Authority, muss sie ein hohes Interesse daran haben, dass die Dienstleistungen im Hinblick auf diesen Hafen preiswert sind, zum Beispiel, dass bei der Bahn Konkurrenz herrscht, dass bei den Hafenanbietern Konkurrenz herrscht und das ist ein ordnungspolitischer Gesichtspunkt, den Sie durch diesen Versuch, hier einen Monopolisten zusammenzuschustern, ausdrücklich verletzt haben. Das erklären Sie dann mit Standortpolitik für Hamburg. Ja, Standortpolitik war staatsmonopolistischer Kapitalismus immer, nämlich für die jeweilige politische Einheit. Sie haben also tatsächlich eine Todsünde gegen den ökonomischen Liberalismus begangen, gemeinsam, wenn Sie so wollen.

(Beifall bei der GAL und vereinzelt bei der SPD)

Dann sind Sie einen Schritt weitergegangen und haben sich dieser Sünde öffentlich belobt, bevor das Ding in der Tasche war, und erklärt: So eine wichtige Entscheidung ist in den ganzen letzten zehn Jahren nicht mehr getroffen worden – bevor die Entscheidung getroffen war. Dass Sie möglicherweise an die Öffentlichkeit mussten, weil etwas durchgesickert war, kann man verstehen, aber dass Sie mit so dicken Backen an die Öffentlichkeit gegangen sind, das kann man schon viel weniger verstehen.

(Beifall und Heiterkeit bei der GAL und vereinzelter Beifall bei der SPD)

Gar nicht mehr verständlich ist mir Ihre jetzige Position. Sie erklären Ihre damalige Entscheidung damit, dass damit 1700 Arbeitsplätze und 400 Millionen Euro Investitionen kämen. Sie sagen jetzt, wir würden das nie wieder mit Mehrheitsverkauf machen. Wenn nun der nächste mit 2000 Arbeitsplätzen

(Gesine Dräger SPD: Aus dem Nichts!)

und 410 Millionen Euro Investitionen kommt, gilt dann Ihre jetzige Erklärung oder gilt sie nicht mehr?

(Klaus-Peter Hesse CDU: Machen Sie mal einen Vorschlag!)

Ist dies eine prinzipielle Erklärung? Sind Sie sozusagen ordnungspolitisch zur Vernunft gekommen

(Barbara Ahrons CDU: Es geht um die Konzern- zentrale!)