Protokoll der Sitzung vom 22.02.2006

(Gerhard Lein SPD: Schlicht kurzsichtig!)

und es da keine Möglichkeit gibt, den Blick ein bisschen über das eigene, doch etwas vage Petitum hinaus zu weiten.

Aber ich will nicht lange jammern. Wir werden sehen, was tatsächlich im HVV passieren wird. Wir werden auch sehr wahrscheinlich erleben, dass die Ankündigung wahr gemacht wird, die ich in der Vorbereitung zu dieser Debatte gehört habe, dass nämlich die HVV-Beratung sich dieses von mir vorgeschlagene Projekt, "Peace to the City" beziehungsweise "Schritte gegen Tritte", sehr genau ansehen und man überlegen werde, wie man das in die Stadt holen könne.

Wir hätten dies hier einvernehmlich lösen können. Wir hätten uns hier alle die Meriten verdienen können, sehr genau zu schauen und den Blick weit zu haben. Die CDU kann oder will das nicht. Das ist schade, aber das soll uns heute nicht den Tag verderben. – Danke sehr.

(Beifall bei der GAL und vereinzelt bei der SPD)

Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Dann kommen wir zur Abstimmung. Zunächst zum GAL-Antrag aus der Drucksache 18/3773 (Neufassung). Wer möchte diesen annehmen? – Gegenprobe. – Enthaltungen? – Das ist mit Mehrheit abgelehnt.

Wer möchte dem CDU-Antrag aus der Drucksache 18/3685 zustimmen? – Gegenprobe. – Enthaltungen? – Das ist einstimmig so beschlossen.

Mir liegen jetzt die Wahlergebnisse vor. Bei der Wahl einer Deputierten der Finanzbehörde sind 112 Stimmzettel abgegeben worden. Alle waren gültig. Frau Dr. Anke Jobmann erhielt 96 Ja-Stimmen, neun Nein-Stimmen und sieben Enthaltungen. Damit ist Frau Dr. Jobmann gewählt.

Bei der Wahl eines ordentlichen Mitgliedes der Härtefallkommission sind 112 Stimmzettel abgegeben worden. Davon waren drei Stimmzettel ungültig, also 109 Stimmzettel gültig. Frau Silke Vogt-Deppe erhielt 99 JaStimmen, acht Nein-Stimmen und zwei Enthaltungen. Damit ist auch Frau Vogt-Deppe gewählt.

Bei der Wahl eines stellvertretenden Mitgliedes der Härtefallkommission sind ebenfalls 112 Stimmzettel abgegeben worden. Alle Stimmzettel waren gültig. Herr Dirk Kienscherf erhielt 93 Ja-Stimmen, elf Nein-Stimmen und acht Enthaltungen. Damit ist Herr Kienscherf gewählt.

Wir kommen zu Punkt 36, der Drucksache 18/3707, Bericht des Schulausschusses zur Auswertung der PISA 2003-Ergebnisse.

[Bericht des Schulsausschusses: "Auswertung der PISA 2003-Ergebnisse" – Drucksache 18/3707 –]

Wer wünscht das Wort? – Herr Heinemann.

Meine Damen und Herren, ich wäre Ihnen sehr verbunden, wenn Sie Ihre Gespräche draußen weiterführen würden, denn es ist hier ungeheuer unruhig.

Vielen Dank, Frau Präsidentin. Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich erinne

re mich noch sehr gut an die denkwürdige Sitzung unseres Schulausschusses im November, als wir die Hamburger PISA-Ergebnisse besprachen. Ich habe noch nie zuvor erlebt, dass die SPD so sehr bemüht war, in völlig unbefriedigenden Zahlen doch noch irgendeine positive Tendenz zu finden. So freuten sich die SPD-Abgeordneten auch sichtlich, als der Senat erklären konnte, dass Hamburg zwar deutlich unter dem OECD-Durchschnitt liege und wir in Mathematik deutlich mehr als ein Lernjahr hinter den Bayern lägen, sich das Ergebnis aber verbessern würde, wenn man nach Migranten und NichtMigranten differenziere.

Das ist richtig. Es ist auch eine große Leistung unserer Lehrerinnen und Lehrer hier in Hamburg, dass sie dieses erreicht haben. Aber es hilft uns ja langfristig nicht weiter,

(Aydan Özoguz SPD: Ach!)

da unser Arbeitsmarkt und unsere Gesellschaft später genau diese Differenzierung nicht leisten kann und wird.

Baden-Württemberg hat gezeigt, dass man mit dem nahezu gleichen Migrantenanteil wie Hamburg ein deutlich besseres Ergebnis erzielen kann. Das muss auch unsere Zielvorgabe sein. Es ist daher Aufgabe …

(Unruhe im Hause – Glocke)

Ich möchte Sie noch einmal unterbrechen. Herr Dobritz, er wäre sehr nett, wenn Sie an unserer Sitzung teilnehmen könnten. – Vielen Dank.

(Bernd Reinert CDU: Das Thema ist ihm zu schwierig!)

– Vielen Dank.

Es ist Aufgabe der Hamburger Schulpolitik, die Schülerschaft, die wir hier in Hamburg haben, zum bestmöglichen Erfolg zu führen. Genau dabei hat die SPD leider jahrzehntelang versagt.

(Zurufe von der GAL)

Denn was ist denn die PISA-Studie anderes für Hamburg als die katastrophale Abschlussbilanz Ihrer Bildungspolitik?

Es gibt auch einen ganz einfachen Grund dafür, dass Sachsen trotz unbestreitbar schwierigster ökonomischer Rahmenbedingungen bei PISA deutlich erfolgreicher ist als Hamburg.

(Dr. Monika Schaal SPD: Habt ihr etwas zu ver- bergen?)

In Sachsen hat man sich nämlich rechtzeitig auf das Leistungsprinzip konzentriert. In Hamburg hingegen war spätestens seit 1968 Leistung wie in vielen anderen SPDBundesländern verpönt. Das sage ja nicht nur ich. Ihre langjährige, sozialdemokratische Kultusministerin Nordrhein-Westfalens, Gabriele Behler, hat dies in der unverdächtigen "Zeit" geschrieben. Sie hat dies etwas intellektuell formuliert, deshalb muss ich es ablesen:

"Da wurde das für die Zuweisung von Positionen in modernen Gesellschaften konstitutive Leistungsprinzip im Namen der 'humanen Schule' hinterfragt und das richtige Prinzip, jedes Kind zu fördern, wurde zur Entschuldigung, um Leistungsdefizite gar nicht erst benennen zu müssen."

Sie nannte auch konkret den ideologischen Ansatz, der dahinter stand:

"Nachdem es mit der Investitionslenkung und anderen sozialistischen Blütenträumen nicht voranging,

(Gerhard Lein SPD: Sie machen jetzt konservati- ves Roll-Back?)

wurde die Schule in den Siebzigern in vielen SPDZirkeln zum zentralen Ansatzpunkt sozialistischer Gesellschaftsveränderung."

Das ist kein Zitat von mir, sondern von Frau Behler. Hamburg hat dies sehr genau erlebt, Herr Lein. Ich erinnere an Ihren Schulsenator Grolle, der 1985 eine berüchtigte Rede hielt, die Sie heute noch in zahlreichen Dokumentationen finden, als hier der Welthochbegabtenkongress eröffnet wurde. Wiederum die "Zeit" schrieb damals,

"Mit vollendetem Takt schickte der Hamburger Senat zur Konferenzbegrüßung einen Senator, dem bei Hochbegabung nur Adolph Hitler einfällt."

(Ingo Egloff SPD: Machen wir hier Geschichts- stunde?)

Das war ein Misstritt, der aber sehr viel deutlich gemacht hat.

Etwas mehr als zehn Jahre später hat dann wiederum Ihre Schulsenatorin Rosemarie Raab einen Schulgesetzentwurf vorgelegt, den schon damals Henning Voscherau als leistungsfeindlich bezeichnet hat. Nur leider konnte sich Ihr Joker ja schon damals in der SPD nicht durchsetzen.

Jetzt wiederum, zehn Jahre später, zeigt uns PISA die Folgen dieser Leistungsfeindlichkeit auf. Bayern, Sachsen, Baden-Württemberg, Thüringen, alle lange unionsregiert, sind bei PISA ganz vorn, Nordrhein-Westfalen, Hamburg, Bremen, alle lange SPD-regiert, ganz hinten. Diese Korrelation ist wirklich kein Zufall mehr.

(Beifall bei der CDU)

Unsere Schüler sind sicher nicht dümmer als die Schüler anderer Länder. Das zeigen auch die guten Ergebnisse in der Problemlösungskompetenz. Unsere Politik hat die Schüler hier in Hamburg nur viel zu lang nicht ausreichend gefördert und gefordert. Wir als CDU wollen daher im Interesse unserer Schülerinnen und Schüler, dass deren Leistungspotenzial künftig optimal ausgeschöpft wird, und zwar unabhängig vom Elternhaus.

(Christa Goetsch GAL: Wie machen wir das? – Christiane Blömeke GAL: Die Erkenntnisse haben Sie von woanders!)

Seit 2001 haben wir deshalb umfangreiche Reformen auf den Weg gebracht und viele bereits umgesetzt. Ich brauche nur ein paar Beispiele nennen: die Einführung zentraler Abschlussprüfungen, die Erneuerung von 115 Bildungsplänen – einige waren schon 30 Jahre alt –, die Verdoppelung der Zahl der Ganztagsschulen, die Einführung der Viereinhalbjährigenuntersuchung und der künftig sogar verpflichtenden Sprachförderung vor der Grundschule, die Einführung des Praxislerntages und so weiter und so fort.

Uns ist sehr wohl bewusst, dass diese Reform vor Ort in den Schulen zu viel Arbeit und zu einem erheblichen Veränderungsprozess geführt hat. Man kann allen Lehre

rinnen und Lehrern hier in Hamburg sehr dankbar sein, die sich professionell, mit hohem Engagement diesen Herausforderungen widmen. Wir wollten und können einfach nicht die Verantwortung dafür unternehmen, dass vorhandenes Potenzial unserer Schülerinnen und Schüler hier in Hamburg noch länger brach liegt.

(Wilfried Buss SPD: Ist doch nicht wahr!)

Ich habe mich deshalb sehr darüber gefreut, Herr Buss, dass die SPD in den letzten Jahren diese Neuorientierung in der Bildungspolitik im Grundsatz unterstützt hat, bei viel Kritik im Detail – völlig klar. Frau Ernst, Sie haben dazu einen großen Beitrag geleistet. So schrieben Sie schon im Juli 2002 in einem Papier, auch der Hamburger SPD sei es nicht gelungen, jeden Zweifel an der Leistungsfähigkeit der Hamburger Schulen auszuräumen. Soziale Gerechtigkeit im Bildungswesen und die Gewährleistung der Leistung unserer Schülerinnen und Schüler seien kein Gegensätze. Vor Leistungsorientierung müsse sich deshalb niemand fürchten. Sie müsse aber an unseren Schulen gefordert und gefördert werden. Genau.