Protokoll der Sitzung vom 30.03.2006

Wir behalten als Stadt alle wichtigen Trümpfe in der Hand. Mit dem städtischen Unternehmen SAGA und GWG steht uns ein wichtiges Steuerungselement der Wohnungspolitik zur Verfügung und wir haben einen

erfahrenen Partner für eine verlässliche soziale Stadtteilentwicklung an unserer Seite. Herr Peiner hat das mit der verdeckten Kreditaufnahme vorhin erklärt, Herr Zuckerer. Deswegen will ich das nicht noch einmal wiederholen. Ich schätze Sie ja als Finanzpolitiker,

(Werner Dobritz SPD: Erklären Sie das doch noch mal!)

aber mittlerweile sollten Sie das auch begriffen haben und nicht wider besseres Wissen etwas anderes erzählen.

Meine Damen und Herren! Wir haben in den vergangenen vier Jahren eine verantwortungsvolle Konsolidierungspolitik umgesetzt und der Stadt dadurch neue Spielräume für Investitionen geschaffen. Wir haben nicht, wie die SPD jetzt jammervoll gesteht, Hamburger Tafelsilber verschleudert, um Haushaltslöcher im Betriebshaushalt zu stopfen. Wir gehen kontinuierlich einen anderen Weg und das ist gut so für unsere Stadt. – Danke schön.

(Beifall bei der CDU)

Der Abgeordnete Lieven hat das Wort.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Herr Senator Peiner, Sie sagten, eigentlich wäre zu dieser Debatte schon alles am 18. Januar gesagt worden. Sie haben auch eine Vorlage eingebracht, die das quasi unterstreicht. Das ist eines der wichtigsten Projekte für Sie als Finanzsenator in dieser Legislaturperiode und Sie kommen hier mit einer schwachen DIN-A-4Seite, auf der Sie grob umrisshaft darstellen, wie Sie die Zusammenführung von SAGA und GWG machen wollen. Da frage ich mich doch, was Sie dem Parlament hier nicht zeigen wollen? Was wollen Sie dem Parlament alles nicht darlegen? Ich glaube, Sie möchten nicht, dass über diesen Deal wirklich geredet wird und dass man ihn sich genau anschaut, denn dann wird klar, wie unsozial Ihre Politik mit SAGA und GWG ist.

(Beifall bei der GAL und der SPD)

Viel verrät diese Vorlage nicht, aber schauen wir uns das Wenige genauer an. Sie behaupten, mit dem Ankauf der GWG durch die SAGA würde altes Vermögen in neues Vermögen umgeschichtet. Das war schon zur Sprache gekommen, Herr Zuckerer hat es gesagt. Die GWG gehört zu 95 Prozent der HGV, die gehört zu 100 Prozent der Stadt, die SAGA gehört zu 95 Prozent der Stadt und zu 5 Prozent der HGV. Was wird da hin- und hergeschichtet? Da wird doch nur Taschenspielerei betrieben, linke Tasche, rechte Tasche, das ist alles. Sie verschieben in Wirklichkeit das Vermögen der Stadt im Kreis herum, um zu verschleiern, dass Sie das Vermögen der SAGA-Mieter in den Haushalt transferieren. Das ist Ihre Vermögensumschichtung,

(Beifall bei der GAL und der SPD)

denn de facto bezahlen die Mieter von 133 000 Wohnungen, etwa 300 000 Menschen, also ein Fünftel der Hamburger Bevölkerung, 50 Prozent des Sonderinvestitionsprogramms der Stadt mit all den wichtigen Zukunftsinvestitionen.

(Dr. Andrea Hilgers SPD: Zusätzlich zu den Steu- ern!)

Zusätzlich zu den Steuern, selbstverständlich. Das ist exklusiv nur für die SAGA-Mieter, 50 Prozent davon bezahlen zu dürfen.

Herr Peiner, Sie sagten eben, worum es alles geht. Ich sage Ihnen auch noch einmal, worum es geht. Es geht um 400 Millionen Sicherung und Ausbau des Wirtschaftsstandortes, 365 Millionen Euro Steigerung der Attraktivität Hamburgs, 285 Millionen Euro Stärkung des Wissenschafts- und Bildungsstandorts. Dazu gehört das ganze Hafen-Sonderinvestitionsprogramm, Erschließung der HafenCity, Umbau der Ost-West-Straße, Bau der Elbphilharmonie, Maritimer Kultur- und Erlebnisbaustein in der HafenCity, Troparium in Hagenbecks Tierpark, Architektur-Hochschule in der HafenCity, Business-School auf dem Campus.

(Doris Mandel SPD: Und der Jungfernstieg!)

Sie sehen, meine Auswahl ist etwas anders als die von Herrn Peiner, aber das ist da alles drin. Das bezahlen zur Hälfte die Mieter von SAGA und GWG.

(Olaf Ohlsen CDU: Dummes Zeug!)

Aber Herr Peiner, cui bono, wem nutzt das alles? Nutzt das vor allem den Mietern von SAGA und GWG

(Barbara Ahrons CDU: Vor allem Arbeitsplätze!)

oder nutzt das wenigstens zur Hälfte den Mietern von SAGA und GWG? Wohl kaum, meine Damen und Herren. Es nutzt im besten Falle der ganzen Stadt. In vielen Fällen, glaube ich, nutzt es in erster Linie der Wirtschaft. Das ist Wirtschaftsförderung, also aus den Taschen der SAGA-Mieter in die Wirtschaftsförderung

(Barbara Ahrons CDU: Wenn Sie sagen, in die ei- genen Arbeitsplätze, sind Sie ehrlicher!)

oder: Das ärmere Fünftel der Stadt bezahlt das Sonderinvestitionsprogramm für die ganze Stadt. Chapeau, Herr Peiner.

(Beifall bei der GAL und der SPD)

Sie spielen hier den verkehrten Robin Hood. Sie nehmen den Armen und geben den Reichen.

(Inge Ehlers CDU: Das ist albern!)

Das ist aktive Umverteilungspolitik von unten nach oben, meine Damen und Herren. Das ist Ihre Finanzpolitik.

(Beifall bei der GAL und der SPD)

Deshalb kommen Sie hier auch mit einer absolut aussageschwachen Vorlage, weil Sie nicht wollen, dass diskutiert wird, dass Ihrem Sonderinvestitionsprogramm die soziale Legitimation fehlt.

In dieser Vorlage steht, dass die verbesserte Liquidität im Bereich SAGA und GWG genutzt werden soll. Woher kommt denn diese verbesserte Liquidität? Wie kommt es, dass auf einmal die Geldquellen bei SAGA und GWG nur so sprudeln? Sie behaupten, die hohen Abführungen der SAGA würden sich nicht auf die Mieten auswirken und sprechen dem Vorstand ein ganz großes Lob dafür aus.

Meine Damen und Herren! Das ist ein Märchen. Schon jetzt beweist die Praxis anderes. Zum einen hat die SAGA erklärt, dass sie künftig den Mittelwert des Mietenspiegels anstreben wird. Bislang hat sie sich eher am Unterwert orientiert und damit den Mittelwert stabil gehalten. Wenn die SAGA mit ihrem großen Bestand jetzt nach

oben strebt, dann wirkt sich das auf die Mieten in der ganzen Stadt und nicht nur im Bestand von SAGA und GWG aus.

(Beifall bei der GAL und der SPD)

Auch in anderen Fällen sieht man eindeutig, wie die SAGA dabei ist, ihre Mietenerträge zu optimieren. Wir haben doch gerade das aktuelle Beispiel St. Georg. Da wird von der normalen Wohnlage in die gute Wohnlage umgewandelt und wer ist als Erstes mit 20 Prozent Mieterhöhung dabei? Die SAGA. Die SAGA weiß offensichtlich von der Behörde auch als Erstes Bescheid und geht sofort ans Maximum der Mieterhöhung. 20 Prozent, das ist die Kappungsgrenze.

(Lutz Kretschmann-Johannsen SPD: Sauerei ist das!)

Genauso ist es letztes Jahr auf der Veddel gelaufen. Ich weiß auch Beispiele in St. Pauli, wo nach Sanierung kein alter Bewohner mehr im Haus gewohnt hat und sich die Mieten mehr als verdoppelt haben. Das ist die Mietenpolitik der SAGA und das ist erst der Anfang.

(Beifall bei der GAL und der SPD)

Meine Damen und Herren! Der Senat hat gesagt, er will die SAGA noch nicht verkaufen, richtig, denn er benutzt sie als Cashcow. Er zieht das Geld direkt aus dem Unternehmen heraus und insofern finde ich die Parallele zu den Heuschrecken, die Herr Zuckerer brachte, nicht ganz abwegig.

Meine Damen und Herren! In dieser Legislaturperiode soll die SAGA nicht verkauft werden. Ich möchte anlässlich dieser Debatte einmal feststellen, dass der Verkauf der SAGA für meine Fraktion überhaupt nicht zur Debatte steht. Der städtische Wohnungsbestand ist ein unverzichtbares Steuerungsinstrument für den Wohnungsmarkt in einer Großstadt, in der nach wie vor Wohnungsknappheit herrscht.

(Beifall bei der GAL und der SPD)

Wir haben doch gerade erst vor drei Wochen die Vorlage zur Verlängerung der Zweckentfremdungsverordnung gehabt. Begründung: In Hamburg herrscht nach wie vor Wohnungsknappheit, ein angespannter Wohnungsmarkt und in einer Stadt mit einem angespannten Wohnungsmarkt ist ein öffentliches Wohnungsunternehmen ein unverzichtbares Instrument.

(Doris Mandel SPD: Man muss auch Neubau betreiben!)

Meine Damen und Herren! Die Mieter werden bluten müssen. Das ist meine These und diese dürre Vorlage kann das Gegenteil nicht belegen. Die Liquiditätssteigerungen werden aus den Mieten erfolgen. Das hatte Herr Peiner bei der letzten Debatte am 18. Januar auch gesagt, dass die Investitionen des Unternehmens um 50 Millionen Euro pro Jahr reduziert werden. Ihre Aussage, steht im Protokoll, Herr Peiner.

Es heißt in der Vorlage auch, dass der Wohnungsbestand weitgehend in einen anforderungsgerechten und marktgängigen Zustand versetzt worden ist.

(Wilfried Buss SPD: Hört, hört!)

Hört, hört, anforderungsgerecht und marktgängig. Was bedeutet das? 55 000 Wohnungen von SAGA und GWG sind in den letzten zehn Jahren saniert worden. Richtig.

Aber SAGA und GWG haben 133 000 Wohnungen. Was ist mit den übrigen 77 000 Wohnungen von SAGA und GWG?

(Beifall bei der GAL und der SPD)

In welchem Zustand befinden sich die, meine Damen und Herren. Ich weiß nicht, ob Sie viele Wohnungen von SAGA und GWG in dieser Stadt kennen. Ich kenne einige und viele von denen, die ich kenne, schreien danach, saniert zu werden. Wenn man sich anschaut, mit welchem Standard die SAGA zuweilen modernisiert, wünscht man sich doch häufig, dass dort mehr Geld dafür vorhanden ist. Es heißt hier "anforderungsgerecht und marktgängig". Marktgängig, das ist ein weites Feld. In einer Stadt, in der Wohnraumknappheit herrscht, ist fast alles marktgängig. Das ist also Ihr Kriterium zur Qualität, das Sie den Mietern von SAGA und GWG anbieten wollen. Sie speisen also 300 000 Menschen mit anforderungsgerechtem und marktgängigem Wohnraum ab und dafür dürfen die mit ihren Mieten die Lustbarkeiten in der HafenCity mitfinanzieren, wo die Wohnungen übrigens zu den teuersten in der Stadt gehören. Meine Damen und Herren, deswegen meine ich, dass das ein absolut unsozialer Vorgang ist.