Protokoll der Sitzung vom 26.04.2006

Ein wichtiges Ergebnis ist, das heute in diesem Gesetzentwurf dokumentiert ist, dass es keine private Stiftung gibt, sondern dass Sie die Rechtsform des Landesbetriebes gewählt haben und daher auch nicht so weitgehend diese Forderung umgesetzt haben. Selbst die CDU musste einsehen, dass ihre ursprünglichen Pläne des Modells einer Stiftung verfassungswidrig war und es ist schon peinlich, wenn einer Regierung diese Grenze nicht bewusst ist.

(Beifall bei der SPD)

Wenn man sich das Gesetz allerdings genau anschaut, dann sieht man, dass das eigentlich das Einzige ist, was Sie in den letzten Jahren getan haben, als Sie sich mit den beruflichen Schulen befasst haben. Sie haben in der Tat versucht, die Folgen der Jesteburg-Beschlüsse und den Privatisierungswahn aufzuhalten. Und Sie, Herr Heinemann, waren schon persönlich als Deputierter involviert. Vier Jahre Abwehrkampf gegen den Privatisierungswahn von Peiner, von Beust und Lange haben lei

der Zeit und Energie gekostet, die man gebraucht hätte, um sich um reale Probleme zu kümmern.

(Beifall bei der SPD)

Wir haben in der vergangenen Bürgerschaft schon darüber diskutiert und die Probleme sind seit Jahren erkennbar. Es gelingt einer immer größeren Zahl von Jugendlichen nicht, im dualen System Fuß zu fassen. Die Gründe hierfür kennen wir auch. Ich weiß nicht, ob wir uns hier ganz einig sind. Die Anforderungen in der Arbeitswelt sind gestiegen und die Jugendlichen haben es sehr schwer. Es gibt auch einen Konsens, dass die schulischen Leistungen häufig nicht ausreichen, um erfolgreich einen Ausbildungsplatz zu absolvieren.

Wir haben aber für die Hamburger Jugendlichen auch noch das Problem des enormen Drucks aus dem Umland. Abiturienten aus Schleswig-Holstein verdrängen Hamburger Realschüler beim Wettbewerb um die Ausbildungsplätze und Realschüler aus Mecklenburg-Vorpommern verdrängen die Hamburger Hauptschüler.

Daher drängen viele Jugendliche seit Jahren in die Berufsfachschulen, weshalb die Zahlen steigen, und die einzige Antwort von Ihnen ist, für rund 2000 Jugendliche diesen Weg künftig zu versperren anstatt ihnen diesen zu weisen. Ich finde, das ist ein Armutszeugnis von Politik, das Sie hier dokumentieren.

(Beifall bei der SPD)

Ein Ausweg ist, über eine Kammerprüfung auch die staatlichen Berufsfachschulen aufzuwerten, um Jugendlichen eine Perspektive zu geben. Ich kann nicht erkennen, dass Sie sich energisch für dieses Ziel einsetzen und hier auch nur einen Schritt vorangekommen sind.

Sie verstärken die Perspektivlosigkeit und ich möchte klar zum Ausdruck bringen, dass diese fehlenden Angebote im nachschulischen Bereich auch ganz deutliche Konsequenzen für den schulischen Bereich aufweisen. Wir haben in der Enquete-Kommission hierüber diskutiert. Die Jugendlichen wissen, dass sie nach der Schule keine Perspektive haben, fangen an, in der Klasse 7 schon nicht mehr mitzuarbeiten und sind demotiviert. Bis zur siebten Klasse gehen die Folgen einer fehlenden Perspektive, Lehrkräfte kommen nicht gegen die Mauer von demotivierten Jugendlichen an, die wissen, dass diese Stadt ihnen nichts zu bieten hat.

Senator Lange versprach noch 2003, als er die ersten Initiativen vorgestellt hatte, dass die Hamburger Wirtschaft mit diesem Reformvorhaben viele Ausbildungsplätze zusätzlich bereitstellen würde. Wir haben daran gezweifelt. Man weiß auch, wie schwer es der Wirtschaft fällt und wie schwierig es auch ist, zusätzliche Ausbildungsplätze zu schaffen. Sie haben das aber trotzdem sehr vollmundig erklärt und heute mögen Sie sich an diese Forderung noch nicht einmal erinnern. Sie taucht in dem Gesetzentwurf gar nicht mehr auf. Dabei war der Kern der Begründung, diese Reform einzugehen, dass die Wirtschaft Verantwortung übernehmen und auch mehr Ausbildungsplätze bereitstellen würde. Was Sie heute vorzuweisen haben, ist nichts in dieser Hinsicht.

(Beifall bei der SPD und bei Christa Goetsch GAL)

Auch etwas anderes fällt negativ auf. Die Stimme der Gewerkschaft wollen Sie nicht mehr hören, obwohl gerade sie viel beizutragen hat, wenn es darum geht, die Qualität der beruflichen Bildung dauerhaft sicherzustellen,

vor allen Dingen auch, wenn man sich einmal mit den betrieblichen Situationen auseinandersetzt, die nicht überall positiv zu bewerten sind und wir dort auch ein Interesse an Qualität haben.

Stattdessen schaffen Sie bürokratische Strukturen, von denen wir heute schon wissen, dass diese nicht funktionieren werden. Jede berufliche Schule soll künftig zwei Abteilungen haben. In der einen Abteilung kümmert man sich um die Schulen des dualen Systems, in der anderen Abteilung kümmert man sich um Berufsvorbereitung und Berufsfachschule. Das ist ein Unsinn, was auch viele bestätigt haben. Wir wissen, dass die Qualität in den Berufsfachschulen gerade gehalten werden kann, weil der unmittelbare Austausch mit dem dualen System in der Schule vorhanden und der Kontakt zur Praxis gewährleistet ist. Aber Sie wollten nicht hören und haben an diesem Bürokratiemonster festgehalten.

Wir wissen auch, dass es in der Praxis gar nicht so laufen wird. Es wird keine zwei Abteilungsleitungen geben, die an den Schulen nebeneinander arbeiten, sondern es wird eine Abteilungsleitersitzung tagen und TOP 1 wird man sich mit den beruflichen Schulen im dualen System befassen und TOP 2 mit den Berufsfachschulen. Das ist also eine Regelung, bei der jetzt schon jeder weiß, wie absurd sie ist.

(Beifall bei der SPD und bei Christa Goetsch GAL)

Wir werden heute die sofortige zweite Lesung dieses Gesetzentwurfes verweigern. Vielleicht ziehen Sie noch einmal Experten für Bürokratieabbau zu Rate und überdenken nochmals diese Regelung.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Wenn man sich diesen Teil des Gesetzes anschaut, müsste man eigentlich die Zeit zurückdrehen, um noch einmal mit Verstand von vorne zu beginnen. Das ist aber leider eine Möglichkeit, die der Politik nicht vergönnt ist. Ich appelliere daher an Sie: Lernen Sie aus den Fehlern der Vergangenheit und schaffen Sie realistische Perspektiven für Jugendliche in Hamburg. Alle Hamburgerinnen und Hamburger werden hiervon profitieren. – Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD und bei Christa Goetsch GAL)

Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Dann kommen wir zur Abstimmung.

Zunächst zum SPD-Antrag aus der Drucksache 18/4170. Wer möchte diesem zustimmen? – Gegenprobe. – Enthaltungen? – Das ist mit Mehrheit abgelehnt.

Wer möchte den SPD-Antrag aus der Drucksache 18/4171 annehmen? – Gegenprobe. – Enthaltungen? – Auch das ist mit Mehrheit abgelehnt.

Wer möchte den GAL-Antrag aus der Drucksache 18/4175 annehmen? – Gegenprobe. – Enthaltungen? – Auch das ist mit Mehrheit abgelehnt.

Wer möchte den CDU-Antrag aus der Drucksache 18/4168 annehmen? – Gegenprobe. – Enthaltungen? – Das ist einstimmig so beschlossen.

Wir kommen nun zum Bericht des Schulausschusses aus der Drucksache 18/4089. Wer möchte Ziffer 1 der Ausschussempfehlung folgen und das Gesetz zur Änderung des Hamburgischen Schulgesetzes und des Hamburgischen Personalvertretungsgesetzes aus der Drucksache

18/3780 mit dem vom Ausschuss empfohlenen Änderungen und der soeben beschlossenen Änderung beschließen? – Gegenprobe. – Enthaltungen? – Das ist mit Mehrheit so beschlossen.

Es bedarf einer zweiten Lesung. Stimmt der Senat einer sofortigen zweiten Lesung zu?

(Der Senat gibt seine Zustimmung zu erkennen.)

Das ist der Fall. Gibt es Widerspruch aus dem Hause? – Auch das ist der Fall. Dann wird die zweite Lesung für die nächste Sitzung vorgesehen.

Wer möchte Ziffer 2 der Ausschussempfehlung folgen? – Gegenprobe. – Enthaltungen? – Das ist bei einigen Enthaltungen mit Mehrheit so beschlossen.

Wer möchte Ziffer 3 der Ausschussempfehlung zustimmen? – Gegenprobe. – Enthaltungen? – Das ist einstimmig so beschlossen.

Dann kommen wir zum Tagesordnungspunkt 19, Drucksache 18/3996, Bericht des Haushaltsausschusses: Veräußerung der beiden ersten Portfolios von Büro- und Gewerbeimmobilien der Freien und Hansestadt Hamburg und städtischer Gesellschaften im Rahmen des Projektes Immobilienmobilisierung.

[Bericht des Haushaltsausschusses über die Drucksache 18/3678: Veräußerung der beiden ersten Portfolios von Büro- und Gewerbeimmobilien der Freien und Hansestadt Hamburg und städtischer Gesellschaften im Rahmen des Projektes Immobilienmobilisierung (PRIMO) (Senatsvorlage) – Drucksache 18/3996 –]

Hierzu liegt Ihnen als Drucksache 18/4177 ein Antrag der CDU-Fraktion vor.

[Antrag der Fraktion der CDU: Veräußerung der beiden ersten Portfolios von Büro- und Gewerbeimmobilien der FHH und städtischer Gesellschaften im Rahmen des Projektes Immobilienmobilisierung (Primo) – Drucksache 18/4177 –]

Wer wünscht das Wort? – Frau Dräger, Sie bekommen es.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren! Vor zwei Wochen haben wir hier im Hause eine Posse aufgeführt oder – genauer gesagt – nicht wir haben sie aufgeführt, sondern wir waren Zuschauer einer Posse rund um die Lager- und Betriebsräume des Schauspielhauses. Hierauf komme ich am Ende meiner Rede noch einmal zurück, denn anscheinend sieht es so aus, als ob hier die CDU mit Mühe und Not einen zweiten Akt dieser Posse verhindern möchte. Das ist vielleicht erfreulich, aber für den Senat sicher kein Zeugnis besonderer handwerklicher Fähigkeiten.

Wenn der Senat in den letzten Monaten – und das kam das eine oder andere Mal vor – sich vom städtischen Vermögen getrennt hat beziehungsweise durch geschickte Umschichtungen Vermögen aus öffentlichen Unternehmen in den hamburgischen Haushalt überführt hat, war immer die Rede davon, dass es um die Zukunftsprojekte dieser Stadt ginge und altes Vermögen in neues Vermögen umzuwandeln. Ich hoffe, ich zitiere Sie hier

richtig, Herr Peiner. Bei vielen Projekten haben wir unsere Zweifel an dieser These geäußert.

An dem heutigen Projekt, nämlich den ersten zwei Tranchen des Projektes PRIMO kann man Euro für Euro und Cent für Cent nachweisen, wie ernst der Senat es mit diesem Leitsatz, altes Vermögen in neues Vermögen umzuwandeln, eigentlich meint, nämlich gar nicht.

(Beifall bei der SPD)

Fakt ist nämlich, dass der Senat das Geld aus den Immobilienverkäufen, die wir heute beschließen sollen, größtenteils längst ausgegeben hat. Es handelt sich daher nicht um eine Zukunftsentscheidung, sondern darum, die Haushaltslöcher der Jahre 2004 und 2005 zu stopfen.

Über die VHG wurden bereits 2004 und 2005 in vier Tranchen hunderte von Millionen Euro in den Hamburger Haushalt eingespeist, die dort direkt in den Betriebshaushalt geflossen sind. Anders gesagt, ohne das Geld, das die Stadt erst heute durch diesen Beschluss erwirtschaften kann, hätte der Senat in der Vergangenheit keine verfassungsmäßigen Haushalte vorlegen können. Das möchte ich im Einzelnen noch einmal erläutern.

Wir haben Vermögensentnahmen aus der VHG. Diese Vermögensentnahmen sind uns nicht etwa durch den Senat dann, als sie entstanden sind, mitgeteilt worden, sondern sie sind erst durch Kleine Anfragen aus unserer Fraktion ans Licht gekommen. Der Senat war seinerzeit in Geldnot. Er hatte angekündigt, die Neuverschuldung zu senken und einen ausgeglichenen Betriebshaushalt vorzulegen und war dabei höchst, höchst klamm.

Aus diesem Grund hat man sich eines Tricks bedient. Man hat angekündigt, dass man im großen Stil Immobilien der Freien und Hansestadt Hamburg verkaufen wolle. Es wurde aber gleichzeitig festgestellt, dass man das so schnell gar nicht auf die Reihe bekommt. Und weil dem so war, hat man sich gesagt: Dann soll doch ein öffentliches Unternehmen uns diese Immobilien erst einmal abnehmen, sie zunächst mit einem Gesellschafterdarlehen bezahlen, dann dieses Gesellschafterdarlehen an die Stadt wieder zurückzahlen und das Geld hierfür auf dem Kreditmarkt aufnehmen. Auf diese Weise ist Geld in den Haushalt geflossen, und zwar keine kleinen Summen, sondern im Jahre 2004 immerhin 410 Millionen Euro und im Jahre 2005 noch einmal 210 Millionen Euro, wofür überhaupt noch keine Geschäfte getätigt worden sind.

Es sind noch keine Immobilien auf dem privaten Markt verkauft worden. Es ist kein neues Geld der Stadt zugute gekommen. Passiert ist, dass man lediglich Unternehmen verlagert hat und eine Fremdfinanzierung über Kredite für diese Unternehmen durch ein öffentliches Unternehmen hat aufnehmen lassen, denn auch die VHG hat keine Portokasse, aus der sie mal eben über 600 Millionen Euro an den Stadthaushalt hätte abführen können.

Sie musste sich verschulden. Sie musste die Zinslasten für insgesamt 620 Millionen Euro tragen. Diese Zinslasten kamen nicht wie vorher, als es noch ein Gesellschafterdarlehen war, der Stadt zugute, sondern sie wurden in die Fremdfinanzierung gesteckt. Diese Kredite – und nichts anderes passiert durch die Drucksache – werden jetzt teilweise aufgelöst. Das sind Ausgaben der Jahre 2004 und 2005. Es ist eine rückwärts gewandte Haushaltspolitik, weil der Senat in diesen Jahren verschleiert hat, wo das Geld herkommt, und heute erst die Kasse macht, um Löcher zu stopfen, die früher entstanden sind. Das ist die