Protokoll der Sitzung vom 11.05.2006

(Beifall bei der CDU)

Dann möchte ich zu Ihrer Großen Anfrage kommen, die aus den fünf Kapiteln A bis E besteht. Im ersten Kapitel geht es um das Energiekonzept; da haben Sie natürlich Pech gehabt. Sie haben die Große Anfrage am 17. März herausgebracht, der Senat hat seine nachhaltige Energieversorgung für Hamburg, also ein Energiekonzept, ein paar Tage vorher vorgelegt, allerdings für Sie nicht erreichbar, das räume ich ein. Das ist für Sie ein ausgesprochenes Unglück gewesen, mit anderen Worten: Ihr Timing war ein bisschen schwach, dem Senat mit dieser Anfrage vorzuwerfen, er hätte kein Konzept.

(Vizepräsidentin Bettina Bliebenich übernimmt den Vorsitz.)

Genau das Gegenteil ist der Fall und er hat vor allen Dingen ein Konzept, das Boden unter den Füßen hat.

(Beifall bei der CDU)

Ich erzähle Ihnen nicht noch einmal das Gleiche wie beim letzten Mal, allerdings merke ich an, dass Sie bei verschiedenen Grundfragen unserer Energieversorgung bei der Debatte vor 14 Tagen einfach keine Antwort wussten. Zur Isolierung Deutschlands in der Energiepolitik in Europa haben Sie nichts gesagt. Sie haben nichts dazu ge

sagt, wie wir die Grundlastversorgung betreiben wollen. Sie haben auch nicht auf die Frage geantwortet, wie Sie es denn mit regenerativen Energien halten. Natürlich kann man sehr langfristig in weiter Zukunft vielleicht einmal alles regenerativ und durch sparsame Maßnahmen machen,

(Michael Neumann SPD: Regenerieren Sie sich lieber selbst!)

aber, Herr Neumann, in den nächsten 20, 30 Jahren werden wir um die Lösung der Frage, wo wir die restlichen 70, 80 Prozent herbekommen, nicht herumkommen und darauf haben Sie keine Antwort gegeben.

(Beifall bei der CDU)

Sie werfen uns vor, wir seien unkonzeptionell und selber berücksichtigen Sie die einfachsten Grundlagen der Energiepolitik nicht. Nach Ihrem Energieschwenk vor etwa 20 Jahren, Ausstieg aus der Kernenergie, blasen Sie einfach die alte Musik nach und denken nicht über notwendige Neuerungen nach wie zum Beispiel eine Verlängerung von Laufzeiten von sicheren, funktionierenden, effizienten und preiswerten Kernkraftwerken.

Hierüber wollen Sie einfach nicht nachdenken, sondern sind blockiert, was im Übrigen auch auf Herrn Kerstan zutrifft.

(Beifall bei der CDU – Michael Neumann SPD: Sie haben eine Rille in Ihrer Platte! – Ingo Egloff SPD: Sie sind eine Schellack-Platte! – Entschuldigen Sie mal bitte, was die Rille in der Platte betrifft. Wer hat denn die Platte aufgelegt? Das waren Sie und die Rille war Frau Dr. Schaal, die sich andauernd wiederholt. Ich kann auf wiederholende Themen nur wie- derholend antworten. (Beifall bei der CDU)

Eine letzte Anmerkung, um Sie zu beruhigen.

(Dr. Till Steffen GAL: Mal was Neues und Innova- tives, Herr Engels!)

Sie wollen jetzt, dass ich weiterrede, aber diesen Gefallen tue ich Ihnen nicht. Das ist das Thema nach der lang und breit diskutierten Erörterung momentan nicht wert. Vielleicht sage ich später noch einmal etwas dazu, aber im Augenblick ist mir das zuviel. – Tschüß.

(Beifall bei der CDU)

Das Wort hat der Abgeordnete Maaß.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Wir haben vor einigen Tagen in der gemeinsamen Sitzung des Wirtschafts- und des Umweltausschusses auch das Energiekonzept des Senates beraten. Mir ist dabei eine Sache aufgefallen, die ich bedenklich finde. In der hamburgischen Politik gibt es zunehmend eine Verschiebung innerhalb der Energiepolitik, und zwar von den Aspekten Umweltschutz, Klimaschutz und auch Verbraucherschutz bis hin zur klassischen Wirtschaftspolitik. Das hat man auch – glaube ich – ganz deutlich an den Wortbeiträgen sowohl von den Senatsvertretern der Behörde für Stadtentwicklung und Umwelt als auch der Wirtschaftsbehörde gemerkt.

Ich glaube, dass das in die falsche Richtung geht. Bei den unterschiedlichen Belangen, wie Klimaschutz, Wirtschaftspolitik und auch Verbraucherschutz, die sicherlich alle zu berücksichtigen sind, kommen wir wohl nicht umhin, der Klimaschutzpolitik innerhalb der Energiepolitik ein deutliches Primat einzuräumen. Gleichzeitig müssen wir auch einen stärkeren Wert auf Verbraucherbelange legen, als es in der Vergangenheit der Fall gewesen ist. Aber vor allem ist mir das Primat der Klimaschutzpolitik innerhalb der Energiepolitik wichtig.

Man kann es nicht oft genug sagen, welche fundamentalen Probleme uns von den Wissenschaftlern prognostiziert werden. Wenn es uns gelingen sollte, in den westlichen Industrieländern die Treibhausgas-Emission innerhalb der nächsten 40 Jahre um 80 Prozent zu mindern – und diese Vorstellung ist schon eine wirklich große Herausforderung –, dann haben wir immer noch einen Klimawandel von plus zwei Grad im globalen Mittel.

Nach den Ausführungen des Max-Planck-Instituts bedeutet das für uns in Deutschland plus vier Grad, in NordostDeutschland minus 30 Prozent Niederschläge im Sommer mit gleichzeitig mehr Starkregenereignissen und im Winter Zunahme von extremen Wetterereignissen. Des Weiteren hat es globale Auswirkungen zur Folge, die zu Versteppungen ganzer oder großer Landstriche sowie zu dadurch ausgelösten Migrationsströmen und natürlich auch bei uns in Mitteleuropa zu großen gesellschaftlichen Verwerfungen führen können.

Das sind alles Dinge, die zugegebenermaßen noch in weiter Ferne liegen. Aber ich habe das Gefühl, dass, wenn wir heute über Energiepolitik diskutieren, wir zu stark über die Kosten reden, die der Klimaschutz jetzt innerhalb der nächsten Jahre verursacht, und weniger über die Milliarden Kosten reden, die auf uns zukommen, wenn wir den Klimaschutz jetzt unterlassen. Das ist das Problem, worüber Sie nicht diskutieren.

(Beifall bei der GAL)

Ich möchte auch gern belegen, dass heute die Wirtschaftspolitik und insbesondere Herr Senator Uldall wieder stärker das Primat in der Energiepolitik erlangt. Ich kann verstehen, dass er sich hier persönlich einbringen und engagieren will, aber ich glaube, dass die Spuren, die er bisher in der Energiepolitik hinterlassen hat, nicht besonders rühmlich sind.

Fangen wir mal 1998 mit dem Energiewirtschaftsgesetz an. Das war noch zu Zeiten der damals schwarzgelben Koalition in Berlin. Dort hat Herr Uldall offenbar diesem Energiewirtschaftsgesetz zugestimmt, was zur Folge hatte, dass es in Deutschland keinen funktionierenden Wettbewerb mehr auf dem Energiemarkt gegeben hat. Man muss heute einfach mal konstatieren, Herr Uldall, dass Sie damals einen schweren Fehler begangen haben, als Sie diesem Energiewirtschaftsgesetz zugestimmt haben, ohne für eine wirksame Regulierung dieses Energiemarktes zu sorgen. Hier sollten Sie heute einmal die Größe besitzen, das einzugestehen.

(Beifall bei der GAL und vereinzelt bei der SPD)

Aus diesem Grunde haben wir über Jahre hinweg hohe Preise für Verbraucher und im Übrigen auch für die energieverbrauchende Wirtschaft gehabt und gleichzeitig Monopolgewinne auf Seiten der Energieversorger. Man kann das nur als Abzocke bezeichnen, was wir in der Folge von 1998 mit der Öffnung und Liberalisierung des

Energiemarktes ohne eine Regulierungsbehörde erlebt haben. Das wurde dann mit der Regulierungsbehörde und der Netzagentur repariert, die jetzt glücklicherweise endlich arbeitet.

Der nächste Schritt, bei dem Herr Uldall energiepolitisch in Erscheinung getreten ist, ist seine Rolle als Wirtschaftsenator in Hamburg im Jahre 2004, als die Strompreise, die sich Vattenfall von der Wirtschaftsbehörde genehmigen lassen musste, hier einfach durchgewunken wurden. Sein Kollege in Hessen hat es anders gemacht. Er hat durchaus strenge Maßstäbe an die dortigen Energieversorger gelegt und nicht einfach die Erhöhung der Strompreise durchgewunken. Herr Senator Uldall stand auch hier Seite an Seite mit Vattenfall und hat dadurch meiner Meinung nach den hamburgischen Verbrauchern und im Übrigen auch der verbrauchenden Industrie in Hamburg keinen guten Dienst erwiesen.

(Beifall bei der GAL und bei Dr. Mathias Petersen SPD)

Diese Spur der Verwüstung – das wäre jetzt ein wenig zu hoch gegriffen –, aber diese negativen Einflüsse von Herrn Uldall gehen noch weiter. Gerade erst vor wenigen Wochen ist ans Licht gekommen, dass schon im Jahre 2004 die Wirtschaftsbehörde beziehungsweise Herr Senator Uldall den Stromliefervertrag, den seinerzeit noch Herr Rehaag als damaliger so genannter Umweltsenator abgeschlossen hatte, diesen zum einen still und heimlich verlängert und zum anderen aber auch etwas ganz Interessantes vollbracht hatte.

Es gab nämlich bis dato seitens Vattenfall eine Verpflichtung, dass der Strom, den die Stadt bezieht – es sind jedes Jahr immerhin über 40 Millionen Euro, die die Stadt für Strom ausgibt – mindestens 10 Prozent Ökostromanteil enthalten muss. Das hatte Herr Rehaag seinerzeit so ausgehandelt, was durchaus eine honorige Leistung war. Und genau diese Klausel hat Herr Uldall dann gestrichen.

Gleichzeitig hat er hingenommen, dass die Stadt höhere Strompreise zahlen muss und hat das Ganze noch nicht einmal mit einer Ausschreibung versehen. Das heißt, das Produkt und die Preise haben sich verändert und damit gleichzeitig das enorme Vertragsvolumen, was natürlich ausschreibungspflichtig ist und Sie, Herr Uldall, machen das einfach so unter der Hand. Hier muss ich Ihnen wirklich die Frage stellen, ob das nicht doch in die Nähe von Vetternwirtschaft kommt,

(Wolfgang Beuß CDU: Das ist eine Frechheit!)

zumal man dann noch ein paar Wochen später hört, dass Vattenfall der Stadt mal so eben 2,9 Millionen Euro für den Spielbudenplatz überlässt. Diese Frage müssen Sie sich gefallen lassen, Herr Senator.

(Beifall bei der GAL und vereinzelt bei der SPD)

Jetzt war der neueste Clou, dass die Zuständigkeit für die Energiepolitik von Senator Freytag auf Senator Uldall übergehen sollte. Hierauf hatte man sich sozusagen geeinigt. Es sind zwei Stellen, die aus der Behörde für Stadtentwicklung und Umwelt in die Wirtschaftsbehörde übergehen. Das ist nicht besonders "dolle" und daher hat man sich entschlossen, dass dann Herr Senator Uldall auch noch die Energieversorgung der öffentlichen Gebäude hinzubekommt. Das ist ein Gebiet, womit die Wirtschaftsbehörde nun wirklich nichts am Hut hat.

(Ingo Egloff SPD: Deswegen wird sie sie auch schnell wieder los!)

Allein zur Gesichtswahrung und gegen die Interessen des Klimaschutzes sowie auch gegen die Interessen einer vernünftigen Bewirtschaftung der Gebäude in Hamburg aus einer Hand wurde diese Sache vorgenommen, Herr Uldall, nur allein, um Ihr Gesicht zu wahren. Das ist auch keine besonders große Sache, die Sie hier veranstaltet haben.

Ich bin der Meinung, dass es fatal ist, dass es jetzt keine Klimaschutzpolitik mehr aus einer Hand gibt. Die Klimaschutzpolitik sollte weiterhin bei Senator Freytag liegen.

(Ingo Egloff SPD: War vorher auch nicht!)

Gleichzeitig haben Sie sich die Zuständigkeit für den Treibhausgashandel gesichert. Das geht so aus der Großen Anfrage hervor.

Jetzt muss man sich mal anschauen, was eigentlich passiert, wenn Wirtschaftspolitiker Einfluss auf den Treibhausgashandel nehmen und nicht mehr hauptsächlich von Klimapolitikern betrieben wird. Das ist auch das Spielchen, was wir auf Bundesebene beobachten können, wie der Wirtschaftsminister dort Einfluss nimmt.

Das Ergebnis ist, dass das vernünftige Instrument des Emissionszertifikate-Handels vollkommen ausgehebelt und pervertiert wird. Es ist normalerweise so, dass besonders effiziente Kraftwerke, beispielsweise Gaskraftwerke, durch den Zertifikate-Handel einen Wettbewerbsvorteil haben, weil sie für die gleiche produzierte Menge Strom einfach weniger CO2 emittieren.

Jetzt aber gehen die Wirtschaftspolitiker hin und erklären, dass alle neuen Kraftwerke ausreichend Zertifikate erhalten sollen und dafür noch nicht einmal etwas bezahlen müssen. So kann man vernünftige Klimaschutzpolitik wirklich zum Scheitern bringen. Das ist das Fatale, wenn die Wirtschaftspolitiker versuchen, auf die Klimaschutzpolitik Einfluss zu nehmen und das befürchte ich auch hier in Hamburg.

(Beifall bei der GAL und vereinzelt bei der SPD)

Noch ein Wort zu den Kraftwerken, zu denen auch in der Anfrage einige Worte ausgeführt wurden. Das Kraftwerk Moorburg betrachten wir mit großer Skepsis, und zwar zum einen klimapolitisch – ich hatte erklärt, dass Gaskraftwerke dort aus klimapolitischer Sicht deutlich zu bevorzugen sind – und zum anderen, weil wir das Problem der Abwärme nicht gelöst sehen.

Gerade im Sommer, wenn die Fernwärme keine Wärmelast von diesem Kraftwerk abnimmt und wenn gleichzeitig die Elbe, die ohnehin schon eine besonders hohe Temperatur hat – in der Unterelbe sind wir bereits am Rande des Fischsterbens, weil das Sauerstoffloch so groß geworden ist – in dieser Zeit auch noch durch dieses Kraftwerk zusätzlich erwärmt wird, dann stellt sich die Frage, ob das wirklich noch vertretbar ist. Daher werden wir diesen Aspekt mit großer Sorgfalt betrachten und dort auch Regelungen im Genehmigungsverfahren einfordern, die hier dafür sorgen, dass die Elbe im Sommer nicht umkippt.