Protokoll der Sitzung vom 11.05.2006

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Frau Timmermann, ganz so sicher wie Sie bin ich mir nicht, dass dies heute ein guter Tag für den Radverkehr ist.

(Dr. Mathias Petersen SPD: Er könnte einer sein!)

Tatsächlich kann es ein sehr guter Tag für den Radverkehr sein, denn so groß war der Konsens zwischen allen Fraktionen, die in der Bürgerschaft sitzen, noch nie, dass Radfahren eine gute, vernünftige Sache sei, die sogar – das kriegen wir das erste Mal von der CDU schriftlich – die Lebensqualität in der Stadt Hamburg steigere. Da wünscht man sich doch, dass es diesen Konsens doch bloß früher gegeben hätte und er früher konsequenter umgesetzt worden sei. Hamburg wäre heute eine noch liebens- und lebenswertere Stadt, als sie es jetzt ist.

(Beifall bei der GAL und der SPD und bei Klaus- Peter Hesse CDU)

Nun werden wir die Uhren nicht mehr zurückdrehen können. Deswegen wollen wir den Blick fest nach vorn richten. Wir fordern das konsequente Umsetzen Ihrer Absichtserklärung ein. Deswegen fordern wir mit unserem Zusatzantrag konkrete Schritte, wie man dorthin kommen könne. Das Urvertrauen in den Senat können wir in unserer Position selbstverständlich nicht teilen. Der Prozess, der da angestoßen werden soll, der ein langfristiger, zielorientierter Prozess sein soll, muss natürlich offen geführt werden. Da dürfen sich keine Fachbehörden hinter ihren Türen verschanzen. Da muss öffentlich gestritten werden, da müssen Positionen zusammen gebracht werden.

(Michael Neumann SPD: Da würde ich auch ner- vös werden an dieser Stelle!)

Wir brauchen diesen Prozess mit allen beteiligten Parteien, mit den Behörden, mit den Fachverbänden und Fachleuten. Wir müssen natürlich auch dafür sorgen, dass sich einzelne Behörden nicht hinter "Prinzipienfestigkeit" verstecken können. Die Behörde für Inneres ist leider eine Behörde, die es uns über Jahre sehr schwer gemacht hat, ernsthafte Verbesserungen zu erreichen. Das müssen wir aufbrechen. Dazu müssen wir hier und heute den Prozess erklären, genau so, wie wir ihn in unserem Zusatzantrag beschrieben haben.

(Beifall bei der GAL)

Die Ergebnisse, die in diesem Prozess gefunden werden, müssen konsequent umgesetzt werden. Was aber immer Moment passiert, ist leider zum Teil das glatte Gegenteil, auch in Gegenden, in denen allerbeste Möglichkeiten

bestünden, das Fahrradfahren in dieser Stadt wirklich attraktiv zu machen.

Nehmen wir nur einmal die HafenCity: Dort wird aus rein ästhetischen Motiven festgelegt, wir dürften keine roten Radwege mehr haben. Aus ästhetischen Motiven werden Fahrradstreifen verhindert. Aus ästhetischen Motiven wird dort angeordnet, was an anderer Stelle aus gutem Grund verboten wird, nämlich das Benutzen von Radwegen in zwei Richtungen, was der ADFC selbst immer Geisterradeln nennt.

(Klaus-Peter Hesse CDU: Hier wird das auch ge- macht!)

Doch, Herr Hesse, an vielen Stellen in der Stadt wird dies immer wieder als Unfallursache benannt, zu Recht, und deswegen auch bekämpft. Wir haben ein richtig großes Problem, wenn in der HafenCity über einen nicht erkennbaren, in zwei Richtungen zu benutzenden Radweg auch noch eine ganze Reihe von Tiefgaragenzufahrten geführt werden. Dieses Sicherheitsrisiko, das da geplant wird, dürfen wir gar nicht zulassen. Da muss jetzt sofort korrigiert werden. Da können wir nicht nebulös warten, sondern da muss jetzt gehandelt werden.

(Beifall bei der GAL und vereinzelt bei der SPD)

Wir müssen natürlich auch bereit sein, grundsätzliche Ungerechtigkeiten ernsthaft zu beenden. Wir wollen ja den Radverkehr fördern. Das sagen wir hier allesamt. Die CDU sagt in der Regel, dass sie Radwege gern im Rahmen von Grundinstandsetzungen herstelle, also an Hauptverkehrsstraßen. Dabei werden auch die Nebenflächen mit hergerichtet. Ehrlich gesagt ist es ein bisschen schwierig, wenn Sie glauben, die Radfahrer wären dann von diesen neuen Radwegen so entzückt, dass sie unbedingt an jeder Ampel absteigen möchten, um sie noch einmal bestaunen zu können. Das aber ist jedoch genau das, was Sie mit Ihrer Art von Telematik hervorrufen: Radfahrer werden an Kreuzungen immer zum Halten gezwungen. Das ist das Problem zum Beispiel an der Habichtstraße, weil dort für Radfahrer nicht automatisch mitgeschaltet wird. Wenn man sich jedes Mal eine Grünschaltung über diesen Schalter holen muss, heißt das, dass Radfahrerinnen und Radfahrer ausgebremst und schlechter behandelt werden. Damit muss es ein Ende haben!

(Beifall bei der GAL)

Kiel hat gezeigt, dass das genaue Gegenteil dieser Haltung die richtige ist: Wenn ich Radverkehr fördern will, muss ich die Bedingungen für das Radfahren verbessern und dies muss ich gegebenenfalls auch im Konflikt mit den Forderungen von Autofahrerinnen und Autofahrern durchsetzen, denn die Flüssigkeit des Autoverkehrs darf nicht die Flüssigkeit des Rad- und Fußverkehrs und auch nicht die Sicherheit dieser beiden besonders stadt- und umweltverträglichen Verkehrsarten gefährden. Aber genau dies passiert hier. Das muss ein Ende haben!

(Klaus-Peter Hesse CDU: Die sind doch nicht ge- fährdet. Warum ist denn die Sicherheit gefährdet?)

Herr Hesse, das erkläre ich Ihnen gern: Wenn Sie Radfahrerinnen und Radfahrer immer wieder ausbremsen, besteht die große Gefahr, dass es diesen irgendwann egal ist und sie durch fahren. Die große Sorge, dass es zu vermehrten Rotfahrten kommt, nennen Ihnen genau die Fachverbände, deren Pressemitteilungen Sie hier

auszugsweise zitieren, aber dazu komme ich später noch.

Zu guter Letzt brauchen Sie für die Umsetzung dieser Maßnahmen auch Geld. Nicht jede teure Maßnahme ist die Bessere. Aber ohne eine gesicherte Finanzierung werden aus Ihren Absichtserklärungen ganz leicht nur Lippenbekenntnisse. Es wäre eine echte Gefahr, wenn wir diesen breiten Konsens, den wir heute haben, nicht wirklich zur Umsetzung und dazu, diese komplett durchzufinanzieren, nutzen würden. Sie muss auch im Haushalt gesichert sein.

Wenn Sie, Herr Hesse, den ADFC zitieren, kann ich Ihnen diesen Absatz aus der Pressemitteilung des ADFC nicht ersparen:

"Klaus-Peter Hesse verschweigt in dem Antrag allerdings den größten Fehler der Vergangenheit",

nämlich, dass in der Vergangenheit

"der Radverkehrsetat so heruntergefahren wurde wie niemals zuvor: 'Mit dem jetzigen Etat ist überhaupt nichts anzufangen.'"

(Beifall bei der GAL und der SPD)

Genau für diese Kurskorrektur müssen Sie hier und heute den Mut haben, denn sonst wird es nichts mit dem Ziel, das wir alle haben müssten, Hamburg zur fahrradfreundlichsten Großstadt Deutschlands zu machen.

Noch ein Wort zum Abstimmungsverhalten: Wir werden Ihrer Absichtserklärung zustimmen, da dies in die richtige Richtung geht. Wir hätten es für überaus sinnvoll gehalten, wenn Sie sich hätten durchringen können, wenigstens punktweise auch unserem Zusatzantrag zuzustimmen. – Ich danke für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der GAL und der SPD)

Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Dann kommen wir zur Abstimmung. Zunächst zum gemeinsamen Antrag von SPDFraktion und GAL-Fraktion aus der Drucksache 18/4278. Wer möchte diesen annehmen? – Gegenprobe. – Enthaltungen? – Das ist mit Mehrheit abgelehnt.

Wer möchte den CDU-Antrag aus Drucksache 18/4180 annehmen? – Gegenprobe. – Enthaltungen? – Das ist einstimmig so beschlossen.

Wir kommen zum Tagesordnungspunkt 43, der Drucksache 18/4181, Antrag der CDU-Fraktion: Prüfung von Verbesserungsmöglichkeiten auf den Metrobuslinien.

[Antrag der Fraktion der CDU: Prüfung von Verbesserungsmöglichkeiten auf den Metrobuslinien – Drucksache 18/4181 –]

Wer begehrt das Wort? – Herr Böttcher, bitte.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Der HVV boomt. Im letzten Jahr erhöhte sich das Fahrgastaufkommen um 47,1 Millionen auf 585,6 Millionen ÖPNV-Nutzer. Für eine solche Steigerung hat der HVV unter den Vorgängersenaten sechs Jahre gebraucht. Der rotgrüne Senat hatte versucht, durch Schikane des Individualverkehrs die Bevölkerung in die Busse zu zwingen.

(Zurufe von der SPD: Oh, oh!)

Ich weiß, dass Sie das nicht hören möchten.

Sie übersahen, dass auch Busse im Stau stehen können. Im eigenen PKW mit dem eigenen Radioprogramm ist der Stau wesentlich komfortabler. Jetzt, wo der Verkehr durch die Maßnahmen des CDU-geführten Senates wieder zum Fließen kommt, bietet der ÖPNV eine schnelle Alternative zum eigenen Auto.

(Beifall bei der CDU)

Nicht die Schikane des Individualverkehrs, sondern ein gutes, kundenorientiertes Angebot bringt neue Fahrgäste für den HVV.

Dieser Erfolg führt allerdings auf einigen Strecken in Spitzenzeiten zu drangvoller Enge in den Bussen und folglich zu Minderung des Komforts. Auf der Metrobuslinie 20 zum Beispiel ist das Fahrgastaufkommen um 30 Prozent gestiegen. Die Mitnahme eines Kinderwagens ist in Spitzenzeiten fast unmöglich.

(Unruhe im Hause – Glocke)

Herr Abgeordneter, ich muss Sie unterbrechen. Herr Hesse, ich verstehe nur, was Sie dort unten reden, und nicht den Redner.

(Michael Neumann SPD: Das kann auch an ihm liegen!)

Ich möchte bitten, das bitte draußen zu tun. – Vielen Dank.

Um die neu gewonnenen Kunden nicht gleich wieder zu verlieren, muss die Kapazität der Busse erhöht werden. Die beste Maßnahme wären größere Busse, also der Einsatz von Gelenkbussen. Das ist jedoch nicht immer möglich, da nicht auf allen Strecken die Busbuchten groß genug sind, um von den Gelenkbussen angefahren zu werden. Wo nur zu bestimmten Zeiten Kapazitätsengpässe bestehen – zum Beispiel bei überwiegend Schülerverkehr –, wäre der teure Umbau für Gelenkbusse nicht angemessen. In diesem Fall könnte die Erhöhung des Taktes eine Entspannung bringen.

In unserem Antrag möchten wir den Senat bitten, die Metrobuslinien auf Kapazitätsengpässe zu überprüfen und darzulegen, mit welchen Maßnahmen bei welchen Linien eine Kapazitätssteigerung erreicht werden kann. Wir möchten, dass die neuen Kunden, die im letzten Jahr den Weg zum HVV gefunden haben, Kunden bleiben. Daher müssen der Komfort und die Qualitätsstandards gehalten oder sogar verbessert werden. – Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU)

Das Wort erhält Frau Duden.