Protokoll der Sitzung vom 31.05.2006

Und was ich ganz besonders beachtenswert, erstaunlich und wichtig für diese Stadt finde: Es hat eine fachliche und wirklich sachliche Diskussion in der Öffentlichkeit gegeben. Immer wieder hat der Hafenschifffahrtsverband versucht, mit seinen Argumenten zu überzeugen, auf die überhaupt nicht eingegangen worden ist, und so ist das, was wir heute erleben – das sage ich ganz deutlich – die Ignoranz der Macht und es ist auch eine Ignoranz gegenüber den vorgetragenen Argumenten. Es ist eine Ignoranz gegenüber einer öffentlichen Meinung, die sachlich solide und überzeugend ist und die Mehrheit in der Stadt erreicht hat. Sie setzen nicht eine Priorität zum Wohle der Stadt, wie von der Architektenkammer eingefordert, sondern machen das Gegenteil.

(Beifall bei der SPD und vereinzelt bei der GAL)

Zweitens: Der Bürgermeister und die CDU-Fraktion stellen sich damit gegen die Stadt und – das muss man auch ganz deutlich sagen und das möchte ich wiederholen – Sie haben es auch versäumt, sich überhaupt für dieses Projekt um die Mittel der Europäischen Union zu kümmern, denn sämtliche Argumente, die hier zu den EFREMitteln vorgetragen worden sind, sind wirklich kümmerliche Argumente. Sie wissen ganz genau, dass Mittel zur Verfügung stehen könnten. Sie haben sich nicht gekümmert und jetzt auch noch, ohne ein einziges Projekt auch nur nennen zu können, für das Sie Mittel beantragt haben, zu behaupten, die EFRE-Mittel würden dann anderen Projekten nicht mehr zur Verfügung stehen, ist schlicht unseriös.

(Beifall bei der SPD und der GAL)

Nicht nur das: Sie haben auch weiterhin versäumt, sich um Bundesmittel zu bemühen. Sie haben noch nicht einmal den Versuch gestartet, aus Berlin Geld für den Erhalt der Brücken zu bekommen. Für diese Versäumnisse gibt es eigentlich nur zwei Erklärungen. Entweder haben Sie es verschlafen oder Sie wollen es partout nicht, warum auch immer. Das sollte die Hamburger Öffentlichkeit aber wissen und deswegen debattieren wir das hier auch in aller Deutlichkeit. Sie sollte wissen, dass der Senat die Verantwortung dafür trägt, dass erstens eine typische Hafenlandschaft unwiederbringlich zerstört wird, zweitens die geplante Barkassenrundverbindung, die eine Touristenattraktion werden sollte, nicht mehr realisiert werden kann und drittens ein Anleger für die BallinStadt und die geplante schwimmende Jugendherberge ad absurdum geführt wird.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen von der CDU-Fraktion! Wir geben nicht auf, wir werden weiter nach Wegen suchen, um das Veddeler Wasserkreuz zu erhalten. Was der Senat hier vorhat, darf in dieser Stadt einfach nicht geschehen.

(Beifall bei der SPD und der GAL)

Das Wort bekommt Senator Freytag.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Es ist dringend erforderlich, dass wir die Kirche im Dorf lassen und zur sachlichen Betrachtung zurückkehren.

(Beifall bei der CDU – Michael Neumann SPD: Nicht die Kirche im Dorf, sondern die Brücke im Hafen!)

Ich schildere Ihnen einmal vier Ausgangskonstellationen. Herr Neumann, das wird Sie auch interessieren, das sollte Sie jedenfalls interessieren, wenn ja, müssen Sie zuhören. Frauen können mehrere Sachen parallel, Sie und ich nicht.

(Beifall bei der CDU – Dr. Mathias Petersen SPD: Das ist eine Unterstellung, unerhört!)

Das ist unerhört, Herr Petersen widerspricht mir. Ich würde eigentlich bei meiner Aussage bleiben, Herr Petersen. Mein Thema ist aber "Niedernfelder und Müggenburger Durchfahrten", daher ziehe ich alles andere zurück.

Ich nenne Ihnen die vier Ausgangskonstellationen, die wir hätten wählen können. Die erste Möglichkeit wäre gewe

sen, die abgängigen Brücken komplett durch Dämme zu ersetzen; das kostet etwa 13 Millionen Euro. Die zweite Möglichkeit, der Ersatz der Brücken, also auch die Niedernfelder Durchfahrt, durch neue Brücken kostet circa 48 Millionen Euro. Die dritte Variante wäre die Offenhaltung der Niedernfelder Durchfahrt und die Zuschüttung der Müggenburger Durchfahrt; das würde etwa 26 Millionen Euro kosten. Die vierte Variante ist die von uns gewählte und die wir hier zur Abstimmung stellen, die Offenhaltung der Müggenburger Durchfahrt bei Zuschüttung der Niedernfelder Durchfahrt; Kosten etwa 37 Millionen Euro.

Ich darf noch einmal darauf aufmerksam machen, dass wir über insgesamt 37 Millionen Euro sprechen. 13 Millionen Euro hätte man ohnehin für die Zuschüttung, den Ersatz der Brücken durch Dämme aufwenden müssen. Wenn man die Differenz bildet, reden wir über 24 Millionen Euro zusätzlich. Das ist eine herausragende Investition in unserem Haushalt. Uns zu unterstellen, wir würden für das Projekt BallinStadt nicht genug Mittel bereitstellen, ist völlig absurd. Sie haben uns vorhin vorgeworfen, der Senat würde in Beton investieren und nicht in Menschen. Wir investieren nicht nur in Beton, wir investieren an der richtigen Stelle. Aber wir möchten auch noch Geld haben für die menschliche Metropole, um auch in die Stadtteile zu investieren.

(Beifall bei der CDU)

Die vorgeschlagene Lösung ermöglicht eine Erreichbarkeit der BallinStadt auf zwei Wegen, einmal über den Peutekanal und einmal über den Reiherstieg und den Spreehafen. Unsere Lösung ermöglicht also zwei verschiedene Barkassenrouten und eine Circle-line, eine Barkassenrundfahrt, die die Option hat, sogar noch die Schuppen 50 mit einzubeziehen.

(Carola Veit SPD: Sie verwechseln das alles!)

Die ermittelten Minutenzahlen sind folgende: Wenn wir über den Peutekanal fahren, brauchen wir von den Landungsbrücken 30 Minuten bis zur BallinStadt, wenn wir über den Reiherstieg und den Spreehafen fahren, sind es 26 Minuten. Hätten wir die von Ihnen geforderte Niedernfelder Brücke, wären es 22 Minuten. Für vier Minuten geben wir keine 11 Millionen Euro aus.

(Beifall bei der CDU)

Sie haben gesagt, die Finanzierung wäre problemlos möglich mit europäischen Mitteln. Natürlich gibt es den Europäischen Fonds für regionale Entwicklung und natürlich kann man darüber nachdenken, wie man europäische Mittel einbinden kann, aber eines steht doch fest. Wenn Sie Mittel aus europäischen Fonds nehmen, die Hamburg zustehen – Hamburg werden rein rechnerisch im Zeitraum 2007 bis 2013 etwa 29 Millionen Euro aus dem EFRE-Fonds zur Verfügung stehen –, wenn Sie davon Gelder für eine zusätzliche Brückenverbindung entnehmen, dann wird das Geld an anderer Stelle fehlen. Dieses Geld gibt es nicht obendrauf, sondern es fehlt dann an anderer Stelle.

Ich halte es nicht für vertretbar, 24 Millionen Euro für eine Brückenlösung einzusetzen und noch einmal weitere 11 Millionen Euro draufzusetzen. Es mag zwar sein, dass das eine schöne zusätzliche Sahnehaubenlösung wäre und die öffentliche Meinung, Frau Stapelfeldt, mag das auch so sehen, aber die öffentliche Meinung ersetzt keine Finanzierung. Ich habe keine Probleme, wenn mir jemand

die zusätzlichen 11 Millionen Euro gibt; dann machen wir das auch. Ich finde es unvertretbar, wenn wir in Stadtteile investieren wollen, wenn wir die soziale Komponenten der Stadtteilentwicklung über EFRE-Mittel voranbringen wollen, für eine solche Maßnahme 11 Millionen Euro obendrauf zu geben. Das ist gegenüber den Stadtteilen, in denen nicht täglich die Sonne scheint, in die dringend Geld investiert werden muss, nicht verantwortbar.

(Beifall bei der CDU)

Im Übrigen warne ich vor der Illusion zu glauben, dass über europäische Mittel die 11 Millionen Euro komplett erbracht werden könnten; das ist nicht der Fall. Sie könnten den finanziellen Mehrbedarf allenfalls nur teilweise abdecken, es würde immer noch eine erhebliche Deckungslücke klaffen. Wir sollten wirklich versuchen, uns eine gemeinsame Lösung zu überlegen, die wir finanzieren können, die auch die anderen Interessenlagen der Stadt berücksichtigt. Ich darf darauf aufmerksam machen, dass wir über das EFRE-Programm für die Jahre 2007 bis 2013 natürlich noch keine Einzelplanung haben können, weil die Aufstellung des Programms bis Herbst dieses Jahres stattfindet. Im Herbst dieses Jahres wird sich die EU-Kommission damit befassen und Ende dieses Jahres wird es Projektanträge geben, die im Februar 2007 bewertet und entschieden werden. So ist die Planung für die europäischen Mittel. Diese Planung für die Mittel wird jetzt vorgenommen und ich sage gern, wofür wir sie verwenden wollen.

(Carola Veit SPD: Das war gestern aber noch nicht!)

Ich möchte einen sehr starken Akzent auf Stadtteilzentren und Quartiersentwicklung setzen: Innenstadtentwicklung, Stadtteilquartiersentwicklung, Belebung wirtschaftlicher Aktivitäten, Hochwasserschutz, gewässerökologische Verbesserungen, Klimaschutz, Luftreinhaltung, Lärmschutz, alles Projekte, die für unsere Stadt wichtig sind. Unternehmens- und Existenzgründungsförderungen, insbesondere für kleine und mittlere Unternehmen, sind ebenso wichtig wie die Entwicklung innovativer neuer Technologien, die mit diesen Mitteln gefördert werden. Und wenn Sie die Millionen für eine zusätzliche Brücke hier herausziehen, dann schaden Sie kleinen Unternehmen und den Stadtteilen unserer Stadt.

(Beifall bei der CDU – Carola Veit SPD: Sie haben kein einziges konkretes Projekt gesagt!)

Insgesamt steht fest, dass die vorgeschlagene Lösung eine hervorragende Möglichkeit ist, die BallinStadt als Touristenmagnet für Hamburg zu erschließen. Ich bin felsenfest davon überzeugt, dass wir auch mit der weiteren Attraktion der BallinStadt, dem Ballinpark, für Einheimische und Touristen etwas Herausragendes schaffen werden. Immerhin sind 5,3 Millionen Menschen zwischen 1850 und 1934 über den Hamburger Hafen ausgewandert und deren Nachfahren wollen wir anziehen und werden sie im Herzen treffen, weil sie die Wurzeln ihrer Familien kennen lernen wollen.

(Michael Neumann SPD: Sie treffen den Hambur- ger Hafen im Herzen!)

Das wird viele Menschen nach Hamburg bringen und wir werden gleichzeitig etwas für die Bevölkerung auf der Veddel tun. Sie als Sozialdemokraten haben doch Jahrzehnte nichts für die Veddel zustande gebracht, wir schon.

(Beifall bei der CDU)

Was wir an konkreten Projekten wie zum Beispiel BallinStadt machen, wertet den Stadtteil nachhaltig auf. Der Erholungswert, auch durch den Park, wird erheblich sein. Wir investieren Geld an der richtigen Stelle. Wir entwickeln ein herausragendes Projekt wie die BallinStadt, berücksichtigen aber auch die hafenseitige Sicht. Ich denke, dass insgesamt 37 Millionen Euro sehr viel Geld für diese Maßnahmen sind. Ich bitte Sie als Opposition, fair zu bleiben und zu respektieren, dass nicht alles, was wünschenswert ist, finanzierbar ist oder machen Sie einen seriösen Finanzierungsvorschlag. Aber ohne Gegenfinanzierung den Wunsch einer öffentlichen Meinung vorzutragen, können wir uns jedenfalls nicht leisten. Das ist nicht unsere Politik, sondern wir machen Politik für die Menschen in unserer Stadt und die erwarten von uns Nägel mit Köpfen; genau das tun wir hier.

(Beifall bei der CDU)

Das Wort bekommt Herr Dr. Maier.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Nein, nicht Nägel mit Köpfen, Sie schlagen hier nur mit dem Hammer, dummerweise auch noch daneben und das tut weh.

(Wolfhard Ploog CDU: Noch nicht mal das! – Hans-Detlef Roock CDU: Haben Sie den Daumen dazwischen gehabt?)

Wir haben gemeinsam geplant, in der BallinStadt eine Einrichtung zu schaffen – zusammen mit dem Park geben wir bis zu 15 Millionen aus – und das funktioniert nur, wenn mindestens 150 000 Menschen jährlich dorthin kommen. Vorläufig haben wir aber noch gar kein Konzept, was dort stattfinden soll. Wir bauen nur diese Hallen neu, haben aber kein einziges Ausstellungsstück.

(Glocke)

Herr Dr. Maier, gestatten Sie Herrn Finck eine Zwischenfrage?

Meinetwegen.

Herr Maier, erinnern Sie sich noch an die Zeit, als Sie Senator waren und welche Summe Sie damals für die BallinStadt überhaupt aufwenden wollten?

Dazu kann ich etwas sagen. Wir hatten uns damals im Senat etwas anderes vorgestellt, eine deutlich auf die Veddel bezogene Einrichtung, die Stadtteilzentrum zugleich mit Unterbringung dieses Archivbestandteils sein sollte, das die Auswandererbücher aufarbeitet und ins Internet stellt. Dann hat die Handelskammer das auf diese neue Größenordnung aufgeblasen und gesagt, das machen wir public private. Private kam aber nichts und dann stand die Stadt in der Pflicht und jetzt muss sie statt der ursprünglich vorgesehenen 3,5 Millionen 15 Millionen Euro aufwenden.

(Zuruf von Henning Finck CDU)

Herr Finck, nicht mehr. Ich habe eine begrenzte Redezeit und so interessant finde ich Ihre Beiträge auch nicht.

(Beifall bei der GAL und der SPD)