Protokoll der Sitzung vom 28.06.2006

Herr Beuß, ich bedaure sehr, dass Sie heute hier, aus welchen Gründen auch immer, nicht reden werden.

(Michael Neumann SPD: Dürfen!)

Trotzdem möchte ich Sie fragen. Sie hatten ja 2004 gegenüber der taz erklärt, dass das Ausfallrisiko nicht bei den Hochschulen liegen dürfte. Ich hätte gerne gewusst, was Sie zu diesem Sinneswandel veranlasst hat. Meine Interpretation ist, da hat der Senator kräftig die Daumenschraube angelegt. Ein weiteres Manko Ihres Gesetzes sind die Härtefallregelungen. Warum haben Sie, abgesehen von Studierenden mit Kindern und behinderten Men

schen, nicht weitere Ausnahmen angeführt? Was ist mit chronisch Kranken oder denjenigen, die in Jugendverbänden und Uni-Gremien Verantwortung übernehmen? Deren Studium kann sich verzögern. Oder wollen Sie vielleicht das soziale Engagement von jungen Leuten gar nicht mehr haben? Wir leben ja zurzeit im Fußballfieber. Haben Sie eigentlich schon einmal darüber nachgedacht, welche Konsequenzen sich für studierende Spitzensportlerinnen und Spitzensportler aus Ihrem Gesetz ergeben? Nicht jede Sportart bringt später wie beim Fußball Höchstverdiener hervor. Hier muss es verbindliche Regelungen zum Nachteilsausgleich geben. Der Sportausschuss des Bundestages macht sich darüber Gedanken, die CDU-Fraktion im Bundestag auch, aber Sie offensichtlich nicht.

(Beifall bei der SPD und der GAL)

Wir meinen, dass sich die Hochschulen in einem Interessenkonflikt befinden. Auf der einen Seite sollen sie Gebühren für bessere Studienbedingungen einnehmen, auf der anderen Seite sollen sie davon befreien. Deshalb können Härtefälle aus unserer Sicht ohne zentrale Regelung nicht bewältigt werden. Das Gleiche trifft auf Regelungen zu den ausländischen Studierenden zu. Die Hochschulen sollen künftig entscheiden, wer bei uns kostenfrei studieren darf. Ausgenommen sind Programmstudierende. Warum haben Sie zum Beispiel im Gesetz keinen Prozentsatz dafür festgelegt? Wir befürchten, dass es bei uns eines Tages so sein wird wie in Australien, dass nämlich nur noch finanzkräftige ausländische Studierende zu uns kommen. Das ist sozial ungerecht und wissenschaftspolitisch fatal. Denn wir wollen doch die klügsten Köpfe und nicht die Pfeffersäcke.

(Beifall bei der SPD und der GAL)

Um junge Menschen, insbesondere aus dem Ausland, zu fördern, müsste ein Stipendiensystem entwickelt werden. Dazu habe ich von Ihnen bisher noch nichts gehört, obwohl Hamburg als mitklagendes Land für die Einführung von Studiengebühren vor dem Bundesverfassungsgericht dies zugesagt hatte. Wo sind denn Ihre Vorschläge? Wir erkennen auch kein detailliertes Kreditmodell für Studierende. Haben Sie überhaupt eins? Ich fasse zusammen. Ihr Gesetzentwurf ist sozial und fachlich unausgegoren und beeinträchtigt die Zukunftschancen der jungen Generation. Ziehen Sie ihn zurück, auch wenn der Senat bereits das Gegenteil verbreitet. Sie machen ja gerne Ausflüge in Ihrer Fraktion, fahren Sie einmal nach Schweden und schauen sich an, wie gut es auch ohne Studiengebühren geht.

(Beifall bei der SPD und der GAL)

Zum Schluss möchte ich eine Idee des AStAs der Universität Hamburg aufgreifen und Ihnen sagen, wir ziehen die Rote Karte für Studiengebühren. Wir lehnen das Gesetz ab.

(Beifall bei der SPD und der GAL)

Das Wort bekommt Herr Kleibauer.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Frau Brüning, ich habe ja durchaus Verständnis, dass von Ihnen an dieser Stelle kritische Fragen und Anmerkungen kommen. Aber eins muss man doch ganz deutlich sagen, wer heute Studiengebühren ablehnt,

muss sinnvolle Alternativen vorschlagen, um unsere Hochschulen mit zusätzlichen Finanzmitteln auszustatten. Hier sind Sie die Antwort schuldig geblieben.

(Beifall bei der CDU)

Bis 2001 fand die Haushaltspolitik von Rot und Grün massiv zu Lasten der Hochschulen statt. Die Hamburger Hochschulen mussten innerhalb weniger Jahre Einsparverpflichtungen von 15 Prozent erfüllen. Wenn Sie heute von Schadensbegrenzung sprechen, damals wäre sie wirklich dringend nötig gewesen.

(Beifall bei der CDU)

Natürlich liegt 2001 schon ein wenig zurück, das weiß ich auch.

(Dr. Barbara Brüning SPD: Fünf Jahre!)

Aber die Auswirkungen Ihrer Politik spüren wir und die Hochschulen noch heute. Es zeigt doch, dass Ihre pauschale Absichtserklärung, mehr in Bildung zu investieren, daher kaum einen Wert hat.

(Beifall bei der CDU)

Für die CDU hat eine angemessene Ausstattung der Hochschulen hingegen eine hohe Priorität. Trotz der bekannten schwierigen Haushaltslage ist der Wissenschaftsetat seit 2001 kontinuierlich gestiegen und dies wurde weit über die Grenzen von Hamburg hinaus anerkannt.

(Beifall bei der CDU)

Den Hochschulen wurde eine gesicherte Planungsgrundlage gegeben. Gleichzeitig wurden wichtige Strukturreformen auf den Weg gebracht, um die Wettbewerbsfähigkeit der Hamburger Hochschulen zu verbessern. Damit wurden wichtige Grundlagen zur Steigerung der Qualität des Studiums in Hamburg gelegt. Diesen Weg müssen wir nun weiter gehen, um das Studium, um die Hochschulen in Hamburg weiter voranzubringen. Hierzu gehören Studiengebühren, die den Hochschulen zukommen und dort zu einer deutlichen Steigerung der Einnahmen führen.

(Beifall bei der CDU)

Damit können Studienbedingungen in kurzer Zeit wirksam verbessert werden, mit zusätzlichen Betreuungskapazitäten, mit zusätzlicher Ausstattung. Es ist angemessen, hierfür Beiträge der Studenten zu erheben, die nach allen Untersuchungen durch ihr Studium später deutliche Vorteile haben werden. Wir sprechen hier, meine Damen und Herren, über zusätzliche Einnahmen für die Hochschulen von schätzungsweise bis zu 45 Millionen Euro. Dieses Geld fließt unmittelbar in die Qualität des Studiums, 45 Millionen Euro im Vergleich zur jetzigen Wissenschaftsfinanzierung oder zur jetzigen Ausstattung der Hochschulen von rund 500 Millionen Euro aus Steuermitteln.

(Nebahat Güçlü GAL: Das glauben Sie doch selbst nicht, was Sie da sagen!)

Dies erhöht den Handlungsspielraum deutlich, das erkennt jeder und jeder kann angesichts der Haushaltslage auch leicht erkennen, dass eine solche Mehrausstattung nicht kurzfristig über zusätzliche staatliche Mittel realisierbar wäre.

(Beifall bei der CDU)

Das Ziel ist doch klar, wir wollen unsere Hochschulen und die Ausbildung an den Hamburger Hochschulen wettbewerbsfähig machen für ein sich rasant änderndes internationales und nationales Umfeld. Hierzu gehört auch eine Reduzierung von Studienzeiten und eine Senkung der Abbrecherquoten bzw. eine Steigerung der Absolventenzahlen. Es ist doch gerade für die einkommensschwächeren Familien, die wir alle hier im Blick haben, im Moment nicht zumutbar, die Kosten für ein langes und nicht effizientes Studium zu tragen,

(Beifall bei der CDU)

das darüber hinaus noch mit dem hohen Risiko der Abbrecherquoten verbunden ist. Dies sollten Sie berücksichtigen, Herr Buss, wenn Sie die soziale Komponente dieses Gesetzes beurteilen.

(Beifall bei der CDU)

Meine Damen und Herren! Wir wiederholen es an dieser Stelle gerne, niemand wird aus wirtschaftlichen Gründen von der Aufnahme eines Studiums abgehalten.

(Dr. Barbara Brüning SPD: Das sagen die interna- tionalen Erfahrungen aber anders!)

Unabhängig von den Eltern, unabhängig von Sicherheiten, unabhängig von der Wahl des Studienfaches gibt es einen Darlehensanspruch bis zum Alter von 35 Jahren, bis vier Semester über die Regelstudienzeit hinaus. Sowohl das Studienfinanzierungsmodell als auch das Darlehensmodell sind angemessen und durch mehrere Regelungen sozial ausgewogen. Es gibt detaillierte Gebührenbefreiung, es gibt die Möglichkeit der Hochschulen, Beiträge zu erlassen oder auch zu stunden. Die Darlehensrückzahlung beginnt erst 18 Monate nach der Beendigung des Studiums und erst ab einer gewissen Mindesteinkunftsgrenze, also genau dann, wenn sich ein Studium bezahlt macht, Frau Brüning.

(Beifall bei der CDU)

Zum Thema BAföG-Empfänger haben wir in der letzten Sitzung bereits eine Änderung am Gesetz vorgetragen. Insgesamt kann man hier wirklich nicht von sozialer Schieflage sprechen. Da zeichnen Sie ein Zerrbild. Lassen Sie mich in diesem Zusammenhang auch noch eins anfügen. Die Behauptung, dass mit Studiengebühren die Studentenzahlen deutlich zurückgehen, ist durch nichts zu belegen. Wir haben in diesem Jahr in Hamburg 10 Prozent mehr Studenten und 27 Prozent mehr ausländische Studenten als im Jahre 2000.

(Dr. Barbara Brüning SPD: Seit 2003 2000 Studie- rende weniger!)

Man muss das auch in etwas längeren Zeiträumen sehen.

Die Nachfrage nach Studienplätzen in Hamburg ist enorm hoch. Die letzten Jahrgänge, die sich für ein Studium in Hamburg beworben haben, haben dies im vollen Bewusstsein getan, dass hier die Erhebung von Studiengebühren vorbereitet wird. Sie haben sich nicht abschrecken lassen, weil die Qualität der Hochschule, die Qualität des Hochschulstandortes und die Perspektiven, die damit verbunden sind, es wirklich wert sind.

(Beifall bei der CDU)

Dies zeigt doch, dass viele junge Menschen auch bereit sind, selber motiviert in ihre Zukunft zu investieren, da

kann man doch nicht von unsinnig und unsozial in diesem Zusammenhang sprechen, meine Damen und Herren.

(Doris Mandel SPD: Sozialer Erdrutsch und nicht Schieflage!)

Ich möchte an dieser Stelle auch noch an die Studenten appellieren, denn die Studenten kennen die Studienbedingungen an ihren Universitäten am besten. Nutzen Sie Ihre Chancen, die sich aus den neuen Finanzmitteln ergeben! gehen Sie auf die Hochschulen zu und besprechen Sie dort die Mittelverwendung

(Jörg Lühmann GAL: Sprechen Sie doch einmal direkt mit den Studenten!)

zur Verbesserung Ihrer unmittelbaren Studienbedingungen. Hierfür haben Sie die Unterstützung der CDUFraktion, dies haben wir auch mit einem Änderungsantrag in der letzten Sitzung deutlich gemacht.

(Beifall bei der CDU)