Der Kern des Problems liegt darin, dass der Senat entschieden hat, diesen Platz verkaufen zu wollen. Herr Roock hat das in deutliche Worte gekleidet: Sie wollen eine weitere Baustelle, eine Baulücke abräumen. Baulü
dich machen, das muss passieren, das ist Ihr Bild davon, wie Sie mit dem Domplatz umgehen wollen. Diesen Entwurf, der wirklich in der breiten Öffentlichkeit, in der Fachwelt, bei den Bürgern, in der Presse, überall durchgefallen ist, den stellt Senator Freytag in eine Reihe mit dem Centre Pompidou und mit dem Guggenheim Museum in Bilbao. Ole von Beust bezeichnet ihn als eine Perle für Hamburg. Ja, wenn es doch nur so wäre, meine Damen und Herren, dass das tatsächlich eine Perle für Hamburg sein könnte. Aber er ist leider das Gegenteil.
Der Bau ist ein beliebiges Stück globalisierter Allerweltsarchitektur. Da muss man Helmut Schmidt leider Recht geben. Was uns hier gleichwohl nicht helfen würde, wäre Backstein und Bullaugentraditionalismus. Das geht auch nicht.
Man kann es sich hier nicht einfach machen und den Architekten oder der Jury die Schuld geben, denn die Architekten hatten unmögliche und in sich widersprüchliche Vorgaben zu bewältigen. Sie sollten eine einmalige Architektur für gleichzeitig vielfältige Nutzungen entwickeln und das Ganze zu minimalen Kosten. Herr von Beust, Herr Freytag und Herr Peiner, Sie haben diese Rahmenbedingungen gesetzt, Sie haben die Architekten und das ganze Verfahren in dieses Prokrustesbett hineingezwängt. Mut zur großen Architektur, die Sie in der Presse gefordert haben, sieht wahrhaft anders aus. Am Domplatz offenbart sich Ihre Ignoranz und Ihr Kleingeist.
Ich will Ihnen das an einem Beispiel klarmachen. Für die private Sammlung Tamm gibt der Senat 30 Millionen Euro öffentliches Geld plus Grundstück in der HafenCity für 99 Jahre mietfrei und Umbaukosten im HeinemannSpeicher brutto mehr als 40 Millionen Euro. Für die öffentliche Bibliothek und das Bürgerschaftsforum am Domplatz gibt der Senat null Euro.
Er will sogar, dass ein privater Investor die 40 Millionen Euro Baukosten stemmt und der Finanzsenator möglichst durch den Grundstücksverkauf auch noch Geld einnimmt. So stellen Sie sich die Bewältigung dieser öffentlichen Aufgabe vor, durch Mobilisierung privaten Kapitals. Dabei hat Herr Peiner noch im Juli 2003 erklärt, dass dort für die Zukunft der Stadt investiert werden wird. Ja, wo denn, Herr Peiner? Wo ist denn dort investiert worden? Wo soll denn dort investiert werden? Wenn das nicht die verlogene Augenwischerei von Pfeffersäcken ist, meine Damen und Herren, was ist es denn dann?
Diese Haltung zeigt, was Ihnen, Herr Bürgermeister, Hamburgs Ursprungsort eigentlich wert ist, nämlich nichts. In 20 Jahren soll aus dem Bau ein Bürohaus werden, wie es ihn in der City dutzendfach gibt. Das erscheint vielleicht abwegig, ist es aber leider nicht. In der
Auslobung des Wettbewerbes heißt es, dass es im Interesse des Bauherrn ist, dass das Gebäude auch für zukünftige Nutzungen als Bürogebäude geplant wird und ganz präzise, dass die nach der Umnutzung erforderlichen Stellplätze schon bei der Erstnutzung hergestellt werden müssen, da eine spätere Erhöhung der Stellplatzanzahl in den Kellergeschossen zu aufwendig wäre. Voilà. Das bei diesem Projekt so knappe Geld kann für zusätzliche Stellplätze ausgegeben werden, damit der Investor in 20 Jahren ein gut vermietbares Bürohaus hat. Das zeigt doch, was des Pudels Kern ist, meine Damen und Herren.
Meine Redezeit geht leider zu Ende. Herr von Beust, machen Sie den Weg frei für einen neuen Anfang. Beendigen Sie dieses unwürdige Schauspiel am Domplatz und tragen Sie dazu bei, dass Hamburg dort ein würdiges öffentliches Gebäude bekommt. – Vielen Dank, meine Damen und Herren.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Die hitzigen Debatten der letzten Wochen, insbesondere in der Öffentlichkeit, haben mich an ein gutes altes deutsches Sprichwort erinnert, nämlich "Totgesagte leben länger" oder hierauf übertragen "Kontroverse Bauten leben länger".
Wenn man die Debatte als Maßstab nimmt, müssen wir uns um die Zukunft dieses Gebäudes auf dem Domplatz keine Sorgen machen. Bei aller Kritik, die die Architektenentwürfe in der Öffentlichkeit erfahren haben, ist mir eines aufgefallen, nämlich dass Architektur und Nutzung stets separat betrachtet wurden. Zu Unrecht, wie ich meine, denn beide Faktoren sind speziell im Falle Domplatz untrennbar miteinander verbunden.
Das Nutzungskonzept des Glasgebäudes ist entgegen Ihrer Aussagen eindeutig homogen und nicht überfrachtet.
Die Bürgerschaftsanteile sind jetzt nur noch rudimentär vorhanden. Interessanterweise ist gerade der Anteil reduziert worden, den alle Experten als so genannte Krönung des Baus bezeichnet haben. Auch Ihre Experten, liebe SPD und GAL.
Somit haben wir jetzt drei kulturelle Nutzungen. Als Hauptnutzung die Bibliothek, zudem die Landeszentrale für politische Bildung und das Archäologiezentrum. Kulturelle Nutzungen, die bis heute ein eher verstecktes Dasein fristen, aber eigentlich eine hervorgehobene, sichtbare Stellung im Stadtbild verdienen.
Damit komme ich auf das Lieblingsthema der Leserbriefe zu sprechen, nämlich das Glas. Sie hatten angesprochen,
dass Sie Glas durchaus in Ordnung finden würden. Das widerspricht aber Ihrer ganzen Haltung in der Öffentlichkeit. Da haben Sie das "Lampenladen", "Glasmonstrum" et cetera genannt, haben genau auf den Punkt angespielt, der unserer Meinung nach gerade wichtig ist. Ich möchte nämlich heute insbesondere für das Baumaterial Glas am Domplatz eine Lanze brechen.
Die grundsätzliche Debatte kann ich durchaus verstehen, aber hier am Domplatz, gerade im Umfeld der zahlreichen Backsteinbauten, halte ich das Baumaterial Glas für ideal, geradezu für ein Muss und widerspreche eindeutig Helmut Schmidt,
denn die große Stärke von Glas in dieser Architektur ist seine Transparenz, meine Damen und Herren, und die Transparenz passt zum Nutzungskonzept, denn Kultur und Politik brauchen Transparenz, liebe SPD und liebe GAL, Transparenz, die jedermann teilhaben lässt. Das ist mehr als ein Sinnbild für Demokratie und Kultur.
Die Idee der gläsernen Bibliothek des 21. Jahrhunderts fasziniert mich ganz besonders. Jetzt am Standort Hühnerposten können die Hamburger und Touristen eben nicht sehen, was dort im Inneren passiert.
Gerade vor dem Hintergrund der Wissensgesellschaft finde ich es aber von großer Bedeutung, dass die Bibliothek als Teil des Stadtraumes erlebbar gemacht wird, dass zu sehen ist, wie dort die meist jungen Menschen lesen, recherchieren, denken und arbeiten.
Anspruch muss es sein, die Bibliothek als Teil der Stadt wahrzunehmen. Eine Bibliothek als Nutzung für den Domplatz ist aufgrund der Frequenz ebenfalls ideal und die anderen Nutzungen, die zur Debatte gestellt worden sind, passen meiner Meinung nach überhaupt nicht. Zurzeit besuchen rund eine Million Menschen die Zentralbibliothek, zumeist jüngere Menschen. Es ist schon ein toller Gedanke, wenn man weiß, dass diese Menschen und noch viele mehr zukünftig auf das Domgelände strömen werden,
dorthin, wo bis vor 200 Jahren die Domkirche stand, zu der übrigens auch schon damals eine Dombibliothek gehörte. Wo könnte eine Bibliothek besser angesiedelt sein als an der Stelle, an der Hamburg seinen Anfang nahm, an seiner Keimzelle, an der Stelle, von der sämtliche kulturellen Entwicklungen Hamburgs ihren Ausgang nahmen. Dort wieder Bildung, Kultur und Zukunft zusammenzuführen, ist historisch stimmig, betont durch ein prägnantes, unverwechselbares Gebäude.
Meine Damen und Herren! Fakt ist, dass Hamburg in den vergangenen Jahren wiederholt Mut zu neuer Architektur gehabt hat und dafür in der Planung oft kritisiert wurde, im Ergebnis aber stets Lob geerntet hat. Ich bin sicher, dass sich auch der Glasbau harmonisch einfügen wird und einen spannenden Kontext zwischen Tradition und Moderne garantieren wird.
Es hat gemeinsam, dass in beiden Fällen Politiker am Werk sind, die für die Identität stiftende Tradition dieser Stadt kein Gespür haben, blanke Technokraten der Macht.
Es gibt zwei Übel. Eins ist bezeichnet worden. Das erste Übel ist schon etwas pathologisch. Sie müssen unbedingt nach 44 Jahren Opposition nachweisen, dass auch Sie in dieser Stadt bauen können und das ist etwas sehr Triviales.