Protokoll der Sitzung vom 23.08.2006

Der demografische Wandel bringt es mit sich, dass die gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Zukunftsaufgaben von weniger und im Durchschnitt älteren Menschen bewältigt werden müssen. Um für diese Zukunft die richtigen politischen Entscheidungen zu treffen und die Potenziale älterer Menschen stärker nutzen zu können als bisher, muss man sehr genau wissen, wie der Anteil der Älteren wächst, wie ihre Interessen aussehen, was sie zum gesellschaftlichen Leben beitragen können und über welche finanziellen Ressourcen sie verfügen.

Alt sein heißt heute nicht mehr, in erster Linie hilfe- und pflegebedürftig zu sein. Die heutigen Seniorinnen und Senioren sind im Durchschnitt gesünder, besser ausgebildet und vitaler als frühere Generationen. Das sind zum Teil sehr subjektive Wahrnehmungen, zu denen entsprechendes Zahlenmaterial lange nicht vorlag.

Die Bundesregierung hat schon 1993 den ersten Altenplan aufgestellt, der erstmals eine umfassende und differenzierte Analyse der Lebenssituation älterer Menschen lieferte. Danach folgten weitere Berichte mit unterschiedlichen Themenschwerpunkten, bis Ende 2005 der fünfte Altenplan veröffentlicht wurde. Alle Erkenntnisse und Zahlen dieser Berichte beziehen sich auf das gesamte Bundesgebiet. Die spezifischen Lebensverhältnisse der Älteren in den einzelnen Bundesländern müssen die Länderregierungen selbst erstellen.

Hierzu bedarf es besonderer Untersuchungen und Statistiken über die Lebensverhältnisse und -wünsche der Älteren in den Bundesländern, um dann daraus Förderinstrumente und eine Weiterentwicklung der Bedarfe zu erstellen.

Fast alle Bundesländer und auch viele Städte haben seit einigen Jahren einen Senioren- oder Altenplan erarbeitet. In vielen Bundesländern werden schon weitere Pläne mit speziellen Schwerpunkten veröffentlicht.

In Hamburg sieht es aber zurzeit anders aus. Es gibt bisher keinen Altenplan. Es können von dem Senat auch zu bestimmten Themen keine Aussagen gemacht werden, wie aus unseren letzten vielen Kleinen und Großen Anfragen hervorging.

So wird beispielsweise von den Freien Trägern, aber auch von einzelnen Senioreneinrichtungen bestritten, dass die Seniorinnen und Senioren im Durchschnitt über vergleichsweise hohe finanzielle Ressourcen verfügen. Der Senat konnte hierzu wegen fehlender Daten keine Aussagen machen. Dabei werden die finanziellen Ressourcen dieser Bevölkerungsgruppe für die Wirtschaft zukünftig eine wichtige Rolle spielen, da diese Menschen zum Teil über entsprechende Mittel verfügen und bereit sind, sie auch auszugeben.

Sehr geehrte Frau Senatorin, lassen Sie sich von der Notwendigkeit der Aufstellung eines Altenplanes nicht so lange überzeugen, wie von der Aufstellung eines Armutsberichtes.

(Beifall bei der SPD)

Handeln Sie jetzt. Sie können dem Kind ruhig einen anderen Namen geben, beispielsweise Lebenslageplan, aber fangen Sie mit der Erarbeitung an. Die älteren Menschen in dieser Stadt werden es zu schätzen wissen.

Wir haben nächste Woche die "Woche der Älteren" in Hamburg und die Senatorin wird dort viele öffentliche Auftritte haben. Nutzen Sie die Gelegenheit, Frau Senatorin, und geben Sie dort bekannt, dass Sie jetzt in der Lage sind, einen Lebenslagebericht für Ältere erarbeiten zu lassen.

(Beifall bei der SPD und vereinzelt bei der GAL)

Das Wort erhält die Abgeordnete Jürs.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Unser Land und damit auch unsere Stadt stehen vor einem tief greifenden demografischen Wandel. Wer wollte das bestreiten? Unsere heutige und dringliche Aufgabe ist es unbestritten, uns den Anforderungen zu stellen, die die veränderte Gesellschaftsstruktur der Zukunft an uns richtet. Das sind wir unseren Kindern schuldig, haben aber auch im Interesse der immer älter werdenden Menschen zu handeln.

Der SPD-Antrag, den Senat einen Seniorenplan für Hamburg erstellen zu lassen, wird diesem Anforderungsprofil nicht gerecht. Er ist zu kurz gedacht und nicht geeignet, problem- und handlungsorientierte Lösungsmöglichkeiten zu entwickeln.

(Beifall bei der CDU – Dirk Kienscherf SPD: Wo ist denn der Alternativauftrag? Können Sie doch vor- legen!)

Die CDU-Fraktion wird daher den Antrag der SPD ablehnen.

Bei dieser Entscheidung lässt sich die CDU von einem positiven Seniorenbild und von einem Gedankenmodell leiten, dass die Partnerschaft der Generationen in den Vordergrund stellt. Senioren sind nämlich keine Masse, die man in Tabellen und Kalkulationen hin- und herschieben kann.

(Beifall bei der CDU – Zwischenruf von Dirk Kienscherf SPD)

Können Sie bitte mal ruhig sein!

(Beifall bei der CDU – Dirk Kienscherf SPD: Alte Schule!)

Ein solcher Ansatz passt nur in die technokratische und bürokratische Vorstellungswelt sozialdemokratischer Planspiele, die einen ganz wesentlichen Aspekt vollständig ausblenden. Es gibt nicht die Senioren.

(Beifall bei der CDU)

Das Lebensgefühl des überwiegenden Teils der sogenannten "Jungen Alten" ist von dem Wunsch geprägt,

(Dr. Mathias Petersen SPD: Zählen Sie sich auch dazu?)

sich mit der gewonnenen Lebenserfahrung nicht zuletzt zum wertvollen Nutzen junger Menschen in generationsübergreifende Projekte einzubringen und sie wollen möglichst lange ein selbst bestimmtes Leben führen.

(Beifall bei Elke Thomas CDU)

Die CDU und der Hamburger Senat tragen dieser Herausforderung Rechnung. Der Senat initiiert und fördert im Rahmen seines selbst formulierten Anspruchs, Hamburg als seniorengerechte Stadt mit einer Reihe von entsprechenden Projekten weiterzuentwickeln,

(Dirk Kienscherf SPD: Da konnten Sie doch ges- tern gar nichts zu sagen!)

wie beispielsweise die Qualifizierung von Seniorentrainern, die ihr Wissen und Engagement ehrenamtlich in Initiativen und Vereinen zur Verfügung stellen. Weitere Beispiele sind der Omahilfsdienst, die Einrichtung von Altentagesstätten

(Dirk Kienscherf SPD: Die hat's doch immer ge- geben!)

oder das Projekt wellcome, bei dem junge Familien praktische Hilfe auch durch ehrenamtlich tätige Senioren erhalten. Außerdem gibt es für aktive Senioren eine Fülle von Informations- und Bildungsangeboten. Hamburg hilft hier praktisch.

Ältere Menschen in Hamburg sind heute so aktiv wie nie zuvor. Der Senat hat seit der Regierungsübernahme aber auch vieles getan, um die Situation von pflegebedürftigen Senioren zu verbessern. Hierzu gehören beispielsweise die ständige Anpassung und Weiterentwicklung der Angebote von Pflegeheimen und Pflegediensten an die Bedürfnisse der pflegebedürftigen älteren Generation.

Zwischen 2005 und 2009 schafft dieser Senat innerhalb eines Wohnungsbauförderungsprogramms zusätzlich 1000 Wohnungen für Senioren im Bereich "Betreutes Wohnen" und modernisiert die bestehenden Einrichtungen mit einem großen finanziellen Aufwand. Wo staatliche Hilfe notwendig ist, können sich die Hamburger Senioren auf den Senat und auf die CDU verlassen.

(Beifall bei der CDU)

Natürlich brauchen wir auch verlässliches und aussagefähiges Datenmaterial. Dieses Datenmaterial ist aber bereits ausreichend vorhanden.

(Dirk Kienscherf SPD: Aber Sie können die Anfra- ge gar nicht beantworten!)

Der Senat setzt das Leitbild "Hamburg als seniorengerechte Stadt" auch auf der Grundlage der Rahmenplanung der pflegerischen Versorgungsstruktur bis 2010 um. Diese Datenbasis ist nützlich und sinnvoll. Das Material wird aufbereitet und veröffentlicht. Die CDU steht für Bürokratieabbau und stellt sich daher konsequent gegen ein ausuferndes Berichtswesen.

(Beifall bei der CDU – Dirk Kienscherf SPD: Sie haben Angst davor!)

Auch der von der SPD so gelobte Altenplan für Bremen beschränkt sich im Wesentlichen auf die Hilfe und Pflegeangebote für pflegebedürftige alte Menschen. Einen solchen Plan in Hamburg zu erstellen, würde lediglich zu einer Doppelung des bereits vorhandenen Datenmaterials führen. Das lehnen wir ab.

Viele Senioren können ein aktives und selbst bestimmtes Leben führen und, was die Opposition völlig ignoriert, das wollen die Senioren auch.

Die CDU macht es ihnen möglich, und zwar mit Hilfsangeboten, die man anfassen kann. Dazu brauchen wir keine sterilen Excel-Tabellen. – Danke.

A C

B D

(Beifall bei der CDU)

Das Wort erhält die Abgeordnete Gregersen.

Vielen Dank. Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Es ist die letzte Debatte und eigentlich dachte ich, nachdem Frau Brinkmann gesprochen hat, ich kann dem kaum noch etwas hinzufügen und mache es wie damals Herr Dräger und mache mich damit beliebt, ich lasse es.

(Beifall bei Ekkehart Wersich CDU)

Danke, Ekkehart.

Aber leider hat Frau Jürs das Gegenteil bewirkt und es tut mir leid, ich finde, wir brauchen so einen Plan. Auch wenn Sie sagen, so ein Plan, das sind nur Excel-Tabellen und wird nicht benötigt und er wäre nur eine Rahmenversorgung der Pflege und das hätten wir ja alles. Viele Große und Kleine Anfragen belegen, dass wir viele Daten nicht haben und Sie sie auch nicht erfasst haben.

Das Problem ist auch, dass wir nicht nur über Menschen im Pflegealter sprechen. Sie haben eben selbst gesagt, es ist keine homogene Masse. Es gibt viele unterschiedliche Bilder vom Altern und wie der Mensch sich fühlt und was er machen möchte. Dann müssen wir doch, wenn wir sagen, die Leute sollen lieber länger in ihrem Wohnraum bleiben, und ambulant vor stationär propagieren, schauen, wie sich die Begebenheiten gesellschaftlich, aber auch städteplanerisch verändern müssen, damit die Menschen länger in ihrem Wohnraum verbleiben können.