Protokoll der Sitzung vom 23.08.2006

Das Problem ist auch, dass wir nicht nur über Menschen im Pflegealter sprechen. Sie haben eben selbst gesagt, es ist keine homogene Masse. Es gibt viele unterschiedliche Bilder vom Altern und wie der Mensch sich fühlt und was er machen möchte. Dann müssen wir doch, wenn wir sagen, die Leute sollen lieber länger in ihrem Wohnraum bleiben, und ambulant vor stationär propagieren, schauen, wie sich die Begebenheiten gesellschaftlich, aber auch städteplanerisch verändern müssen, damit die Menschen länger in ihrem Wohnraum verbleiben können.

Da muss man doch auch die älteren Menschen mit einbeziehen und das muss man auch als Querschnittsthema sehen. Da kann man doch nicht sagen, wir haben ein paar Daten. Wir müssen doch Wirtschaft, Kultur, öffentlichen Nahverkehr, Kultureinrichtungen und vielleicht auch Bildungseinrichtungen zusammenfassen. Man kann doch nicht einfach nur sagen, wir haben Welcome-Center und einen Oma-Hilfsdienst. Das ist sehr einfach gemacht und das reicht mir nicht aus.

(Beifall bei der GAL und teilweise bei der SPD)

Es gibt den Bundesbericht, es gibt den Bericht in Bremen. Die haben vorgemacht, wie man so einen Bericht machen kann. Wenn Sie meinen, es gibt Aspekte, die fehlen, kann man die mit einfließen lassen. In Workshops sind vorab schon die Akteure wie Wirtschaft, Kirchen und Verbände mit einbezogen worden. Ich würde Ihnen raten, nehmen Sie das Thema nicht so flapsig.

(Klaus-Peter Hesse CDU: Wir werden alle alt!)

Eben, genau das, Herr Hesse.

So ein Bericht oder Seniorenplan, wie Sie ihn nennen, Frau Brinkmann, kann viele Fragen beantworten. Was kann zum Beispiel getan werden, um die negative Akzentuierung von Alter und Altersbild zu beeinflussen? Wenn man mit Jugendlichen spricht, ist Alter etwas Grausames. Das mögen wir vielleicht anders sehen. Aber ich habe das in Schulklassen immer wieder gemerkt.

Welche Formen des Dialogs zwischen Jung und Alt werden gewünscht? Wie lassen sie sich verwirklichen? Man kann im Haushalt doch nicht einfach nur sagen, wir wollen, dass die sich austauschen. Wie soll denn das aussehen? Welche Wohnbedingungen, welche Wohnformen

werden gewünscht? Welche Bedingungen müssen bei Nahverkehr und Wohnumfeld verändert werden? Was bedeutet die Alterung der Gesellschaft für Konsum und Dienstleistung?

(Klaus-Peter Hesse CDU: Mobilität im Alter!)

Auch Sie werden älter. Aber vielleicht lassen Sie mich das trotzdem noch kurz zu Ende führen.

Welche Stärken haben ältere Menschen? Wie lassen sich diese für neue soziale Rollen in einer sich wandelnden Gesellschaft nutzbar machen? Welche Rahmenbedingungen sind nötig, um die Bereitschaft zur Nutzung der Potenziale der Alten zu fördern? Welche Bildungsangebote wollen Seniorinnen und Senioren? Wir wollen auch das lebenslange Lernen unterstützen. Welchen spezifischen Ausgleich altersbedingter Lebensrisiken brauchen Ältere in Hamburg? Welche spezifischen Angebote für Betreuung und Pflege werden benötigt? Das sind alles Fragen, die gemeinsam mit vielen Einrichtungen und Themenbereichen geführt werden müssen. Es kann nicht sein, dass man sich dem verweigert und sagt, wir haben das Rad schon erfunden und so etwas muss nicht mehr geführt werden.

(Beifall bei der GAL und vereinzelt bei der SPD)

Ein Seniorenplan hätte viele Vorteile, er wäre eine Antwort auf die demografische Entwicklung und er könnte Politik im Seniorenbereich wie auch in der Alterung der Gesellschaft, Politik aus einem Guss machen. Vielleicht ist das ja nicht gewollt, aber es ist schade.

(Beifall bei der GAL und vereinzelt bei der SPD)

Das Wort erhält Frau Brinkmann.

Es tut mir leid, meine Damen und Herren. Aber zu dem Beitrag von Frau Jürs muss ich noch einmal zwei, drei Anmerkungen machen, die auch Ihr Wissen nur erweitern können.

Frau Jürs, ich wusste noch gar nicht, dass Frau von der Leyen sozialistische Planspiele liebt und dass sie es toll findet, sterile Excel-Tabellen und ausufernde Berichtswesen darzustellen. Voller Stolz hat sie den fünften Altenplan, den sie noch nicht einmal selber erstellt hat, vorgetragen.

(Frank-Thorsten Schira CDU: Das ist etwas ganz anderes!)

Herr Schira, Sie wissen gar nicht, wovon ich rede.

(Beifall bei der SPD und der GAL)

Dann das Leitbild seniorengerechte Stadt dieses Senates, dieses Thema hatten wir gerade gestern Abend im Sozialausschuss bei den Haushaltsberatungen. Es kam von der Senatsseite überhaupt keine Antwort, was man sich konkret darunter vorstellen kann und was es ist. Nun hat Frau Jürs hier zwei Beispiele genannt, auf die würde ich gerne kurz eingehen.

(Wolfhard Ploog CDU: Machen Sie das doch!)

Die Altentagesstätten sind in Hamburg eine sozialdemokratische Einrichtung gewesen, die von Ihrer Seite in den letzten fünf Jahren gekürzt und verkleinert worden sind. Also schmücken Sie sich hier nicht mit fremden Federn.

(Beifall bei der SPD und Antje Möller GAL)

Die Einführung der Seniorentrainer, die wir sehr begrüßen und für sehr gut halten, ist eine Maßnahme der rotgrünen Bundesregierung gewesen. Die wird jetzt auf die Bundesländer übertragen. Auch das hat nichts mit dem Leitbild der seniorengerechten Stadt zu tun.

Die Rahmenplanung der pflegerischen Versorgung ist nach vielen Geburtswehen endlich vorgestellt worden, das hat lange genug gedauert. Es sind doch viele Zahlen, unserer Meinung nach sehr interessante Zahlen, zu lesen und es gehen sehr viele Dinge daraus hervor, nach denen man auch Taten folgen lassen könnte. Nur das fehlt in der Rahmenplanung – was der Senat zum Beispiel plant, wenn wir im Jahre 2020 fast 25 Prozent mehr an Demenz erkrankte Menschen haben, was er damit machen will. Darüber steht darin kein Wort. So etwas könnte man gut darstellen.

Wo Sie Bremen angesprochen haben, Frau Jürs, muss ich Sie leider auch korrigieren. Bremen hat jetzt bereits den dritten Altenbericht vorgelegt. Da gehen sie auf bestimmte, spezifische Probleme ein. Das ist auch in Ordnung so.

Ich würde mir wünschen, dass wir nicht zehn Jahre wie bei dem Armutsbericht warten müssen,

(Dirk Kienscherf SPD: Nein, dann sind die ja schon alle abgewählt!)

sondern schon ein bisschen früher endlich dazu kommen, auch in diesem Bereich einen Bericht zu bekommen.

(Beifall bei der SPD und vereinzelt bei der GAL)

Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Dann kommen wir zur Abstimmung. Wer stimmt einer Überweisung der Drucksache 18/4609 federführend an den Sozialausschuss und mit beratend an den Stadtentwicklungsausschuss zu? – Gegenprobe. – Enthaltungen? – Das ist mit Mehrheit abgelehnt.

Dann lasse ich in der Sache abstimmen. Wer möchte den SPD-Antrag aus Drucksache 18/4609 annehmen? – Gegenprobe. – Enthaltungen? – Auch das ist mit Mehrheit abgelehnt.

Somit sind wir am Ende der Tagesordnung. – Schönen Abend, bis Morgen.

Schluss: 19.38 Uhr

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Hinweis: Die mit * gekennzeichneten Redebeiträge wurden in der von der Rednerin beziehungsweise vom Redner nicht korrigierten Fassung aufgenommen.

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In dieser Sitzung waren die Abgeordneten Thomas Böwer, Barbara Duden, Britta Ernst, Dr. Heike Opitz und Dr. Diethelm Stehr nicht anwesend.

Anlage

Zu Punkt 3

(siehe Seite 3168 B)

Unterrichtung durch den Präsidenten der Bürgerschaft: Wahl von acht Mitgliedern und deren Vertreterinnen oder Vertretern der Kommission für Stadtentwicklung – Drucksache 18/4746 –

Gewählt wurde

Mitglieder

Hans-Detlef Roock Dr. Natalie Hochheim Henning Finck Klaus-Peter Hesse

Ingrid Cords Jan Quast Karin Timmermann

Claudius Lieven

Vertreter/-innen

Niels Böttcher Dr. Diethelm Stehr Jörn Frommann Bernd Capeletti